Der Justizrat stand wie auf Kohlen und zog sich immer mehr Vach der Tür zurück:Machen Sie die Sache doch unter sich aus, meine Herren. Ich habe wirklich keine Zeit." Es bleibt also bei der Entlasiungl" stellte der Vorsteher fest. Und Schämferling behauptete:Keine Idee." Der Justizrat hatte schon die Hand auf der Türklinke, als odrick sagte:Hier must überhaupt frisches Blut herein, Herr Rat. Die Leute parieren nur widerwillig. Mehr Disziplin und Schneid! Ein grenzenloser Schlendrian ist in Ihrem Bureau eingerissen. Ich glaube, mein Vorgänger hat die Zügel nicht straff genug gezogen." Das ist mir wirklich bis da nicht aufgefallen." Der Chef ließ die Türklinke los. Ein alter kahler Kopf tauchte plötzlich neben ihm auf:Wir sollen auf unsere alten Tage noch Rekrutenmanieren lernen, Herr Rat?" Ich verstehe Sie nicht, Herr Mohn." Der Rat war ratlos. ».Ja, meine Herren, ich weist wirklich nicht..." Seine Brillen- gläser richteten sich von einem zum anderen. Nun," sagte Mohn ,der Herr da ist im Unrecht, und Schämfer- ling hat recht." Die Sache ist erledigt!" Das heistt, Sie lassen den alten Mann hinauswerfen?" «Mein Gott, Herr Mohn, was soll ich denn nur in dieser un- erquicklichen Sache tun?" Er rctirierte wieder zur Tür. Das müssen Sie wissen, Herr Rat. Mir ist jetzt klar ge- worden, was w i r tun sollen. Meine Herren," Mohn wandte sich laut an seine Kollegen,dieses war nur das Vorspiel. Schämfer- ling mutz als erster dran glauben. Nachher kommt dasfrische Blut" herein, und wir spazieren hinaus. Beugen wir vor. Die Korporalsfuchtel über unserem Haupte das patzt meinem kahlen Schädel sowieso nicht. Ich Hab' genug von dem neuen Regiment. Ich gehe. Die Duckmäuser können hierbleiben. Adieu, Herr Rat." Ein Dutzend Hände griff nach den Hüten. Aber, Herr Mohn, aber, meine Herren I" Der Chef lief bestürzt von einem zum anderen. Er oder wir!" Herr Meier Sie auch? Herr Hoffmannl Herr Henzel" Er oder wir!" Ja. was soll ich denn da machen?" jammerte der Chef. Lassen Sie die Gesellschaft nur wandern!" Bodrick keuchte. Vorwärts marsch!" Mohn stellte sich an die Spitze.Tritt halten. Augen rechts, links steht der Korporal." Sie marschierten hinaus. Sprachlos lietz der Prinzipal es geschehen. Dann sah er sich in dem fast leeren Bureau um:Sie haben mir da eine schöne Ge- schichte angerichtet!" Er hat uns einexerziert!" sagte Schämferling, der eben als Letzter hinausging. Bodrick lehnte bläh an seinem Pult. Was nun?" Der Chef trat auf ihn zu.Etwas Derartiges ist mir in meiner dreitzigjährigen Praxis noch nicht vorgekommen. Sie haben sich autzerordentlich beliebt gemacht in der kurzen Zeit Ihres Hierseins! Jetzt sorgen Sie weiter, bitte!" Bodrick stotterte etwas. Wie?" Der Rat wurde wütend.Ja, was zum Kuckuck Und er stürzte hinaus, den anderen nach. ie. Plakate und Annoncen sind keine Erfindung von heute und gestern. Im Altertum bedienten sich die Behörden für feierliche Bekanntmachungen der Ausrufer und Herolde, und auch die Kauf- leute benutzten dasselbe Mittel gegenüber dem Publikum. Griechische Knnfleute hatten ihre eigenen Ausrufer oder eigentlich Sänger, denn diese Leute, die gewöhnlich in Begleitung von Musikanten durcki die Straßen ginge», mußten die Waren in Versen und Gesängen an- preisen. Bei den Römern wurden Ausrufer nanientlich zur Anzeige von Festen und Gladiatorenspieleu, aber auch zur Ankündigung eines Ver- kaufs ausländischer Waren angewandt. Schon im fernsten Altertum kannte nian die geschriebene Annonce. Es sind ägyptische Papyri aus den Ruinen von Theben erhalten, die wenigstens drei Jahr- taufende alt sind und solche Annoncen darstellen. Vor einigen Jahren wurde in den Trümmern von Herkulaneum eine Plakatsäule entdeckt. Diese Säule war ganz mit Papyrusblättern bedeckt, die eins auf das andere geleimt waren und Programme öffentliwer Schaustellungen der verschiedensten Art enthielten. Die römischen Kansleute brachten vor ihren Läden Tafeln an, auf die niit rotem Wachs Gegenstände aufgenialt waren, die in einer deutlichen Beziehung zu der feilgehaltenen Ware standen. Mai, hat in Pompeji ein Wirtshausschild gefunden, auf dem ein Soldat dar- gestellt ist, der ans einem Schlauch trinkt, ferner das Aushängeschild einer Bäckerei, auf dem ein Bäckergeselle Brot knetet. In Rom wurde auch die literarische Reklame erfunden. Martial nahm keinen Anstand, feine dichterischen Gaben in den Dienst des Zahnarztes Cascclio und des Parfümeurs Cosinus zu stellen. Im Mittelalter war es in vielen Ländern verboten, daß die Kaufleute sich gegen- seitig Konkurrenz machten. Nur die öffentlichen Ausrufer durften dem Publikum Verkäufe anzeigen. Andererseits hat keine andere Zeit das Mittelalter an Reichtum der Aushänge« schilder übertroffen. Die Straßen hatten damals gewöhnlich keinen Namen, die Häuser keine Nummern. Man bedurfte daher anderer Kennzeichen, und das Ivaren eben die Schilder der Bürger- Häuser und Kaufläden und an den Adelshäusern die Wappen. In Frankreich machte ein Edikt Heinrichs EL die Gasthausschilder zu einem Zwang. Diese Schilder waren oft wahre Meisterwerke der Schmiedekunst, andererseits auch häufig naive Rätselbilder, die ein» fach auf die Außenwand deS Hauses gemalt wurden. Im all- gemeinen aber bestanden sie aus großen Blechtafeln, riesigen Händen. Schlüsseln und anderen eisernen Gegenständen. Es kam nicht selten vor, daß sie durch einen starken Wind heruntergeweht wurde» und Fußgänger erschlugen oder verwundeten, so daß sie stellenweise durch die Behörden abgeichafft wurden und durch Blechschilder an der Mauer ersetzt werden mußten. Das erste Beispiel einer Sammlung von Annoncen war ein Nachrichtenblatt des Adressenbureaus, das 1629 Theophraste Renaudot in Paris gegründet hatte. Die Sache hatte einen folchen Erfolg, daß Renaudot schon zwei Jahre fpäter eine Gazette de France " als erste französische Zeitung gründete und auch bereits von der sechsten Nummer an der Reklame zur Ver- fügung stellte. Das erste Beispiel eines Inserats war die Empfehlung eines Mineralbads. Das erste gedruckte Plakat stammt auS dem Jahr 1484 und wurde von Jean du Pro hergestellt, dem außerdem das Verdienst zukommt, den Holzschnitt in die Buchdruckern eingeführt zu haben. Jenes Plakat ist noch dadurch eigenartig, daß es für das Domkapitel in Reims ausgeführt wurde, um denGrand Pardon de Rotre Dame" anzuzeigen. Auf der Oberseite des Plakats war die thronende Jungfrau mit dem Jusnskind auf den Knieen dargestellt, daneben die päpstliche Tiara mit den Schlüsseln von St. Peter und das königliche Wappen mit den drei Lilien. Der Holzschnitt ist nicht ohne Geschick ausgeftihrt. Humoristisches. Vergeßlich..... Also das neue Stück war von Ihnen?.. Da haben wir'mal wieder so recht herzlich ge- lacht!" Gelacht?? In meinem Trauerspiel??" Oder haben wir geweint, Rosa?" Diehöhere Tochter".Adieu, Mutter, leb' wohl I Wenn i' heimkomm' vom Institut, nacha bring' i' Dir auch a' Bil- düng bei!" Einteilung. B a u e r: D i e z w e i Ferkel Iver'n fett g'macht für d' Steuer, die zwei müssen's Schulgeld bringen für d' Bub'n, und mit den drei ander'n da fang' ich an' Prozeß an mit mei'm Nachbar!" (Fliegende Blätter ".) Notizen. Der finnische Senat beschloß, dem Dichter Juan! A h o auf die Dauer von zehn Jahren ein Jahresgehalt von 3000 M., dem Schriftsteller I. H. Erkko eine lebenslängliche Pension von jährlich 2209 M. zu gewähren. Arno Holz und Oskar Jerschke sind mit einem neuen D r a ni a so weit, daß das Werk de» Bühnen im Laufe des Sommers zugehen dürfte. Oskar Wildes vieraktigcs DramaEin idealer Gatte" hatte bei der Uraufführung im Residenztheater zu München Erfolg. DieTell-Aufführungenin Altdorf werden auch in diesem Jahre stattfinden. Auf den 9. Juli ist eine außerordentliche Eest- und Jubilänmsvorstelluug angesetzt, deren Reinerttag der chiveizerischen Schiller-Stiftung zugewendet wird. Am 23. Juli beginnen die ordentlichen acht aufeinander folgenden Sonntags-Vor- stellungen. Die Berliner S e c e s s i o n bittet uns um Aufnahme folgender Zeilen: Durch eine große Anzahl von Anfragen aus dem Publikum veranlaßt, ob wir in diesem Jahre keine Ausstellung ver- anstalten, machen wir hierdurch bekannt, daß die IL A» s st e l l u n g des Deutschen Künstlerbundes mit unserer diesjährige» Secessions-Ausstellung identisch ist und auch im neuen Seccssious- gebäude, Kurfürstendamm 293/299, stattfindet, das in späteren Jahren die Secessions-Ausstellungen beherbergen wird. Es findet also in diesem Jahre keine separate Ausstellung der Berliner Secession mehr statt. Der Kun st verein für die Rhein lande und Westfalen hat im letzten Verwaltungsjahr 166 425 Mark ein- genommen und 42 472 Mark ausgegeben. Die Mitgliederzahl ist auf nahezu 11 999 augewachsen. Eine neue Warte zur Beobachtung der Erscheinungen des Erdmagnetismus wird zu Eskdalemuir in Schott- land errichtet. EinWeinbeißer". I. Trojan erzählt ,n der National-Ztg.":Unterwegs überhörte ich mir die hundcrtzwei» unddreißig probierten Weine mit ihren besonderen Eigenschaften, und es stellte sich heraus, daß ich sie bis auf zwei oder drei alle wohl im Kopf hatte." Verantwortl. Redakteur: Franz Rehbein , Berlin. Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdruckerei u. Verlagsanstalt Paul Singer LcCo., Berlin 21V.