halten bleibt, wenigstens so lange bis alle die Milchzähne gewechselt find. Wird er früher herausgezogen, dann kann sich der Kieferbogen nicht in gehöriger Weise entwickeln, die Zähne des Ober- und Unter- kiefers beißen nicht in richtiger Weise aufeinander; es entsteht dann eine häßliche Stellung der Zähne, die besonders bei jungen Mädchen entstellend wirken kann. Es ist also notwendig, daß dieser Zahn wenigstens bis zum 12. bis 14. Jahr erhalten bleibt. Me meisten Mütter halten diesen Zahn noch für einen Milch- zahn und trösten sich, wenn er schlecht wird, bannt, daß ja noch ein bleibender komme. Dies ist also nicht der Fall. Es ist daher ein« dem ganzen späteren Gebiß zugute kommende Vorsichtsmaßregel, wenn die Mutter die Zähne ihres Kindes, das zur Schule kommt, einmal darauf hin ansieht, ob der erste bleibende Backzahn schon durchgebrochen ist oder gar schon ein Loch zeigt. Am besten wird die Untersuchung von einem Zahnarzt vorgenommen. Der Zahn muß dann sofort plombiert werden. Das früh- zeitige Plombieren, das ganz schmerzlos ist, hat auch noch den Vor- teil, daß die Kinder gar keine Angst vor dem Plombieren bekommen, sondern willig zum Zahnarzt gehen. Treten erst von selbst Schmerzen au, so geht das Füllen auch nicht ohne„Wehtun" ab. Vor der Verheiratung. Es ist üblich, daß ein Brautpaar vor der Hochzeit alles mög- lichst gut und vollständig in Stand setzt. Garderobe, Möbel, Wäsche, alles wird entweder neu oder doch so gut hergerichtet, wie man es kann. An diesem Zeitpunkt ist es nun auch eine Pflicht des Braut- Paares gegen sich selbst, den Mund in Ordnung bringen zu lasten, so gut«s irgend geht. Wenn der gefürchtete Gang immer wieder aufgeschoben worden, so muß man sich jetzt ein Herz fasten und mög- lichst alle schlechten Wurzeln entfernen, alle schadhaften Stellen aus- füllen lasten. Besonders die Braut sollte daran denken, daß sie als zukünftige Mutter sich viele Schmerzen erspart, wenn sie mit gesunden Zähnen in die Ehe geht. Während der Schwangerschaft werden alle Organe der Mutter für das Kind in Anspruch genommen. Der sonst dem Körper innewohnende Selbstschutz wird herabgesetzt. Daher kommt es, daß verhältnismäßig kleine Schäden an den Zähnen in dieser Zeit rapide wachsen. Wie oft hört man die Klage: die Kinder haben mich die Zähne gekostet. Hier tut die Vorbeugung wahre Wunder. Bei einem vor der Ehe vollständig in Stand gesetzten Mund zeigt sich meist nach der Geburt eines Kindes nicht der geringste Schaden. Wer also vor der Hochzeit steht, setze gleich zu den Ausgaben für die neue Ein- richtung eine Summe für seine Zähne aus; das Kapital trägt gute Zinsen, da es Schmcrzlosigkeit und zum Kauen tüchtige Zähne meistens auf Jahre hinaus sichert. Zahnstein. Kurz hinter der Innenwand der vorderen, unteren Schneide- zähne, also am Mundboden, münden die Ausführungsgänge der unteren Speicheldrüsen. Die oberen Speicheldrüsen haben einen Ausführungsgang an der Lippenseite der Zähne, und zwar etwa an der Stelle des zweiten großen Backenzahnes. Der Speichel, der sich nun fortwährend aus den Oeffnungen ergießt, enthält bei vielen Menschen einen Ueberschuß an Kalksalzen, die sich leicht in Form eines Niederschlages absetzen. Dieser Niederschlag bildet nun, indem er sich mit Schüppchen aus der Mundschleimhaut, auch wohl kleinsten Speiseresten verbindet, den bekannten Zahnstein oder Weinstein, wie er oft genannt wird. An den genannten Stellen, also der Innenfläche der unteren, mittleren Schneidezähne und der Außen- feite des zweiten Backenzahnes wird fast Jeder Zahnstein finden. Irgend ein Mittel, diesen Ansatz zu verhindern, außer eiftigem Bürsten nach jeder Mahlzeit, gibt es nicht. Besonders möchte ich hier vor der oft verwendeten Salzsäure warnen. Der Zahnstein wird freilich entfernt, aber gleichzeitig werden die Zähne ruiniert; der Zahnschmelz wird zerstört, und mit Salzsäure behandelte Zähne gehen bald zugrunde. Eine merkwürdige Erscheinung ist es, daß sich Zahnstein-Nieder- schlage meist bei Menschen, die das 30. bis 40. Lebensjahr über- schritten haben, stärker zeigen, als bei Kindern und jüngeren Leuten. Wir finden manchmal die Zahne gleichsam in Zahnstein eingebettet. Meistens schlägt sich dann auch der Niederschlag auf anderen Stellen nieder als den vorher besprochenen. Nun ist die Zahnsteinansamm- lung auch nicht mehr so harmlos. Der Zahnfleischrand ist meist ge- rötet und blutet leicht, die Zähne sehen aus, als ob sie länger ge- worden wären. Wird jetzt noch nichts getan, so kann es kommen, daß das Zahnfleisch ganz locker wird, und, wenn man darauf drückt, ein kleines Tröpfchen Eiter am Zahnfleischrand hervorquillt. Bald werden die Zähne locker und fallen nun, ohne daß sie sonst krattf wären, aus. Prof. Miller von der Berliner Universität schreibt von dieser Krankheit, daß ihr, nächst der Zahnfäule, die meisten Zähne zum Opfer fallen. Der Zahnstein muß, sobald sich die Röte des Zahnfleischrandes bemerkbar macht, sofort entfernt werden. Sind die Zähne erst gelockert, dann gelingt es sehr selten, sie wieder fest zu machen. Die aufgelagerten Massen müssen von einem Fach- mann abgeschabt oder abgestoßen, die Zähne gründlich gereinigt werden. Diese kleine Prozedur verhindert, wenn sie rechtzeitig gemacht wird, meist das Ausfallen von ganzen Reihen von Zähnen. Wird sie unterlassen, kann man manchmal 5, 6 Zähne und noch mehr mit der Hand entfernen, so locker sind sie geworden. Wenn hier besonders auf drei Momente in der Zahnpflege hin- gewiesen ist, die all den Säumigen, die aus Furcht oder sonst einem Grunde*) nichts für ihre Zähne getan haben, ein energisches: Pafi aufl zurufen, so soll damit nicht etwa gesagt werden, daß man fiw zu anderer Zeit nitfjt so sehr um seinen Mund zu kümmern brauch'. Ein energisches Saubern morgens und abends und ein wenigstens jährlich vorzunehmendes Plombieren aller schadhaften Stellen, das ist der Weg, seine Zähne bis ins Alter zum Kauen tüchtig zu erhalten.— GertrudRswald. Kleines Feuilleton. go. Welcher ist der Narr? Aus Angers wird dem„Figaro" berichtet: In einer Gemeinde bei Cholet beauftragte der Maire den Feldhüter und einen Bäcker, das wahnsinnige Gemeindemitglied Legrand in das Irrenhaus St. Gemös bei Angers zu führen. Unterwegs bemerkte der Feldhüter, daß Legrand just an diesem Tage sehr vernünftig war und es schwer fallen würde, ihn gutwillig zum Eintritt in das Irrenhaus zu bewegen. Man beschloß daher, den Irren betrunken zu machen, und unsere drei Helden führten in einer Schenke in Angers eine kleine Orgie auf. Legrand war bald stark berauscht, aber seine beiden Wächter noch mehr, and als das Trio in der Irrenanstalt erschien, konnte der Direktor aus den Reben der drei Betrunkenen nicht klar werden. Er telegraphierte daher an den Maire der Gemeinde kurz:„Welcher ist der Narr von den Dreien?" Der Maire antwortete: „L e g r a n d." Der Telegraphist aber übertrug:„L e g r a n d" (her Große). Der Direktor ließ nun die drei Männer messen und ließ den Feldhüter kurzerhand als den größten von ihnen in die Zwangsjacke stecken. Vergebens schrie dieser:„Ich bin ja gar nicht der Narr, ich bin der Feldhüter I" Je mehr er sich aber wehrte, um so überzeugter war man von seinem Wahnsinn. Der Irrtum wurde erst drei Tage später enthüllt, als der wahnsinnige Legrand bei der Frau des Feldhüters eintrat und ihr sagte:„Ich wußte nicht, daß Dein Mann wahnsinnig ist, aber ich habe ihn selbst in die Irren» anstalt geführt."— ss. Die Erforschung der Wüste. Das Carnegie-Jnstitut in Washington hat neben anderen wissenschaftlichen Unternehmungen auch eine ganz eigenartige Gründung vorgenommen, nämlich die Schaffung eines ständigen Wüstenlaboratoriums, das die Erforschung der Wüste nach all ihren Eigenschaften in einer bisher nicht erreichten Weise in die Hand nehmen und fördern soll. Wesentlich wird eS allerdings auf die Untersuchung der Pflanzenwelt ankommen, die unter dem Einfluß des Klimas und des Bodens der Wüste besondere ormen annimmt. Als Platz für das Wüstenlaboratorium ist eine ertlichkeit in der mexikanischen Provinz Sonora in mäßiger Ent» fernung von einer Eisenbahnstation ausgewählt worden. Die ersten Arbeiten, die von zwei hervorragenden Botanikern dort unternommen wurden, sind jetzt veröffentlicht worden und bringen mancherlei neue Aufklärung über das sonderbare Pflanzenleben in der Wüste. Bekannt war bereits die Tatsache, daß die Pflanzen in der Wüste sich durch Wasser- ansammlung in ihren Geweben gegen die Austrocknung schützen. ES gibt Landstriche auf der Erde, in denen es Wochen und Monate lang nicht regnet, die Gewächse müssen deshalb darauf bedacht sein, den ihnen durch einen Regenfall gelieferten Wasservorrat festzuhalten und sparsam zu verbrauchen. Sie würden damit allein aber nicht zum Ziel kommen, wenn nicht bei ihnen die Mittel zur Aufnahme des Wassers noch in besonderem Grade verstärkt und vervollkommnet wären. Zu den dadurch besonders beeinflußten Organen gehören selbstverständlich die Wurzeln. In der kalifornischen Wüste kommt ein Kaktus der gewöhnlichen Gattung Opuntia vor, der über der Erde knapp Ve Meter Höhe erreicht, dagegen unter der Erde Wurzeln besitzt, die sich über einen Bereich von etwa ö'/z Meter Durchmesser ausdehnen und ziemlich dicht unter der Erb- oberfläche hinlaufen. Daraus ergibt sich für die Pflanzen die Möglichkeit, eine sehr große Menge von Regen- Wasser mit ihren Wurzeln aufzunehmen, ehe es im Wüsten- boden wieder verdunstet. Mitunter muß der so aufgespeicherte Wasservorrat für ein ganzes Jahr ausreichen, um die Pflanzen bei fortgesetzter Dürre am Leben zu erhalten. Außerdem sind die Wüstenpflanzen mit Schutzmitteln gegen die Verdunstung ihrer Säfte ausgestattet. Die Pflanzen atmen gewissermaßen mit den Blättern, d. h. sie scheiden im Anschluß an einen weitergehenden Gasaustausch Wasserdampf aus. Aus diesem Grunde haben die Wüstenpflanzen überhaupt keine echten Blätter, wie es jeder von den Kakteen weiß, und infolgedessen ist die der Verdunstung ausgesetzte Oberfläche der Pflanzen' wesentlich verkleinert, abgesehen davon, daß sie auch noch durch die bekannte lederartige Haut geschützt ist. Die Tiere in der Wüste müssen gleichfalls Durst ertragen können. Die Reisen von Sven Hedin in der großen innerasiatischen Wüste Takla- makan und verschiedener anderer Forscher im Innern von Australien haben bewiesen, daß die Kamele z. B. bis zu 12 Tagen ohne einen Tropfen Wasser durchhalten können. Die Merinoschafe in der Wüste von Arizona bringen es gar auf 40 oder«0 Tage ununterbrochenen Durstens. Die Springmäuse scheinen sonderbarerweise des Wassers überhaupt nicht zu bedürfen, denn man hat sie Monate und sogar *) Ich möchte hier darauf aufmerksam machen, daß heute fast alle Krankenkassen, eingedenk der großen Bedeutung, die das Gebig für den ganzen Organismus hat, das Plombieren der Zähne b&. zahlen.
Ausgabe
22 (22.6.1905) 119
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten