Atoci und zwei gegenüber, sitzen vier Damen� so munter als sei es Mittag und nicht nach Mitternacht. Zwei altere, beide sehr wohl konserviert die eine blond, volles Gesicht, verwischte Züge Zms beste an ihr find die schönen Hände, die die Handschuhe abgestreift haben wer nicht genau hinsieht, hält sie für Anfang der Dreißiger, aber die Krähenfüße an den Augen und Schläfen und ein paar, wenn auch feine Falten um den Mund verraten die überschrittenen Vierzig; die andere um einen Kopf größer, mit interessantem Ge- ficht, munter, halb ironisch blickenden, dunklen Augen, prächtigen schwarzen, da und dort schon von weißen Fäden durchzogenen Haar und scharf geschnitten kühnen Brauen. Die Lippen haben nie viel Gutes gesprochen. Ten beiden älteren gegenüber zwei Junge, ihre Töchter; die Aehnlichkeit ist ganz unverkennbar: Anni wird aucy einmal dick werden, voll ist sie jetzt schon, und Lizzi hat das schöne, schwarze Haar und die Augen wie die Mama. Alle vier sind sehr elegant gekleidet, nach der allerletzten Mode. Und alle sind sehr animiert. Anni lacht und dabei sagte sie:Gott  , der arme George! Eigentlich kann er einem doch leid tun!" Ihre Mama nickt, sie ist ganz derselben Ansicht. Wenn sie noch daran denkt, wie sie's so gut mit ihm gemeint hat! Nun, er hat nicht wollen! Jetzt mag er büßen! Lizzi sieht verständnisinnig zu ihrer Mama hinüber und beide lächeln. Sie wird ihre Herkunft nie verleugnen," sagt die Mama scharf.Die Art, wie sie sich benimmt, dieses Vornehmseinwollen," sie lächelte spitz und hebt die Achseln, um sie gleich wieder be- dauernd sinken zu lassen,wer wird sich darüber täuschen?" Ich glaube, sie macht im stillen Handarbeiten," sagt Lizzi. Sie sieht wenigstens so aus." Anni überläuft es:Meinst Du?" fragt sie und verzieht den Mund. Lizzi nickt eifrig.Ich habe ein Auge dafür. Du hättest Dir mal die Finger ansehen sollen. Ganz nervös sahen sie schon aus. Wenn man malt, wie ich, dann kommt das nicht vor, aber beim Sticken und Häckeln, ja... da..." Anni ist ganz überzeugt von Lizzis Beobachtungsgabe und ärgert sich, daß ihr das nicht ebenfalls aufgefallen ist. Sie will aber nicht zurückstehen und sagt:Meiner Ansicht nach hat sie eine enge Brust und ob die linke Hüfte nicht heraustritt, konnte ich nicht ganz genau sehen, mir lam's aber so vor." Anni erwartet jetzt aus diese unverschämte Lüge hin energischen Widerspruch, aber alle sehen so aus, als ob sie sagen wollten:Mein Gott, das fehlt ihr auch noch?" Wenn man denkt Liebesheirat," nimmt Lizzis Mama das Wort.Wo so ein Verliebter manchmal die Augen hat! Keine Spur von Reiz, und Liga heißt sie auch noch! Und die Verhält- nisse, aus denen sie hervorging. Vater Rcchnungsrat. Mitgift" sie bläst über ihre HandAussteuer" sie bläst wieder über die Hand.Und George, dem die besten Partien geboten wurden, reiche, schöne Mädchen" sie wie die Blonde hätten mit Freuden Anni und Lizzi ihn, gegeben,Mädchen der guten Gesellschaft," betont sie,da weiß man nicht, was man sagen soll. Diese Person spielt sicher nicht Tennis!" Damit ist für Anni und Lizzi das Signal gegeben, über ihre glückliche Nebenbuhlerin herzufallen, und unter dem Beifallsnicken ihrer Mütter überbieten sie sich darin. Man begreift nicht, daß diese Olga soviel Untugenden in sich angehäuft haben kann; mit ihnen könnten gut zwei Dutzend Mädchen der besten Gesellschaft aus- gerüstet werden, und es bliebe noch Reserve. Endlich sagt Annis Mutter resigniert:Nun gehört doch aber die Person zur Verwandtschaft. Da muß man doch schon das beste von ihr denken und reden, schon..." sie sucht nach dem passendsten Ausdruck,schon aus Nächstenliebe." kl. In den Wäldern Borneos  . Von Wanderungen in den großen Wäldern Borneos   erzählt der italienische Botaniker und Forschungsreisende Odoardo Beccari   in einem fesselnden und schön geschriebenen Buche, in dem er die Wunder der tropischen Natur zu beschreiben sucht. Von Menschen wird wenig dabei gc- redet, obwohl seltsame Volksstämme und absonderliche Sitten häufig den Rahmen bilden und die Szene betreten. Doch der eigentliche Held des hymnenhaften Liedes, in dem Boccari von den Schön- heitcn Borneos   singt, ist der Wald selbst als der gewaltige Ausdruck der wachsenden und wirkenden Kräfte, die die Welt auferbauen und beherrschen. Die Lebenskraft, die als Schlamm dem Boden Stärke leiht zum Keimen des Samens, die als Pflanzensaft aufschießt im Baumesstamm, die in Schwämmen, Parasiten, in Kletterpflanzen, Schlinggewächsen, in üppigen Trieben und neuen Schößlingen ihre unbezähmbare, gärende und wuchernde Fruchtbarkeit dartut, die im Verfaulen und Verwelken, im Wiedcraufblühcn und Neuentstehcn das ewige Lied von Tod und Geburt singt, sie wird in diesem Buche gepriesen.Wer möchte wohl imstande sein, sich die Summe treibender und schaffender Arbeit auch nur vorzustellen, die schweigend und still in den Tiefen des Waldes bor   sich geht? Wer kann die unzählbare Masse von Lebewesen ermessen, diese zitternden, keimenden Zellen, die sich im Kampfe zusammenschließen und vereint für ihr Leben ringen im lautlosen Dämmer des tropischen Frühlingswaldes?" Eine unglaublich große Menge verschiedener Arten von Pflanzen bringt der tropische Wald in der Zeit des er» wachenden Lenzes hervor, die Vielfältigkeit, der Reichtum dieser unendlichen Lcbensfülle ist erstaunlich und viel größer als im europäischen Wald.Ich habe niemals die Zahl der Bäume ge. zählt, die auf einem bestimmten Raum des Waldes von Borneo   auf. wachsen, aber die Zahl ist sicherlich gewaltig, sowohl die Menge der verschiedenen Spezies als auch der einzelnen Exemplare. Natürlich ist dies in verschiedenen Gegenden verschieden; so ist an den Ab. hängen der Berge die Zahl der einzelnen Exemplare einer gegebenen Spezies größer als in den Tälern oder in den Bergen, während dort wieder die Mannigfaltigkeit der Spezies sich reicher entfaltet, denn in diesen Gebieten sind die Entwickelungsmöglichkeiten zu höchster Stärke gesteigert, da die vorzügliche Bewässerung alles zu herrlicher Reife bringt." Beccari beschreibt in lebhaften Farben das Gefühl der Hülflosigkeit und der Einsamkeit, das den Wanderer in den riesigen Räumen des Waldes umfängt, die unwiderstehliche Furcht, mit der uns das unendliche Gewirr der grünen Wildnis, die Dimensionen ihrer erdrückenden Größe erfüllen. Und wenn des Urwaldes Antlitz mit furchtbarer und schrecklicher Schönheit bei Tage blickt, so bringt die Nacht eine neue Stimmung herauf:Jedes abgestorbene Blatt, jeder faulende Zweig und die niodernden Aeste, sie leuchteten alle auf, in einem matten, unruhigen Glanz durch den dünnen Nebelschleier glimmernd, der sich erhob von dem feinsten Humusboden. Der Regen des vorangegangenen Tages hatte die Pilze aus der Erde hervorgelockt; da lebt das ganze Netzwerk der Myceliumfäden auf, die sich herrinzudrängen wissen in die berstenden Trümmer dieser uralten, gigantischen Welt und langsam ihr Zer- störungswerk vollenden. Von einem ehrwürdigen Baumstumpf, wenige Fuß vor mir, strahlte ein glänzendes, phosphoreszierendes Feuer aus, das herkam von ein paar weißen Schwämmen, die mir zu der Gattung Agarikus zu gehören schienen. Ein einziger dieser weiß und hell leuchtenden Schwämme verbreitete genug Licht, um dabei ohne Mühe eine Zeitung lesen zu können." Funkelnderen und belebteren Glanz noch verbreiten die Fcucrfliegcn, die den ganzen Wald bei Nacht durchschwärmen. Theater. Deutsches Theater. S ch u s s c I ch en". Tragödie in vier Aufzügen von Georg Reick e. Ein freigeistig-toleranter Zug. der in den früheren Dramen des Konfistorialrals Reicke hervor- trat und bei den geistlichen Herren beträchtlichen Anstoß erregte, prägt sich auch in dem neuen Stuck des Bürgermeisters ans. Land- gerichtsräte von einer Vorurteilslosigkeit wie der, den der Verfasser alsSchusselchens" Gatten hier vorführt, wird es nicht viel rn Preußen geben; und die abschließende Versöhnungsszene steht der Tendenz nach in prononciertem Gegensatz zu dem üblichen Pharisäismus kalt korrekter Respektabrlitätsgefinnung. Statt fitt- sicher Entrüstimg über den Ehebruch der Frau mitfühlendes Er- schrecken, statt einer Abivendung von derEhrlosen" ein Sich- Erimrern des Mannes, daß er dieselbe Schuld wie sie auf sich geladen, ein Verstehen und Verzeihen. Aber Wärme ging davon nicht aus. Die Schusielichkeit das nervös- zerfahrene, konfuse, unvernünftige Wesen Christines hat auch auf die Szenenführung abgefärbt. Dieser Typus, der als Nebenfigur in einem größeren dramatischen Ganzen sehr ivohl hätte interessieren können, verträgt es überhaupt nicht, beherrschend in den Mitte lvunkt eines abendfüllenden Schauspiels gerückt zu werden. Auf die Dauer mutz Anblick und Gehaben einer solchen Person und um so mehe je naturalistisch treuer die Rolle gespielt wird auch den Zuschaue' nervös verstimmen. Das Springend-Unmotivierte ermüdet. Abe> statt nun im übrigen wenigstens für das Gegengewicht einer gewissen Logik, einen klaren dramatischen Aufbau zu sorgen, läßt Reicke, im Geschmack der Heldin, die Dinge höchst verworren durcheinandergehen. Die Personen schillern in allen mög- lichen Farben, keine außer der verdrehten Heldin und auch die nur in der ersten Hälfte des Stückes bringt es zu einenr anschaulichen Eindruck. Und nach der Flucht ChrfttineS fetzt eine vollständige Deroule ein. Anfangs glaubt man, es sei auf eine Verspottung malender Hausfrauen im billigen Stil derFliegenden Blätter  " abgesehen. Christine stürmt atemlos mit ihrem Malkasten ins Schlafzimmer, jagt dort wie toll umher, repariert ihre Robe durch Uebermalung der Flecken usw., während der Herr Landgerichtsrat. mit dem Be- wußtsein, einmoderner Mensch" zu sein, über die Unannehmlich- leiten häuslicher Anarchiesich hinwegsetzend, geduldig auf die Beendi- gung der Toilette wartet. Ein paar malende Vettern werden mit burschikoser Lustigkeit von Christtne empfangen, und plötzlich um- gewandelt erklärt sie dem Manitc und der Schwiegermutter, sie würde nicht mit ihnen zur Gesellschaft gehen. Der Raine einer Frau Helbing ist erwähnt, und, unlogisch wie immer, diesmal aber zufällig so ziemlich das Richtige treffend, hat sie es sich sofort in den Kopf gesetzt, daß ihr Mann sie mkt dieser Dame hintergehe. Voll Mitleid mit sich selbst hört sie die heißen Liebesworte, die Better Paul sich erlaubt, mit einem sentimentalen Wohlbehagen an. Das Schicksal ist ihr eine solche Tröstung schuldig. Im zweiten Akte scheint sie einen Plan gefaßt zu haben, daS Herz des Gatten und die ihr entftemdeten Kinder wieder zu erobern. Aber bei ihrer hüls- losen Unbesonnenheit wendet sich, was sie auch uitternimmt, gegen sie. Sie tappt immer daneben. Statt mit dem Manne, der ihr noch unverändert gut ist, offen zu sprechen, redet sie sich ein, die gut- herzige Schwiegermutter stehe zwischen ihnen, und ersucht sie mit verblüffender Naivctät, das Haus zu verlassen; ihre Malereien schlägt sie uni einen Spottpreis loS. Nur noch Weib und Mutter will st« sein. Diese Partie, reich an intimen, scharf gesehenen Beobachtungen,