hergerichtet tvÄr. aber die Wände bon den Ställen, die einst in leuchtendem Weiß geprangt hatten, lvaren vom Regen und Schnee, Wetter und Wind mitgenommen, abgebröckelt und schmutzig grau; durch den Schuppen, in dem allerlei Gerat stand, pfiff der Wind und kenn der Regen, obwohl der alte Bitzker geteerte Pappe am Dache und an den Wänden festgenagelt hatte, und die Scheunen waren so baufällig, daß selbst die Bäuerin jedes Jahr den Plan faßte, sie gründlich auszubessern, ein Plan, der allerdings nie zur Ausführung kam. Sie sah eben jedes Jahr von neuem, daß es auch so ging, und der Bauer behielt recht, wenn er sagte:»ES kostet nur Geld und ist unnütz!" Man nannte sie weit und breit die reichen Bitzker und erzählte sich allerlei Geschichten von ihren Schätzen. Jedes Jahr, hieß es, wenn die Blätter fielen, verschlossen Mann und Weib alle Türen im Hause und zählten die Taler, die Vieh, Ernte und Pacht ihnen gebracht. Je hundert kamen in einen Lederbcutel, und alle Leder- beute! wurden versteckt niemand wußte wo. Unter den Dielen, meinte man, in der Erde im Stall, in den Scheunen jeder nannte einen anderen Bersteck. Für wen sparten sie nur? Im Dorfe hatten sie eine Ver- wandte, eine Base, die aus Tagelohn ging, ein mageres Weib mit starten, beinahe männlichen Zügen, die im seltsamsten Gegensatz zu ihrem unterwürfigen Wesen standen. Die Koal half den Bitzker so gut wie anderen Leuten bei der Feldarbeit und dem Grasschnitt, aber ihre reichen Verwandten bezahlten ihr weniger als die anderen, vielleicht weil sie sich infolge der Jamilicnzugchörigkeit dazu be- rcchtigt glaubten, und die Koal keine höheren Forderungen stellte, weil sie auf ein Erbschaststcil spekulierte: Mal mußten doch die beiden Alten sterben! Die reichen Bitzker lebten wie die ärmsten Leute und taten, als würden sie aus Rot nicht den nächsten Tag erleben; nur an den drei großen Feiertagen gönnten sie sich ein Stückchen Fleisch, und mit einem Pfund Kaffee reichten sie ein Vierteljahr, dreimal wurde jedes Lot gebrüht. Kam der alte Bitzker vom Acker, so brachte er regelmäßig etwas mit, ein Stück Holz, ein altes zerbeultes Eisen, eine Hacke, an der die Zähne fehlten, und alles wurde von ihm sorgfältig, als seien es Kleinode, im Schuppen untergebracht, wo rS vermoderte und vom Rost zerfressen wurde. Jedes Bindfädchcn wurde von dem Bauern gesammelt und jeder Nagel, als könne er auf diese Weise wenigstens einen Teil von dem einsparen, was ihm jedes Jahr die Reise nach Kottbus kostete, die er im Interesse guter Geschäfte machen mußte und von der er die teueren Pulver für die Bäuerin heimbrachte, die ihr gegen das Asthma verschrieben waren. Diese Pulver wurden in siedendes Wasser geschüttet, den Dampf mußte die Bäuerin einatmen, und bei jedem Mal dachte der Alte unter einem tiefen Seufzer:«Jetzt sind wieder drei Groschen hin!" Und wenn die fünfzehn Pulver alle waren, und die Bäuerin nach wie vor unter ihrem Asthma litt, sagte er:Alles Flunkerei l Hätten das Geld lieber zu dem übrigen legen sollen. Stöhnst so wie so!" Jahrelang war es mit den baufälligen Scheunen so gegangen, da bedurfte doch die eine Torhälfte entschieden einer Aufbesserung. Nachdem der Alte erst selbst einige Tage sein Heil versucht und um- sonst Zeit und Mühe verschwendet hatte, machte er sich schweren Herzens zum Tischler Graßmuck auf den Weg, fest entschlossen, erst ganz genau nach dem Preis zu fragen und dann ein gut Teil herabzuhandeln. Er hatte aber kein Glück, Graßmuck war. wie Bitzker merkte, übler Laune, und da er wußte, der Bauer käme erst zu ihm, wenn er selbst nichts ausrichten könne, ließ er nicht mit sich scilschen, und Bitzker mußte ihm alles bewilligen und noch froh fein, wenn er überhaupt kam. Als der Bauer die Werkstatt verlassen wollte, stutzte er. Er sah einen Sarg in der Ecke der Tischlerei, und da ein solcher Anblick bei Graßmuck nicht zu den alltäglichen gehörte, und Bitzker von keinem Todesfall erfahren hatte, sah er fragend zu dem Tischler hin. Der zuckte ärgerlich die Achseln, sagte aber kein Wort, bis Bitzker dringlicher wurde. Und nun erfuhr der Bauer, daß der Sarg an Graßmucks übler Laune schuld war. Lcttkas ältester Sohn lag todkrank, und der Arzt hatte keine Hoffmmg mehr gegeben. Und um nicht erst zu dem teueren Stadttischler gehen zu müssen, hatten sie bei Graßmuck zeitig einen Sarg bestellt, damit er nur zur rechten Stunde fertig würde. Wider Erwarten, wie dem Tischler zum Possen, hatte sich Lcltkoö Acltester wieder erholt, und nun hatte Graßmuck den Sarg ans dem Halse, denn Lcttkas brauchten ihn nicht und wollten ihn auf keinen Fall. «Da seht mal, Bitzker. welch gute Arbeit I So solide, da kann diu Graf drin schlafen. Festes Holzl Fimfzöllige Bretter I Und all die Arbeit umsonst!" Graßmuck gab erbittert dem Sarg einen Fußtritt, daß es dumpf polterte:«Aber ich verklage sie, und der Kasten soll sie teuer zu stehen kommen I" Ter Tischler hob drohend die Faust. «Gericht, Gericht!" Ter Bauer schüttelte den Kopf:»Da gibts Nur Koste». Vielleicht werdet Ihr ihn anderweit lost" Wie kann ich denn das?" brummte Graßmuck.Er ist doch nach Maß gemacht!" Nun wußte Bitzker auch nicht mehr, was er dem Tischler zum Trost sagen könnte. Endlich fiel ihm etwas ein:Vielleicht stirbt einer, der so groß und breit ist wie der Lettla-Wilhelml" Vielleicht vielleicht!" Der Tisc�cr blickte den Bauern höhnisch an.Vielleicht fällt extra einer vom Himmel, der rein- paßt. Kaust Ihr ihn doch, dann bin ich ihn gleich los!" .Ich?' Ditzk-r mußte sich mühsam fassen.Wie kommt JB» darauf? Wozu sollte ich ihn brauchen?" Denkt Ihr etwa ewig zu leben, und die Bäuerin wird doch auch mal sterben. Da habt Ihr weiter keine Umstände mit dem Sargl" lachte Graßmuck. Auf dem Heimtvege dachte der Bauer wider Willen an die Worte des Tischlers. Ter Sarg war wirklich solide und fest, man brauchte sich seiner nicht zu schämen fünfzöllige Bretter stärkere be» kam man in der Stadt auch nicht. Und dann, was den Ausschlag gab, der Sarg würde billig sein. Graßmuck mußte froh sein, wem» er ihn überhaupt los wurde. Da könnt- man wirklich ein gutes Gc. schüft machen. Und paffen würde der Sarg schon. Rur schlau an» saugen mutzte mau es, um den Sarg wohlfeil zu bekommen. Als am nächsten Tag Graßmuck wegen des schadhasten Tor» slügels kam, begann Bitzker nach mancherlei Umschweif auf das zu kommen, was ihn belvcgte. Er drückte sich aber so dunkel aus, daß der Tischler ihn nicht verstand. Endlich entschloß er sich, gerade auf das Ziel loszugehen.Wieviel wollt Ihr denn für den Sarg haben, Graßmuck?" fragte er nach einigen überleitenden Worten. Ter Tischler sah überrascht von seiner Arbeit auf:Wollt Ihr ihn denn kaufen, Bitzker?" Vielleicht, wenn Ihr nicht zv teuer seid zehn Mark Ivürde ich geben!" »Ihr seid wohl verrückt, Bitzker? Die Bretter kosten schon mehr, und für die Arbeit soll ich nichts haben?" Graßmuck hobelte an dem Brett weiter, das er in den Torflügel einsetzen mutzte. Nach einer Weile fragte der Bauer:Nun, wieviel wollt Ihr denn haben?" Der Tischler überlegte, ohne in seiner Arbeit innezuhalten; dann sagte er:Dreißig Mark weil Ihr es seidl" Bitzker fuhr wie von einem Schlage getroffen zurück und ging ins Haus, ohne ein Wort zu sagen. Als Graßmuck sich sein Geld holte, sagte er mit kräftigem Kopfschüttekn:Dreißig Mark nick Fünfzehn würde ich geben." Er sah den Tischler fragend an. Der schnitt nur eine Grimasse und antwortete nicht. Als er gegangen war, ärgerte sich der Bauer: fünfzehn Mark waren auch zu wenig. Zwanzig Mark konnte er gut geben. Da machte er noch immer sein Geschäft. Wenn nun einer starb, dem der Sarg paßte, oder Venn nun einer wie er ihn für die Zukunft kaufen wolltet Nein, ihm durfte niemand zuvorkommen. Bitzker ging zu Graßmuck und machte ihm sein neues Angebot. Der Tischler zeigte keine Lust, darauf einzugehen, er wollte seine runden dreißig Mark. Der Bauer stuchte innerlich über diesen habsüchtigen Kerl, aber mehr zu bieten, konnte er sich nicht entschließen. Der Gedanke an den Sarg verließ ihn aber nicht. Wenn er hörte, daß jemand im Dorfe schwer erkrankt war, zitterte er förmlich: Nun kommt dem der Sarg zugute, dachte er ingrimmig. Und als der alte Mylau gestorben war, trieb es ihn zu Graßmuck hin, er mußte sich überzeugen, ob er nicht etwa den Sarg verkauft hätte. Er atmete auf, als er ihn nach wie vor in der Ecke sah. Eines Tages erschien der Tischler bei Bitzker, er brauche Geld und wollte den Sarg für fünfundzioanzig Mark verkaufen. Jetzt weigerte sich der Bauer: Mehr wie zwanzig gäbe er nicht. Graßmuck schlug auf den Tisch, daß Bitzker zusammenfuhr, und fluchte, daß der Bauer ihn ausraube aber er willigte ein, er mußte nachgeben. Wie eine kostbare Beute schleppte Bitzker den Sarg nach Hause, sein faltiges Gesicht leuchtete ordentlich vor Wonne, und die Runzeln verschwanden beinahe vor lauter Freude. Als die Bäuerin ihn kommen sah, ließ sie die Eimer voll Waffer, die sie nach dem Stall schleppen wollte, fallen, daß eine große Lache entstand. Ter Bauer mußte verrückt geworden sein, anders war es nicht möglich. Schnaufend und stöhnend entlud sich Bitzker seiner Last und indes er sich die Schlvcißtropsen von der Stirn wischte, erzählte er von dem guten Geschäft. Die Bäuerin fand keine Worte, sie vermied es ängst- lich, den>sarg anzusehen. Ter Bauer sagte, da er sah, daß er nicht das erhoffte Verständnis für den glänzenden Kauf fand:Er wird einst mir oder Dir dienen, wir sparen manchen Taler später und vorläufig kann man ihn als Kasten benutzen. Er macht sich schon bezahlt." Mit der Zeit gewöhnte sich die Bäuerin an den sonderbaren Anblick. Der Sarg fand seine Unterkunft in einer Kommer neben der Küche und wurde nach Kräften ausgenützt; man packte Kartoffeln, Zwiebeln, Mccrrettig und Gurken in ihn hinein. Es war wirtlich nur eine Kiste mehr im Hause. Doch eines unbehaglichen Gefühls wurde die Bäuerin nicht ledig, lvenn sie den schwarzen Teckel zurück» klappte, um eine Handvoll Zlviebeln herauszuholen. Ihr war immer, als sei der Tod im Hause und lauere nur auf die günstige Gelegenheit, sein Opfer zu packen. Ihr Widerwille gegen den Sarg wuchs immer mehr, am liebsten hätte sie ihn zerhackt und ins Feuer geworfen, und der Bauer mußte schließlich, was im Sarg steckte, selbst holen. Allmählich begann sich der Widerwille der Bauerin auch ihm mitzuteilen, und eines Tages schleppte er ihn, um ihn nicht stets vor Augen zu haben, nachdem er ihn seines Inhalts entledigt, auf den Boden, wo er mit Mcerrcttig gefüllt wurde, den man nicht hatte absetzen tonnen. Anfang September begann ganz unvermutet starker Regen zu fallen bei grauem Himmel und kaltem Wind, wie wenn schon der Winter begönne. Und der Bauer fuhr eilig auf seinem größte» Kahn bis Leipe , wo noch ein Heuschober stand, der noch, ehe er durch» näßt war und der Fäulnis preisgegeben, unter Dach gebracht werde» mußte. Der Bauer verlud ihn, brachte ihn noch halbtrocken heim,