Kleines Feuilleton.
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erreicht, wie in dem jeweilig vorangehenden Jahre. Die erwähnten, von Nordosten kommenden Wüstenwinde thun noch ein übriges. Vermutlich wird der Prozeß nicht eher zum Stillstand kommen, als bis in feinem Verlauf die Mengen des auf diese Weise verloren gehenden Wassers und des Zuschusses der Regenzeit einander gleichPhysikalisches.
k. Seltsame Gerichtshöfe. Unlängst wurde in England eine Gerichtsverhandlung unter höchst seltsamen Umständen abgehalten. Im Mold County Court fand eine Verhandlung vor Sir Horatio Lloyd statt. Da die Erörterungen sich hinzogen, die Beteiligten geworden sind. aber noch den Abendzug nach Chester erreichen wollten, wurde be= schlossen, den Prozeß in der Bahn zu Ende zu führen. Um 5 Uhr wurde die Verhandlung geschlossen, der Richter und der Anwalt begaben sich nach der Bahn, ein Wagen erster Klasse wurde gemietet und der Prozeß nahm während der Fahrt seinen Fortgang. Während der ersten Hälfte des Weges hielt der Anwalt die Verteidigungsrede. Hinter der Station Hope Junktion, auf der Mitte des Weges, ers hielt der Ankläger das Wort. Der ilrteilspruch wurde jedoch vertagt. So seltsam die Geschichte flingt, so hat sie doch, wie eine englische Zeitschrift schreibt, nicht einmal den Vorzug der Neuheit. Eine ähnliche Gerichtsverhandlung fand im Winter 1898 in Amerika statt. William Deatrick, der Besizer einer Farm in der Nähe von Williamson, verklagte die Pennsylvania- Eisenbahn- Gesellschaft auf Schadenersatz für die unrechtmäßige Befibergreifung seines Landes. In Williamson existierte aber kein so großes Gebäude, wie zur Aufnahme aller am Prozeß Beteiligter erforderlich war. Nach der Inspektion des Landes traf der Gerichtshof in einem Zuge zusammen, und hier wurden auch die Zeugen vernommen. Der Tag neigte sich, und da alle Anwesenden nicht nur wünschten, daß die Verhandlungen zu Ende kämen, sondern auch noch am selben Abend zu Hause sein wollten, beschlossen die Richter, die Rechtsanwalte ihre Verteidigungsreden während der Fahrt nach Chambersbury, wo die meisten wohnten, halten zu lassen. Sehr merkwürdig war auch die Verurteilung eines Mörders in der Methodistenkirche zu New Jersey . Der Vorsitzende Gurmere verkündigte von der Stanzel herab, daß Samuel Shinn, der Mörder eines gewissen Thomas Applegate, zu achtzehnjähriger Zwangsarbeit im Staatsgefängnis verurteilt sei. Der englische Vicekanzler Shadwell fällte einmal ein Urteil, während er in der Themse schwamm. Der damalige Herzog von New Castle ließ die Waldungen in Clumber in so ausgedehntem Maße fällen, daß sein Erbe, Lord Lincoln, sich zu gerichtlichem Einschreiten genötigt sah. Die Gerichtsferien hatten eben begonnen, aber Lincoln durfte, da die schlimmen Verwüstungen immer weiter um sich griffen, feine Zeit verlieren. Sein Anwalt begab sich schleunigst zur Stadt und ließ noch während der Nacht die Urkunden ausstellen. Am nächsten Morgen bei Tagesgrauen war er in Barn Elms, dem Haufe des Vicekanzlers. Als er hörte, daß dieser zum Schwimmen gegangen war, nahm er ein Boot, ruderte ihm nach und war nach wenigen Schlägen an seiner Seite. Der Anwalt trug seine Angelegenheit bor . Nachdem Shadwell die gerichtliche Einschreitung bewilligt hatte, setzte er seine Schwimmübungen fort.
Geographisches.
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Der
Die Austrodnung des Tschadsees . Frankfurter Zeitung " wird geschrieben: Die flacheren und abflußLosen afritanischen Seen scheinen auf dem Aussterbe- Etat zu stehen. Der Stephaniese e im Süden Aethiopiens ist heute auf den dritten Teil des Umfanges zusammengeschrumpft, den er zur Zeit feiner Entdeckung, vor sechzehn Jahren, hatte. Der Schirwasee, östlich des Nyassa und Sambesi verbindenden Schire, den im April 1859 Livingstone aufgefunden hat, ist bis jetzt auf ein paar Lachen völlig verschwunden, und seine Inseln sind landfest geworden. Jetzt stellt sich heraus, daß auch der Tschadsee, an dem afrikanische Befizungen Deutschlands , Englands und Frankreichs zusammenstoßen, im Laufe eines Menschenalters überraschend viel an Fläche verloren hat und in seinen Umrissen ganz anders aussieht, als auf unsren Karten, wo der See die bekannte herzförmige Gestalt zeigt. Der Tschadsee, in den als größter Strom der Schari mündet, der aber teinen Abfluß hat, ist ein sehr flaches, je nach der Jahreszeit an Größe wechselndes Gewässer im Uebergangsgebiet von Sahara und Sudan. Denham, Barth und Nachtigal haben einzelne der Ufer berührt und Oberweg hat als erster die im Nordosten liegende Insel schar besucht. Auf Grund der Beobachtungen dieser Forscher gab man dem See eine Ausdehnung von etwa 27 000 Quadratkilometer, zur Zeit des Hochwassers von 35, ja 40 und 50 000 Quadrats tilometer. Heute ist er, wie die französischen Forschungen der letzten zwei Jahre ergeben haben, zur Hochwasserzeit, Oftober bis Januar, nur etwa 18 bis 20 000 Quadratkilometer groß, in der übrigen Jahreszeit aber höchstens 10 000 Quadratkilometer. Die Inseln des Nordostens versanden immer mehr und wachsen andrerseits infolge der Sand heranführenden Wüstenwinde nach der offenen Fläche immer weiter hinaus, diese ständig beschneidend. Die Umrisse des zu allen Jahreszeiten offenen Wassers zeigen jeht die Form eines Winkeleisens mit nach Südwesten gerichteter Spike. Die beiden nach Nordnordwest und Ostnordost streichenden Schenkel sind je 140 Kilometer lang und 20 bis 40 Kilometer breit, und das Kamerun angrenzende Stück ist acht oder neun Monate im Jahre eine gegen 4000 Quadratkilometer große grasbededte Sumpfebene mit zahl reichen Tümpeln. Der Schrumpfungsprozeß hat namentlich in der Letzten sechs Jahren rapide Fortschritte gemacht. Die Ursachen sind Berdunstung und Versicerung des Wassers in größerer Menge, als der dem See während und nach der Regenzeit vom Schari zugeführte Wafferüberschuß beträgt, so daß der See niemals wieder die Höhe Verantwortl. Redakteur: Paul Büttner , Berlin.- Drud und Verlag:
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Eine
fach zu erklären, wie man wohl meint. Gewöhnlich stellt man sich en. Der Ursprung des Donners ist gar nicht so eindas dem Bliz nachfolgende Geräusch vor als Schallwellen, die durch die plötzliche Zerreißung von Luftmassen gebildet werden. solche Auffassung ist aber viel zu allgemein, wie jest Professor sonders zur Aufklärung einer derartigen Frage berufen, denn er Trowbridge in Experimenten gezeigt hat. Dieser Physiker war be hat in seinen Versuchen mit ungeheuren elektrischen Entladungen die Nachahmung des natürlichen Blizes soweit getrieben, wie es bor ihm noch keinem Gelehrten im Raboratorium gelungen ist. Der wichtigste Saz, der sich aus seinen Beobachtungen ergiebt, besagt, daß das starte Geräusch eines Blizes im wesentlichen der Bersesung von Wasserdampf zuzuschreiben ist. Ueberdies wird die Länge solcher Entladungen bedeutend beeinflußt durch den Feuchtigkeitsgehalt der Wolfen. Der letztere Schluß erscheint freilich fast selbstverständlich, wurde aber durch die Experimente in einer Art bewiesen, die bes sondere Beachtung verlangt. Trowbridge hatte sich jahrelang damit beschäftigt, das Spektrum des Wasserdampfes zu studieren. Nach vielen andren Versuchen beschloß er, das Spektrum zu erforschen, das durch mächtige elektrische Entladungen in einer mit Wasserdampf gesättigten Atmosphäre entsteht. Zur Erzeugung seiner fünstlichen Blize benutte Trowbridge eine Accumulatorenbatterie von 20 000 Zellen, deren Strom er in große Glaskondensatoren leitete. Zwecke neu erfunden werden, um den außerordentlichen Anforde= Die sonst noch notwendigen Apparate mußten zu diesem rungen zu genügen. Zunächst dachte er daran, das Spektrum des Wasserdampfes dadurch der Beobachtung zugänglich zu machen, daß er elektrische Funken von einer Wasserfläche zu einer andren überspringen ließ. Die Ausführung dieser Absicht erwies sich aber als unmöglich, da sich zwischen Flüssigkeiten feine elektrischen Funken bilden wollten, und zwar aus denselben Gründen, weshalb auch der natürliche Blik selten eine Wasserfläche trifft. Der Gelehrte sättigte nun zwei Holzstücke mit destilliertem Wasser und hüllte sie in Watte ein, die gleichfalls mit soviel Wasser befeuchtet war, als sie halten wollte. Wenn diese beiden Gegenstände an den Enden eines Stromfreises angebracht und etwa vier Zoll von einander entfernt belassen wurden, so entwickelte sich zwischen ihnen ein Strom von außer ordentlich hellen Funken. Das Geräusch dieser Entladungen war so bedeutend, daß sich der Forscher die Ohren verstopfen und außerdem noch ein dickes Tuch um den Kopf binden mußte, um es überhaupt auszuhalten. Die Entstehung des donnergleichen Getöses führte Trowbridge zurück auf die Erplosion von Wasserstoff- und Sauers stoffgasen, die durch die Zersehung des Wasserdampfes gebildet lich, daß die Stärke des natürlichen Donners in gleicher Weise durch werden. Auf Grund dieser Annahme wird es durchaus wahrschein die Anwesenheit der starken Feuchtigkeit in den Wolfen gewaltig verstärkt wird. Die Photographien, die Trowbridge von seinen fünstlichen Bligen aufgenommen hat, machen einen gang merk würdigen Eindruck und erinnern, wie er selbst sagt, an Teuchtenden Wasserfall. Man sieht nicht einzelne Funkenlinien wie bei den gewöhnlichen Funkenentladungen, sondern eine dichte Maffe, die einer ganz aus Elektricität bestehenden Wolfe gleicht. Das Spektrum dieser künstlichen Blize muß ganz dem der natürlichen entsprechen, wenn lettere in einer Entfernung von etwa 1, Nilometer beobachtet werden und zwischen sehr dichten Wolfen überspringen.
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Humoristisches.
einen
- Die Kunst, italienisch zu reden. Ein Mitarbeiter der Wiener Reichswehr" giebt einige militärisch- historische Anekdoten aus vergangener Zeit zum Besten. Er erzählt u. a.: Folgendes Geschichtchen ist, wenn vielleicht nicht wohr, so doch gut erfunden. Wiener Freiwillige tamen 1848 in ein ganz italienisches Städtchen in die Quartiere. Ein Zugsführer, der sich unter den mit der Eisenbahn angekommenen Quartiermachern befand, setzte sich mit einigen Kameraden in das kleine Wirtshaus, der Wirt eilte geschäftig herbei: , Comanda signore?"( Was befehlen die Herren?")
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" Ja, ja, mir fan auf Kommando da," nidte der Zugsführer. " Comanda del vino?"( Befehlen Sie Bein?") fragte weiter Wirt.
"
Richtig!' s Kommando san Wiener." ,, Anche pane?"( Auch Brot?")
" Ja, mir fan mit der Bahn gekommen." ,, Anche rosto?"( Auch Braten?")
" Rafttag ist heut a," entgegnete der Zugführer, aber jetzt schaut's zubi da, daß mer was zu fiefeln friegt.
,, Subito, subito!"( Gleich, gleich!") bemerkte der geschäftige Wirt, und bald stand vor den Wienern eine Schüssel mit Braten, Brot und Wein.
" Schaut's, schaut's!" bemerkte der Zugsführer, mit die Kazelmacher( ein altwienerisches Spottwort zur Bezeichnung der Italiener ) tann man sich ja ganz gut verständigen."
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