Anterhaltungsblatt des Vorwärts

Nr. 40.

40]

Freitag, den 24. Februar.

( Nachdruck verboten.)

Der Baumeister.

Roman von Felix Holländer .

Man lud ihn für den nächsten Tag zum Diner ein zum gemütlichen Diner!

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1905

ihnen zu rasch... sie möchten uns nicht so schnell aufkommen Lassen Nüßt ihnen nichts nüßt ihnen nicht so viel!... Bei solch einem Bombenerfolge können die Zeitungen schreiben, was sie wollen... Es hat nicht die geringste Wirkung!... Die tausend Menschen, die gestern Zeugen der folossalen Wirkung gewesen sind, erzählen es zehntausend an deren weiter und das ist die einzige Reklame, die es am Theater gibt!... Wollen Sie sich etwa einreden lassen, daß die Aufführung schlecht war?... Ich sage Ihnen, sie war glänzend! Wenn schon so'n Skeptiker, wie Frenzel Na und gestern beim Festessen Ist auch nur eine einzige Stimme laut geworden, die irgendwelche Bedenken hatte?... Lassen Sie sich doch nicht dumm machen, Baumeister,- lassen Sie sich doch nicht blöffen!"

,, Ganz entre nous! Nur ein paar Freunde des Hauses!" Dankend nahm er an.-- Alles hätte man jetzt von ihm er würde nicht den Mut zu einem Nein

verlangen können gefunden haben.

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Es klingelte. Die Pause war zu Ende. Herr Frenzel hatte nicht übel Lust, in der Direktions­loge zu verbleiben, aber Doris warf ihm einen nicht mißzu­

Doris übte offenbar über Vater und Mutter eine sanfte Herrschaft aus.

Beim Herausgehen wandte sie sich, ohne daß die anderen es merkten, noch einmal rasch um und drückte ihm schweigend ihren kleinen Veilchenstrauß in die Hand.

Die Vorstellung endete, wie sie begonnen. Das Klatschen wollte nicht aufhören.

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Sieg auf der ganzen Linie," sagte Steinert stolz. Wer hat nun recht gehabt?"

Und Reßler erwiderte in ehrlicher Dankbarkeit: Es war das große Glück meines Lebens, daß ich Sie Es war das große Glück meines Lebens, daß ich Sie gefunden habe!... Ohne Sie wäre das Theater niemals gebaut worden!... Steinert, Sie sind ein ganzer Kerl!"

Steinert wehrte bescheiden und mit strahlender Miene ab. Dieser Abend wurde mit einem solennen Essen gefeiert, bei dem der Jubel seinen Höhepunkt erreichte.

Achtundzwanzigstes Kapitel.

Auf diesen Abend aber folgte ein Morgen, der alle Luft­schlösser jäh einriß, allen goldenen Zukunftsträumen ein kläg­liches Ende bereiten zu wollen schien. Kepler

glaubte nicht seinen Augen zu trauen, als er die Morgenblätter las. Er hatte am Abend so felsenfest unter der Stimmung eines großen Erfolges gestanden, daß er bei­nahe geneigt war, an ein gemeinsam verabredetes Komplott zu glauben.

Freilich ihm selbst ging es in den Preßberichten durchweg gut. Sein Ruhm war in den Blättern aller Richtungen laut verkündet. Fast einstimmig hieß es, der Erfolg des Abends gehörte dem Baumeister, der ein einzigartiges Werk ge­schaffen hatte.

Aber dann kam der hinkende Bote nach.

Die Aufführung wurde als jammervoll bezeichnet-das Ensemble als gänzlich unzulänglich.

Ein Kritiker erklärte, daß es von vornherein als eine groteske dee angesehen werden mußte, mit Shakespeares Sommernachtstraum" zu eröffnen, der gerade in Berlin so glänzend gespielt würde und einen so komplizierten Apparat beanspruchte. Der Ausfall dieses waghalsigen Erperiments, das eine völlige Hülflosigkeit des künstlerischen Leiters voraus­setzte, sei noch schlimmer gewesen, als man gefürchtet hatte.

Diejenigen, die mildere Saiten aufzogen und das junge Unternehmen nicht gleich in Grund und Boden zu bohren wünschten, erklärten, erst nach der Aufführung der eigentlichen Novität ihr endgültiges Urteil abgeben zu wollen.

Uebereinstimmend aber warnten sämtliche Blätter vor den übereifrigen Freunden, die am gestrigen Abend sich als frei­willige und unfreiwillige Hausclaque aufgetan hatten, und mit ihrem aufdringlichen Beifall bei den geschmackvolleren Besuchern eine arge Mißstimmung hervorgerufen hätten.

Als Keßler die Zeitungen zu Ende gelesen hatte, war er mie betäubt. Und völlig fassungslos begab er sich in das Theaterbureau, um mit Steinert zu konferieren.

Seine Verblüffung aber wuchs noch, als der ihm freude­strahlend und scheinbar höchst vergnügt entgegeneilte.

,, Sie sind eben in Theaterdingen unerfahrener als ein neugeborenes Kind! Das ist nichts weiter als der grüne Neid ein paar elender Journalisten. Dieser Riesenerfolg am gestrigen Abend hat die Kerle aufsässig gemacht... Es geht

Das Klang alles so selbstbewußt und einleuchtend, daß Seßler gar nicht mehr aus und ein wußte.

Ich kann Ihnen doch nicht ganz folgen," sagte er nach­denklich. Wie soll ich an eine absolute Mißgunst glauben, wenn die Leute dem Bau in der Weise Gerechtigkeit wider­fahren lassen!"

Das ist ja gerade der Trick... das ist ja gerade das Raffinierte an der Geschichte!... Die Kerle wollen objektiv erscheinen, und darum loben sie das Haus... So gerissen find sie schon, um sich zu sagen, daß ihnen keine Seele ein Sterbenswörtchen glaubt, wenn sie das Haus schlecht machen... Denn da kann sich ja jeder selbst mit eigenen Augen über­stellung dagegen können nur die urteilen, die dabei gewesen eugen und sein Urteil sich bilden... Ueber die gestrige Vor­find!

"

Wenn nur der heutige Abend gut ausfällt!" " Ich garantiere!.

,, Steinert, Sie garantieren immer!.. ,, Bis jetzt hab' ich mich noch nicht getäuscht!" " Das Garantieren, denken Sie, fostet nichts!" " Das Meerleuchten" ist eine aufgelegte Sache!" ,, Hoffen wir!"

Außerdem was wollen Sie, Herr Baumeister? Das Publikum drängt sich ja förmlich... Für die heutige Vorstellung ist kein Platz mehr zu haben!"

Nun, wir wollen's abwarten!"

Von Steinert begab sich der Baumeister nach dem Kur­ fürstendamm , um bei Frenzel zu dinieren.

Dort wirst Du schon klarer sehen, dachte er. Frenzel ist der beste Barometer.

Es tat ihm wohl, daß Doris ihn mit der gleichen Herz­lichkeit wie am gestrigen Abend empfing.

Seine Stimmung hob sich allmählich wieder.

Frenzel war freilich etwas reservierter. Dennoch be handelte er ihn mit ausgesuchter Höflichkeit. Nur als die Rede auf Steinert fam, zuckte er mitleidig mit den Achseln, und sagte: Es war ein Blödsinn, mit dem Sommernachts­traum" zu eröffnen. Der Scherz wird uns ein Vermögen kosten!... Und außerdem war die Aufführung schlecht." Reßler war wie vor den Kopf geschlagen.

" Davon sagten Sie doch gestern fein Sterbenswörtchen?!" " Fragen Sie meine Frau, ob ich mich nicht während der ganzen Vorstellung wie ein Mops geödet habe!" Aber Simon!

" Ich kann Ihnen sagen, um ein Haar wäre ich ein­geschlafen!"

Doris' Augen blikten vor Unwillen. Sie warf dem Vater wütende Blicke zu, aber der ließ sich nicht stören.

Außerdem hab' ich mir gesagt, wozu sollst du reden? Wozu sollst du dir den Mund verbrennen?!... Vielleicht hat jener recht, und du verstehst von der Sache wirklich nichts! Am anderen Tag hat wörtlich in der Zeitung gestanden, was ich meiner Frau am Abend gesagt habe!..." Doris konnte sich nicht länger beherrschen. ney Ich finde Dich einfach geschmacklos, Vater," stieß fie hervor.

Wozu creiferst Du Dich, Kind?" lenkte Frenzel ein, der Herr Baumeister ist doch nicht dafür verantwortlich, daß dieser Steinert ein ausgemachter Esel ist!"

"

Sie irren," entgegnete Seßler, ich erkläre mich mit dem Manne solidarisch!" # 19097919