Er schwieg und kehrte zu den Ziegen zurück? seine Ge- danken wandten sich Basilio zu, dem er im Geiste mit ängst­licher Besorgnis folgte. Mit seinen flinken Beinen mußte der Hirt jetzt beim Kirchlein angelangt sein; vielleicht hatte er auch Paska schon am Brunnen getroffen und ihr die schlimme Botschaft aus- gerichtet. Vielleicht lachte sie ihn aus wenn sie freilich, nach der Lektion der vorigen Nacht, noch zum Lachen aufgelegt war. Wenn er daran dachte, war Melchior selbst ganz betroffen über seine Kühnheit, über die Art, wie er sich davon gemacht, wie darüber, daß sie die Schläge und Beschimpfungen hingenommen hatte, ohne sie zu erwidern; er hörte es noch, wie dann die Schläge dumpf auf seine Lederjacke fielen, aber er fühlte auch noch Paskas weiche warme Wange an seiner Hand. Er lachte, schrie und fluchte in sich hinein, und ohne sich dessen gerade bewußt zu sein, suchte erlabet nach dem Hasen, schüttelte und durchsuchte das Gesträuch und murmelte: Ich glaube an Gott den Vater, den allmächtigen.. Die erste Frage Basilios, als er mittags zurückkehrte, galt dem Hasen, der aber hatte sich nicht gefunden. Ich habe wohl fünfzig Credos gesprochen," sagte Melchior,und den ganzen Morgen verloren; ein Wirbelwind soll Dich fortfcgen. Dich und Deinen Hasen. Du wirst mir nicht mehr aus den Augen gehen, sonst hat der Spaß wahr- haftig ein Ende." Wie für sie?" frug Basilio und grinste. Sein Herr warf ihm einen zornigen Blick zu und be- deutete ihm, zu schweigen, weil Zio Pietro zugegen war; Basilio machte ihm Zeichen mit Händen und Lippen und kniff ein Auge zu, um ihm zu verstehen zu geben, daß seine Sendung gut abgelaufen war. Nach dem Essen, als der Alte unter dem Baume seine gewohnte Siesta hielt, wollte Melchior genau wissen, was Basilio getan, gesagt und gehört hatte. Als ich hinkam," sagte Basilio,hörte ich, wie sie unter den Bäumen lachten und spielten, und habe mich herangemacht; sie war aber nicht dabei, weil ihre Herrschast ihr wohl nicht erlaubt, sich schon am Morgen zu amüsieren. Da waren Herren und Damen, die Karten spielten; andere lagen Eis bunten Lappen und Kissen und sagten allerlei Dummheiten. Einer schaukelte sich in einem Netz, das an zwei Bäume ge- dunden war." (Fortsetzung folgt.;; 1>foturml1enscKaftlid)e Geberftebt Bon C u rt Grottewitz. Kein Forscher ist so sehr auf den Zufall angewiesen wie der Paläontologe, dessen Aufgabe es ist, die Tierwelt und die Pflanzen vergangener Zeiten kennen zu lernen. Er muß es ruhig abwarten, bis ein Zufall die Ueberreste irgend eines Lebewesens aus dem Schöße der Erde zutage fördert. Und wenn er dann wenigstens ein vollständiges Exemplar einer bestimmten Tier- oder Pflanzcnart vor sich hätte. Aber in der Regel hat er irgend ein winziges Bruch- stück, ein Blatt, einen Wirbel, einen Zahn, und aus diesen gering- fügigen Bruchstücken soll er sich nun das Bild des lebenden Wesens rekonstruieren. Selbst in den günstigen Fällen, wo z. B. das ganze Skelett oder ein Abdruck des ganzen Tieres aufgefunden wird, ist es doch eben nur das Knochengerüst oder ein Abbild einer Tierart, kein vollständig erhaltenes Exemplar. Die Kenntnis der Tierwelt ver- gangener Erdperioden erstreckt sich daher nur auf die Hartteile oder die Gestalt der Wesen, von den Weichteilcn ist im allgemeinen nichts erhalten. Welche große Rolle spielen zum Beispiel die Mollusken in Erdschichten vergangener Zeiten. Aber wir kennen von diesen nicht etwa den wirklichen Körperbau, die äußere oder innere Organi- sation dieserWeichtiere". Wir kennen nichts als ihre Schalen, die, obwohl sie ziemlich groß und ansehnlich sind, doch für den Körperbau und die Körperfunktionen der Tiere von keinem Belang sind. Also einzig auf die Schalen ist die Kenntnis, die Einteilung aller der vorzeitlichen Mollusken gegründet. Bei Tieren, deren Hartteile von großer Wichtigkeit für den ganzen Körperbau sind, wie z. B. bei Säugetieren, kann uns das Skelett, ja nur das Gebiß schon eine bessere Bekanntschaft mit den Lebensverhältnissen des betreffenden Tieres vermitteln. Und doch würden wir uns ein ganz crnderes Bild von den Säugetieren der Vorzeit machen können, wenn nns das Fleisch ihres Leibes erhalten wäre. Für die Mehrzahl dieser Tiere werden wir nun freilich die Hoffnung aufgeben müssen, je eine- genaue Kenntnis ihrer Körper- formen und ihrer physiologischen Funktionen zu erlangen. Nur der Zufall kann einmal ausnahmsweise v'vn einem Tiere auch einige Weichteile erhalten. Es gibt ein einziges Beispiel in der ganzen Geschichte der Tierwelt vergangener ZeiteM, daß ein Tier sich so gut mit Haut und Haaren, mit Fleisch und Blut erhalten hat, als wäre es eben erst verendet. In dem ewioen E'tl'e Sibiriens sind be- kanntlich Mammute, jene Riesenelefanten der Diluvialzeit, so gut erhalten, daß sie, durch irgend einen Zufall blohgelegt, noch den Raubtieren Nordasiens zur Speise dienen, daß sie, erwärmt, noch bluten, als hätte man sie erst vor wenigen Stunden geschlachtet. Schon vor nun etwas mehr als hundert Jahren fand man zum nicht geringen Erstaunen der wissenschaftlichen Welt, in der Nähe der Lenamündung einen solchen wohlerhaltenen Koloß. Seitdem sind wiederholt Kadaver des Mammuts aus dem gefrorenen Boden Sibiriens ausgegraben worden. Das letzte wurde gegen Ende 1901! mit aller Vorsicht und unter strenger wissenschaftlicher Leitung im nordöstlichen Sibirien aus seinem vieltausendjährigen Grabe auf- genommen und auf einer sehr beschwerlichen Reise nach Petersburg gebracht. Das Tier ist nun, seiner Bedeutung gemäß, nach allen Richtungen hin untersucht worden, und in diesem Sommer konnte W. SalonSky auf dem Zoologenkongreß zu Bern die Ergebnisse dieser Untersuchungen in einem Referate zusammenfassen. Obwohl nun auch schon früher Mammutkadaver beschrieben worden sind, weichen doch die Resultate, die man jetzt erhalten hat, in einigen Punkten recht wesentlich ab von den Anschauungen, die man sich auf Grund früherer Untersuchungen gebildet hatte. Diese Anschauungen sind sehr gut in einer Abhandlung von Richard Pohle zusammengefaßt, die nach einem früheren Vortrage vor einigen Monaten in derNaturwissenschaftlichen Wochenschrift" (Nr. 37) einer breiteren Oeffentlichkeit übergeben wurde. Vcrgegen- wärtigen wir uns vorher noch einmal das Bild dieses Riesentieres.. Es lvar ein mächtiger Elefant, dessen gewaltige Stoßzahne indes nicht gerade nach unten gingen, sondern in einem großen runden Bogen nach oben und außen verliefen. Sie waren 3 5 Meter lang und wogen bis zu 5 Zentnern. Das Tier war mit einem dichten Pelz von langen dunkelbraunen bis schwarzen Haaren bedeckt. Es lebte in der Diluvialzeit und hatte da eine große Verbreitung von Südfrankreich an bis nach dem östlichen Sibirien . Anfangs hatte man geglaubt, daß das Mammut gleich unseren heutigen Elefanten- arten ein wärmeliebendes Tier gewesen sei und daß das Elfen- bein und die Kadaver vom wärmeren Asien nach Sibirien durch Wasser transportiert worden seien. Allein nachdem man die Lager- statte von eingefrorenen Tieren näher untersuchte, blieb kein Zweifel mehr übrig, daß die Tiere da verendet sein müssen, wo sie heute liegen. Die gute Konservierung der mächtigen Tierleichen ist dem Umstände zuzuschreiben, daß die Mammute, vom Tode ereilt, in die Erde sogenannter Aufeistäler eingebettet wurden Das Eis von Flüssen wurde so dick, daß es dem Wasser den Weg versperrte und dieses gezwungen war, über das Eis hinzufließen und sich auch über die Ufer weithin zu ergießen. Es setzte dabei auch Schlamm auf dem Eise ab. Und diese Bildung von Eisdecken und Schlamm?. schichten konnte sich in einer und derselben Gegend wiederholen. Verendete Tiere wurden also an den Ufern der Flüsse oder auf dem Eise selbst von Schlamm bedeckt, und so vor der Einwirkung der Sonnenstrahlen geschützt. Die niedere Temperatur brachte es mit sich, daß die Schlammschichten gefroren und wieder auftauten. So ruhten die gewaltigen Tiere, ohne zu verwesen, Tausende, Zehn- tausende von Jahren. Nun ist die Frage sehr wichtig, wovon denn diese großen Tiere in den armen Gegenden Sibiriens lebten. Da hatte man denn zwischen den Zähnen bloßgelegter Kadaver Speiseüberreste gefunden: Zweige von Koniferen, besonders Lärchen, aber auch solche von Birken, Erlen und Weiden . Lebte das Mammut noch jetzt, es würde also noch heute in der Nähe der Baumgrenze Sibiriens die genügende Nahrung finden. Allein nach dem neuesten Funde erhalten wir doch noch ein anderes Bild von der Nahrung des Mammuts. Das Petersburger Exemplar hatte noch eben erst eingenommene Speise auf der Zunge und zwischen den Zähnen. Und worin bestand die Speise? Dieses Mammut hatte sich ganz und gar nicht mit Zweigen irgend welches Baumes genährt, es hatte vielmehr Gräser und Kräuter zu sich ge- nommcn. Und manche der Pflanzen ließen sich noch bestimmen, es waren Gräser und Seggen, wie sie noch heute an der Fundstätte des Kadavers wachsen, Tymian , Alpenmohn, der scharfe Hahnen- fuß in der Varietät, die dort noch jetzt gefunden wird. Demnach war das Mammut nicht einmal an den Wald gebunden, nicht dies- seits der Baumgrenze festgehalten. Es konnte auf dem ewig ge- frorenen Boden der Tundras umherschweifen, es konnte sich bis alt die Grenze des Binneneises und der Gletscher heranwagen. Und hier auf Gletschereis hat das Tier, dessen Balg nun eine der größten Sehenswürdigkeiten des Petersburger Museums ge- worden ist, seinen Tod gefunden. Es geriet in eine Grube im Eis, zerbrach sich bei dem Fall ein paar Knochen und erlitt zugleich so schwere innere Verletzungen, daß es sein wohlschmeckendes Futter, welches es noch auf der Zunge hatte, nicht einmal in Gemütsruhe hinabschlucken konnte. Der Tod kam, und das nachpurzelnde Erd- reich, mit dem die Gletscherhöhle verdeckt gewesen war, begrub das Tier. Nun, es sollte nicht für immer begraben sein. Zum Ruhme der Wissenschaft ist es wieder aus seiner Gruft hervorgeholt worden, und nun ist ihm Unsterblichkeit gesichert. Der Repräsentant vom Mammut, den wir hier vor uns haben, war höchstens LS Jahre alt, es war also noch kein ausgewachsenes Tier. Der Kopf ist außerordentlich groß, die Ohren dagegen sehr klein. Trotzdem ist es kein direkter Vorfahre des kleinohrigen in» dischen Elefanten, da er nur vier Zehen, nicht fünf wie die heutigen Elefantenarten besaß. Der Schwanz des Mammut war spitz und lang und trug einen Büschel von 20 35 Zentimeter langen Haaren -