um so eifriger bemühten wir uns, den Rest der flüssigen Brennstoffe zu beseitigen. Auch beim Schießen gab ich Befehl zu trinken. Endlich sahen wir Land. Ein unbeschreibliches Gefühl erfüllte alle. Niemand konnte sich mehr auf den Beinen halten. So zitterten alle vor Kampfbegier. Durch das Femrohr sah ich, daß das Land in die Länge gezogen war und eine insulare Lage hatte. Wir hatten also Japan   vor uns. Die feindliche Flotte sahen wir zunächst nicht, sie hatten sie offenbar aus Furcht unter dem Wasser versteckt. Aber wir ließen uns nicht in Sicherheit wiegen. Wir mußten Rache nehmen ftir alle Untaten, die dies krummbeinige Ge- finde! Eurer erhabenen Majestät zugefügt hat. Als die Nacht hereinbrach, ließ ich die Scheinwerfer spielen. Plötzlich tauchte unter dem Licht eine ungeheure Armada auf. Deutlich sah ich, wie die feindlichen Schiffe' angefüllt waren bis zum Rande mit Seeminen. Die Minen sahen grenlich aus, unheimliche, griinlich und bläulich und gelblich schillernde Ungeheuer, die sich bewegten, riesige, mißgestaltete Mäuler hatten, mit gewalttgen Hauern. Die Japaner, kleine, ver- wegene, zweiköpfige und vierarmige Gesellen, waren gerade im Be- griff, diese entsetzlichen Seeminen ins Meer zu werfen, um unsere Flotte zu verderben. Auch hatten sie Gewebe, aus Dynamit gesponnen, die sie gleichfalls in die See versenkten, um unsere Schiffe zu zerstören. Aber ich hatte die Verbrecher rechtzeitig entdeckt. Ohne mich einen Augenblick zu besinnen, befahl ich: Feuer I Noch einmal tranken unsere braven Jungen ein Fäßchen Spiritus, noch einmal prügelten sie die Weiber, noch einmal sprachen sie ein inbrünstiges Gebet, noch einmal ließen sie ihr erhabenes Väterchen leben, dann stürmten sie unter brausendem Huaraw, Hurraw, Hurraw in die Schlacht. Das Gemetzel war entsetzlich..Der Feind schoß mit vergifteten Seeminen, das Völkerrecht schamlos verletzend. Die Bilder deS Grauens häuften sich dermaßen, daß ich, um den klaren Ueberblick nicht zu verlieren, mich in die Kajüte zurück« ziehen mußte. Bald bedeckten 3000 Leichen unsere Schiffe; sie wurden aber nach einer gründlichen Magennuspumpung dem Leben und dem Vaterlande wiedergegeben. Der Feind jedoch floh in alle Winde. Das Wort Seiner Exzellenz des Oberprokurators des heiligen Synod hat sich h�rlich bewährt: Deus afflavit et dissipati sunt. Heute morgen erschien ein Kurier auf meinem Schiff, er brachte einen Stoß Zeitungen. Er sagte, es stände darin, wir hätten auf englische   Fischerboote geschossen. Unsinn. Wie käme England in diese Gegend! Zum Glück kann von unseren Leuten, dank der Weisheit Eurer Majestät, niemand lesen, wir sind also den ver« wirrenden und verweichlichenden Wirkungen der westeuropäischen sogenannteil Bildung nicht zugänglich, wir steuern unseren Kurs vorwärts, mögen die Kerls schinieren, was sie wolle». Unsere guten Kanonen sind stärker als ihre Tintenfinger. Gleichzeitig brachte mir der Kurier zwei Telegramnle aus Deutsch  « land. In dem einen steht, ivie der Bote mir sagte, die Bitte von Kadetten, doch mal deutschen Schiffen die Ehre der Beschießung zu gewähren. Wenn eS irgend geht, werde ich, bei der Freundschaft, die Euere Majestät mit diesein Lande verbindet, die Bitte zu er- füllen suchen, obwohl unser Pulvervorrat auf die Neige geht. Außer- dem bot sich ein gewisser Hüssener an, die Führung der. Flotte zu übernehmen; da ich bisweilen unpäßlich bin, möchte Euere Majestät allergnädigst in Erwägung ziehen, ob man dies Angebot akzeptieren solle, damit er mich im Falle meiner Verhinderung vertritt. Ich verbleibe Euerer Majestät tteuester Admiral... AuS dem Original übersetzt von Joo. Kleines Feuilleton. Marie Witt und die Gallmeyer. Adolf W i l b r a n d t ver- öffentlicht in derNeuen Freien Presse" Wiener Erinnerungen. Im letzten Stück kommt er auf die Opernsängerin Marie Witt zu sprechen, die eine der herrlichsten Stimmen besaß, aber ungemein dick und unbeholfen war. Nachdem er den tragischen Tod der Kunst- lcrin sie tötete sich aus Liebesgram erzählt, fährt er fort: Die Persönlichkeit der Marie Witt hat sich wohl nirgends liebcns- würdiger ausgesprochen als in der schönen Geschichte, die mir einmal Josefine Gallmeyer   erzählte. Die Gallmeyer hatte ein starkes Talent, zu parodieren, und hat's oft getan: wie es denn so oft in diesen und anderen Sachen hieß:Die Pepi wird's machen!" Als Marie Witt in ihrer Blüte an der Wiener   tzofoper war, sollte auch sie daran glauben, parodiert zu werden, und eines Tages tritt die Gallmcyer bei ihr ein und stellt sich ihr vor. Meine liebe Frau v. Witt," sagt sie ungefähr,man hat mir den ehrenvollen Austrag erteilt, Sie zu parodieren; ich stehe nun aber jeden Abend, den Gott werden läßt, vor dem Publikum, in die Oper komm' ich halt nie, Hab' noch nicht das Vergnügen gehabt, Sic auf der Bühne zu seh'n. Wie soll ich Sie da parodieren? Das gibt's ja nct l Da komm' ich in meiner Not zu Ihnen: wenn Sie die Gnad' haben möchten, mir ein bisse! eine Anweisung zu geben, zu zeigen, wie Sie's machen daß ich Ihnen dann doch auf meine Art was nachmachen kann!" Marie Wilt   nimmt es ohne weiteres so, wic's kommt. Da kann ich Ihnen schon helfen," sagt sie, sachlich und gemütlich. Sie zu parodieren, das werde wohl nicht schwer sein: sie habe so allerlei an sich, das man gut ins Lächerliche ziehen, übertreiben könne. Da ihre Schauspielkunst nicht weit her sei, habe sie sich für ihre Opcmrollcn bestimmte Manieren angewöhnt, mit denen behelfe sie sich:zum Beispiel, wenn ich weinen muß, wissen Sie, dann mach' ich halt so; wenn ich mich erschrecken oder fürchten soll, tu' ich das und das. Große Aufregung oder Leidenschaft, dafür Hab' ich das. Ja, und dann kann ich Ihnen noch was zeigen, schauen Sie Herl  " Indem sie spricht� macht sie ihr alle Gebärden vor, mit denen sie sich behilft, wenn sie weint oder sich fürchtet oder großartig wird. Die Gallmeyer sieht mit Andacht und mit heimlichem, hochachtungs- vollem Staunen zu. Ich dank' Ihnen gar schön, liebe Frau v. Witt," sagt sie endlich, als die Borstellung aus ist.Damit laßt sich schon was machen. Wenn Sie nur noch die Gnad' hätten, mir ein bisse! was vorzusingen; davon Hab' ich noch nichts gehört." Was wollen's denn, daß ich singen soll?" Nu, so recht was von Ihrer Art. So, wie grab die Wilt singt und keine andere." Marie Wilt   stellt sich hin und beginnt- ich weiß nicht, was. Irgend einen ihrer großen dramatischen oder lyrischen Gesänge in der Oper singt sie ins Zimmer hinein. Sie wird mehr und mebr zu der, die sie darstellt; sie vergißt, wo und wer sie ist. Als sie aus- gesungen hat, schaut sie wieder in die Ecke, wo die Pepi Gallmcyer sitzt. Der laufen die Tränen über das Gesicht.Was haben Sie?" fragt die Wilt. Die Pepi schüttelt nur so den Kopf, sie kann noch nicht reden. Endlich steht sie auf:Ich dank' Ihnen schön, Frau v. Wilt. So Hab' ich in meinem Leben noch nicht singen hören. Ich werd's nicht vergessen. Aber parodieren nie!" Mich nicht parodieren?" Nie, nie! Eine Frau, die so himmlisch singt! Das kann ich nicht, das tu' ich nicht. Allerschönstcn Dank und leben Sie Wohl!" Hab's auch nicht getan!" setzte die Gallmeyer hinzu, als sie mir's erzählt hatte, und ihre Augen blitzten mich an.Das tu' ich nicht, Hab' ich ihnen gesagt: bm dabei geblieben!" e. Wie das Wetter das Leben beeinflußt.Wettereinflüsse" betitelt sich ein dieser Tage in London   erschienenes Buch des Prof. Edwin Grant Dextcr von der Universität Illinois  , das die Beobachtungen über die Beeinflussung des Lebens durch das Wetter zusammenzufassen sucht. Es wird die Zeit kommen, meint der Ver- fasser, in der man von den Instrumenten der meteorologischen Bureaus wichtige soziologische Einwirkungen auf das Behagen und Unbehagen der Menschheit ablesen wird. Man wird sich dann wohl fragen, ob es von größerer Bedeutung für die Gesellschaft ist, das; ein Nordwind Frost bringt, oder daß er eine Epidemie von Morden, Selbstmorden und Gewalttätigkeiten bringen wird. Prof. Grant Dexter zeigt, daß es kaum eine Witterung in der Natur gibt, die nicht ihren unmittelbaren Reflex in den Handlungen der Menschen im Guten oder Bösen hat. So bringen beispielsweise Westwinde eine Zunahme der Verbrechen, die Anzahl der Selbstmorde wächst mit der Schnelligkeit des Windes, trockenes Wetter erzeugt Selbstmord- tendcnzen, Kinder befinden sich am wohlsten bei kaltem Wetter, und Knaben sind empfänglicher für Witterungsumschläge als Mädchen. Im ganzen sind 12 759 Schulkinder beobachtet worden, in welcher Weise das Wetter ihr Betragen und ihre Leistungen be- cinflußt. Es zeigte sich sehr deutlich, wie beides am besten bei klarem kalten Wetter, am schlechtesten bei wolkigem, nassem, stürmischem und windigem Wetter war. Auch die Sitze beeinträchtigte die Leistungen wie das Betragen. Gewalttätigkeiten sind am häufigsten bei heißem Wetter. Vom Januar, dem kältesten Monat ab, wächst bei Männern die Zahl derselben allmählich bis zum Juli, um dann wieder langsam abzunehmen. Eine viel stärkere Zunahme der Gewalttätigkeiten zeigt sich bei Frauen; sie erreicht im August ihren Höhepunkt und nimmt erst dann wieder ab.Während der Londoner   Nebel und an Tagen, an denen das Wetter besonders drückend ist, werden in der Bank von London   gcioisse Bücher weg- geschlossen da ein Fehler in ihnen verhängnisvolle Folgen haben würde und die Angestellten werden mit weniger schwierigen und wichtigen Arbeiten beschäftigt. Die Erfahrung hat gelehrt, daß der Prozentsatz der Fehler bei derartigen klimatischen Bedingungen stark zunimmt, und daß man darauf Rücksicht nehmen mutz. Dieselbe Notwendigkeit wird auch von den �größeren Bankinstituten in New Uork und anderen östlichen Städten anerkannt, und eine Abwechselung in der Arbeit unter stetiger Rücksichtnahme auf das Wetter wird streng beobachtet." cn. Ein neues Wintergemüse. Auch die Nahrungsmittel sind in gewisser Hinsicht der Mode unterworfen. Ein merkwürdiges Bei- spiel dafür, daß ein wohlschmeckendes und nützliches Nahrungsmittel lange Zeit in Vergessenheit geraten kann ist eine Kohlsorte, die jetzt: wieder in den Handel gebracht wird. Im 18. Jahrhundert wurde dieser Kohl unter dem Namen des tartarischcn Kohls beschrieben, verschwand aber sowohl aus dem Gebrauch wie aus der Literatur für ein ganzes Jahrhundert. Jin Jahre 1882 nahmen sich zwei Franzosen die Mühe, nach dem Verbleib dieser Gemüse-Art zu forschen und erhielten schließlich noch einige Samen aus dem bota» nischeu Garten in Petersburg  . Ein Züchter namens Ovide Bichot, von dem die Nutzpflanze dann den Namen Ovidius   erhalten hat, nahm sich vor einigen Jahren dieser Pflanze an und hat jetzt mit deren Kultur Erfolge erzielt, die ein gewisses Aufsehen erregen, weil sie den Feinschmeckern, die immer das seltenste haben müssen, eine gute Befriedigung ihres Gelüstes geben. Der Same dieser Pflanzen muß gerade während des Winterfrostes 5 bis 6 Zentimeter tief in den Erdboden gelegt werden, Die Keimung erfolgt nach Per»