Der Förster sah ihn an und lächelte.

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Schnell zog Bartel das rechte Bein in die Höhe, ver­schlang die Hände um das Knie und blickte von der Seite wie eine Henne. Und während es in seinen Augen lichtelte, fagte er:

" Ich will alles heraussagen, Herr Förster ... Ich mag noch nicht heim... Ich fürcht' mich!

Fürchten?... Aber Bartel! Der sah noch mehr von der Seite. Herr Förster, kennen S' mein Weib, die Eva- Kathl?" Das ist ja das Semmelweib!... Gesehen hab' ich sie schon

Na alsdann... fennen tuen Sie sie nicht!" Er sprang auf und stand auf seinen frummen Beinen neben dem Förster, nicht viel größer als ein halbwüchsiger Bub. Seine Stimme flang vertraulich.

Sehen S, ich mag net so zeitlich schlafen gehen. Sie aber will gleich ins Bett, kaum daß ich gessen hab'... Sie hat doch noch ganz kohlschwarze Haar und noch so viel Hip! ... Und wir haben doch nur ein Bett!.. Und das paßt mir net und ich mag net... Und da laß ich sie erst recht schläfrig werden, eh' ich komm..."

Er ließ beide Hände, mit denen er seine Rede unterstützt, am Körper herabfallen und lachte wie ein schadenfroher Junge. Auch der Förster schrie auf.

, Gute Nacht, Bartel!... Ihr seid ja..." Noch aus den Büschen klang sein Lachen.

Der Kleine saß mit einem Sprunge wieder am Graben­rand, ergriff die Schaufel und hieb und stach in die weiche Erde. Pfiff dabei, schimpfte und krähte ab und zu hell auf.

2.

Die Abrechnung war gemacht.

-

Die Bötin schob den leeren Kaffeetopf über den Tisch hin und streifte das erhaltene Geld in die Ledertasche, die sie unter der Schürze trug.

Margaret hafte den kleinen Finger in den Henkel des Topfes und sagte:

Das nächstemal wieder drei von den großen Butter­hörndl'n!..

" Bt er denn die gar so gern?"

" Ja. Jeden Nachmittag, eh' er noch einmal in den Wald geht, muß er eins zum Kaffee haben."

Sua!... Sua!

"

" In Neuhaus hab' ich sie immer für die Frau aus der Stadt mitbringen müssen, und da hat er sich, scheint's mir, daran gewöhnt

Das Semmelweib faßte die Junge am Rock und zog sie auf die Wandbank neben sich.

Da se Dich nieder, Mädel! Was war sie denn für eine Frau? Man hat schon Verschiedenes g'hört.... War sie wirkli so lang frank?

" 1

Ich war über ein Jahr bei ihr. Von früher weiß ich nichts.. Aber sie soll schon jahrelang bettlägerig g'wefen sein. Zuletzt hat sie sich kaum mehr rühren können..." Wie war er denn zu ihr?" Gut!... Wirklich seelensgut

"

Ertra für sie ist gekocht worden.. was sie haben wollte... Aber sie hat ja nur genascht

Die Alte schob die Unterlippe vor.

Na ja!...

schöne, braune."

Magaret jah vor sich hin.

" Und ordentlich freudig ist sie gestorben

-GARAP

-

Und auf einmal erkannte er sich deutlich. Sein ganzes Inneres schien ihm plöglich wie durchleuchtet. Er wußte, daß er in den ihm aufgezwungenen Kämpfen fiegen daß er Frenzel den Herrn und Meister zeigen würde! Die Augen sollten diesem Fuchs in der Erkenntnis übergehen, was für einen gelehrigen Schüler er sich großgezogen!

Langsam richtete er sich auf.

Er zog einen Taschenspiegel vor und betrachtete sich

prüfend.

Wie vergrämt und verstört er aussah trok seiner jungen

Jahre!

Er strich mit der Hand über sein Gesicht, als wollte er seine Züge glätten.

Dann ordnete er mit einer Kleinen Bürste sein wirres Haar, streckte die Arme aus und beschrieb mit ihnen einen Kreis, als wollte er mit dieser Bewegung die ganze Vergangen­heit abtun...

Frenzel war vielfacher Millionär. Ihm war es eine Kleinigkeit, das Theater zu halten und seinen Wert ins Un­geahnte zu steigern...

Jedenfalls gab es für ihn dann keine Sorgen mehr... Er konnte seine künstlerischen Träume verwirklichen. Grete Anders...

Wie ein Verbrecher zuckte er zusammen

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Sollte er ihr alles sagen?!... Nein, das vermochte er nicht er hätte ihr nicht in die Augen sehen können! Schreiben... ihr einen verzweifelten Brief schreiben das Messer an die Kehle gesetzt diese Bluthunde!...: .. vor welcher Alternative er gestanden.. wie sie ihm Er wußte, sie würde ihn verstehen-- ihn nicht richten

Mit den edelsten Vorsägen begann er sein Gewissen zu beruhigen und einzuschläfern.

Er würde sie nie vergessen... Er würde ihr treueſter Freund und Berater bleiben. Ihr und dem Kinde sollte es an nichts fehlen

.

Und nun erinnerte er sich auch, daß Grete Anders immer und immer seine Freiheit betont und nie an eine eheliche Ver­bindung mit ihm ernstlich gedacht hatte.

Dieser Gedanke wirkte befreiend auf ihn.

Am Ende hatte er die ganzen Verhältnisse überhaupt zu schwer genommen. Er tat ja nur, was jeder andere an seiner Stelle auch tun würde... Und die Welt beurteilte diese Dinge von einem freien, natürlichen und gesunden Standpunkt aus Aber er liebte ja Grete Anders fie war der ein zige Mensch, an dem er reinen Herzens hing.

...

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Was half das alles?... Früher oder später wäre es ja doch zur Trennung gekommen Dann besser schon jetzt! Sollte er sie in sein Elend mit hineinziehen?... Konnte er ihr auf diese Weise nicht ganz anders zur Seite stehen?! Wie er auch die Sache wendete und drehte es war für beide Teile so das Beste!

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Wenn er nur erst die Auseinandersehung mit Steinert hinter sich hätte! Das war auch noch eine bittere Nuß, die er fnaden mußte.. Zum Teufel noch einmal den Kopf würde es nicht kosten. Was für Verpflichtungen hatte er eigentlich Steinert gegenüber? Wenn er's im Grunde überlegte Und dann fiel ihm ein, daß er

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gar feine!

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Freundliche Augen hat er ja. So recht durch die Unvorsichtigkeit und Waghalsigkeit dieses Menschen, dessen Gewissen dehnbar wie Kautschuk war, um ein Haar auf der Anklagebant gesessen hätte. Hatte der Mensch bei feinen gepfefferten Transaktionen überhaupt an ihn gedacht?! " Transaktionen" Frenzel brauchte mit Vorliebe dieses Wort- Wie seltsam, daß es bereits in sein Lexikon übergegangen war!

Ich hab' nach ihrem Tode abziehen wollen, aber sie hat net g'ruht, bis ich ihr versprochen hab', zu bleiben."

isus

42]

( Nachdrud verboten.)

Der Baumeister.

Roman von Felix Holländer .

( Schluß.)

Keßler fnirschte mit den Zähnen, wenn er an den Alten dachte, der ihn wie ein Spielzeug in den Händen hielt Nun, der sollte ihm die Rechnung begleichen, daß ihm Hören und Sehen verging!

Ein böses Lächeln glitt über sein Gesicht. Dieser Hund sollte merken, daß er sich grausam in ihm getäuscht hatte!

Nein ohne jede Rücksicht auf ihn hatte Steinert sich in all die schmutzigen Geschäfte eingelassen! Mit seiner Ehre, mit seinem Namen hatte er Würfel gespielt!... Mit dem brutalsten Egoismus hatte er gehandelt Das bergaß er ihm nie... Nie!... Er hatte ja nichts auf das Spiel zu sezen gehabt... er war ja schiffbrüchig und gestrandet ge­wesen, bevor er noch in seinen Gesichtskreis getreten.. Wenn er sich's überlegte-- wie eine Klette hatte sich der Bursche an ihn gehängt!. Durch ihn wollte er hochkommen!.. Nun gut das war menschlich! das war menschlich!... Daß er sich aber nicht gescheut hatte, ihn in den Kot hinabzuziehen und beinahe zu ruinieren darin lag die Gemeinheit! Nein Steinert gegenüber lag nicht der mindeste Anlaß zur Sentimentalität vor!...

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