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" Ich glaube mich ein bißchen auf Menschen zu verstehen. Ihnen, mein Fräulein, liegt daran, daß ich zu feiner falschen Meinung über Sie fomme."

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Ihr Gesicht rötete fich jäh. Sie wollte etwas entgegnen aber die Tafel wurde in diesem Augenblick aufgehoben. Er reichte ihr stumm den Arm und fühlte, daß sie vor Erregung bebte.

Die Herren gingen ins Rauchzimmer.

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Die Bauernkunft ist eine steifnadige Kunft. Sie fümmert sich nicht um Stil und gelehrte Untersuchung. Sie schafft, was sie braucht, aus sich heraus, und Anlehnung an städtische Kultur ist ihr, sobald sie nur noch gesund und intakt ist, nur Mittel. Wir fönnen öfters

beobachten, wie städtische Kunst der Landbevölkerung allerlei An­Dinge gehorchend, ausgebildet wird. regung gibt, die bernünftig und sachgemäß, einfach dem Zwang der

Wir haben in Deutschland allenthalben einen kräftigen Bauern stand gehabt und haben ihn zum Teil noch. Eigentümlicherweise

Als die Zigarren angezündet waren, zog Frenzel den zeigt die bäuerische Bevölkerung die kräftigste Eigenart, die am Meer Baumeister in eine Ecke.

,, Nun, mein Lieber, wie geht's?" " Ich danke für die gütige Nachfrage."

Sagen Sie mal dieser Freitag( er räusperte sich ein wenig), diefer Freitag ist wohl ein ganz verrücktes Huhn,?" " Für ganz normal halte ich ihn jedenfalls nicht." " Keine Spur- ich sage Ihnen, der hat einen fleinen Sparren weg!... Notabene diese Erbschaftsgeschichte wollen wir doch verfolgen.... Wie steht's denn übrigens mit dem da?...

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Er machte mit dem Zeigefinger und Daumen eine be­zeichnende Bewegung.

Wenn Sie damit die Frage wegen der Baugelder an­schneiden wollen, Herr Frenzel, so wäre es mir allerdings an­genehm, wenn ich auf Ihre Unterstützung rechnen könnte."

" Ich will tun, was in meiner Macht steht, Herr Bau­meister. Haben Sie sich denn wegen der Beleihung schon an eine Bank gewendet?"

,, Steinert hat bereits Schritte getan, jedoch ohne rechten Erfolg."

Hören Sie mal, das wundert mich nicht. Wie sind Sie bloß auf den Unglücksmenschen gekommen?... Der Mann genießt doch kein Vertrauen.

" Ich halte ihn für einen anständigen Menschen." ( Fortsetzung folgt.)

,, Vaterlandslofe Gefellen." Sebt wieder Einer gegen euch die Hand, Und spricht, Ihr Armen habt kein Vaterland, So steht doch auf und fragt ihn einmal frei, Was unser Deutschland für den Reichen sei! Ist es das Land, das er mit Arbeit schmückt, Des Ehre ihn erfreut, des Leid ihn drückt? Ist es das Land, das er im Herzen liebt, Für das er duldet und für das er gibt?

Ist es die Heimat, seines Volkes Herd? Das Land der Brüder, die er treulich ehrt? Ja steh doch Einer auf und frag ihn frei, Ob so dem Reichen unser Deutschland sei! Und nicht das Land, in dem er Schäße rafft? Und nicht das Volk, das mühsam für ihn schafft? Nicht deutsch, nicht Heimat, nur ein Fezen Welt, So feil, wie alles, um sein schnödes Geld!

Peter Schlemibl.( Simplicissimus.")

Kleines feuilleton.

sch. Die Kunst auf dem Lande. Bauernkunst hat für uns immer etwas Erfrischendes. Ein Herzhafter Hauch geht von ihr aus; selbständige Ursprünglichkeit, naive Einfachheit ist ihr Wesen, und das Bedürfnis regelt noch die Gestaltung; es fehlt der bombastisch­hohle Flitterkram, der auf Aneignung beruht. Gerade der Bauer hat ein festes Persönlichkeitsgefühl. Was er annimmt, macht er sich zu eigen und gibt ihm von seiner Art einen Teil.

Was ihm fremd ist, bleibt ihm fern. So bleibt er wohl bes schränkt in seinem engen Kreise. Aber er ist auch ganz er selbst, und auf seinen Bedarf ist alles zugeschnitten.

Im Lichthofe des Kunstgewerbe- Museums ist eine Ausstellung arrangiert, die einen Einblick in diese Kunst auf dem Lande" geben will. Sie ist auf die Dauer eines Monats berechnet und wird auch in der Abendstunden geöffnet sein.

bei Hamburg und in Holstein und die im Gebirge, in Bayern und Tirol, wohnt. Der Kampf gegen die Natur, das feste Bedingtsein in gegebenen Verhältnissen, das kein Ausweichen gestattet, fördert eine besondere Eigenart in der Gestaltung des Hauses, der Wohnung, der halten an dem einmal Eroberten, Erworbenen, an der Sitte und dem Möbel, der Kleidung. Daher auch das eigentümlich Zähe, das Fest­Geschmack. Die Gebirgsluft wie die Atmosphäre am Meer fördert jene Zust an starten Farben, die der Bauernkunft charakteristisch ist, eine Vorliebe, die bei Naturvölkern noch stärker sich findet.

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Den geschlossensten Eindruck auf der Ausstellung machen die Vierländer . Sie wohnen um Hamburg herum. Stadt und Natur bildete eine kräftige Eigenart in ihnen aus. Doch ist diese Kunst Reichtum, Handel, Nähe der Stadt bedingen das schon teine eigentliche, echte Bauernkunst mehr. Sie hat etwas Kultiviertes fchon an sich. Kein Mensch würde diese Stidereien, diese Teppiche für Bauernfunst halten. Sie haben in ihrer verschlungenen Tier­und Pflanzenornamentit, in der flächenhaften Behandlung, dem einheitlichen Gesamteindruck der Farbe etwas, das nach dem Orient weist. Und wenn man bedenkt, daß diese reichen Gegenden in der Nähe von Hamburg liegen, daß diese Gemeinden somit immer an dem regen Handelsverkehr teilnehmen, so scheint das nicht mehr so unmöglich. Das niedersächsische Haus hat ein großes, breites Dach, das eine energische Form zeigt, in der Mitte liegt ein hoher Raum, der bis zur Decke geht, ringsherum Ställe, Stuben, Kammern. Die Wände und Türen sind mit Einlagen versehen, die in guter, solider Arbeit manch wißigen Einfall zeigen. Blidt man in eine Vierländer Kirche hinein, so erstaunt man ob des Reichtums, der sich da ent­faltet. Reiches Schnitzwerk an den Stühlen, Intarsien an den Bänken und als furioje Schmuckstücke die Huthalter neben den Plätzen, aus Schmiedeeisen kunstvoll geformt und mit Bemalung versehen. Wie selbstbewußt diese Bevölkerung ist, sieht man daraus, daß überall fast der Name des Besitzers groß und breit angegeben ist, mit der Jahreszahl. Die Tracht zeigt, wie allen Bauernfleidern faft eigentümlich, düstere und schwere Farben, dunkles Lila, Schwarz, Karmoisinrot. Dabei ist die Zusammenstellung immer eine finnvolle, und man kann die größte Freude an neuen Farbenakkorden haben. Neben den Teppichen, unter denen namentlich ein grüner auf schwarzem Grunde sich auszeichnet, sind besonders die Filetarbeiten und Mustertücher zu nennen, die in Verschwendung allerlei Dar stellungen zeigen. Dieselbe Fülle ber einheitlichem Gesamteindruck zeigen die Schmuckgegenstände in Gold und Silber, die Halsketten, die Spangen. Kam der Winter, so schnitte der junge Bauer am Herde Geräte, Butterformen, Wäscheklopfer, Kästen, die vielfach mit dem sehr alten Kerbschnittmuster geschmückt sind.

In Bildern sehen wir weiter das friesische Ziegelhaus Schleswig­Holsteins, wo gleichfalls ein reicher Bauernstand heimisch war, dann das märkische Haus, die wendische Ansiedelung. Süddeutschland ist mit dem Schwarzwälder Bauernhaus vertreten, das in mehreren Stockwerken fich aufbaut, da im Gebirge der Raum beschränkter ist als im Flachland. Dem schließt sich das bayerische Haus an, das unter breitem, mit Steinen beschwerten Schindeldach, mit seinen umlaufenden Holzgalerien, seinen grünen Läden charakteristisches Gepräge zeigt. Reiche Formen zeigt auch das Schweizerhaus, das ebenfalls in mehreren Geschossen in Blockform gebaut ist.

Zwischen diesen beiden Gegensägen steht Mitteldeutschland . Meist Häuser aus Fachwerk und Lehm.

Besonderer Beachtung ist der Schaukasten wert, der die Kopf­bedeckungen der Bäuerinnen zeigt. Oft ganz farbenprächtige Schmud­stücke, mit langen lila Bändern, mit Silber und Gold gezierte Hauben und fostbare, schwere Gewebe. Amüsant ist auch ein Schaukasten mit buntbemalten Spreewälder Ostereiern.

Alles in allem leidet die Ausstellung unter einer gewissen Un­ficherheit, ja Unvollständigkeit. Die Idee an sich ist gut. Doch scheint die Zeit gefehlt zu haben, sie ganz in Taten umzusehen. So müssen wir uns vielfach mit Bildern. Photographien behelfen, und die Bilder sind vielfach recht minderwertig und könnten beffer wegbleiben, se z. B. die von Karl Ludwig Jessen, die der Verfasser des Katalogs, Herr Peter Jessen , allerdings für reizvoll" erklärt. Auch würden wir die ganze eine Hälfte, die die Versuche zeigt, die alten Formen in das moderne Leben überzuführen, sie mit den baupolizeilichen und anderen Forderungen in Einklang zu bringen, kurz die bewußte Arbeit der Architekten und Maler, die aus dem Alten, Vorhandenen ihre Motive schöpfen, gern entbehren und den dadurch gewonnenen Raum mit alter, echter Bauernkunst ausgefüllt ſehen.

Es ist immer besser, wenig und dieses Wenige gründlich und vollständig zu geben. Was nüßt es, ein bayerisches Bauernhaus, ein westfälisches Bauernhaus in fleinen Modellen aufzustellen, ivenn doch das ganze sonstige Milieu, die Möbel, all die Gerätschaften des täglichen Lebens fehlen. In dieser Beziehung vermißt man biel, und man erwägt, ob es nicht besser gewesen wäre, auf die nord­deutschen Bauernkreise sich zu beschränken und diese reichhaltig und