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Kleines feuilleton.

schmuck verschafft hatte, fortwährend am Fenster saß, um den Vor-[ seinen Hunger mit der dicken Grüße von Roggenmehl und der effig= übergehenden zuzurufen, daß sie sich ja in acht nehmen sollten, die fauren Milch stillen kann. Vielleicht ist man geneigt, eine solche Hand durch die Scheibe zu stecken. In der regelrechten, geräumigen Schilderung für übertrieben zu halten. Ich konnte mich aber," Stube, dem Hauptraum des Hauses, versammelt sich die Familie zu fährt Regius fort, auf meiner Reise bei mehreren Gelegenheiten den Mahlzeiten und während der dunklen Zeit des Tages, die Männer von der Wahrheit derselben überzeugen. So geschah es z. B., daß bei der Holzarbeit, die Frauen beim Spinnen, beim Karden der Wolle ich in einem Hause in einem der abgelegenen Teile des Landes von und bei andern häuslichen Beschäftigungen. Auch Zeitungen dringen der ganzen Familie nur drei Kinder zu Hause fand, von denen das jezt in die Geselligkeit des Bauernhauses ein. In dem großen, älteste etwa über sechs Jahre alt war; ihm war der Schutz der andern offenen Herde mit seinem Backofen prasselt ein Feuer aus Holz- übertragen, denn die Eltern waren für die ganze Woche mehrere scheiten. Zur Beleuchtung dienen brennende Kienspäne( perior), Meilen weit fort auf Arbeit, und wurden erst nach mehreren Tagen die bei Bedarf in die Wandspalten gestedt werden und deren man wieder zurückerwartet. Auf dem Tisch bei den Kindern lag die Kost, fich auch, oft mit bösen Folgen, in den Stallungen des Hofes bedient. die für sie reichen sollte, bis die Eltern nach Hause kommen würden; Bei feierlichen Gelegenheiten leuchtet an der Decke eine funstreiche sie bestand nur aus einem groben Teig von Roggengrüße, und wehe Laterne aus Holzspänen. Zu Hause gegossene Talglichter stellt man den Kindern, wenn sie zu schnell verzehrt wurde!" den Gästen hin. Unter der Decke hängt Holzmaterial zum Trocknen, J. Wiese. und lange Stangen, an welchen runde Roggenbrote, durch ein Loch in der Mitte des Brotes, aufgereiht sind. Zum Hausgerät gehören Der große bemalte Eßtisch, die Betten, gewöhnlich zwei übereinander, mit ihren bunten, kunstreich gewobenen, wollenen Decken für den Hausherrn, die Hausfrau und die betagten Hausgenossen, sowie die breiten Bänke für die übrigen; auch auf dem Ofen sucht der Häusler gern seine Schlafstätte auf. In einem kleinen Eckschrank verwahrt man die Bibel, das Gesangbuch und das Geld. Die Wanduhr, oft in bunt bemaltem Schränkchen, darf nicht fehlen; die ebenso bunt bemalte Kleiderkiste steht in der Nebenkammer oder auf dem Boden. Unter der Diele befindet sich ein kleiner, mit einer Lute ver­schlossener Keller; Vorratskammern und Kartoffelfeller befinden sich außerhalb des Hauses. Sonstige Nebenräume sind der Pferde- und Bichstall, Getreidedarren, Heuscheunen und die nicht weniger wichtige Badstube, mit ihrem heißen, von den Steinen des Ofens empor­steigenden Wasserdampf. Auf der oberen Schwizbant derselben peitschen sich die Badenden mit nassen Besen, und diese Bäder ge­hören zu den beliebtesten Genüssen des Volkes. Im ganzen Lande badet man jeden Sonnabendabend, während der Ernte und des Dreschens jeden Abend, und in einigen Gegenden baden Männer und Frauen gemeinsam, ohne daß man daran Anstoß nimmt. Einige haben die Gewohnheit, nach dem Bade nackt durch den Schnee in das Haus zu laufen. Das Pferdegeschirr und die Boote sind in den ver­schiedenen Landschaften verschieden. Das älteste Fuhrwerk, purilo, das aus zwei an den Enden gebogenen Stangen, die mit Zweigen zusammengebunden waren, bestand, ist jetzt selten, aber man benutzt noch ein primitives Gespann aus frummen Baumwurzeln( sfacklor) für Fuhrschlitten auf holprigen Waldwegen. An Riemenzeug und Karren entwickeln die Wohlhabenden ihren Lurus. Das Segelboot des Küstenbewohners ist für die Stürme der Ostsee   berechnet, aber an der Südküste und teilweise auf den Binnenseen bedient man sich eigensinnig der flachen, auf seichtem Wasser gehenden, meist leckenden Nachen. Doch zieht man an den meisten Binnenseen lange, schmale, schotenförmige und sehr schwankende Boote vor, da sie die leichtesten find. Die großen Kirchenboote in Tavastland und Savolats, die mit 16 bis 26 Baar Rudern vorwärts getrieben werden und manchmal bei der Fahrt zur Kirche bis zu 100 Personen aufnehmen müssen, find Gegenstand des Stolzes und des Wetteifers der ganzen Dorf­schaft. Die Dorfjugend sieht es als ihre größte Ehre an, mit einem jolchen Boote im Wettrudern zu siegen, und man opfert, um die möglichst größte Geschwindigkeit zu erreichen, Hunderte von Eiern, mit deren Weiß man das Boot von unten glatt streicht.

Bei seiner Liebe zur Einsamkeit und Unabhängigkeit baut der Finne seinen Hof gerne auf einen Hügel am Strande  ; aber in dicht bevölkerten Gegenden findet man große, stadtähnliche Dörfer, in denen es Kaufläden, Posterpeditionen, Apotheken, Handwerker, Feuer­wehr, Marktpläge, Schulen, Lesezimmer und Boltsbibliotheken giebt. In diesen Dörfern gestaltet sich das häusliche Leben beweglicher. Als ein Beispiel für die Lebensweise des Landvolkes im Finn­ land   wählen wir die Schilderung des Stockholmer   Professors Regius, der seine Beobachtungen in Tavastland   gemacht hat. Man steht dort ( im Sommer) mit der Sonne auf, oft um 2 Uhr, ißt ein Frühstück von Roggenbrot, oft mit gesalzenem Fisch, und trinkt faure Milch oder Rapalalja dazu. Diese Mahlzeit wird eine genannt. Darauf geht man an die Arbeit. Zwischen 8 und 9 Uhr geht man nach Hause zurück und hat dann eine warme Mahlzeit, bestehend aus Pell tartoffeln oder Roggenmehl- oder Gerstengrüße oder Fischsuppe mit Kartoffeln oder endlich einen Brei von faurer Milch, Gerstenmehl, Roggenmehl und Wasser. Diese Mahlzeit heißt aamiainen. Dann schläft man eine Stunde; darauf geht man wieder an die Arbeit. Ungefähr um 2 Uhr wird Mittag gegessen, das murtina oder päivällinen genannt wird; dabei giebt es keine warmen Speisen, ebensowenig Butter ausgenommen an Sonntagen sondern nur Roggenbrot und gesalzenes Fleisch und die effigfaure Milch. Am Sonntag leistet man sich oft auch etwas Butter, saure Sahne, bis­weilen Beeren, hin und wieder ein wenig gesalzenes Fleisch. Dann schläft man wieder eine Stunde, worauf man bis 9 oder 10 Uhr arbeitet. Das Abendbrot, itainen, besteht aus Roggenbrot und gesalzenem Fisch, Kartoffeln, Brei, Grüße u. dergl. Darauf geht man zu Bett. So ungefähr ist die einfache Hausordnung des finnischen   Landvolles im Sommer. Im Winter ist der Unterschied nur der, daß man um 6 Uhr morgens aufsteht und um 6 oder 7 Uhr abends schlafen geht, die Essenszeit und Gerichte, sogar inklusive der fauren Milch, sind im übrigen dieselben. Für die ärmste Bevölkerung indessen, die in den sogenannten Einöden" in Nord- Tavastland und in gewiffen Teilen von Karden wohnt, ist dieser Speisezettel noch ein unerreichbarer Zugus. Hier muß man froh sein, wenn man

k. Die liebe Eitelkeit. Ein paar Anekdoten von berühmten Sainte Männern erzählt ein Mitarbeiter des Gaulois". Simon, der Begründer des Saint- Simonismus, hielt sich für das größte Genie der Neuzeit. Eines Tages fuhr er mit Eilpost nach Coppet  , um Mme. de Staël  , die er gar nicht fannte, einen Be­such zu machen. Gleich nach seiner Ankunft suchte er sie auf und hielt ihr folgende Rede:" Madame, ich bin der Graf von Saint- Simon  . Sie sind eine geniale Frau, und ich bin, wie Sie wissen, ein genialer Mann. Wir wollen uns heiraten, dann haben wir sicher Kinder, wie sie die Welt noch nicht gesehen. Ich komme direkt aus Paris  , um Ihnen das zu sagen, und ich zweifle nicht an Ihrer Einwilligung." Mme. de Staël   hätte ihm am liebsten ins Gesicht gelacht, aber fie bezwang sich und sagte:" Ich bin entzückt, die Bekanntschaft eines genialen Mannes, wie Sie es sind, zu machen. Ich halte mich nicht für eine geniale Frau, und wenn ich es auch wäre, so wäre ich doch immer noch nicht sicher, daß unsre Kinder geniale Menschen würden. Sie wissen doch, wie viele geniale Männer mittelmäßige Sinder haben." ,, Sie geben mir also einen Korb?"" Zu meinem großen Bedauern muß ich es." Gut, Madame." Saint- Simon   erhob sich, berbeugte sich, und fuhr alsbald nach Paris   zurüd.

Nach dem Kriege lebte in Paris   ein Mann, der Thiers er Er trug staunlich ähnlich sah und sich darauf sehr viel einbildete. ein würdevolles, steifes Wesen zur Schau und war selig, wenn man ihn für den Präsidenten hielt. Eines Tages traf ein junger Mann in lustiger Gesellschaft diesen Doppelgänger von Thiers. Er hatte ihn schon vorher gesehen und erkannte ihn jetzt wieder. Ich wette," fagte er zu seinen Freunden, daß ich diesem Menschen irgendwo einen Fußtritt gebe und er mir dafür noch dankt!" Man ging auf die Wette ein. Der junge Mann lief dem eitlen Herrn nach und bersetzte ihm einen Fußtritt an der vorher ausgemachten Stelle. Der Mann drehte sich wütend um. Ah, Verzeihung, ich sehe jetzt erst, daß ich mich geirrt habe; aber Sie sehen M. Thiers zum Ver­wechseln ähnlich 1" So ähnlich wäre ich ihm, mein Herr?"" Voll­fommen, und ich zweifle sogar noch. Ich bin nicht M. Thiers." " Ah, um so besser für Sie, mein Herr; denn dann sind Sie sicher ein sehr achtbarer Mann."" Danke, mein Herr." Die Wette war gevonnen....

Lamartine   war sehr gut, aber von einer naiven Eitelkeit,

die ihn selbst nicht im Unglück verließ. Eines Tages besuchte ihn ein junger Dichter, den ein Freund ihm empfohlen hatte. Am Tage nach dem Besuch fragte der Freund ihn, was er von dem Empfohlenen hielte. Der wird es sicherlich niemals zu etwas bringen," meinte Lamartine  . Warum denn?" Er war in meiner Gegenwart durchaus nicht aufgeregt oder verwirrt."

Aehnliche Aussprüche hat man auch Victor Hugo   zu

geschrieben, der jedem Dichterling, wenn er ihm Verse zuschickte, antwortete:" Sie sind ein großer Dichter!" und der dennoch keinen raschte ihn Leconte de Lisle   in seinem Garten und fand ihn in Nach­Vergleich zwischen sich und einem andern zuließ. Eines Tages über­denken versunken." Woran denten Sie, Meister? Ist es indistret, danach zu fragen"" Ich dachte an Gott  . Ich sagte mir, daß wir uns nach meinem Tode gegenüberstehen würden, und ich fragte mich, was Gott   wohl zu mir sagen würde?" Leconte de Lisle   lächelte: Das ist doch sehr einfach, Meister; er wird sagen: Tritt näher, lieber Kollege!" Der Dichter zitterte und seine Seele war freudig erregt....

gc. Das belebte Wattenmeer. Zur Ebbezeit, wenn aus den Watten, wo jegliche Spur eines Pflanzenlebens erloschen ist, die nordfriesischen Inseln und Halligen mit ihrem lieblichen Grün gar freundlich hervorblicken, dann gehen wohl von Insel zu Insel oder vom Festlande nach den Halligen und Inseln Menschen über das Watt. Es find die Schlickläufer. Es find die Schlickläufer.( Man nennt nämlich jenen Schlamm, der die Watten spärlich bedeckt, Schlick  ".) Für den Un­geübten ist es, so schreibt P. Andresen in einem Auffaße über das Wattenmeer, aber ebenso gefährlich wie mühsam, solche Wanderungen zu unternehmen. Wer aber die Mühe nicht scheut, dem ist eine Wanderung über die Watten an der Seite eines Ortslundigen sehr zu empfehlen. Namentlich der Naturfreund wird bei solcher Wan­derung reichen Gewinn mit nach Hause nehmen. Jene schmalen Wasserrinnen, die sich, einem silbernen Netze gleich, zwischen und auf den Watten ausbreiten, und die man Prielen nennt, bergen reiches Leben. Wenn die Flut nachläßt, dann erheben sich zunächst die höher gelegenen Watten aus dem Meere. Je weiter die Flut zurüd