Kleines feuületon. rs. Box. So hieß er. Aber der Name war eine Ungerechtigkeit. Wenigstens in dem Beginn seiner Lebensbahn, da er als ein noch außerordentlich zierliches Wesen der Mutterbrust entfremdet wurde und in die Hände seiner jetzigen Pfleger überging. Besser: in die Hand. Denn er war nur eben eine Hand voll. Dort saß er wie eine lebendige Nippsache, leckte am Daumen und blickte mit zwei hellblinkenden Aeuglein, die so groß wie winzige Erbsen waren, kühn und frech in die Welt. Dabei ließ er, neckte ihn jemand, leine Stimme in einer gar drohenden Weise erschallen oder vielmehr er- piepen, denn es stand ihm nur ein einziger hoher Ton zur Per- fügung. Ter hörte sich an, wie wenn man mit einem naffen Korken an einer Flasche herunterfährt. Bei solchem Beweis von Boxens Courage sagte sein Herr:Der wird." Und alle, die das kleine Wesen zu bewundern Gelegenheit hatten, bekräftigten es:Der hat's in sichl Seht bloß die Zähne anl" So kam's, daß man ihm ge- wissermaßen als Vorruhm den Namen Box gab, wobei jeder an die Zerfleischung fremder Waden dachte. Immerhin verführte die Zier» lichkeit seiner Figur, die in gar keinem Verhältnis zu seinem Tem- peramcnt stand, doch dazu, die Niedlichkeitsendung anzuhängen. Man rief ihn: Boxche»> Boxchen also war der Hund meines Freundes und von einer noch nie dagewesenen Rasse. Seine Wiege, wenn es gestattet ist, diese Bezeichnung auf eine Hundehütte anzuwenden, stand nicht weit vom Ententümpcl auf dem Hofe eines Kleinbauern. Dieser Hof wurde von BoxenS Mutter Tag und Nacht bewacht. Außer zu gewissen Zeiten. Dann hielt keine Kette, kein Strick. Sie unter- nahm Reisen in die nähere und fernere Nachbarschaft, erlebte mancherlei Abenteuer und die Diebe hatten währenddessen gute Zeit. Auf einer dieser Reisen muß es gewesen sein, daß Boxens Mutter die Bekanntschaft von Boxens Vater machte. EtwaS durch- aus Sicheres ist über die Individualität desselben nie ermittelt worden. Man weiß nur, daß der Inspektor eines nahen Ritter- gutes einen großen Haß auf sie geworfen hatte, und daß sie einmal mit einem halben Dutzend Schrotkörner im Pelz nach Hause ge- kommen war. Und wenn es erlaubt ist, vom Sprößling auf den Erzeuger zu schließen, so steht heute, nach langjährigen Ersahrungen, fest, daß in Boxens Adern ein guter Schutz aristokratischen Blutes kreiste. Einige rieten damals schon auf eine deutsche Dogge andere sprachen von einem Hühnerhund Box zeigte bald alle Anzeichen einer durch nichts zu unterdrückenden Jagdleidenschaft und was mein Nachbar, der Kaninchen-Wilderer, ist, der sagte:Nu seh'n Sie sich bloß das Biest anl Beine Hat'S wie ein Windhund, Augen wie eine Bulldogge,'n Rücken wie ein Dackel und'Ohren wie ein Maulesel. Es ist eine reguläre Schissertöle." D i e Rasse kenn' ich nicht. Aber jeder Hundekcnner schüttelte mitleidig den Kopf bei Boxens Anblick. Vielleicht war es diese Geringschätzung seiner dunklen Her- kunft, die seine Pflegerin sich bemühen ließ, ihn sein Schicksal durch liebreiche Behandlung vergessen zu machen. Box wurde sozusagen ein Kind des Hauses und bollführte denn auch sämtliche Un­arten, die man bei kleinen Kindern so niedlich findet und die die Lachlust reizen. Bei kleinen. Seine Schlafstelle bestand anfangs in einer wattegepolsterten Zigarrenschachtel, später in einer aus- rangierten Kohlenkiste. Das heißt: offiziell. In Wirklichkeit drückte sich Box meistens auf Stuhlkisscn, in Sophaeckcn, auf weichen Schößen oder gar in irgend einem Bette herum, seinen aristo- kratischcn Instinkten so schon in frühester Jugend mit lobenswertem Freimut nachgehend. Box nahm zu an Körper, Weisheit, Stolz und vor allem an Kühnheit. Aus einer Handvoll waren allmählich zwei geworden. Seine Weisheit bestand in einem prinzipiellen Mißtrauen jeder neuen und auch mancher alten Bekanntschaft gegenüber, einem Mißtrauen, das selbst mit Wurstzipfeln und Zuckerstückchcn nicht immer auf die Dauer besiegt werden konnte. Er nahm zwar, was er kriegen konnte auch das ist ja Weisheit, aber wenn's zu wenig war, blaffte er fordernd dcn> Geber an. Sein Stolz zeigte sich in einer wahrhaft klassischen Nackenhaltung und in der Art, wie er die Beine setzte; beides erinnerte an den Parademarsch. Seine Kühnheit aber I Box hatte es kaum auf zwei Zoll Höhe gebracht, als er im ganzen» Dorf« seiner unausrottbaren Händelsucht wegen in Verruf geraten und um seiner unglaublich ausdauernden Lunge»kraft willen gefürchtet war. Besonders bei den Radfahrern. Er war ihr Schrecken, seitdem gelegentlich eines waghalsigen Angriffes auf ein Zweirad dieses über ihn hinweggegangen war. Seine Rachsucht kannte keine Grenzen. Kilometerweit verfolgte er dieChaussee- flöhe" mit wütendem Gelläff, und wehe dem, der ihn an die Waden kommen» ließ. Box hakte ihm ein paar scharfe, weiße Zähne in die Strümpfe. Uebrigens sprang Box wie ein Gummiball. Vielleicht kam ihm deshalb nie das Bewußtsein seiner Kleinheit. Jedenfalls hatte er das Augenmaß für Grötzenverhältnisse gänzlich verloren, wenn er'S je besessen. Auch seinesgleichen gegenüber. Lag er vor der Tür in der Sonne, blickten die pfiffigen Augen unruhig nach irgend einer Unterhaltung aus, und es näherte sich drüben in phlegmatischem Schritte der gewaltige Koloß eines Bernhardiners oder Neufoundländers, dann erhob sich Boxchen langsam und würdig. Mit Fcldhcrrnaugen musterte er zunächst den auftauchenden Feind, der gar keine Notiz von dem winzigen Frechling zu nehmen schien. Box aber gab seinem Figürchen eine drohende, geduckte Haltun» senkte den Kopf zur Erde, schielte nach oben und schritt langsam, ganz langsam wie ein David auf den Goliath zu. Bis einige Schritt« vor'm Ziel. Dann gab's einen Ruck, der Körper richtete sich jäh auf, die Vorderbeine stemmten sich gegen die Erde, ein Knurren, ein Bellen, der Angriff begann. So erwarb sich Box manch' ehrenvolle Wunde, die im Haust! gekühlt und von seiner Herrin verbunden wurde Es gab Zeiten, wo man Boxens   Gesicht nicht von dem eines Korpsstudenten hätte unterscheiden können. So tief saß er zuweilen in der Watte. Aber es focht ihn nicht an. Brannte der Weihnachtsbaum, so hing an den untersten Besten der Tanne Jahr für Jahr ein Paar frischer Würstchen. Das durfte sich Box herunterholen nach dem Koinmando:Box, hopsl" An einem Weihnachtsabend schlief Box am Ofen, während der Baum geschmückt wurde. Als er erwachte, befand sich Box allein in der Stube. Di« Lichter brannten; seine Herrin packte im Nebenzimmer die Geschenke aus. Box blinzelte zunächst mit den Augen, reckte sich, gähnte und machte eine neugierige Runde um den Tisch. Ja seinem Hirn gestaltete sich wohl so etwas wie ein« Jdeen-Assoziation, daß er sich die Schnauze lecken mutzte. Er sah nach oben, schnüffelte und entdeckte richtig die Wurst. Aber niemand sagte:Box, hopsl" Box machte eine zweite Runde um den Tisch, blickte nach der Tür, überlegte ein Weilchen unk sprang auf einen Stuhl. Von dort kletterte er vorsichtig auf den weißgedeckten Tisch, leckte im Vorüber» gehen an einem Pfefferkuchen und bemächtigte sich seiner Wurst. Seiner Wurst. Box fühlte sich durchaus im Recht. Nachdem sein Appetit einmal angeregt, verzehrte er noch eine Marzipanwurst als Dessert und wollte eben auf einen Zuckerkringel losgehen, als sein lebhafter Schwanz in die Flamme eines Lichtes geriet. Box war mit einem Satz unten und erhob ein furchtbares Gekläff. Er stemmte Hinter- und Vorderbeine fest auf die Erde, hob den Kopf und klagte das Licht an. Box konnte kein Unrecht leiden. Inzwischen ist Box aus der Freiheit der Dorfstraße in den Maulkorbzwang der Großstadt übergesiedelt. Zuerst wehrte er sich aus Leibeskräften gegen die Einschränkung seiner Bißfrecheit. Er rebellierte auf alle Art. Es nützte nichts. Auch Box unterlag. Jetzt ist er schwerfällig und still geworden. Alt. Die Leidenichafr ist hin in Freude und Kampf. Sehe ich. wie es grau wird um d,« einst so bellfrohe Schnauze, dann erfaßt mich ein wehmutiges Gefühl. Und ich denke: wie doch ein Temperament sich wandeln kann. kg. Aufzucht von Kalkschwämmen in kaltfreiem Seewasser. Die Schwämme, die wir zum Waschen, Baden usw. verwenden, sind bekanntlich die Hartteile von Tieren, deren Körper aus einem System von offenen Schläuchen besteht, in die das Wasser beliebig eintreten kann. Es gibt nun unter den Schwämmen solche, deren Weichteile nicht wie beim Badeschwamm mit horniger, sondern mit kalkiger Substanz durchzogen sind, die eine Art Skelett für das Tier bildet Neuerdings machte O. Maas das interessante Experiment (Berhandl. d. D. geologischen Gesellsch.), Larven von Kallschlväinmen in Seewasser zu erziehen, welches keinen kohlensauren Kalk ent» hielt. Die kleinen Schwämme, die er auf diese Weise erhielt, besaßen durchaus keine Kalknadeln in ihrem Körper. Das Ex. periment ist besonders darum wertvoll, weil cS über die Bildung des Kalkskelettes bei Schwämmen einigen Ausschluß gewährt. Man nahm bisher an, daß das Material zu dein Kalkgerüst von dem Tiere aus dem schwefelsauren Kalk, dein Gips, entnommen würde, den daö Mecrwasser in Menge enthält, während eS nicht immer oder nur in geringen Dosen kohlensauren Kalk befitzt. Wenn nun aber die jungen Kalkschwämme bei völligem Fehlen von kohlen» saurem Kalk kein Skelett ausbildeten, so folgt daraus, daß diestt doch von den Schwämmen, vielleicht auch von anderen Meeres» tieren allein benutzt wird, wenn er auch in noch so geringem Prozentsatze im Seewasser gelöst ist. Selbst wenn das letztere durch Vermischung mit kalkfreiem Wasser noch mehr an prozentualem Kalkgehalt verloren hatte, bildeten die Tiere Gerüste aus. Nur in völlig kalssreiem Wasser unterblieb die Skelettbildung. Die Schwämme erzeugen demnach keine Basen, die sich mit der im Gips enthaltenen Schwefelsäure verbinden könnten, so daß dadurch das Calcium mit der im Seewasser enthaltenen Kohlensäure zu kohlen. saurem Kalk zusammentreten würde. Diese Tatsache deutet darauf hin, daß die organische Bildungsfähigkeit der Schwämme ziemlich gering ist. Damit würde auch die Annahme übereinstimmen, nach welcher die Bildung der Kalknadeln, aus welchen das Skelett besteht, nicht ein organischer, sondern ein rein chemischer, resp. krystallo» graphischer Prozeß sein soll. Allerdings verhalten sich die Nadeln in chemischer und physischer Beziehung nach den Untersuchungen von Maas wie Kaltspatindividuen. Indessen zerfallen die Nadeln doch bei Einwirkung gewisser Substanzen, sowie bei starkem Erhitzen in zahlreiche kleine Kalks patkrystalle. Daraus schließt Maas, daß ein zartes, dünnes Wabenwerk von organischer Substanz die Nadel durch» zieht. Es würde sich dann in den Zellen kohlensaurer Kalk aus» speichern, dieser würde sich aber nach Gesetzen der Krystallisation abscheiden, während doch die Form durch die Gestalt der Zellen beeinflußt würde. Durch geeignete Experimente lassen sich die beiden Prozesse, der organische wie der krystallographische, auch von einander trennen. Auch das spricht dafür, daß bei der Entstehung der Kalknadeln organische Bildung mit chemisch-physikalischen Pro» zessen Hand in Hand geht. Schwammlarven, die in talkfreiem Wasser erzogen wurden, zeigten auch sonst in ihrem Körperbai» Unregelmäßigkeiten. Daraus läßt sich schließen daß die Bildunp»