Im Brief habe ich einfach unterzeichnet»Ihre Kundin' Soundso..,Aielleichl ist das nicht höflich genug?".Lisa I Wirklich, wir kommen zu spät ins Theater I',WaS kümmert mich das Theater!... Mein Kleid ist mirwichtiger als das Theater I...- Also wie soll ich schreiben? Hoch-wohlgeboren oder nicht?"„Aber Kind, wie soll ich das wissen I Ich habe noch niemals miteiner Schneiderin korrespondiert."„Na, na... Tu nur nicht so!... Als wenn ich Dir dasglaubte I... Ihr Männer seid alle...1 Besonders bevor Ihrheiratet... Denkst Du. ich weiß nicht, wie Du als Junggeselle...?".Lisa! Wir kommen bestimmt zu spät, wenn Du jetzt noch eineSzene anfängst! Mache lieber Deinen Brief fertig I... Du schreibstauf das Kuvert ganz einfach»An Frau Soundso...Damit sie sich beleidigt fühlt und mir aus Aerger dasKleid verdirbt, ja?... Danke für den guten Rat I...Einen besseren hätte ich übrigens von Dir auch nicht erwartet!"„Du bist heute augenscheinlich etlvas nervös... Einfach un-möglich, mit Dir vernünftig zu sprechen!"„Ja, wie soll man nicht nervös werden, wenn man eine ge-schlageue Stunde über solch einem dummen Brief fitzen muß!"„Dann mach doch Schluß und schicke ihn fort, wie er ist!".Ach Gott, da fällt mir eben ein...".Was denn noch?"„Ich habe ja ihre Adresse vergessen! Ich weiß, daß sie aufder Radjeschdinskaja wohnt, in einem roten Hause, aber welcheNummer?".Der Briefträger wird sie schon finden. Sie hat doch gewiß einFirmenschild?"„Wie dumm Du bist! Meinst Du denn, auf dem Schilde stehtihr Name? Welche bessere Schneiderin setzt überhaupt ihren wirklichen Familiennamen aufs Schild? Und das rühmt sich noch mitden Modistinnen-Bekanntschaften, die er vor der Hochzeit hatte!...„Ist mir ja nie im Traum eingefallen I Du saugst Dir das ein-fach aus den Fingern I"„Na, na... bitte sehr!... Du bist wohl so unschuldig wieein neugeborenes Kind?"„Liia I Fahren wir heute noch ins Theater oder nicht?"„Und mein Brief? Die Schneiderin heißt Petrow, aber aufihrem Schilde steht: Madame Söraphine...".Na, dann adressiere doch: An Madame Sör..."„Damit der Brief verloren geht, ja? Bildest Du Dir etwa ein,unsere Briefträger können französisch lesen?"„Weißt Du was? Da Du den Brief nicht abschicken kannst,fährst Du morgen selbst zur Schneiderin und sprichst mit ihr."„Und die Mühe und Arbeit, die ich mit dem Briefe gehabt habe?Soll die ganz umsonst gewesen sein? Du willst Dich wohl übermich lustig machen? Und dann— warum soll ich Geld für eineDroschke ausgeben, wenn doch-eine Post existiert?"„Aber Du hast doch ihre Adresse vergessen?"„Halt! Ein Gedanke! Sie wird gewiß im Adreßbuch zu findensein.."„Ich glaube nicht, daß alle Schneiderinnen im Adreßbuch stehen."„Du denkst wohl, ich lasse bei Gott weiß wen, arbeiten?...Natürlich bei Deinem kleinen Gehalt... Ich versage mir alles...tatsächlich alles!... Andere Frauen, die lange nicht so hübsch sindwie ich, sahren in eigenen Equipagen, während ich..., ich kannnicht einmal, wenn's nöttg ist, zur Modistin fahren, sondern mußstundenlang fitzen und Briefe schreiben!... Und das nennt manLeben I"„Was noch?"„Meine Finger sind ganz voll Tinte!... Und alles bloßdieses Brieses wegen!... Ein anderer Mann hätte seiner Fraudie Mühe erspar1, hätte statt ihrer an die Schneiderin geschrieben..."„Aber ich wußte ja garnicht..."„Das hättest Du erraten müssen... Du hättest es miran den Augen ablesen können... Aber so find die Männer vonheute..."„Nein, das ist nicht auSzuhalten I Und alles bloß wegen eineslumpigen Briefes an die Schneiderin! Aber nun Hab' ich's satt!Wo ist der Brief? Gib ihn Herl"„Ich gebe ihn nicht!"„Ich befehle Dir— Du gibst mir auf der Stelle den Brief!Schließlich bin ich doch der Herr! Arn Ende ist dieser Brief garnichtan die Schneiderin?"„An wen beim sonst?"„Wie soll ich das wissen!... Man hat Fälle gehabt....Den Brief I... Du gibst mir augenblicklich den Brief!... Augen-blicklich, sage ich Dir, sonst...!"„Gott! was Du für schreckliche Augen machst!... Wenn Dueinen Revolver in der Tasche hast, so sagS nur gleich..."„Hahaha I... Nein, Dir kann man wirklich nicht einmal ernstlichzürnen... Na, gib mir schnell den Brief. Lisa!"„Und Du wirst ihn nicht zerreißen, Mitja?"'„Nein doch! Also sie wohnt auf der NadjeschdinZkaja. i. ineinem roten Hause...»Madame S�raphine? Na. zieh Dich an!Sh gehe inzwischen den Brief an seine Adresse befördern, dannmme ich Dich holen.... Wir werden wohl noch gerade rechtzeitigzum dritten Akt..."„Und daran bist Du ganz allein schuld. Mitja! Wie kam, manum wegen einer solchen Kleinigkeit Streit anfangen!... Aberweißt Du was? Ich schicke den Brief lieber nicht ab... Sie hq»es nicht gern, wenn man fie zur Eile drängt... sZerreißt de»Brief.) Na, in einer Leinen halben Stunde bin ich fertig..."Kleines feuilleton.e. Die Kunst im neueren Buchdruck. Das Kunstgewerbemuseumhat im Lichthof aus Anlaß des 25jährigen Jubiläums der Typo»graphischen Gesellschaft eine Ausstellung von Werken veranstaltet.die einen Ueberblick über den heuttgen Stand der Buchausstattunggeben. Entsprechend dem Anlaß ist das Typographische hervor«gehoben, also das Bild der Druckseite, das sich zusammensetzt ausType, Papier, Satz. Druckanordnung. Es fehlen die illustriertenWerke.Es ist noch nicht allzu lange her, so etwa 8 Jahre, da wurdendiese Bestrebungen verlackst. Wenn jemand auftrat, der für dasBuch eine gewählte und schöne Druckart, ein angenehm wirkendesPapier, das zugleich dauerhaft und praktisch war, verlangte, der be»tonte, daß allein durch gutgewählte Type und Papier, durch die bloßeGüte des Materials etwas Schönes erreicht werden konnte, der sa?sich einer höhnenden Majorität gegenüber, die seine Bestrebungen.das Aussehen des Buches zu heben, als Marotte ansah. Es ist indieser Hinsicht schon bezeichnend, daß die Typographische Gesellschaft25 Jahre besteht. Man hat aber nicht gehört, daß die moderne Be-wegung, die sich auf die künstlerische Reorganisation des Buchesstützt, etwa von dieser Typographischen Gesellschaft ausgegangen ist,oder hier sofort eine energische Unterstützung gefunden hätte. Nein,man wird das Neue verlacht haben, wird sich in dem Ruhm gesonnthaben, daß wir es herrlich weit gebracht haben, und daß es so, wiees ist, gut ist, um dann, als die Bewegung allgemein sich durchgesetzthatte, bei dem 2Sjährigen Jubiläum sich ihrer zur Ehrung seiner selbstgefälligst zu bedienen.Tie sogenannte„Kunst im neueren Buchdruck"— der Titel istschon übel gewählt. Ein geschmackvoller Mensch sollte ihn nichtnehmen. Er klingt so nach Modemitläuferei.„Die Kunst im Lebendes Kindes."„Die Kunst in der FrauenLeidung." Und dergleichen.Diese Art ist nicht fein. Es haftet shr etwas Bazarmäßigcs, Anpreisendes an. Zudem entspricht er nicht den Tatsachen und zeigtan, daß die, die ihn wählten, nicht recht den Sinn und die Tragioeiteübersahen. Handelt es sich hier um Kunst? Keineswegs. Es handeltsich einfach um Buchdruck. Das, was wir hier sehen,— so solltenBücher aussehen, nicht genau so, aber jedenfalls gleichwerttg. Buch«kunst ist Unsinn, und, wer diesen Standpunkt vertritt, der zieht eineSchranke zwischen mit raffinierten künstlerischen Mitteln aus-gestatteten Werken und den Büchern des Alltags. Gerade die abersollen gut und schön gedruckt sein. Das heißt— wer so redet, hebtdas Künstliche, Ungesunde dieser Bewegung hervor und vernachlässigt,übersieht das Gesunde, das Praktische. Und darauf kommt eSgerade an. Es ist nicht so wichtig, daß einzelne, wenige als litera«rischg Gourmands mit schnalzenden Lippen ein Buch wie eine.Kost»barkeit betasten— das braucht man nicht zu unterstützen, denn daSbehauptet sich von selbst—, wohl aber kommt es darauf an, daßdie ganz billigen Bände, die in jedermanns Händen sind, sokide, prak-tisch, mit einer gewissen Delikatesse hergestellt sind. Dazu braucht'Sweiter nichts als gutes Papier, speziell ausgewählte Typen, besondersangeordneter Satz— und das gute Buch ist fertig. Das einfachsteist da meist das beste und erweist sich als am längsten wirkend. Dieogenannte„Buchkunst" hat sich praktisch durchgesetzt, die Verlegerelbst haben sich den Forderungen nicht mehr verschließen können,daß ein Buch, ivenn es überhaupt gedruckt wird, auch gut und schöngedruckt sein soll. Die Kunst brauchen wir um deswillen erst garnicht zu bemühen. So wie die Bewegung aus der Praxis entstandenist, soll sie auckx der Praxis dienen und dementsprechend behandeltwerden.In dieser Ausstellung nimmt Deutschland den größten Raumein, weit über die Hälfte. Es kann also im Grunde von einer inter-national gerecht abwägenden Verteilung nicht die Rede sein. Eswäre vielleicht besser gewesen, hier dem Entweder— Oder zu folgen,entweder nur eine deutsche oder internationale Ausstellung zu ver-anstalten. Durch diese einseitige Bevorzugung— ausgehend vondem Satz: wie herrlich weit wir's doch gebracht haben— trittDeutschland(Schrank 1— 25) ungebührlich in den Vordergrund.Und was wir von den anderen Ländern sehen(England(Schrank— 32], Amerika[33], Niederlande[34], Sckuveden[35],Dänemark[36], Frankreich[37], Oesterreich[38]), sind nichtviel mehr als Zufälligkeiten. Deutschland hat demnach 25 Schränke,sämtliche übrigen Länder 12. Damit wird der Einfluß, den andereLänder auf uns ausübten, verwischt und das erscheint nicht fein.Die ganze moderne Buchkunst— soweit sie wertvoll ist und bleibenwird, von den älteren Bestrebungen in Mainz(Schrank 2), Mün-chen(Schrank 1) und anderen abgesehen— ist ohne England zumgrößten Teile undenkbar und es ist fraglich,� ob ohne das Vorgehender Engländer unsere heimischen Firmen diesen Weg selbst gefundenhätten, und wenn, ob sie ihn so resolut gegangen wären. Man dientdamit nicht der EntWickelung. Das Gefühl des Erreichthabcn»schläfert leicht ein.Unter den deutschen Firmen sind hervorzuheben, abgesehen vonden schon genannten älteren, die Rudhardsche Gießerei in Offen»dach(Schrank 5). eine Reihe Berliner. Druckereien. Büxcnstem.