202 frönen sie einem alles zu, selbst Wunderkrast. Aber wer kann widerstehen? Die Alte humpelt; der Tischler liegt im Bett, im dicken, schwergefüllten Bauerubett. Als er die beiden reinkommen sieht, lachen seine Augen. Hin und Herreden, aber zum Schluß immer:Kurios, daß man sterben muß!" Und leise plötzlich: -Schafft die Weiber raus, Libelt!" Schön.Wir sind beide grauköpfig, der Esel und ich. Aber Anton überlebt mich. Lange wird's auch bei ihm nicht dauern. Meine Frau krank, krank. Hundert Jahre kann sie dennoch werden. Sie ist zäh. Bleibt noch eine, die Ihr kennt!" Wieder lachen die Augen. An seiner schönen Tochter hängt das Herz des Tischlers und Milchfahrers. Was wird aus ihr?" Eine Handbewegung.Wie steht Ihr? Morgen, übermorgen ist's aus. Könnte also werden!" Peinlich für einen Ehrenmann, so direkt gestellt zu werden! Was sollte ich anders tun? denkt der Förster. Ich habe die Hand aufs Herz gelegt. Ich meine nicht, ob Ihr liebt," sagt der Kranke da. Das kann jeder... solch Mädel! Aber heiraten, Freundchen! Euretwegen hat sie viele fortgeschickt." Ja, ja es wäre der höchste Wunsch, am liebsten gleich. Ach, die große Liebe! Aber je nun... man müßte doch erst wissen... Kurz und gut, der Herr Gevatter hätte ja selbst gesagt: Lieben sei kein Kunststück, aber heiraten. Zum Lieben gehört nur das Herz hier schlägt es, hier ist es, aber zum Heiraten Geld. Wie es damit wohl stünde... Eine Bewegung von Daumen und Zeigefinger, die sich beide zärtlich reiben. Eine Andeutung von der Schulzen- tochter... Immer tiefer scheinen die Augen in das Krankengesicht zu sinken. Der Tod macht dem Pan Falk einen Strich durch die Rechnung. Noch ein Jahr Leben und seine Andrea wäre Frau Libelt gewesen. Man hätte den Förster hin- gehalten. Und Heirat war Heirat. Aber nun konnte er seine Rolle nicht zu Ende spielen. Starb er, kam doch alles raus. (Fortsetzung folgt.); HckiUerfeier. Von den hunderttausend Mark, die zur Ausstattung des Schiller- Lagers auf dem Gendarmenmarkt benötigt wurden, waren einige zwanzigtausend Mark eingekommen. Etwa 140 000 M. waren aus- gegeben worden, die einstweilen fehlende Summe hoffte man bis zu dem bevorstehenden 1S0. Geburtstag Sckillers zu tilgen: das leitende Komitee sollte bis dahin zusammenbleiben. Sämtliche Maskeiigarderoben Berlins waren ausverkauft. Auf dem Gendarmenmarkt tummelte sich ein Jahrmarkt Schillerscher Ge- stalten, herrlich anzuschauen wie Kulissen, die man in der Mittag­sonne aus dem Schuppen über die Straße schleppt. Die feinsten Spitzen der Behörden waren vollzählig beisammen. Alle Garderegimeuter waren durch Abordnungen vertreten. Die Stimmung war außerordentlich. Man sprach nur im Jambischen Tonfall. Das Schauspielhaus war zu Ehren des TageS mit einem ge- schmackvollen Goldbronze- Ueberzng versehen worden. Außerdem waren überall bunt leuchtende Pappäpfel angebracht ein sinniger Einfall, der auf die historische Tatsache hindeutete, daß Schiller nur dichten konnte, wenn er einige Aepfek im Schubfach liegen hatte, die allerdings, da eS ihm immer an Geldmitteln fehlte, leider meistens faul waren. AuS dem gleichen Grunde waren über den ganzen Platz schwarz- weiß- rote Schnüre gezogen, an denen in geschmackvollem Wechsel Ningäpfel, goldene Lorbeerblätter, preußische und Reichsadler aufgereiht waren. Die Feier begann mit einem Massengesang vonHeil Dir im Siegerkranz ", begleitet von sämtlichen Berliner und Potsdamer Rcgimentskapellen. Darauf betrat Reichskanzler Graf Bnlow die Rednertribüne, die auf dem mittleren Absatz der großen Freitreppe deS Schauspielhauses . errichtet war, und hielt folgende Ansprache: Hochverehrte Festgenossenschaft! In diesen Tagen, da irregeleitete Massen immer mehr m den Kampf für niedrige materielle Interessen versunken sind, ist es eine bittere Notwendigkeit, sich in den Dienst der ewigen Ideale zu vertiefen, wie sie unsere große Exzellenz des Musenreiches, Friedrich V.Schiller, allezeit vertreten hat. In einer Zeit, wo an den Grundlagen unserer Kultur genagt wird, wo man selbst russische Großfürsten mit feigen Bomben mordet, ist eS uns allen ein tiefes Bedürfnis, dem Manne zu huldigen, der solche Untaten stets verabscheut hat. Gegenüber den Narren und Phantasten, die um eines erträumten Zukunftsstaates willen, dieses furchtbaren Zuchthausstaates, die ewigen Güter von Thron, Altar, Vaterland, Armee und Landwirtschaft zerstören, hat uns Schiller gelehrt, auf der mittleren Linie zwischen den Ansprüchen der menschlichen Un« geduld und der realpolitischen Notwendigkeit im Dienste der Ordnung die vollendete Harmonie aller berechtigten Interessen zu erstreben. So ist unser Friedrich von Schiller nicht tot. In einer Zeit, da auch die hehre Kunst in den Rinnstein gesunken ist, wird uns Schiller doppelt wert als Vorbild einer wahrhaft idealen Kunst. Darum glaube ich diesen schönen Tag nicht besser ehren zu können. als durch die freudige Mitteilung, daß Gott sei Dan! das reine Feuer der wahren Kunst immer noch glüht. Noch gibt es Nachfolger Schillers im deutschen Land. Noch wird das Banner der ewigeii Ideale hochgehalten. Und darum freue ich mich, mit- teilen zu können, daß die Schiller-Preise der letzten zehn Jahre dem berufenen Nachfolger Schillers, unserem Major Lauff auf einmal verliehen sind, unter gleichzeitiger Beförderung zum Oberst der Kavallerie. Noch gilt Schillers Wort, in dem sich unseres Genius ganzes Wesen zusammenfassen läßt: Drum soll der Sänger mit dem König gehen, Sie beide Ivohnen auf der Menschheit Höhen. In diesem Sinne bitte ich Sie einzustimmen in den Ruf: Seine Majestät, unser ällergnädigster Kaiser und König: Hurra I Hurra I Hurra I Darauf nahm da? Wort der konservative Abgeordnete v. Nor» mann zu folgender Ansprache: Nach den erhebenden Worten des Herrn Reichskanzlers kann ich mich kurz fasten. Wir alle stehen ganz auf dem Standpunkt des genialen Dichters, der sehr richtig bemerkt hat: Was ist die Mehrheit? Mehrheit ist der Unsinn» Verstand ist st e t s bei w e n' g e n nur gewesen. Meine Herren! Die einzige passende Ehrung Schillers'wäre unseres ErachtenS die Beseitigung des allgemeinen Wahlrechts. Schließlich möchte ich darauf aufmerksam machen, daß Schiller ein begeisterter Verehrer der Ceres war. Ceres ist aber die Landwirt- schaff, für die wir ja nun den gesteigerten Zollschutz haben. Das ist aber noch nicht genug. Ich schließe mit den Worten deS erhabenen Dichters: Nichtswürdig ist die Nation, die nicht Ihr alles freudig setzt an ihre Ehre. Es folgt eine Ansprache des Zentrumsführers Spahn: Schiller ist eine leuchten.de Gestalt, die wie ein herber Büß- Prediger in unsere Tage entsetzlichen Sittenverfalls tritt. Gilt nicht von den heutigen Zuständen das Wort des Dichter?: ,. D a s m u ß immer saufen und fressen", um von Schlimmerem zn schweigen? Lehnt man sich nicht auf gegen die von Gott gesetzte Obrigkeit, wo doch der Dichter gesagt hat:Gehorsam ist des Christen S ch m u ck"? Herrscht nicht auf unseren Universitäten ein heidnischer und aberwitziger Götzendienst sogenannter Wissen- schaff trotz dem Worte Schillers: Nur der Irrtum ist das Leben Und das Wissen ist der Tod. Immer frecher erhebt die Gottlosigkeit ihr Haupt. Schiller aber hat gesägt: Es lebt ein Gott zu st rasen und zu rächen! Und endlich soll uns in dieser Zeit des immer wachsenden Mammonsdienstes das Wort ins Ohr gellen: Nicht an die Güter hänge dein Herz! Mit elastischem Schritt betritt darauf der nationnlliberale Abgeordnete B a s s e r m a n n die Tribüne, um etwa folgendes zu sagen: Die kaiserlose, die schrecklicheZeit, von der Schiller gesprochen, ist vorüber. Was der Dichter in seinen kühnsten Träumen nicht zu hoffen gewagt, ist herrlich erfüllt. Freilich, noch ist nicht alles getan. Wir nmsten weiter auf der Bahn maß- vollen und besonnenen Liberalismus. Auf der einen Seite dräuen die Mächte der Reaktion.Wehe, wenn sie loS gelassen!" Auf der anderen Seite unterminieren die vater- landslosen Umstürzler das nationale Gefüge. Ich aber sage mit Schiller : Wenn sich die Völker selb st befreien, Da kann die Wohlfahrt nicht gedeihen. Freilich, noch ist die bestehende Gesellschaft im Mark gesund und ruft den Revolutionären gebieterisch zu: Das Auge des Gesetzes wacht! In diesem Augenblick geziemt es sich, auch der Frauen zu ge« denken. Wir sollten ihren vernünftigen Bestrebungen auf Selb­ständigkeit nicht entgegentreten. Schon Schiller sagt: Ehret die Frauen! Sie flechten und weben Himmlische Rosen ins irdische Leben. Um so nachdrücklicher müffen wir uns allen übertriebenen Emanzi- pattonsgelüsten entgegenstellen. Wir Deutschen(pollen nicht, daß unsere Weiber zu Hyänen werden! Diesen Hyänen rufen wir mit Schiller zu: Du fragst Nach Dingen, Mädchen, die dir nicht geziem enl Vor allem jedoch gilt es, die nationale Gesinnung an Schillers Feuer zu wärmen: ."V- V-fcfj.5,-' ..i