Gmd dazu nicht enorme Summen nötig?" �Millionen!" Und wer gibt die?" Keßler lachte von oben herab. Wenn Sie ahnten, wieviel Leute sich zu solchen Unter- nehmungen drängen! Uebrigens, ich nehme das Geld nur von Prima-Leuten. Man muß da sejhr vorsichtig sein glauben Sie's mir. Ich für meinen Teil lasse mich nicht mit jedem ein. Uebrigens bin ich selbst mit einer gewissen Summe be- teiligt. Ich danke bestens dafür, mich bloß für andere zu schinden? Das wird nämlich, im Vertrauen gesagt, ein Unter- nehmen, an dem ungeheuer viel Geld verdient werden wird! Aber verzeihen Sie, das kann Sie ja gar nicht inter- essieren!..." O doch," antwortete Herr Freitag,das interessiert mich schon. Und Sie meinen wirklich, ich soll aus dem Hause ziehen und meinen Schimmel aufgeben?" Keßler war verblüfft über diese sprunghafte Frage. Eine Sekunde fixierte er Herrn Freitag scharf. Den Schimmel wenigstens würde ich unter allen Um- ständen aufgeben." Habe ich Ihnen gesagt, daß ich Rittmeister außer Dienst bin?" Ja, das haben Sie mir gesagt." Run, begreifen Sie das nicht, was es für mich heißt, mich von dem Tier zu trennen?" Ich begreife das sehr wohl durchaus begreife ich das. Aber wie die Dinge einmal liegen..." Ich stimme Ihnen bei," unterbrach ihn Freitag,daß dieser Schimmel die Aufmerksamkeit der Leute erregt, daß sie daraufhin Schlüsse ziehen, die absolut grundlos sind... Uebrigens sagte ich Ihnen? Ich habe immer meinen Re- volver bei mir liegen. Ich gehe auch nie ohne Revolver aus. Der Gebrannte fürchtet sich vor dem Feuer... Sie sollten nur meine Erfahrungen haben! Rem, das wünsche ich Ihnen nicht!" Seine Augen funkelten. Er brach ab und stierte vor sich hin. Nach einer kleinen Weile fing er von neuem au: Wissen Sie, mein Herr, daß ich mir einen Rennstall halten könnte, wenn es mit rechten Dingen zuginge? Meinen Sie, ich sehe Ihnen nicht an, was jetzt in Ihnen vorgeht? Sie halten mich für närrisch! Leugnen Sie es nicht, Sie halten mich für närrisch! Und dennoch wiederhole ich Ihnen: Ich könnte mir einen Rennstall halten!" (Fortsetzung folgt.) Mus dem JVIuliklcben» Ein oder das andere Mal haben wir bereits auf Max Reger aufmerksam gemacht. In den letzten Tagen weilte der Komponist hier und gab ein paar Konzerte mit eigenen Komposi- tionen. Das eine, das wir hörten, war ein Liederabend von Klara R a h n aus München unter Mitwirkung des Genannten. Max Reger ist der kommende oder schon gekommene Mann, vorerst allerdings mehr nur für engere Kennerkrcise. Die Hochachtung und reklamelose Propaganda, die er bei diesen Anhängern(großenteils Orgelspielern) besitzt, ist in der Hauptsache gerechtfertigt. So heikel auch Vergleiche sind: es trägt doch zur Aufklärung bei, wenn man hier von einem zweiten Anton Bruckner spricht. Beiden gemeinsam ist das ganz eminente satztcchnische Können, ist ferner etwas von ländlich schul- meisterlicher Natur und von einer Vereinigung schlichter Kindlichkeit mit den subtilsten Höhen kompositorischer Virtuosität. Seit Genera - tionen waren wohl zwei solche ltönner nicht wieder da. Bruckner ging freilich mehr noch als Reger im Instrumentalen auf; dieser hat zwar an Quantität und Qualität wohl das meiste in seinen Orgelwerken, Klavier- und Kammermusiksachen geleistet, scheint aber nicht weniger nach der Bedeutung eines Gesangskomponisten zu streben. Dies gelingt ihm insofern, als seine Gesairgsstimmen nicht etwa lediglich eine füllende Ergänzung zu dem sind, was das be- gleitende Instrument tut; und zu den Vertretern der Bedeutung des Ausdruckes in der Kunst gehört Reger jedenfalls in ganz hervor- ragender Weise. Aber aus dem heraus, was eigentlich die Welt der Singstimme ist, sind seine Gesangswerke doch nicht geboren. Wir sind mit ihnen und mit ähnlichen Kompositionen bei dem entgegen- gesetzten Extreme zur alten Luxuswelt des Leier- und Koloratur- gesanges angelangt. Unter solchen Umständen erwerben sich Sänger oder Sängerinnen doppeltes Verdienst, wenn sie für einen derartigen Komponisten ein- treten. Die genannte Dame sang sechs Lieder des Komponisten mit seiner Begleitung am Klavier, nachdem sie einigen früheren Kompo- nisten ebenfalls etliche Vorträge gegönnt hatte. Die von Reger gewählten Liedertexte sind vorwiegend sehr einfache, zum Teil Volks- liedmäßige Dichtungen; daneben stehen einige Stucke von phantasti- schem Gefühle. Der übermäßige Reichtum, den Reger sozusagen in jedem kleinsten Teilchen seiner Kompositionen entfaltet, geht zum Teil über die schlichten Vorlagen hinaus, beispielsweise bei dem Gedichte von Gustav Falke :Meinem Kinde". Des Komponisten Humor ist fein, aber klein, was allerdings die Erinnerung an Anwn Bruckner zugunsten dieses Großen steigert. Besonders viel Eindruck machte das GedichtWaldeinsamkeit" aus einer SammlungSchlichte Weisen". Die Gestaltung großzügiger geschlossener Themen ist Regers Sache nun allerdings nicht. Was er dagegen auch nur an rythmischcn und metrischen Reichtümern entfaltet, ist allein schon eine eigene Welt. Das Gesagte bildet schließlich doch nur eine Variation der viel- gehörten Klage, daß wir mit unserer modernen Kompositionsweise bei einer bis zum Verwickeltsten entwickelten Kunst angelangt sind. Eine merkwürdige Ironie des Schicksals ist aber der Umstand, daß dieser Sachlage keine Analogie in der gegenwärtigen Musiktheorie entspricht. Vielmehr geht gerade bei dem hauptsächlichsten Kompositionslchrer Regers . bei Hugo Riemann , die Theorie der Harmonien dahin, daß einigen wenigen die übrigen untergeordnet werden, und daß diese wenigen im Banne der abermals ganz wenigen Gattungen von Ton- arten stehen, die wir heute besitzen. Daß man dagegen über diese Beschränkung auf die Dur-Tonart und auf eine sozusagen halbe Moll- Tonart, sowie auf deren Grundakkorde hinauskomme, scheint uns eine der wichtigsten Fragen in der Tonsctzkunst zu sein. Was wir da seit dem Mittelalter verloren haben, wird lange noch nicht durch anders- artige Gewinne wettgemacht. Klara Rahn gehört zu den besseren Sängerinnen, mit sonorem. aber etwas herbem Klangcharakter, während einzelnes noch manche Verfeinerung vertragen könnte. Irren wir nicht, so mehren sich in der jüngsten Zeit bei Sängerinnen gegenüber den silberhellen hohen Sopranstimmen einigermaßen die dunkleren Stimmen(was noch nicht eine größere Tiefe bedeutet) und selbst die tieferen Stimmen. Dies führt uns nun zu einer Angelegenheit, die jetzt in kleineren Kreisen viel besprochen wird, und der wir glauben, auch eine größere Bedeutung für weitere Kreise abgewinnen zu können. Wer sich mit Gesangsdingen abgibt, macht bald die Erfahrung, daß die Mädchen, die sich fürs Singen interessieren, zu allermeist nach dem Singen der hohen Stimmlage, des SopraneS, streben. Der Grund davon scheint uns nicht lediglich in einem naheliegenden Be» dürfnisse nach Teilnahme an den führenden Stimmen zu liegen; oder es ist dies höchstens ein weit zurückliegender historischer Grund. Auch bei unzuverlässigen Gesangslehrern und Gesangslehrerinnen besteht eine Neigung, Soprane zu bevorzugen.Sehen Sie, vor einem halben Jahre waren Sie noch Alt; jetzt sind Sie bereits Sopran": so soll einmal eine Sopranzüchterin zu einer Schülerin gesagt haben. und wcnn's nicht wahr ist, so kann es doch gut erfunden sein. Ver, folgen wir unsere Opernlitcratur in die Vergangenheit zurück, so finden wir namentlich im 18. Jahrhundert eine beinahe völlige Alleinherrschaft des Sopranes. Das kann doch nicht bloß auf eine allgemeine Jagd nach führender Srimme zurückgehen. Vielmehr scheint uns wenigstens ein Hauptgrund darin zu liegen, daß der Sopran besser als jede andere Stimmlage, jedenfalls besser als der Alt, zu einem leeren Spiel von Verzierungen geeignet ist. Eine Kunst, die sich von den ihr nötigen intimen Beziehungen zur Natur und speziell von ihrer eigenen Ausdrucksbedeutung abwendet, wird leicht in jene Einseitigkeit fallen. Auch die bekannte Herrschaft der Soprane von Kastraten dürfte damit in Zusammenhang stehen. Noch auf einem Gebiete hat sich diese Ungleichmäßigkeit geltend gemacht, doch ohne daß man sie recht merkte. Das Streichquartett. eine der herrlichsten Stätten unserer Kompositionskunst, will eine unmittelbare instrumentale Anwendung des vierstimmigen Satzes sein. Tatsächlich aber ist es zum Teil ein Duett von zwei sopran- artigen Instrumenten mit Baßbegleitung und einer mittleren Füll- stimme. Daß trotzdem in dieser Gattung unsere klassischen Meister weit mehr geleistet haben, als in jenem Nahmen gegeben ist, zeugt von ihrer Bedeutung, nicht von der dieses Rahmens. Wir habet« vor anderthalb Monaten diese Dinge ausführlicher besprochen und da- bei auch dasNeue Deutsche Streichquartett" erwähnt. Nun ist dieses nach Berlin gekommen und hat uns einiges vorgespielt. zuerst in einer geschlossenen Soiree, bei der sich einige unserer führenden Männer lebhast für die Neuheit interessierten, und dann in einem Konzerte desB e r l i n e r T o n k ü n st l e r v e r e i n e s". Es handelt sich uni eine Zusammensetzung des Streichquartettes, die ein getreues Abbild der menschlichen Singstimmcn sein soll. Das oberste Instrument ist unsere bisherige Geige. Das zweite In- strumcnt, das alst der menschlichen Altstimme entsprechen soll, ist nicht mehr ein zweites, sonst gleiches Exemplar der Geige engeren Sinnes, sondern ein wirkliches Altinstrument, nämlich die wohl- bekannte Bratsche, nur daß diese durch eine fünfte obere Saite für die höheren Tonregionen ergänzt ist(ein Verschen ließ uns neulich leider von einer fünften tieferen Saite sprechen). Dann kommt an dritter Stelle ein Seitenstück zur menschlichen Tenorstimme: die Tenorgeige, ein kleineres Violoncell, das berufen ist, die bisher tat- sächlich vorhandene und bedauerliche Lücke zwischen Bratsche und ge- wöhnlichem Violoncell auszufüllen. Das letztere bildet unverändert die vierte oder Baßstimme dieses neuen Quartettes. Braucht man noch einen Kontrabaß, so wird dieses alte Instrument nur so weit verändert, daß sein tiefster Ton um eine Terz niedriger liegt als bisher. Der Schöpfer dieses Quartettes ist Musikdirektor Traugott Ochs aus Bielefeld . Er gab sich Mühe, in den beiden von uns ge»