weiß selbst titcfjf, Kas ich zu Ihnen gesprochen habe, aber erdrohte, er würde mich totschlagen. Ich war halb wahnsinnigvor Angst.".1Mr war ganz stumm vor Erstaunen über ihre Verlogen-heit, aber zugleich beschlich ihn ein Gefühl tiefer Beschämung.f£r erinnerte sich, wie er vor nicht gar langer Zeit ohne Ab-scheu an ein Verhältnis mit dieser munteren, hübschen Fraugedacht hatte. Fetzt wußte er, daß es ihm ein für allemalunmöglich geworden war, den Helden ähnlicher Abenteuerzu spielen, daß der letzte lleberrest jeglicher Lüge unwider-ruflich aus seiner Bnist verschwunden war, jener Art Lüge.die selbst von den edelsten der ihm bekannten. Menschen der-ziehen wurde. Nein, nie wird er ein Weib besitzen, das ernicht von ganzem Herzen liebt! Und nie mehr, unter keinerBedingung, wird er eine Unwahrheit sagen.9.Dies Fahr war für die Einwohner von Dschurdschnj un-gewohnlich reich an Ereignissen. Noch war das letzte Echodes Abenteuers der Frau Lehrer nicht ganz verklungen, alseine neue Kunde kam, die übrigens niast nur Dschurdschnj,sondern das ganze russische Reich bis in seine tiefstenTiefen hinein erschütterte. Der Kosak, der ihr Bote war,stürmte wie besessen von Ort zu Ort. Seinen Weg zeichneteer mit den Leichen der Pferde, die er zu Tode ritt, ließ sichvon den Einwohnern neue geben und raste weiter, indem erim Sattel schlief und nur so viel aß, als er während des Um-sattelns zu sich nehmen konnte. In fünf Tagen hatte ernahezu tausend Werst zurückgelegt. Endlich hielt er amRande des Abhanges, von dem er das Städtchen erblickenkonnte. Es war nur noch eine Meile bis dahin. Aber dietief über die Berggipfel herabhängenden Wolken, der in denThälern aufwirbelnde Schnee und die schwankenden Lärchen-Wipfel unter ihm sagten dem Kosaken, daß er noch ein hartesStück Weg vor sich habe.„Wollen wir nicht ins Torf abbiegen, es ist hier ganznahe," lockte sein Wegweiser.„Was fällt Dir ein? Esel!"Er ließ den Führer vom Pferde steigen, das besser warvis das feinige, überließ ihm sein Gepäck und sprengte mitverhängtem Zügel davon.Unten aber, im Thale, erhob sich einer jener Frühlings-stürme, die daherbrausen, als träfen alle Winde, die sich inden Schluchten verborgen hielten, hier zum letzten, ent-scheidenden Kampfe zusammen. Zuerst brach einer hervorund strich mit sicgesgewisscm Trompetenton. den letzten Schneevon den Wäldern schüttelnd, über die erwärmte Ebene. Abernoch hatte er die Mitte nicht erreicht, als ein andrer aus demWalde sprang, sich an ihm festklammerte, ihn um und umwirbelte, nach der andern Seite riß, und alle beide dann eng-verschlungen, heulend und miteinander ringend weiter eilten.Schon hatten sie fast das ganze Thal in ihrem Besitz, schonwaren sie den gegenüberliegenden Bergen ganz nahe, als sicheine flache, breite Luftlawine von dort herabwälzte, sie heim-tückisch unterwühlte und emporschleuderte. Plötzlich blähtesich der Schneesturm auf, wand sich in tollen Wirbeln undteilte sich in tausend Stürme und brausende Winde. EinerHeerschar von weißen, zottigen Gespenstern gleich, wälztensie sich heulend, pfeifend, rufend, einander fassend undwuchtige Schläge versetzend, durch das Thal, indem sie aufalles, was sie auf ihrem Wege antrafen, lange Schneestreisenabschössen, die niedersausten, wie ein Hagel von Pfeilen.Ülnter der Wucht ihrer Ricsenleiber ächzte und bog sich derWald wie schwaches Rohr. Die Schluchten und Bergwändeheulten, und die mit fortgerissenen Wolken brodelten wiesiedendes Wasser, und stiegen auf oder senkten sich, um sichmit dem Schneegestöber zu vermengen. Als diese wütendeSturmwoge gegen den Kosaken anprallte, stöhnte das Pferdunter ihm auf und wankte, er selbst aber schlug das Kreuz.Bald wußte er nicht mehr, wo er war und wohin er sich wendensollte. Der Wind peitschte ihn von allen Seiten, sprang sogarvon unten an ihm hinauf, denn die zu Boden geworfenenStürme schlagen nach oben aus, indem sie ganze Säulen vonzu Staub geriebenem Schnee cmporschleuderten. Zuweilen,wenn alles plötzlich einen Augenblick still war, sielen große,ffchtvere, weiße Flocken tonlos aus den niedrig ziehenden,schwarzen Wolken. Dann zog der Kosak den Lederschurzseines Eapuschons vom Gesicht und sah sich forschend um und»as Pferd rieb sich an dem vorgestreckten H'.f sorgfältig dasVis aus den Nüstern. Aber das dauerte nur einen kurzenMoment: gleich darauf wurden sie wieder von dem weißen,kalten, unerbittlichen Wirbel erfaßt. Das Pferd keuchte,witterte den Weg, und der Kosa? beieke. Sie waren üeideschon halb erstarrt, als das Tier endlich stehen blieb und leisewieherte. Ruhevoll stand in dem treibenden Schneegestöberein dunkles, hohes Haus mit einem spitzen Dache dicht vorihnen. Der Kosak bekreuzigte sich wieder, denn er fürchtete,es sei ein Wahngeblld, aber er stieg doch vom Pferde, stampftedurch den Schnee und schlug mit Händen und Füßen an dieThür. Nachdem er lange geklopft hatte, öffnete sich dieselbeund das verwunderte Gesicht des Hausknechtes sah heraus.„... Aus dem Gouvernement!... Der Kaiser ist er-mordet! Hol' den Bezirkshauptmann!"(Fortsetzung folgt. j:lNachdruck verboten.)Jan Hambur.Von Chriel Buysse.Autorisierte Uebersetzung von Rhea Sternberg.Frage den Erstbesten im Torf, wer Fan Tambur ist, und erwird Dir antworten: ein Trunkenbold, der im Rausch sein Hausgerätzerschlägt und Frau und Kinder mißhandelt.ES ist etwas merkwürdiges mit dem allgemeinen schlechten Ruf.Denn ich weiß es ganz bestimmt, daß Jan Tambur viel wenigertrinkt als die meisten andern Dorfbewohner, daß er nie etwas zer-schlägt in sc nem Hau'e und daß er Frau und Kinder nie mißhandelt.Aber Jan' ambur ig ein Spaßvogel, ja, das ist er.Er ist Schuhmacher vc.i Berus. Er wohnt in dem kleinen Giebel-Häuschen, mitten an rer großen Dorfstraße, gerade gegenüber derGasse, wo einige arme Familien Hausen, und wo auch ganz amEnde, die Gasse abschließend, der taubstumme Schneider wohnt.Der Fußboden von Hans Häuschen liegt tiefer als die Straße.Drinnen riecht es stark nach Pech und Leder, und überall an denWänden hängen große und kleine, schwarze, braune und gelbe drolliggeschnittene und gekerbte Ledcrlappcn, von denen einige noch etwasvon den Körpcrformen der Tiere bewahrt haben, aus deren Fellsie geschnitten sind. Vor dem lleinteiligen, bleigefaßten linkenFenster sind die farbigen Stiefel, Schuhe und Pantoffel verlockendglänzend zum Verkauf ausgestellt. Vor dem rechten Fcnsterchensitzt Jan Tambur bei seiner Arbeit.Sein ganzes Werkzeug liegt auf der breiten Fensterbank unddem Arbeitstisch um ihn her. Er schneidet, sticht, näht und klopft,den Kopf über die Arbeit gebeugt, mit schnellen, gewandten Be-wcgungen. An der rechten Wand hängen zwischen dem Leder Käsigemit verschiedenen Vögeln: ein Fink, ein Zeisig, zwei Kanarienvögel,zwei Staare und eine Drossel. Auf der Fensterbank hüpft flatterndzwischen allerlei Gerätschaften, Glasscherben und Lederschnipselneine zahme Dohle frei herum. Und in einem Körbchen sitzen zweiganz kleine graugclbe, rauhhaarige Hündchen, WhiSly und Gingenannt. Die hat Jan von seinem Bruder aus Amerika geschenktbekommen.Jack Tambur ist etwa sechzig Jahre, alt, er ist hager und vonkleiner Gestalt, das Gesicht voller tiefer Runzeln, mit scharferNase und schlauen, durchtriebenen, hellblauen Augen. Sein Kopferinnert an einen Vogellopf, und während er sich über seine Arbeitneigt, und der schwer herabhängende graue Schnurrbart den Mundfast ganz verbirgt, scheint er beständig ein leises Vogellied zu flöten.Die Tiere um ihn her sind alle seine guten Freunde, und ich glaube,daß er ihre Sprache versteht. Ab und zu schwatzt das eine oder andrein seineni Korb oder Käfig etwas, dann sieht der fleißige Jan ver-ständnisvoll von seiner Arbeit auf und antwortet. Mit der Dohlesteht er auf besonders intimem Verkehrsfuß. Spricht er sie an,so lauscht sie aufmerksam mit zur Seite geneigtem Kopf, und einetiefe Intelligenz leuchtet aus ihren runden Augen. Auch Gin undWhisky scheinen ihn wohl zu verstehen. Sie richten sich in ihremKorb auf, strecken die Hälse und beginnen zu zittern, wenn er mitihnen spricht, und unter- leisem Knurren versprechen ihm_ diewässerigen Augen und gespitzten Ohren Freundschaft und Gehorsam.Doch während Jan vom frühen Morgen bis zum späten Abenddort am Fenster sitzt und arbeitet, denkt er darüber nach, was erwohl für Späße ausführen könnte, um sich die Langeweile ein wenigzu vertreiben.Neben ihm im Winkel steht im Bereich der Hand sein langeshölzernes BlaSrohr. Damit geht er wohl manchmal Sonntags aufsFeld oder in den Wald, um Vögel zu schießen. Er schießt sie nichtetwa tot, er betäubt sie nur mit kleinen weichen Thonkugeln. � So hater seine beiden Staare und die Dohle gefangen. So amüsiert ersich auch ab und zu, indem er auf die Straße hinausschießt. Ineinem der kleinen Scheibchcn seines Arbeitsfensters ist ein kleinesLoch. Es ist mit einem Stückchen Hellem Lcder verhängt, und niemandkann es von draußen sehen. Ist er in spaßiger Laune— und daspassiert gar oft— so nimmt er das Lcderchen fort, legt sein Blas»rohr an und pustet eine Thonkugcl auf die Straße.Seine Zielpunkte sind verschieden. Bald sind es cm paarFrauen, die endlos lange vor der Thür stehen und schwatzen, baldeine Schar Jungen, die in dem Rinnstein spielen, bald eine Alte,die mit Mühe ihren Schubkarren fortschiebt. Ganz unerwartet pufftdas weiche Kügclchen auf ihre Hand oder ihre Backe, ein Angst»