mehrere Jahre lang gefangen gehalten, ohne ihnen etwas anderes als Getreidekörner zu geben, die allerdings zu etwas mehr als einem Zehntel ihres Gewichts aus Wasier bestehen, Uebrigens benutzen manche Tiere und erst recht der Mensch in der Wüste die Pflanzen vorzugsweise als Durststiller, Die wilden Esel in den südamerikanischen Wüsten schlagen mit ihren Hufen die starken Dornen der Kakteen ab und saugen dann den erfrischenden Saft aus ihnen heraus. Die Indianer schneiden ein hutförmiges Stück von der Spitze eines Kaktus ab und röhren das stark mit Wasser durchsetzte Fleisch in der Pflanze wie in einem Topf um, um es dann mit der Hand herauszuschöpfen. Eine einzige Pflanze liefert dabei oft nicht weniger als drei Liter Saft.— u. Ozoneiuatmung. Wohl jeder Mensch hat schon empfunden, daß die Lust nach einem Gewitter besonders erfrischend und an- genehm ist. Nun wissen viele, daß beim Gewitter, wie bei jedem in der athmosphärischen Luft sich abspielenden elektrischen Vor- gang Ozon entsteht, d. h. reiner Sauerstoff, dessen kleinste Teile, die Moleküle, anders aufgebaut find als beim gewöhnlichen Sauerstoff; darum meint vielleicht mancher, daß, wenn er direkt den bei einem elek- trischen Apparat entstehendenOzonvorrateinatmet, dies noch erftischender und angenehmer sein müßte als die Lust nach einem Gewitter, Das ist ganz unrichtig, Ozon riecht zunächst direkt unangenehm, ist also von der schönen Luft nach dem Gewitter ganz verschieden. Außer- dem hat fich gezeigt, daß Ozon ein wirkliches Gift ist, eS ätzt die Lungen geradezu an. Allerdings wirkt eS so nicht nur auf die Lungen, sondern auf alle organischen Stoffe, die es trifft, also auch auf die in der Lust, und indem es diese anätzt, zerstört es sie, reinigt die Lust von ihnen und ruft so nur indirekt die köstliche Reinheit hervor, die wir nach einem Gewitter an der Luft bewundern.— hr. Dir Gefahren des Ohrlochstichcs. Die Sitte des Ohrringe- tragens stellt einen Ueberrest alter Barbarei und alten Aberglaubens dar. Abergläubische Vorstellungen haben sich bis auf den heutigen Tag mit dieser Sitte verbunden, insofern das Tragen von Ohr- ringen bei Männern darin seinen Grund hat, daß man in denselben ein Mittel zur Abwehr und zur Heilung von Krankheiten, namentlich von Augenkrankheiten, zu besitzen glaubt. Eine derartige Vorstellung entbehrt jeder tatsächlichen Grundlage, Dannt die Ohrringe ge- tragen werden können, müssen natürlich erst Löcher in die Ohr- «nuscheln gestochen werden, und daß diese Prozedur unter Um- ständen gesundheitsschädliche Nachteile mit sich bringen kann, darauf ist neuerdings von ärztlicher Seite hingewiesen Ivorden. Die Operation ist zwar an und für sich klein und geringfügig, immerhin setzt sie eine blutende Wunde. Da der Eingriff nun meist von Laien vorgenommen wird, welche keine Kenntnis davon haben, daß auch die kleinste Operatton unter anttseptischen Vorsichts- maßregeln vorgenommen werden muß, so können leicht unangenehme Folgen, wie Wundfieber und Entzündungen der"Wunde auftreten, Ja man hat sogar langdauernde Eiterungen und Rolauf an den Ohrlochstich sich anschließen sehen. Auch die Ucbertragung von Syphilis und Tuberkulose ist im Anschluß an diesen Einstich schon beobachtet worden. Endlich haben auch sogenannte Blutgeschwülste am Ohre nach dem Stechen der Ohrringe sich entwickelt, die oft das Gewicht der Ohrläppchen bedeutend vergrößern und die erst wieder auf operattvem Wege entfernt werden mußten. Man sollte dem- gemäß die Operation des Ohrlochstiches niemals einein Laien, sondern einem Arzte anvertrauen, der am ersten die Gewähr gibt, daß der Eingriff mit der notwendigen Vorsicht vorgenommen wird.— Physiologisches. KZ, Wirkung von Alkohol, Zucker und Tee auf die Leistungsfähigkeit der Muskeln. Es besteht ein merkwürdiger Gegensatz in den Auffaffungen darüber, ob der Genutz von Alkohol die Leistungsfähigkeit der Muskeln erhöht oder herab- fetzt. Ganz abgesehen von den Enthaltsamkeitsaposteln behaupten auch viele besonnene Physiologen, daß der Alkoholgenuß die Leiswngs- fähigkeit der Muskeln herabsetze. Demgegenüber erklären viele ruhig urteilende Menschen, daß sie bei Ueberwindung großer körperlicher Anstrengungen wie Marschleistungen u. dergl. vom Alkohol eine deutlich wahrnehnibare Steigerung ihrer Kräfte erfahren, lim dieser ebenso wichtigen wie andauernd unentschiedenen Frage auf den Grund zu gehen, stellte der skandinavische Physiologe A, F. Hellsten eingehende Untersuchungen darüber an und fand, daß hier, wie in vielen Streitfragen, die Wahrheit in der Mitte liegt. Unmittelbar nach dem Genutz steigert der Alkohol die Leistungsfähigkeit der MuSkeln, aber diese Kraststeigerung dauert nur 12 bis höchstens 40 Minuten, ihr folgt aber eine Verminderung der Kräfte, die wenigstens zwei Stunden dauert; der Nachteil ist also viel größer als der Vorteil. Im Anschluß daran prüfte Hellsten auch die Wir- kung des Zuckers; diese tritt zwar nicht so schnell ein wie die des Alkohols— sie ist erst nach etwa 30 Minuten zu spüren—, dafür aber ist sie auch andauernd gleichmäßig gut und von keiner Übeln Folgeerscheinung begleitet. Tee schließlich wirkt nur sehr wenig kräftigend und auch daS nur für kurze Zeit.— Medizinisches. t Ein neues Hülfsmittel der Chirurgie. Es ist von großer Wichtigkeit für die Chirurgen, ein möglichst brauchbares Mittel zum Vernähen von Operationswunden oder von natürlichen Verletzungen zu haben. Mit der Zeit find viele verschiedene Stoffe zu diesem Zweck empfohlen worden, von denen noch heute eine ganze Anzahl im Gebrauch ist. Dazu gehören vorzugsweise Darmsaiten. Känguruhsehnen, Seide, Pferdehaare und Silberdraht. Jetzt hat Dr. Kieffer ein ganz neues Material zu diesem Zweck eingeführt. Dieser in Amerika lebende Arzt hat nämlich nach vielen Versuchen gefunden, daß die Sehnen von Reihern und Kranichen ein aus- gezeichnetes Nähmaterial für den Chirurgen sind und noch gewisse Vorzüge vor den vorher dazu benutzten Mitteln aufweisen. Zunächst wurden zu diesem Zweck die Beuge- und Strecksehnen des großen blauen Reihers flAraoa herodias) und später die des kanadischen Kranichs und des nordamerikanischen Kranichs benutzt, selbst verständlich nach einer vorausgegangenen asepttschen Be- Handlung. Leider find die betteffenden Vögel, selbst wenn, wie allerdings zu erwarten wäre, auch die außeramerikanischen Arten der Reiher und Kraniche zu gleichem Zweck benutzt werden könnten, durchaus nicht sehr häufig. Sie würden vermutlich bald aussterben. wenn jährlich einige Tausend von ihnen getötet würden, um ihre Sehnen für den Chirurgen herzugeben, obgleich auch dann nur ein kleiner Teil des Bedarfs gedeckt werden könnte. Es hat sich daher auch bereits ei« Widerstand aus den Kreisen der Naturwiffenschast gegen die etwaige Abficht einer solchen Ausnutzung der Reiher unk» Kraniche geltend gemacht, aber von anderer Seite wird hervor- gehoben, daß der Mensch an der Erhaltung dieser Vögel nur wenig Interesse haben kann. Man wird den Oryithologen, die ihre Stimme gegen die Ausrottung der Vögel erheben, recht geben müssen, wenn nicht die Veranlassung von feiten der Chirurgie eine ganz besonders dringende sein würde, was doch nicht der Fall zu sein scheint. Unter Umständen kann es allerdings für Kriegszwecke wichtig sein, zu wisien, daß man die Sehnen von Reihern und Kranichen zu solchem Zweck benutzen, daß sich also der Arzt durch einen Flintenschuß ein auf dem Schlachtfeld unentbehrliches Material verschaffen kann.— HnmoriftischeS. — Kellner-Logik, Gast:„Kellner, was haben Sie mir hier gebracht? Sind das Hammel- oder Schwemekoteletten?" Kellner:.Können Sie das nicht schmecken, mein Herr?' Gast:„Nein," Kellner:„Dann muß es Ihnen ja egal sein!"— — I m Museum,„Ach, könnten Sie mir nicht sagen, in welchem Saale der„Läufer von Marathon" ist?" „Den finden Sie hier überhaupt nicht. Wir haben hier mir Läufer von Smyrnal" — Das„Goldmanni".„...Ach, Frau Müller, da sollten Sie erst sehen, wie lieb und bescheiden mein Goldmanni ist. Was immer ich ihm auch vorsetze, ihm ist alles Wurst; na, und da koch� ich ihm dann Sauerkraut dazu!"— („Lustige Blätter".) Notizen. — Die Nachricht, daß in D e s s a u die Aufführung sämtlicher Dramen Gerhart Hauptmanns verboten worden sei, bestättgt sich nicht.— — Adele Sandrock und Rudolf Schildkraut sind für das Deutsche Theater engagiert worden.— — Einen alpinen Pflanzengarten hat in Bernina- Hospiz auf der Höhe des B e r n i n a- P a s s e s Professor Karl Schröter mit seinem Schüler Dr. Rübel aus Zürich eingerichtet. Die Lebensverhältnisse der gesamten Alpenpflanzen in dieser Höhe sollen eingehend untersucht werden. Neben dem botanischen Rüstzeug ist auch eine Wetterwarte vorhanden, Luftdruck-, Wärme-, Feuchtig« keits- und Sonnenstrahlungsmesser; auch Bodentherniometer zur Messung der Erdwärme, ferner Geräte für die Beobachtung der Verdunstung. Die Warte wird vorläufig ein volles Jahr hindurch fortgeführt.— — Von 73 Gletschern aus den verschiedensten Gegenden des schweizerischen Hochgebirges liegen die Resultate der Messungen für das Jahr 1904 vor. Von diesen 73 Gletschern sind im letzten Jahre 44 zurückgegangen, bei 20 weiteren ist der Rückgang nicht sicher konstatiert, aber er ist wahrscheinlich, 4 Gletscher sind unverändert geblieben, bei 5 anderen ist es zweifelhaft, ob sie gewachsen sind. Bei keinem einzigen Gletscher ist ein Anwachsen mit Sicherhett festgestellt worden. Aus diesen Zahlen ergibt sich, daß das Vorrücken der Gletscher, daS in den Jahren 1902 und 1903 konstattert worden ist— im Jahre 1903 sijid 15, im Jahre 1902 13 Gletscher gewachsen,— im letzten Jahre aufgehört hat,— o. Eine Frau auf dem Wege zumNordpol. Den Ehrgeiz, als erste Frau den Nordpol zu erreichen, hat die ameri- kanische Lehrerin Miß Mannte Babb, die, wie aus New Aork berichtet wird, Commander Peary bei seiner Nordpolfahrt auf dem Dampfer„Roosevelt " begleiten wird. Während die Frau PearqS und feine zwölfjährige Tochter, die den Forscher gleichfalls, begleiten, die ganze Zeit über auf dem Dampfer bleiben werden, will die unternehmende und auffallend kräftige Miß Babb den Vorstoß, den Peary mit Schlitten zum Nordpol wagen will, mitmachen. Miß Babb hat � auch schon bei der Vorbereitung der Expedition dem Forscher wertvolle Dienste geleistet und wird auf der Fahrt den Apparat für drahtlose Telegraphie, durch den der Dampfer „Roosevelt " in ständiger Verbindung mit der Heimat bleiben soll, bedienen.— Verantwortl. Redakteur: Franz Rehbrin, Berlin.— Druck u, Verlag: Vorwärts Buchdruckerei u.Verlagtanstalt Paul Singer LcCo„Berlin L1V.
Ausgabe
22 (22.6.1905) 119
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