nieder gehen können, bekommen wir den Eindruck des Gebirges. Andrerseits aber entspricht die Größe der Anlage auch dem Interesse, daß wir gerade der schönen, durch Blütengrötze und eigenartigen Habitus ausgezeichneten Alpenflora entgegenbringen. Selbst die Pflanzengebiete der fremden Erdteile sind in ihrer pflanzengeographischen Gruppierung schon recht eingehend behandelt. Sehenswert ist besonders die japanische Abteilung, der ein sehr großer Raum zugewiesen worden ist, der allerdings erst zum Teil ausgefüllt ist. Japan   ist ja so außerordentlich reich an Pflanzen, besonders bestehen seine Wälder im Gegensatz zu den unsren aus einer großen Fülle von Arten. Laubbäume, Nadel» bäume. Sträucher, leuchtende Blumen, alles ist dort in überaus großer Fülle vorhanden, und der Pflanzenfreund wird ebenso gern in den parkartigen Buschformationen. den Horas, verweilen, in denen jetzt Diervillen, Deuzien und Rosen ihre Pracht entfalten, wie in den formenreichen Laubwäldern und den aparten Cypressen- beständen. Nun. zu sehen und zu lernen giebt es ja im ganzen Garten genug. Und nur wer bei einem Besuch sich auf Weniges beschränkt, wird von der Fülle des Gebotenen nicht erdrückt, sondern durch den Genuß eines Stückes herrlicher Natur erhoben werden. Kleines feuilleton. sx. Am Bahnhof. Scheitelrecht steht die Sonne über dein Platz vor'm Bahnhofe. Ihre Strahlen fallen mit sengender Schärfe au, Mensch und Tier, auf Dach und Pflaster. Von den Stirnen der schaukelnden Eroarbeiter tropft der Schweiß; die braune Brust unter dem geöffnete» Hemde und die nackten Anne glänzen in der Sonne, wenn sich der Rücken zurückbiegt und der blinkende Spaten herauf- fährt aus dem metcrbreiten Kanal, an dessen Seiten sich die feuchte Erde zu schmalen Wällen häuft. Gelb leuchtet der Sand; doch die Feuchtigkeit verdampft im Nu; dann stäubt's wie graues Mehl von den oberen Schichten... Droschkenpferde mit hängenden Köpfen und nassen Rippen trotten heran. Rotseidene Sonnenschirme leuchten im Wagen. Ein Vorder- rad streift den grauen Sandwall. Eine Wolke fliegt auf. ,Puh! Dieser Staub 1" Entsetzlich I" Das Gefährt hält vor'm Portal des Bahnhofes. Helle Kleider rauschen und glänzen. Wären wir nur erst an der See l� Ach ja. an der Seel" Adieu 1" Eine junge Dame winkt übermütig nach dem Platz: Wer weiß, wann wir uns wiedersch'n I' Adieu, olles Staubnest N jauchzt ein kleiner Backfisch. Dienstmänner sind herbeigesprungen und beladen sich mit Koffern, Reiselörben und Hutschachteln. Keuchend drängen sie sich durch die menschengefüllte Halle nach dem Gepäckschalter. Ein großes Summen, Plaudern und Lachen geht durch die dichtgedrängte Menge. Männer in grauen und weißen Anzügen und Strohbiitcn, leichtgekleidete Damen, Kinder mit hellen Röckchen und nackten Beinchen; steife Bonnen und ratlose, schüchterne Ammen und Hausmädchen. Am Billetschalter rascheln die Scheine, klingt Gold und Silber.... Immer neue Equipagen rollen heran' eine Droschke löst die andre ab. Zu Bergen türmen sich die Koffer im Gepäckraum. Die Beamten keuchen, hasten und schwitzen. Allmählich füllen sich die Wartesäle. Behende schlüpfen die Kellner hin und her, winden sich durch die Gruppen, servieren hier und nehmen dort eine Bestellung entgegen. Schmachtende Kehlen rufen... Ich wäre gestorben in Berlin  !' beteuert eine korpulente Dame ihrer Nachbarin.Noch drei Tage und ich lag da! Wahrhaftig I' Und als jemand lächelt, quittier! fie's mit dem entrüsteten Satz: Nun, ich bitte Sie! Wer soll denn das hier im Sommer aus- halten I Man ist ja kein Mensch mehr I' Und sie fächelt sich mit dem Spitzentaschentuche Kühlung zu. Und so schrecklich langweilig I' nickt langsam die blaffe, erwachsene Tochter; sie unterdrückt ein Gähnen und wiederholt: So langweilig!" Dann richtet sie mit müdem Augenaufschlag die Blicke zur Decke:Ach, am Meer... ja I... Am Meer... I' Ach ja, das Meer... I' Das Meerl" Wie ein glückseliges Echo läuft's durch den Saal. An einein andern Tische klingen die Gläser:«Auf glückliche Fahrt, Herr Zippel I' Prosit, Herr Doktor!' Wie lange denken Sie fortzubleiben?" Hm!" Der andre besinnt sich.Ganz nach Laune. Vier Wochen vielleicht an der See. Dann möglicherweise ins Gebirge. Lni Ende noch eine kleine Rundreise wollen'mal sehen." Vor Ende September, Anfang Oktober laff' ich mich auch nicht wieder hier blicken. Im Winter kriegen mich keine zehn Pferde aus Berlin  . Aber im Sommer brr!" Er schüttelt sich und spült den Ekel mit einem kräftigen Schluck hinunter. Zippel lacht:Ganz meine Meinung. Ach, wissen Sie, es ist doch ein schönes Gefühl, einmal so alles hinter sich zu lassen... Ansznspannen?" Der Doktor nickt lebhast.Ist einfach not- Wendig.' Ganz recht. Notwendig. Durchaus notwendig l Auf Ihr Wohl. Herr Doktor I" Prosit!" Die Gläser klingen. Hundert Muscheln such' ich," erzählt ein Knabe seiner kleinen, blondgelockten Nachbarin, und die Augen blitzen.«Da liegen so viel, wie Du haben willst! Spielst Du mit mir? O, am Wasser können wir schön spielen. Wir fahren auch mal Boot, ja? Oder auf das große Danrpffchiff, hörst Du, darauf fahren wir auch. Ich kriege gar keine Seekrankheit mehr, bloß'n ganz kleines bißchen. Du?" Ich weiß nicht," antwortet schüchtern die Kleine. Du brauchst gar keine Angst zu haben," tröstet der Junge. Wir spielen schön zusammen, ja?" Er klatscht in die Hände.Du sollst bloß mal seh'n, wie schön es da ist." Andächtig lauscht die Blondlockige. Sie fährt zum ersten- mal... Draußen, vor dem Bahnhofe, hat der Polier längst die Mittags- pause gepfiffen. Die blanken Spaten ruhen. Die Arbeiter haben sich die Stirn mit dem Hemdärmel gettocknet und sind herauf- gestiegen aus dem Graben, in den eine Leitung versenkt loerden ,oll. Einige überquerten den Platz, stiegen die drei Stnfen zur Destillatton hinauf und aßen dort zu Mittag. Jetzt sitzen sie schläfrig bei einer schalen Weißen. Nur drei Jüngere, die keine Müdigkeit kennen, spielen eine Poule am Villard. Andre verzehrten gleich am Arbeitsplatz ihre Stullen und streckten sich da- nach auf den Sandwällen nieder oder legten sich in den Graben. Nur einer hat sich in den Schatten einer versteckten Bahnhofsnische gerettet. Dem brachte die Frau ein warmes Essen im Henkelkorb, an der Hand ein kleines, barfüßiges Mädchen. Dann löffelten sie alle drei aus dem großen braunen Topf. Vater rollte die Jacke zusammen, bettete sie als Kopfliffen und streckte sich lang zu einem kleinen Schläfchen. Zwei Minuten, und er schnarchte. Auch die Frau ist im Sitzen eingenickt. Nur die Kleine hat sich mehr und nichr dem Portal genähert und bestaunt die ankommenden Leute und ihre farbige Kleiderpracht. Ein Zug pfeift. Fast gleichzeitig trillert die Pfeife des PolierS. Die Mittagspause ist zu Ende. Aus der Destillation kommen die Arbeiter herauSgeklettert und schlendern an die Arbeit. Die Schläfer im Graben und auf den Sandwällcn erheben sich langsam, dehnen sich und greifen zur Schaufel. Glühend heiß liegt die Lust über dem Platz. Wie erschlafft alle Glieder, matt die Bewegungen. Der in der Bahnhofsnische schnarcht noch immer. Er hat das Signal nicht gehört. Seiner Frau ist der Kopf fast bis auf den Schoß gesunken. He, Krause I" Der Polier steht plötzlich neben ihnen.Hei WaS is denn das für'ne Donnerwetterzucht I Aufjestanden I Oder soll ich Ihnen erst Beene machen?" Krause ist hochgefahren, angstvoll aufgeschreckt die Frau. Der Polier hat seine Uhr gezogen:Fünf Minuten über de Zeit!" Fünf Mi-?" Jawoll, fünf Minuten l' Ein böser Blick. Der Polier geht ab. Und während Krause zu seinem Spaten eilt, greift die Frau eilig zum Henlelkorb, ruft die Kleine und wandert mit ihr heim» wärts durch Staub und Sonnenhitze. In der Bahnhofshalle aber faucht die Lokomottve. Langsam setzt der Zug sich in Bewegung. Und in den Coupees plaudert. lacht und jauchzt es:Das Meer... ach ja, das Meer... daS Meer..." Archäologisches. k. Neue Funde in Antinoe. Aus Paris   wird berichtet: Der Archäologe Albert Gayet   hat über die Resultate der Aus- grabungen, die er zu Antinoe mit Unterstützung der ftanzösischen archäologischen Gesellschaft unternommen hat, vor einem zahlreichen Publikum Bericht erstaltet. Der Gelehrte hat genau die Slelle, an der sich die Adelsgräber von Anttnos befinden, festgestellt. Hier ruhen der Glanz und der Prunk der römischen Spätzeit, die reifen Früchte einer sterbenden Kunst. Schwere Steinblöcke sind jedoch von den Bergen herabgcrollt über die Gräberstätte; die heiße Sonne hat den Boden ausgetrocknet, gedörrt und zerbröckelr, so daß eine sehr große Summe' notwendig wäre, diese Schätze zu heben. Gayet hat daher auf diese Ausgrabungen vorläufig verzichten müssen, doch hat er dafür andre wertvolle Funde gemacht, so einen Wagenlenker mit Peitsche und Stachel; Gladiatoren mit ihren Waffen, von denen der eine einen Helm mit stolznickcnden Federn trug; eine unbekannte Frau, eingehüllt in einen Stoff, auf dem Scenen des Bacchus-Mythos dargestellt sind. Der interessanteste Fund, den der Gelehrte in einer reizenden Vorführung darbot, war das Grab einer Frau, die einst nach der Meldung de- Inschrift Die wundervolle Sängerin des Osiris", Khelmyß, gewesen war; sie war eine Griechin und hatte eine wichtige Rolle in den geheimen Mysterien gespielt. Diese Khelmyß ließ Gayet wieder auferstehen und leibhaftig vor dem Publikum ihr magisches Weihelied vortragen. Die Künstlerin Zorelli trat in einem langen gelben Gewand, mit einer Blumenguirlande geschmückt, die bis zu den Füßen niederwogte, ganz umhüllt von einem dichten Schleier nach Art der Tanagrafigürchen, in langsam rhythmischem Schreiten hervor, und feierlich ertönte das heilige Opferlied:Der Isis Blut,