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trachtet, was sieht man? Berechnung, Niedrigkeit, Elend, den ihre Baren anpreisen wollen, baben die Qual der gar zu großen Tod als schließliches Ende. Das Auge des Gemütes muß Auswahl: um ihr Geld nicht muslos zu verfchleudern, müssen ste dies Bild forrigieren. Wir Frauen sind den Männern gewiß eine forgſame Prüfung der Leserzahl der verschiedenen Zeitungen und ihrer Kauffähigkeit ihren Inseratenaufträgen voraufgehen lassen. geistig unterlegen. Aber das eine haben wir voraus. Wir Da sich ein Lesertreis aber erst im Verlaufe einer längeren sehen mehr mit der Seele. Weniger scharf, aber vielleicht im Beit gewissermaßen konsolidiert, so fann man annehmen, daß ganzen desto richtiger. Glauben Sie nicht?" den ersten Jahren seines Bestehens " Sehen wir denn je etwas allein durch den Verstand? überhaupt auf teine nennenswerten Inseratenaufträge rechnen
ein Pariser Blatt
in
den
Das Gemüt ist doch immer dabei beteiligt. Die Begriffe des darf. Ist es einmal nachweisweit verbreitet, dann kann es aller
Verstandes sind farblos, Farbe und Ton, ob hell oder dunkel, gibt den Bildern immer erst das Gemüt."
Auch das ist wieder wahr," entgegnete Marie Luise. Nun schließlich, was hat es für einen Zwed, Ihnen meinen Schwager lang und breit zu schildern! Am besten machen Sie sich selbst ein Bild von ihm. und freuen würde es mich, wenn Sie sich vielleicht im Laufe der Zeit mit ihm anfreunden tönnten. Das wäre gut für ihn, denn er ist viel zu einsam und auch
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„ Gut für Sie," fragte Grabaus.
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Offen gestanden ja. Auch gut für meinen Mann und mich. Denn Sie werden es vielleicht nicht glauben- er hat auf uns beide einen ganz außerordentlichen Einfluß aus geübt. So still, so zurückhaltend, so wortfarg er ist, allein durch seine Gegenwart wirft er, wie soll ich sagen? gewissermaßen wie ein großes Fragezeichen. Man kommt vergnügt nach Hause, mar hat was Schönes gesehen, eine Freude gehabt, eine Hoffnung erfüllt einen, man ist vielleicht ein bißchen übermütig und dann allein sein unbewegliches Gesicht, sein mißtrauischer Blick macht, daß die Hoffnung einem plötzlich zweifelhaft erscheint, die Freude weniger schön. Sehen Sie, auf uns beide hat er geradezu niederdrückend gewirkt. Lange Zeit haben wir es uns verschwiegen, dann gestanden wir es uns gleichzeitig. Und das war vor allem der Grund, warum wir mal einige Zeit verreist sind."
üben?"
Aber wird er jetzt nicht wieder dieselbe Wirkung aus
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Publikums gut eingeführt und weit verbreitet, dann kann es aller dings erhebliche Gewinne erzielen. Bei einzelnen Pariser Journalen grant und noch mehr. Dem beziffert fie fich auf täglich 5000 Frank und noch mehr. Figaro" bringen z. B. seine kleinen Anzeigen, die Stellengesuche, Wohnungsanzeigen, Geheimmittel- Annoncen, Ankündigungen von Masseusen und dergleichen zumeist sehr eindeutigen Gewerbetreibenden" jährlich ungezählte Tausende ein. Aus dem Nummernvertauf lönnte er sicherlich nicht den für deutsche Zeitungsverhältniffe geradezu fabelhaft erscheinenden Lugus feines Redaktionspalajtes in der Drouotstraße bestreiten es fragt sich sogar, ob dazu die oben geschilderten Einfünfte aus dem Annoncenteile ausreichen, oder ob er noch auf andere Arten der Geldgewinnung angewiesen ist. Wie in allen bürgerlichen Zeitungen, so ist auch in den Parisern die Unabhängigkeit des redaktionellen Teiles immer durch die Rüdfichten auf die Annoncenſeiten gefährdet. Von einem besonders trassen Fall der Zuseratenallmacht erzählt Herr Mille folgendes: vor ungefähr zwanzig Jahren veröffentlichte eine Pariser Zeitung einen Roman von Sar Véladan, in dem die großen Kaufhäuser scharf mitgenommen wurden; flugs stellten sie den Direktor bor die Wahl, entweder die Publikation des Romans sofort zu unterbrechen oder auf ihre Annoncen für die Zukunft zu verzichten. Der Roman wurde mitten im laufenden Kapitel abgebrochen; ob sein Ende je das Licht der Tage erblickt hat, meldet der Chronist nicht alle Zeitungen fäuflich und gekauft sind. Höchst interessant ist nun Der Pariser steht im allgemeinen auf dem Standpunkte, daß zu sehen, was Herr Mille, der als Mann vom Bau die Dinge sehr genau fennt, dagegen zu sagen weiß. Hier seine eigenen Worte: „ Es ist eine falsche Auffassung des Publikums, daß alle Zeitungen getauft seien. Mindestens muß es sich doch lohnen, sie zu kaufen..." Na, also!
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" O," sagte Marie Luise, jetzt, wo ich seinen Einfluß lenne, Was die verschämte Reklame anlangt, so sind darunter nicht weiß ich auch ein Mittel dagegen. Ich lache ihn einfach aus." jene Notizen zu verstehen, die zwar im redaktionellen Teile verDenselben Abend noch hatte Grabaus Gelegenheit, Doktor öffentlicht werden, aber der ganzen Art ihrer Fassung nach sich als Annoncen darstellen. Hier wird der Ausnahmepreis von 25 Frank für Platen näher kennen zu lernen, indem er in einen Disput mit die geile lediglich für die Ankündigung an einem besonders beachteten ihm geriet. Als sie nach Hause gekommen waren, hatte Grab- Plaz des Blaties bezahlt. Auch die Einnahmen aus dem Handelsaus seine Freude über die schöne Wohnungseinrichtung ge- teil" rechnet Herr Mille nicht zur verschämten Reklame. Wenn man äußert. Besonders der Empiresalon Marie Luisens gefiel ihm Bilanzen beröffentlicht oder eine Emission anzeigt", so sagt er vielgut, und als er hörte, daß die meisten Möbel alte Erbstücke aus mehr, dann hat man einen legitimen Anspruch darauf, daß die ihrer Großeltern Zeit, andere aber von ihr selbst auf Auktionen Interessenten eine der Länge der Notiz und der Bedeutung des zusammengekauft seien, steigerte sich seine Bewunderung noch. Geschäftes entsprechende Summe auf den Tisch der Zeitung legen." Man glaubt einen der bekannten Dresdener Handelsredakteure zu In der Freude seines Herzens spendete er das Los etwas wahlzernehmen, wenn man diese Worte lieft! Anerkennenswert ist daran los und reichlich, denn alles, was nur irgendwie mit dieser höchstens die Ungeniertheit, mit der sie ausgesprochen werden; aber angebeteten Frau zusammenhing bekam in seinen Augen sie ist nicht auf einen besonders großen moralischen Mut des Herrn Höheren Wert. So fand er auch eine Miniature, auf die sein mille zurückzuführen, sondern auf die Tatsache, daß sich dieser Blid fiel, reizend. Sie hing in einer etwas berstedten Ede Zustand der Dinge in der Bariser bürgerlichen Bresse beim schlechtesten und war aus einiger Entfernung gesehen von guter Wirkung, willen nicht verheimlichen läßt. Was nun eigentlich die„ beraus der Nähe freilich und bei hellerem Tageslicht mußte ein fchämte Reflame" ist, sagt Herr Mille nicht. Geschäftsgeheimnis! geübtes Auge fofort erkennen, daß die Emaillemalerei mur ist übrigens auch ohnehin bekannt. Schauspieler und Advokaten, ziemlich ungeschickt war. Onkel Rudolf mochte sich über diesen unangebrachten Enthusiasmus ärgern. Als man nun gleich darauf ins Zimmer des Majors ging, und Marie Luise mit Hülfe eines langen Wachsstockes die Kerzen in dem bronzenen Kronleuchter anstedte, äußerte Grabaus wieder seine Freude. „ Ist das hübsch, gnädige Frau, daß Sie nicht Gas brennen, Dies bald bätte ich gesagt dies natürliche Licht ist doch tausendmal schöner."
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Darauf brummte Doftor Platen, der wieder frummbucklig und mit hochgezogenen Knien in seinem Lehnstuhl saß, ziemlich unwirsch:
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Das ist doch ganz Wurscht, was für Licht man brennt." Grabaus aber, lebhaft angeregt und gegen Doftor Platen überhaupt kriegerisch gestimmt, schoß förmlich auf ihn los.
( Fortfebung folgt.)
( Nachdrnd verboten.)
Apotheter, Abgeordnete und Senatoren, furzum Angehörige jedes Händler und Agenten, Bankiers und Restaurateure, Aerzte und Standes und Gewerbes opfern in Paris der feilen Bresse ihren Obolus, un durch mehr oder weniger gefchickt gemachte und plazierte Rotizen ihren Ruhm ins Bolt tragen zu lassen. Die verschiedenen Blätter haben geradezu ihre Spezialitäten: eine Hochzeit in dem bornehmen Biertel von St. Germain würde des rechten Glanzes entbehren, wenn nicht die Namen der hervorragendsten Gäfte im Figaro" oder im„ Gaulois" veröffentlicht würden, und die 1000 Frank Rofotte würde ihr Geschäft verderben, die nicht im Gil Blas" betanut gäbe, daß sie ihren Sommer in Trouville oder Air- les- Bains zu verbringen gedente.
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Kein Kaffenregiment ohne Korruption. Geheimfonds und Spigelgelder find notwendige Requifiten der gottgewollten Ordnung". In der französischer Republik stehen der Regierung fogar größere Geheimfonds zur Verfügung, als in manchen monarchischen Staaten; wenigstens find im Staatsbudget größere Beträge dafür ausgeworfen worden. Vermutlich deshalb, weil die Republik weniger Orden und gar keine Adelspatente zu vergeben hat und daher mehr mit Barzahlung arbeiten muß. Herr Mille bestreitet aber, daß aus den Geheimfonds in einem nennenswerten Betrage Zuschüsse an die Pariser Blätter fließen. Es gäbe zwar, so sagt er, einige Zeitungen, die monatlich bestimmte Subventionen beziehen, aber das feien in der Regel mur solche Journale, die niemand lieft: die Geheimfonds würden buchstäblich in Hundertfranknoten berschleudert und zwar für frühere untergeordnete Dienstleistungen. Zu den Einnahmen der Pariser Zeitungen aus dem Straßen- Ueberdies seien die journalistischen Stipendiaten der Ministerien verlauf der Nummern und zu den, wie gefagt, fehr gering- allgemein bekannt. In den Wahlzeiten würden vorzugsweise die fügigen Abonnementsgeldern treten die Erträgnisse des Annoncen- Provinzialzeitungen, und zwar die oppositionellen, mit Parteigeldern teils und der sogenannten publicité occulte", das ist der ver- geipidt. schämten Reklame". Das reelle Annoncengeschäft ist für die Pariser Aber neben den Bestechungsgeldern der Regierung gibt es noch Blätter offenbar sehr schwierig; die Fabrikanten und Händler, die privat Subventionen. Da flect's besser:" Als der Kampf um die
Parifer Zeitungsmache.
II.