Kleines feuilleton..
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Rest des Ueberkommenen in Sage, Geschichte und sonstiger voltlicher Eigentümlichkeit darstellt. Im Kinde ersteht diese alte Welt immer wieder von neuem. Und die Landbevölkerung und die alten Frauen pflanzen diese alten Triditionen, die vom Voltsmärchen ins Kindermärchen hinübergerettet werden, fort.
- Das„ Pferde- Ei". Bu der Zeit, als das hillige Köln noch eine Universität im alten Stil hatte, also vor 1801, war das Dorf Leuscheid an der Sieg wegen der törichten Geschichten seiner Bauern Das Kunstmärchen bedient sich dieser früheren Geschichten als ebenso bekannt im Rheinland wie Schilda, Schöppenstedt und Lalen- Material, als Stoff. Es formt aus dem Alten ein Neues. Wir burg. Leuscheider Anschläge war eine in der ganzen Gegend verzichten in diesen Schöpfungen auf reale Gültigkeit und tauschen geläufige Bezeichnung für recht unsinnge Handlungen. Einer inter - dafür eine höhere Wahrheit ein. 196 effanten Sammlung von Leuscheider Maschläg", die Christ. Wierz Wenn wir näher zusehen, schlummert überall dieser Märchenim 4. Heft der Zeitschrift des Vereins für rheinische und westfälische geist. Fremde Gegenden, in denen wir die Ereignisse spielen lassen, Volkskunde" mitteilt, entnimmt die„ Kölnische Zeitung " folgenden der Orient z. B. und Griechenland , die Vorstellung fremder Raffen, Streich, den ein Kölner Student einem Leuscheider Bürgermeister gespielt hat, der nach Köln auf den Markt gekommen war. Auf dem haben an und für sich schon eine Tendenz zum Märchenhaften. Auch drücken wir mit unserer Hinneigung zum Märchen so Alten Markt sah das Oberhaupt der Leuscheider Gemeinde einen etwas wie eine Philosophie aus, eine Ueberlegenheit, ein Zugeständnis großen Riefentürbis. Da ihm dies eine unbekannte Erscheinung Wir dünkfen uns nicht so unendlich weit gekommen und meinen, tiefe war, fragte er einen Studenten, der zufällig da stand, was das wäre. Dinge lassen sich in so anschaulicher Form sagen, daß auch das einDer Student sagte, das wäre ein Pferde- Ei, wenn das richtig ausgebrütet würde, betäme man ein Füllen; das Ausbrüten aber habe fachste Gemüt sie versteht. Darum verlangt gerade die Meisterschaft feine Schwierigkeiten, an dem Abhange eines möglichst steilen Berges im Märchen eine Freiheit der Bewegung, wie sie nur den größten Gestaltern gegeben ist. müsse man drei Wochen lang auf diesem Ei sißen. Der BürgerSo spricht sich in dem modernen Märchen oft ein kulturelles meister war ein großer Pferdeliebhaber und wollte sich die Gelegen- Bekenntnis aus, eine Sehnsucht nach Rückkehr zur Natur. Es entheit nicht entgehen lassen, bald ein schönes Füllen zu bekommen. Er kaufte daher für vieles Geld das vermeintliche Pferde- Ei, brachte stehen die Idyllen und die utopistischen Romane, die in kühnem es mühsam nach Hause, wählte an einem Abhange eine passende luge borwegnehmen, was der langsame Gang der Wirklichkeit verStelle aus und gab sich dem Brutgeschäft hin, indem er sich auf den sagt. So haben wir auch technische, naturwissenschaftliche Märchen und das innerste Sehnen der Zeit spricht sich hier aus. Indem die Kürbis fezte. Mit großer Geduld hielt er aus Tag und Nacht, ließ Entwickelung unseres Zusammenlebens in die Tierwelt verlegt wird, sich Essen bringen und sich überhaupt durch nichts stören. Der ungewohnte Sitz wurde ihm aber schließlich sehr unbequem; er erhob stellung der menschlichen Gesellschaft benutzt werden. So dreht sich entstehen die Tiermärchen, die zur Satire und ironischer Darsich deshalb, um sich etwas besser zu sehen. Dabei aber geriet der benn hier der Spieß um und das Märchen setzt sich selbstherrlich auf Kürbis ins Rollen und lief den Berg hinunter. Der Bürgermeister den Thron, gegen die Natur, um deren wirkliche Gesetze es sich nicht lief ihm nach, um sein Ei wiederzuholen. Da sprang plöblich ein Hase, der durch den Kürbis aufgeschreckt worden war, eiligst davon. Der Bürgermeister aber dachte, es wäre das Füllen aus seinem Pferde- Ei und rief: Hans da, Hans da, kennst du deng Moder ( Mutter) net mieh!
Literarisches.
e. Die Märchensammlung, die Leo Berg unter dem Titel Deutsche Märchen des 19. Jahrhunderts" bei Hüpeden u. Merzyn( Berlin ) herausbrachte, berfolgt einen ganz bestimmten Zweck. Sie will nicht, wie viele Zusammenstellungen gleicher Art, eine beliebige Anzahl ausgewählter Stücke aus der Märchenliteratur zu einem äußerlichen Ganzen bereinigen. Leo Berg unterzieht sich der interessanten Aufgabe, die Entstehung, den Charakter des modernen Märchens in seiner Auswahl zu sfizzieren. Es ist dies beinahe eine wissenschaftlich- kritische Arbeit, die für später dauernden Wert behält.
Berg hielt sich vor allem an die guten Namen, bei denen wir ficher find, Originelles zu finden. Er wollte nicht durch Fülle und Buntheit verblüffen. Der Faden, der sich durch das Ganze zieht, sollte immer sichtbar bleiben. Reizvoll steht dieser Straffheit des inneren, logischen Gedankens die Fülle der Geschehnisse, die bunte Schönheit des Erlebens gegenüber, die in den einzelnen Märchen fich vor uns wie ein farbenprächtig gewebter Teppich mit tiefen, bedeutsamen Bildern ausbreiten.
fümmert.
So finden wir auf diesem Gebiete reiches Material zur VerVolksmärchen, da ihm mehr kulturelle Möglichkeiten und künstlerische wendung. Das moderne Kunstmärchen ist mannigfaltiger als das Mittel zur Verfügung stehen. Das innere und äußere Leben ist mannigfaltiger geworden. Aus dem Grunde des Volksmärchens ist ein vielverzweigter Baum erwachsen. Hier sind aber all die alten Kräfte noch lebendig, nur bewußter, reifer, geklärter geworden als fie es früher, in der Zeit der anfänglichen Wolfsgestaltung waren. Dumpfe Sehnsucht wird zur Klarheit. Aus dem Sichversenken in tote Kulte und vergangene Geschichsperioden entwickelt sich der Drang, der in die Zukunft weist. Der alte Erzählertrieb entfaltet in neuen Mitteln seine Verführungskünſte.
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Humoristisches.
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Revanche. Gattin: Dent Dir, der Hausherr hat unsere Wohnung um jährlich hundert Mark gesteigert." Arzt: Macht nichts, der Bronchialfatarrh, den ich bei seiner Frau behandle, wird von jezt ab einfach chronisch."
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Die Trüffelpastete ist ausgezeichnet, man fezze dem Leibkoch dafür JmZeitalter der Denkmals wut. Serenissimus: " Die Trüffelpastete ist ausgezeichnet,
ein Denkmal!"
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Auf einem Dzeandampfer. geht es?- Schon gefrühstückt?"
"
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Nun, Herr Meyer, wie
,, Ach nein, gefrühstückt habe ich nicht im Gegenteil!" ( Meggendorfer- Blätter".)
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Notizen.
Von dem Verlag Greiner u. Pfeiffer in Stuttgart ist uns zugegangen: Peter Rosegger . Ein Charakterbild von Theodor app stein. 335 Seiten. Mit einem Bildnis Roseggers, 7 Abbildungen und einem Manuskript- Faksimile. Preis 5 M., gebunden 6 M.
Vierzehn Märchen. Von Wieland, Goethe, Benzel- Sternau, Novalis , Tied, Arndt über Gothelf, Hebbel , Platen, Hoffmann, zu Mufäus, Hauff, Immermann , Brentano. Bon jedem eine volle Probe, charakteristisch den Ton anschlagend, der bedeutsam ausflingt, um, sich dem Ganzen einfügend, das Gesamtbild so abwechselungsreich zu gestalten. Fröhlich gestaltendes Fabuliertalent, das ein Erlebnis ausspinnt in allen Details und launigen Erörterungen. Phantastische Szenerien und Gedankengänge, denen ein spukhaftes Wesen anhaftet. Pantheistische Ergüsse, die im Einzelschicksal ein Symbol des großen Weltwerdens erblicken. Dazwischen das gewöhnliche romantische Rittermärchen, die satirische Lebensbetrach tung, Traumstücke, die vom Leben berichten das alles zu einer Leuchtenden, glitzernden Kette aufgereiht, in schöner, markanter Fassung, so daß uns in diesem Abbild das Werden der Kultur des „ Der undankbare Sohn", ein Einafter von Georg 19. Jahrhunderts verkleinert entgegentritt. Und so erhebt sich über Hirschfeld, wird im Januar am Hoftheater in Stuttgart die bem wissenschaftlichen Wert der poetische Zweck. Das Buch ist vor- Uraufführung erleben. di zugeweise für Erwachsene bestimmt, die seinen Wert erst ganz werden Mar Martersteig dürfte am 1. August 1905 die Leitung übersehen können. Aber da es ja hinreichend Märchensammlungen der beiden Kölner Theater übernehmen. Die Zustimmung der für die Stinder gibt, mit Illustrationen und buntem Schmuck, woran Stadtverordneten zu dem Antrag der Theaterkommission steht allerdie jungen Gemüter sich erfreuen, so mag es angebracht sein, in einer dings noch aus. vornehmen Publikation den tiefen, künstlerischen Gehalt des modernen
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Paris erhält eine Voltsoper. Das Gebäude wird vier Märchens einmal den Erwachsenen zu unterbreiten und damit auf Millionen Franken tosten und 4000 Pläge haben. Eigentümerin des Siefem bisher noch wenig erforschten Gebiete Klärung anzubahnen. Hauses wird die Stadt Paris , die auch für die Unterhaltungskosten Alle unsere großen Dichter haben sich auf diesem Gebiet versucht aufkommt. Dreimal in der Woche werden Vorstellungen mit der und fühlten sich frei von den Banden der gefeßmäßigen, nachrechnen- Truppe und den Dekorationen der Komischen Oper veranstaltet. den Vernunft, wenn sie lustig und guter Dinge fabulierend ins In Dresden soll die berühmte Käfersammlung des Märchenland ritten, und jeder offenbart hier seinen Charakter, verstorbenen Entomologen v. Hopffgarten zum Bertauf gelangen. seinen Stil, seine Anschauung, seine Welt. Damit bahnt Berg Sie enthält 14 000 Arten, darunter 100, die nach Hopffgarten beauch zugleich den Weg zu der modernen Märchendichtung, für die nannt sind.- der Sinn bei uns wieder neu erwacht. Er gibt damit eine feste und gesunde Grundlage, und von diesem Standpunkt, dem Standpunkt neuschöpferischer Zukunft aus, die zu neuen Zielen fortschreitet, ist der Wert der Publikation sehr hoch anzuschlagen.
Dem alten Voltsmärchen stellt sich so das Kunstmärchen gegen über. In den Volksmärchen finden wir all das ertalten, was den Verantwortl. Redakteur: Paul Büttner , Berlin.-Drud und Verlag:
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Das älteste Gasthaus in Deutschland dürfte„ Der Löwe" zu Adorf im Vogtlande sein. Er befindet sich seit dem Jahre 1440, im Besige der Familie Klarner.
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