spiel-n Bei den Wahlen zum besoldeten Lehramt, zur Professur allenröglichen persönlichen Rücksichtnahmen und Motive in die sachlicheEntscheidung hinein. Da fragt sichs, wird der Kandidat auch einangenehmer Kollege sein, pasil er zu uns, ist er gesellschaftlich korrekt,hastet kein Makel des Judentums ihm an, zu welcher wissenschaftlichenSchule gehört er, welches sind seine Konnexionen usw. Die zartenBande der Verwandtschast verlangen Anerkennung. Schwiegersöhneund solche die es werden möchten, find Gegenstände ganz besonderenWohlwollens. Eine Statistik der Verschwägerung und Berfiopungunter den Wortführern der offiziellen Wissenschaft würde vermutlichinteressante Resultate liefern. Wozu sind denn Privatdozenten da,heißt es in dem Stücke, als daß die Prosessorentöchter ausgeheiratetwerden.Wittenbauer macht seinem Grimme über diese Vetternwirtschaftgründlich Lust. Man hätte wünschen mögen, die Grenzen derSatire wären Iveiter gezogen, politische Beziehungen mit hinein ver-flochten, aber auch so. in diesem engeren Rahmen tat sie ein gutesWerk. Der treuherzig bärbeißige Obermayer, der Bauernsohn vomHoch-land, dem nach zehn Jahren ungewöhnlich arbeits- und erfolgreicherDozentur ein glatter Karriereschnaufer, Bräutigam eines Professoren-töchterchens, vom Kollegium vorgezogen wird, vor allein aber seinwackerer Fürsprecher, der alt« kaustische, cholerisch aufbrausende Pro-fessor Prutz sind gut gesehene, scharf umrissene Gestalten. Auf derGegenseite herrscht steilich die Schablone vor: die Handlung hatreichlich Risse und Brüche. Dem Konventikel der klatschendenProfessorenfrauen gebrichts an Originalität der Komik, und der Hof-rat, der in der Abstimmung gegen bessere Ueberzeugnng zugunstenseines künftigen Schwiegersohnes den Ausschlag gibt, ist in den vorher-gehenden Szenen so synrpathisch gezeichnet, daß manihm diese Schamlosig-reit nicht recht zutraut. Aber irgend eine glückliche Wendung, ein scharfgeprägtes, spitzes Wort regt da» Jnterefie immer wieder an. DerSckilußast mit der Katzenmusik vor den Fenstern des Hofrats, demAbschied Prutz' und Obermaher'S von der Universität, der stillenLiebeswerbung des von den» Streberbräutigai» befreiten Mädchens,die Obermayer, trotzig wie stüher, nicht verstehen will, hatte darüberhinaus eine Reih» lebendiger Stimmungsreize.Das Publikum, von der Tendenz gefesselt, folgte mit un-verkennbar starkem Interesse. Jeder Ausfall wurde dankbar mitlautem Sachen begrüßt. Einen sehr gewichtigen Anteil am Erfolgehatte die sorgsam gefeilte Aufführung. Herr Mary als Obermayer, Margarete Otto Körner als herrschsüchtige Pro-fefiorengatttn, Paula Müller in der Rolle der Tochter spieltenmit stischer Verv«. Sine brillante, in jedem Zug vollkommen indi-vidualisierte Figur, drollig und rührend zugleich, war Arndt»Professor Prutz.— St.Berliner Theater.»Die eiserne Krone". Schau-spiel in fünf Akten von Fedor V. Zobeltitz.— DaS Stück spieltirgendwo unten in einem kleinen Balkanstaate. TS wimmelt imTheaterzettel von.interessanten' Namen: BereSco, Maffeo,KoSkull usw., deren Träger obendrein noch in der Mehrzahl leib-haftige Minister find. Wäre nicht der pathetisch schwungvolle»eiserneKronen'-Titel gewesen, so hätten sich Optimisten nach dem Zettelauf irgend«ine politische Satire, die, um sich freier zu regen, halborientalische» Kostüm umgeworfen, spitzen können. Statt dessenbekam man etwa» im Stil einer Erzählung sür die reifere Jugendaufgetischt, die szenisch« Einschlachwng eines Zobeltitzschen in derScherl-. Woche" erschienenen Roman». Die.tllyrischen" Ministernebst Anhang hatten keine andere Mission, als den Borzüglichleiteneine» preußischen Offiziers zur Folie zu dienen. Die patriotischeErbaulichkeil wurde nur noch durch die Langeweile übertroffen. Soviel drania tische Unzulänglichkeit im Laufe der Saison über dieweltbedeutenden Bretter geschritten, die.Eiserne Krone' schlägtziemlich den Rekord. Bon Charakteristik, Handlung, Aufbau, Dialogvöllig zu schweigen, nicht einmal zur Erzeugung von einem kleinenBißchen äußerer Spannung hat die Erfindungskraft trotz Hinzu-ziehmig von Verschwörung und Attentat gelangt. Dabei gab sichder Autor, hierin die klassische Tradition bewahrend nicht unterbollgezählten fünf Akten zustieden.Eine Deputation aus Jllynen überbringt dem Grafen undGarde-Offizier Schöning die eiserne Krone de? Landes—, einstierlicher AktuS, der wie der Zettel mit naturalistischer Genauigkeitund zur Erhöhung der Wirklichkeitsillusion uns mitteilt, in.einemZimmer im Hotel de Rome in Berlin" sich zuträgt. DcS Grafenecht königlicher Sinn betätigt sich vor allem darin, daß er. kaumwarm geworden auf dem Thron, wegen:mer Grenzverletzung dasarme kleine Land Hals über Kopf entgegen dem Willen der Ministerin einen Krieg stürzen will. Seine heldenhafte Herrscherseelegeizt nicht mit solchen Kleinigkeiten wie dem Blut derUuiertanen. Auch der alte Kanzler Veresco wäre in dieserHinsicht wohl nicht weniger spendabel, wenn:r nicht von dem Feld-zug eine Popularität des Fürsten befürchtete, die seiner eigenenWacht gefährlich werden könnte. Darum treibt er Obstruknons-und als das nicht mehr durchschlägt, auch einige VerschwörungS-Politik. Seine Tochter ist höchst bösartig, eine.dämonische" Natur.Obwohl verheiratet, möchte sie Frau Königin werden, drängtsich an die neue Durchlaucht in gespielter Liebcsleidenschast heranund brütet, tugendhast von ihm zurückgewiesen, dann unerhörteRache._ Den Schluß bildet glanzvoller Triumph der Tugend unddes Krieges. Die Nationalversammlung der Illyrer bekleidet Durchlaucht mit diktatorischer Gewalt, und die Kugel, die dem Fürsten zu-gedacht war, durchbohrt den reuigen Veresco.Bei allem Fleiß vermochten die Schauspieler aus den papiernenFiguren nichts zu machen. Trotzdam gab es in dem ausverkauftenHause großen Beifall und mehrfache Hervorrufe des Dichters.—St.— Freie Volksbühne..Kabale und Liebe." Einbürgerliches Trauerspiel in fünf Akten von Friedrich Schiller.Es war beinahe eine Ueberraschnng, wie merkwürdig frisch diesesvor � mehr als hundert Jahren geschriebene Stück wirkte. Bei derLektüre fallen oft langatmige Stellen auf, spitzfindige RäsonnementS,in denen sich die gefühlsmäßig überschwängliche und doch auch kritischveranlagte Zeit gefiel. Dieses zeitliche Gewand ist aber nur dieOberfläche. Wir sehen es nicht mehr bei der Aufführung, da kommendie bleibenden Worte heraus. Es ist auffallend, wie straff Schillerhier die Fäden � zusammenzieht. Im Gegensatz zu den.Räubern' ist in diesem Sttick der dramatische Auf-bau so lapidar, und die Szenen folgen sich in soschnellem Wechsel, daß keine Ueberlegung, keine Ermüdung ein«tritt. Immer wieder sieht das Ange den Fortgang der Handlung,und alle Geschehnisse lenken hin zu einer Fülle menschlicher Motive.Diese Rücksichtslosigkeit im Fortstürmen der Leidenschaften läßtSchiller auch alles genaue Berücksichtigen der Wahrheit derSituationen. der psychologischen Vertiefung gering achten. Dietheatralische Begabung kommt gerade in diesen, Stück deutlich zumAusdruck. Man bedauert, daß die Zeit damals eine so enge war,daß selbst ein Schiller zum Schluß in klem-persönliches Unglück sichverstricken läßt und weinerliche GefühlSientimentalitäten gibt,während doch die beiden ersten Aste so groß und kraftvoll sind, daßman meiitt, die Linien dieser Kunst müßten zur Höhe einer univer»salen Menschheitstragödie hinaufführe».Man hat oft den naturalistischen Stücken gegenüber angeführt,sie marterten die Nerven. ES läßt sich aber kein modernes Stückdenken, daß so austegend und andauernd aufstachelnd wirst wiediese.Kabale und Liebe". Das geht manchmal soweit, daß Schillersich durch dieses Forcieren selbst um die Wirkung bringt und dieSpannung übertreibt. Dann aber versöhnen wieder der festgefügt«Bau des Ganzen, fein beobachtete Eiuzelzüge, deutliches Heraus«arbeiten der Charaktere. Aus dem Ganzen redet Schiller, und diePersouen sind sein Sprachrohr, ein vielstimmiger Chor, der seinenWillen, seinen Abscheu, seine Hoffnung kundgibt.Die Darstellung war in allen Teilen gut und der Frische undLeidenschaftlichkeit des Stückes entsprechend. Die Darsteller trugenihr Teil dazu bei, das Ganze glaubhast hinzustelleu. ErnstPittschau als Präsident. Weigert als Ferdinand, Kuhnertals v. Kalb, auch Marie Franendorser in der schwierigen Rolleder Milford, die so leicht unglaubhaft erscheint, trugen zu dem Ge-lingen bei. Willy R o h l a n d schuf in dem Stadtmusikanten Millereinen vollen Charakter. In Marianne B r a t t war eine vorzüglicheDarstellerin der Luise gesunden worden. Sie gab eine abgerundeteLeistung, deren Ratürltchkeit die Hörer oft spontan ergriff, so daßeinmal der Beifall bei offener Szene einsetzte.— s. s.Humoristisches.— DaS Schrecklichste..Sie waren also auch bei demEisenbahnunglück dabei, gnädige Frau, und wurden verletzt?".Ja, denken Sie sich nur. wie schrecklich I Durch die Wucht de»Stoßes bin ich von der zweiten Klasse m die dritte geschleudertworden."—■— Zweifel. Köchin:.Bei meiner jetzigen Herrschaft kemteich mich rein nicht auS; überall bleiben f alles schuldig, entwederfind f s o feine Leute oder sie haben wirklichnix!"—— Auch noch. Kranker Onkel(der von seinem Neffen,einem jungen Arzt, behandelt wird):.Schrecklich, jetzt will er auchnoch meinen Magen auSpumpenI"—f.Meggendorfer-Blätter".)Notizen.— Die württembergische Gruppe des Schiller«Verbandes Deutscher Frauen hat dieser Tage 20 235 M.als Beitrag für die Schtller-Stiftung abgeliefert.——.Der Froschkönig", eine dreiastige Komödie vonDietrich Eckart, ist vom Leipziger Stadttheater undvom Intimen Theater in Nürnberg erworben worden.—— In Braunschweig wurde etn Harzer Bergtheaterverband begründet. Der Verband bezweckt in ersterLinie die Förderung des Wachlerschen Unternehmens in Thale i. H..will dann aber auch die Idee, LandschaftStheater an anderen durchOrtssage, Geschichte und Mythos bekannten Punkten Deutschlands zubegründen, der Verwirklichung näher zu bringet, versuchen.—— Der Radierer AloyS Kolb- München ist an di« Kunst»gewerbeschule in Magdeburg als Lehrer berufen worden.—— Der Deutsche Künstlerbund hat in Florenz eineVilla erworben. In dem Gebäude werden Ateliers errichtet, derenBenutzung auf den Ausstellungen des Künstlerbundes statt de» sonstüblichen Preise älteren und jüngeren Künstlew zugesprochen werdensoll.—"'rantwortl. Redakteur: Paul Büttner, Berlin. Druck und Verlag:Vorwärt» Buchdruckerei u. Verlagsanstalt Paul Singer LcCo., Berlin S W,