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Beit mit Teetrinfen und Bigareffenraudjen. Die Glut im Ramin spiegelte sich flammend in der fülbernen Kanne und dem schönen Porzellan, und der Rauch spannte sich in feinen, blauen Streifen durch den kleinen finsteren Raum.
Und je länger sie das tatkräftige Handeln hinausschob, um To mehr verlor fie sich in schöne Träume über ihr Kind.
Sie erforderten fein Verbrechen, sie verursachten kein böses Gewissen. Wenn sie ihren Sohn endlich fand, wie wollte sie ihn dann erziehen! Und sie sah sich als stolze grauhaarige Mutter, er war ein hervorragender Mann geworden, den alle achteten and liebten. Sie würden im Auslande wohnen, und sie würde wieder ihren Mädchennamen annehmen, und sich Frau Ajolt nennen. Der Knabe sollte auch ihren Namen tragen. Sie schloß die Augen. Und sie wohnte später mit ihm in einer Villa am Mittelländischen Meere, und sie ging in einem großen Blumengarten spazieren und pflegte nur ihre Lieblingsblumen. Des Abends, wenn der Mond über den dunklen Cypressen stand, würden sie sich auf einen Balkon setzen und Heimatslieder fingen. Sie schritt an seinem Arm durch die Kirche, die Orgel ertönte in dem großen Gewölbe, aber jetzt erregte sie nur ihre Freude. Sie hatte alle Sünden gefühnt, und sie lebte rein und entsagend wie eine Nonne.
Wenn Flaten an der Korridortüre den Schlüssel drehte, fuhr sie jäh zusammen. Der Traum verflog und die Wirklich feit verlangte ihr Recht. Wie lange sollte dies wohl noch dauern? Wie lange sollte sie eine Liebe heucheln, wodurch sie sich immer widerwärtiger erschien, die ihr das Gefühl verlieh, fie sei um fein Haar besser, als eine Straßendirne.
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Sie versuchte fich hier durch Träume und leere Vorsäge zu beruhigen. Und die Zeit verstrich, verstrich. Angenommen, ihr Kind wäre frank. Jeht war es ein und ein halbes Jahr alt, fonnte sprechen und hatte Zähne. Und sie ging hier herum. Wenn sie neue Kleider bekam, fonnte sie sich sogar vor dem Spiegel daran erfreuen, gerade als seien diese Kleider nicht durch Schmach erkauft,
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( Fortfebung folgt.)
( Nachdruck verboten.)
Warum zitieren wir eigentlich? Was bedeuten die Bitate in unferen Darlegungen? Durch die Häufigkeit und die Art ihrer Bitate scheiden sich die Schriftsteller geradezu in verschiedene Kategorien. Was aber das Zitat fast immer zu einer Zweideutigkeit und großen Lüge in der Darstellung macht, ist das Durcheinander von Motiven beim Zitieren, und daß bei einer undisziplinierten Literatur das Zitat beinahe jedes Mißbrauchs fähig ist.
Zunächst war und ist das Zitat ein Beweis. Roma locuta est. In der Bibel steht geschrieben. Das Zitat ist hier nicht mehr und nicht weniger als die höchste und letzte Autorität, die alle Meinungs. verschiedenheiten oder Auslegungen schlägt. Das Zitat hat also die Tendenz, alle Kritik und jeden Zweifel zum Schweigen zu bringen und einen Sinn nur dort, wo eine Autorität anerkannt wird. In der Wissenschaft zum Beispiel, indem entweder ein Gelehrter ein so großes Ansehen genießt, daß er als eine Art höherer Einheit wissen. schaftlichen Geistes gilt, sei es wegen seiner ganz allgemeinen Bedeutung( als Philosoph), sei es wegen seiner umfassenden Kenntnis bieler oder aller Spezialgebiete( als Polyhistor), oder indem er gerade wegen seiner Fachgelehrsamkeit ein bestimmtes Gebiet allein beherrscht, so daß man sich bei des einen oder anderen Diktum beruhigen muß und sich sagt: besser kannst du's auch nicht wissen und Tein anderer sonst. Heute gelten namentlich die letzten Autoritäten, weil sich die Wissenschaften derartig zersplittert haben, taß jeder auf die Resultate und Anschauungen anderer angewiesen ist und namentlich die von ihnen gefundenen Tatsachen annehmen muß. Eine Statistit ist weiter nichts, als das Zusammenfassen vieler Einzelarbeiten, also die Quelle ebenso vieler Irrtümer wie Wahr heiten.
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Feines oder Dummes zu bernehmen. Und dann bernimmt er e auch. Macht man ein Buch lächerlich, so wird ein Bitat sehr leicht lächerlich wirken, auch ohne es zu sein. Es wird ihm eine Beweis. traft zugeschrieben, die es gar nicht hat, ganz abgesehen davon, daß man dem Kritiker ja schon glauben muß, daß er auch wirklich charakteristische Stellen zitiert und das Bitat nicht außerdem dadurch fälscht, daß er es aus dem Zusammenhang reißt, gar nicht davon zu reden, wenn er überhaupt falsch zitiert.
Hier ist das Bitat fein Beweis mehr, sondern besten Falles nur ein Beispiel, ein charakterisierendes oder darstellendes Moment. wie der Dichter einen Menschen charakterisiert durch das, was er ihn tun oder sagen läßt, so charakterisieren wir den Dichter durch das, was wir von ihm aitieren. Um einem Kritiker Bitate zu glauben, muß man ihn schon für einen darstellenden Künstler halten. Die Richtigkeit des Zitate genügt hier so wenig, wie eine einzelne Realität beim Dichter. Es kommt nicht darauf an, ob ein bestimmter Bug in einer Dichtung richtig oder falsch wiedergegeben ist, sondern ob er fich eignet, eine Gestalt oder Situation zu veranschaulichen. Das Zitat soll den Lefer zwingen, ein Wert so anzusehen, wie es der Kritiker ansieht oder angesehen wissen will. Dieses scheinbar objektivste Kriterium( denn was kann man mehr tun, als den Dichter selbst zu Worte kommen zu lassen?) ist in den meisten Fällen gerade das subjektivste Moment der Kritik.
Sehr häufig soll ja ein Zitat nur ein Urteil, eine Meinung oder eine Kritit unterstützen. Es wirkt also nur, wenn Urteil, Meinung oder Kritik in sich selbst schon begründet find. Hier beginnt aber der allergrößte Schwindel, der mit Zitaten getrieben wird. Der Bitierte bekommt die Bedeutung des Gewährsmannes; zu solchen wird er indeffen häufig genug willkürlich gestempelt. Jemand verficht eine Meinung oder stellt eine Theorie auf und glaubt, sie dadurch stüben zu können, stüber zu müssen, daß er fich auf die Meinung anderer beruft. Bunächst appelliert er an den Aberglauben, etwas sei wahr und dürfe geglaubt werden, weil es auch andere oder gar viele für wahr halten. Zweiter Aberglaube: wenigstens die Meinung derer sei betveisträftig, die auch sonst hohes Ansehen unter den Menschen genießen. Sich auf Ariftoteles, Sant oder Goethe berufen, gilt bielen immer noch als beweisen. Wofür diese Herren alles herhalten müssen, spottet jeder Beschreibung, es spottet sogar jeden Spottes. Deshalb, weil Goethe oder Kant etwas gesagt hat, muß es noch nicht wahr sein, es muß nicht einmal für sie selber wahr sein, es braucht auch nicht einmal ihre Meinung gewesen zu sein; denn daß Schriftsteller oft zitiert werden mit Säßen, in denen sie gerade das bestreiten, was fie beweisen sollen, ist ja teine seltene oder unbeachtet gebliebene Erscheinung in der wissenschaftlichen Literatur. Und wenn er es auch positiv so gemeint hat, so braucht er es doch nicht sein ganzes Leben lang so gemeint zu haben. Ein Geist wie Goethe revidiert doch seine Ansichten fast jedes Jahr; was er mit dreißig Jahren gemeint hat, braucht er doch nicht auch mit fünfunddreißig Jahren gemeint zu haben. Es ist also gar nicht die Meinung Goethes, die zitiert wird, sondern Goethes im einunddreißigsten Jahre, also in einem bestimmten Entwidelungsmoment. Weil das aber der Leser nicht immer selbst wissen oder kontrollieren tann, so nimmt er als die Meinung Goethes, was dieser nur ein Jahr oder eine Woche lang selbst geglaubt hat. Das schlimmste, weil gefährlichste, ist, daß dieser Schwindel gewöhnlich gar nicht bewußter- oder gewollterweise inszeniert wird, sondern meistens ganz naiv entsteht. Nämlich auf folgende Weise: weil wir glauben, daß wir etwas beweisen oder doch beträftigen fönnen, wenn wir uns auf die Ansicht anderer beglaubigter Autoren berufen dürfen, so durchstöbern wir die Weltliteratur nach Säßen, die unsere Gedanken belegen können. Und dann ist uns natürlich alles recht, was uns in den Kram paßt, genau wie dem Politiker oder Naturforscher jede Tatsache, die ihm für seine Zwede tauglich scheint. Darin war schon Schopenhauer ein wunderbarer Heiliger. Es fam ihm nicht darauf an, einen Autor, den er uns eben selbst verdächtig gemacht hat, au zitieren, wenn er ein Wort bei ihm fand, das seine Ansichten unterstüßen konnte. Etwas komisches ist in dieser Hinsicht jüngst Frib Mauthner passiert. In seiner sonst famosen Schrift gegen Ariftoteles geht er gerade von dem Manne aus, dem Ariftoteles im modernen England faft einen neuen Ruhm berbantt, Lewes , und der als Feuilletongeist nicht einmal was beweisen würde, wenn er fich wirklich für Mauthner benußen ließe. Der Mann, den Mauthner als seinen Vorgänger betrachtet, beginnt seine Schrift über Ariftoteles mit Säben, wie: Es ist schtver, von Aristoteles ohne Uebertreibung zu sprechen... Die Geschichte... staunt ihn mit Bewunderung an seine Leistungen übertrafen die aller bekannten Philosophen." Und wo er von seinen Mängeln spricht, fügt er hinzu: wir dürfen aber nicht zugeben, daß diese Mängel bie wirkliche Größe seiner Leistungen verbunkeln". Und von diesem Manne behauptet Mauthner, daß er ebenso den Denker wie den Beobachter in seiner ganzen Blöße gezeigt habe und fich nur im Schlußlapitel vor feinem Namen beuge, wo es nämlich u. a. heißt: Aristoteles ", und er steht höher als die meisten von denen, die die Wissenschaft mit großen Ideen erleuchtet haben... so hat doch feiner wie er neue Pfade eröffnet", und von seiner Kraft geredet wird als einer, die in der Entwickelung der Menschen Epochen gründet".
Eine besondere Form des Beweises wird das Bitat als eine demonstratio ad oculos; nämlich in der Kritik, wenn es gilt, die Güte oder Schwäche eines Werkes zu zeigen. Um das lobende oder tadelnde Urteil einer Gedichtsammlung zu begründen, zitiert man gern ein paar Verse oder Lieder. Und hier beginnt bereits die große Lüge eines Bitats, denn es bekommt eine suggestive Bedeutung.ich ging an meine Aufgabe voller Enthusiasmus für die Größe des Wenn man eine Dichtung über den grünen Klee lobt, so wird jedes Zitat auf naive Gemüter in diesem Sinne wirken, und die dümmsten Berfe können beweisen, daß einer ein hervorragender Lyriker ist; sollen und können es. Denn die Kritit hat den Lefer in jene Stimmung berfekt oder doch vorbereitet, nunmehr Ziefsinniges,
Man würde dergleichen nicht verstehen, wenn man nicht wüßte, wie es gemacht wird. Erftens das Zusammenfuchen von Tatsachen, Bitaten, Autoritäten, hinter die man sich verstedt, und zweitens die