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findet sich der Held mit der Außenwelt ab, die puppenhaft er­scheint. Danach erwächst ihm die schwerere Aufgabe, sich mit sich selbst abzufinden.

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Es ist sehr fein zu beobachten, wie Jbsen diesen Plan nicht von Anfang an im Auge hat, sondern durch seine zwingende Logik all­mählich zu dem Inhalt des letzten Attes geführt wird. Denn wären die beiden ersten Afte die Haupthandlung, so würde jeder sagen: Fall ist in der gleichen Verfassung, wie die, die er schmäht. Nur schwärmt er mehr. Darum ist er um nicht selbst der Thorheit geziehen zu werden gezwungen, im letzten Aft über die beiden ersten Afte zu triumphieren. In dieser traffen Art, den Jchmenschen, und im Grunde sich selbst nur in den Mittelpunkt zu stellen, liegt zu gleich die eigentümliche Thatsache, daß wir den Worten und Be­weisführungen der geschmähten Gegenpartei öfters recht geben müssen. Für jeden paßt die Welt, die er sich schafft. Und in wem das Zeug zu einem Strohmann mit zwölf Kindern liegt, der ent­wickelt sich eben danach. Daher kommt es auch, daß wir, vom höheren Gesichtspunkt aus, nicht recht in die tönenden Reden des Helden mit einstimmen. Sie bleiben Reden, und es fehlen die Thaten. Es bleibt alles schließlich in der Welt der fleinen Persönlichkeit. Da­her kann man ein solches Werk wie das vorliegende schwerlich anders als zeitlich, lokal betrachten. Erschiene ein solches Wert jezt von einem Unbekannten auf der Bühne, es würde uns vieles als un­natürlich, ja leichtfertig erscheinen. Wie anders erscheint dagegen die tiefgründige, gestaltende Dialettit eines Hebbel, von dem Jbsen viel lernte.

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So, repliziert die andre in erbittertem Zone und meiner Muatta ham S es auch nur aus Neugier derzählt, was? Drei schöne Verhältnis hab' i durch Ihna verloren."

Gleich drei?" fragt erstaunt der Richter.

" Freili', in den Briaferln war'n doch immer die Rendezvous bes stimmt, und weil die da mir's veruntreut hat, hab'i nit hinkommen finna, und er is mir davong'gangen."

Ja, aber das ist doch nur einer?"

Ganz erstaunt betrachtet die Kleine den Richter. Ja, aber wann mir aner davongeht, muß i mir doch an andern nehmen!"

Verblüfft über diese Logik nimmt der Richter die Briefe zur Hand und blättert darin herum. Nach einer kurzen Pause: Na, hören Sie, das ist doch ein bischen start. Fast jeder Brief trägt eine andre Unterschrift. Wer ist denn der Karl da, der Ihnen die Millionen Küsse schickt?" Das is a Student!"

mit

" Und der Frizz, der Sie zuckersüßes Mausi nennt?" " Das is a Einjähriger!"

Und da kommt ein Gust! vor, der Ihnen vorwirft, daß Sie dem Franzl zu viel tokettieren. Was ist denn der?" Die Kleine legt nachdenklich den Finger an die Nase. Der? Mir scheint, das ist der Feuerwehrmann."

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Ja, wieviel Liebschaften haben Sie denn eigentlich?"

" Ja, Herr Richter, wissen S, wia mir Madeln halt schon

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gezüchtet, wir sind dagegen noch

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Der Nichter sieht sich schließlich veranlaßt, die Verhandlung zu Das führt auf eine andre Thatsache. Zu der Zeit, als vertagen. Beide Frauen verlassen das Bezirksgericht Josefstadt , wo Ibsen dieses Stück schrieb, herrschte das französische Thesenstück, sich die Kleine Scene abgespielt hat. Noch auf der Treppe dreht sich dessen Sinn nicht fünstlerisch- psychologische Gestaltung, sondern die Fräulein Tinerl resolut um und sagt zu ihrer Gegnerin trium­Beweisführung irgend einer These, eines Leitsatzes, der das Leben phierend: Jetzt hab' i an Neuchen, aber Ihna erzähl i just regeln sollte, war. Was soll mit einer Fran geschehen, die ihrem nig Mann die Ehe bricht usw. Auch hier, bei Jbsen, dieses Redeblüten ans der bayrischen Kammer. Aus einer Samm dialettische Näfonnieren. Weiterhin ist es für das französische Stück lung schiefer oder belustigender Worte, die während der letzten charakteristisch, daß zum Schluß der End- Näsonneur, der das Schluß- Kammerfession gefallen sind, bringt das Würzburger Journal" resumee giebt, die Endentscheidung bringt. Wir erkennen ihn wieder in Goldstadt, dem reichen Großhändler, der plötzlich so weise Lebens- einige Proben. Als einmal die Güte der bayrischen Staats­hengste mit ausländischen" in Vergleich gezogen wurde, erwiderte worte spricht, die ihm niemand zu Anfang zutraut, und von denen ein Herr vom Regierungstisch, der den mit seiner Stelle erblich ver­er selbst wohl nichts ahnte. Er spricht sie in Ibsens Namen. Weder bundenen Beinamen Roßoler" führt: Mit Oldenburg dürfen die Bräutigams haben recht, noch Fall hat recht, sondern Sie uns nicht vergleichen. In Oldenburg wird schon seit ich sage es jetzt, und sage es durch Goldstadts Mund und Du, jagt er zu Falk geh Du Deinen Weg, und laß die hundert Jahren ihre gehen, führer andren ihre gehen, Du paßt nicht ins Alltagsleben, Du ganz junge Zucht." Ein Abgeordneter schleuderte dem Centrums­Dr. Pichler die Worte entgegen: Was Sie bist ein besonderer Fall. Im Zusammenhang mit dieser Thesen hier aus den Fingern saugen, das hängt noch viel reiterei steht der Mangel jeder tieferen psychologischen Motivierung, mehr in der Luft als meine Behauptungen!" Um die Ver der sich aus der Anlehnung an das französische Drama erklärt. Es längerung der Maintette bis Schweinfurt bat ein Abgeordneter entscheidet nicht der feelische Kampf im Innern des Helden, sondern den Verkehrsminister, indem er schmeichelte: Ich möchte den Ver der dazwischentretende beinahe müßte man sagen Onkel aus fehrsminister bitten, die Verlängerung der Kette bis Amerika , der in schlimmeren Stücken immer die Lösung bringt. Intereffant ist, wie in diesem jugendlichen Wert schon allerlei Schweinfurt warm im Auge zu behalten." Ein bekannter mittel­fränkischer Bündler und Antisemit erklärte treuherzig: Sch will es Stoffe sich melden, deren Ausarbeitung und Verwertung der Dichter ja dem Finanzminister glauben, aber moralisch glaubt man es später vornahm. In den wenigen Worten Schwanhilds über ihrer außen nicht!" Auch der Kammerdemokrat erheiterte einmal Vergangenheit meldet sich schon der Sinn für den Kampf der Frau bei der Waldstreudebatte feine Kollegen mit der fühnen Redewendung: um Freiheit. Und noch manches andre fällt einem auf, das hier nicht ausgeführt werden kann. Fall hat manche Aehnlichkeit mit" Um aber wieder auf meine Streu zurückzukommen." dem Voltsfeind". So findet man hier Keime, die sich später aus­wachsen.

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Die Darstellung wurde dem Inhalt gerecht. Beffer wäre es gewesen, würde das Organ Ed. von Wintersteins nicht so berbraucht gellungen haben. Gut war der Pastor( Turner). Ueberraschend fein war auch die Stimmung des ganzen Stückes herausgearbeitet, und die Kostüme erfreuten durch den darin feftge haltenen, einheitlichen Stil.­

Kleines feuilleton.

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Theater.

von Arno Holz und Ostar Jerschte. Arno Holz , der Lessing Theater. Traumulus. Schauspiel in 5 Aften litterarische Principienmensch und Stilerperimentator, wird, schäße ich, von allem, was er allein oder mit anderen zusammen geschrieben, den Traumulus, der es in der Premiere zu einem durchschlagenden Theatererfolge brachte, am niedrigsten eintagieren, vielleicht sich luftig machen über den Applaus. Seit seinem Erstlingswerte, dem jugendlich lampffrohen, von revolutionärer Begeisterung erfüllten " Buch der Zeit" ist er auf der Suche nach neuen Formen. Ausgangs der achtziger Jahre schrieb er mit Schlaf den Papa Hamlet", die" Reuen Gleise ", das Schauspiel Familie Selide litterarische Genrebilder, die in der minutiösen Wiedergabe des Wirk lichen eine Fortentwicklung des Naturalismus über die bisher er­Wia mir Madeln schon san--" Von einer lustigen reichte Stufe hinaus, eine Potenzierung der in dieser Stilart Gerichtsverhandlung berichtet die Wiener Reichswehr": Fräulein liegenden Tendenzen darstellen sollten. Arno Holz , dem kon­Tinerl ist tief gekränkt. So' was is mir noch nie passiert, Herr sequentesten Realisten", war Hauptmanns berühmtes Erstlingsdrama Richter," flagt fie, mein ganzes Herz hab' ich ihr ausg'schütt und Vor Sonnenaufgang" gewidmet. Auf die naturalistischen so a Falschheit!" Dabei wirft das junge, hübsche Mädchen einen Experimente, die in ihrer Eigenart vielerlei fruchtbare An­niederschmetternden Blick auf die ehrsame Matrone, die ihr gegen- regungen boten, folgte dann, sozusagen als principielles über vor dem Richtertisch steht." Denten Ihna nur: i bin Manifest, ein Schriftchen über die Kunst", das die naturalistische nämlich Blumenmadel; und wia's schon so geht, hab' i halt a Methode möglichst egatter Reproduktion nicht etwa als eine Stilart mei' G'spusi( Liebschaft) g'habt. Wann ma g'rad nöt grausti unter andern zu analysieren suchte, sondern sie mit wunderlichem ausschaut, verstengan, Herr Richter. Ja, und da Dogmenfanatismus als den endgültigen, schlechthin vollkommenen hab' i bei der Person da g'wohnt. Und wann i a Kunststil proflamierte. Als ob die Genauigkeit der Nachahmung und Brieferl' friegt hab', hab' i ihr's borg'lefen. Ich hab' nicht vielmehr die umbildende Phantasie, die auch in jedem natura­mir halt denit, so a bejahrtere Frau muß doch aus an liftischen Kunstwert mitgearbeitet hat, entscheidend wäre für den Schreiben auf an Charakter schließen tönna. Da war's immer so fünstlerischen Eindruck! Später ist er nur einmal noch in der mit lieb zu mir, aber wia i von ihr auszogen bin tönnen S' Jhna Baul Ernst zusammen verfaßten, allzu breit gesponnenen Komödie so a Gemeinheit denken, da hat S' meine Liabsbriaf, die no Socialariſtofraten" 31 specifisch naturalistischen Formen zurüd immer an die alte Adreß kommen fan, aufg'fangen und selba gelehrt. Seine Hauptkraft wandte sich der Lyrit zu, auch hier wieder in g'lesen, die grausliche Person." dem Gedanken, neue Ausdrucksmittel, einen neuen Stil zu finden. Der Reim, da er abgenutzt durch jahrhundertlangen Gebrauch mehr als hemmende Fessel, wie als Erreger der Stimmung wirke, sollte fallen, der festgefügte Vers sich auflösen in den Schwingungen freier, jeder Gefühlsnuance leicht sich anschmiegender Rythmen. Der Ver­such in den Phantasusgedichten ist interessant genug, aber auch diese

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Aber gengan S', Fräul'n Tiner!", bittet die alte Frau, ganz niedergeschmettert von dem Redeschwall des reschen Blumenmädchens, es ist ja nir dran. Weil Smir die Brieferin immer burg 'lesen hab'n, war i halt neugierig, wia's weitergeht, und hab'' halt aufg'macht."