'Soll ich jetzt zur Bank gehen?' Jean schien's eilig zu haben.„Die Banken sind bereits geschlossen. Morgen."—Während Frau v. Traube und Tochter bei der Mahlzeit sahen,klingelte eS am Hinteren Eingang. Ein Wortwechsel wurde hörbar.Äisa legte angstvoll Messer und Gabel sort und lauschte:„Mama I'Mama lieh sich nicht stören, sondern verwandte ihre ganze Ans-»nerlsanikeit auf ein gebratenes Huhn.Plötzlich wurde die Tür aufgerissen und ein beruhtes, schweihigeSGesicht erschien im Rahmen, hinter ihm Jean, der den Eindringlingzurückzuhalten suchte.„Der Kohlenhändler!" rief Lisa.„Das ist ja'ne famose Art!" schrie der.„Seit acht Tage muhick jeden Dag hundert Prehlohlen'ruffschleppen und immer denandern Dag soll bezahlt werden. Ick möchte nu aber, det heuteendlich der„andere" Dag is, verstanden? Jetzt hät'S geschnappt!Lassen Se mir los, Sie Fatzke in Kostüm I Entweder Jeld oder icklade mir alle meine Bricketts wieder uff I"Frau v. Traube hatte sich majestätisch erhoben:„Was fälltIhnen ein! Entfernen Sie den Mann, Jean!"Eine Balgerei entstand.„Det is ja der reine Betrug I'«Dieser Lärm!" Frau V.Traube versuchte die Tür zu schlichen.„Mann, Sie befinden sich doch nicht in irgend einer Mietskaserne!Sie sind in einem seinen, vornehmen Hause!"„Jawohl sagte Jean,„merken Sie sich das l" Es gelang ihm,die Tür zu schlieheir.Vom Flur schallte donnerndes Gelächter.Lisa sah bläh und ängstlich auf ihrem Stuhl.Frau v. Traube aber hatte es schon wieder mit dem Huhn zutun und sagte vorwurfsvoll:„Du siehst also: es ist ganz unmöglich,Jean zu entlassen."—Astronomisches.ie. W i e sich ein Stern entwickelt, hat ein Vortragvon Dr. Wilson vor der Londoner Royal Society nach dem Standder neuesten wissenschaftliche» Forschung gezeigt. Das Mittelzur Beobachtung solcher Umwälzungen in der Masse eines fernenFixsterns ist durch die Veränderungen im Spektrum gegeben, dasdie allmähliche Verdichtung einer hocherhitzten Gasmasse anzeigt.Im Jugendalter eines Sternes weist dessen Spektrum nur wenigehelle Linien auf, wie sie schon vor 40 Jahren von Huggins ineinigen Sternnebeln entdeckt wurden. Wenn sich die Gasmasselangsam abkühlt, wird sie zunächst in ihrer Mitte dichter. ImSpektrum drückt sich dieser Vorgang dadurch aus, daß die Linienstärker werden. Das Spektrum wird im ganzen gleichmäßiger, kon-tinuierlicher und erreicht diese Eigenschaft i:- vollkommenem Grade,wenn der Kern des beobachteten Weltgebildes ganz undurchsichtiggeworden ist. In diesem Zustand beginnen sich die Elemente nachihrem Atomgewicht zu gruppieren, und ein Unterschied zwischeneinem Spektrum des Kerns und einem anderen der leuchtenden Um»hüllung wird deutlich. In diesem Zustand befindet sich unsereSonne, denn ihre Flecken, die durch große Ausbrüche von Dämpfenveranlaßt werden, geben ein etwas anderes Spektrum als diePhotosphäre, nämlich das einer glühenden verdichteten Masse, diedurch Oeffnungen in der Photosphäre sichtbar wird. Aus diesenGrundsätzen schließt Dr. Wilson, daß die Atmosphäre der Sonnenoch aus etwas anderem bestehen muß, als nur aus Wasser undHelium, und ferner, daß unter gewissen Bedingungen die Temperatureines sehr heißen Sterns ohne merkliche Wirkung auf sein Spek-trum steigen kann. Umgekehrt können Verschiedenheiten des Gas-drucks, die Linien in den Spektra von zwei Sternen ändern, derenMasse dieselbe Temperatur besitzt. Danach verwirft Wilson dasbisherige Verfahren, die Fixsterne allein nach ihrer Temperatur zuklassifizieren.—Meteorologisches.— MeerundRegen. Daß der Regen mit der Verdunstungder Gewässer, insonderheit der großen Meere zusammenhängt, istbekannt; doch dürsten nähere Einzelheiten darüber nicht jedemgegenwärtig sein und doch im Sommer, wo alles, Arbeit und Ver-gnügen, in so hohem Maße von Regen und Sonnenschein abhängt,großes Interesse bieten. Ein Aufsatz von Professor Dr. E. Brückner-Halle in der neuesten Nummer der„Naturwissenschaftlichen Wochen-schrift"(Jena, Gustav Fischer) handelt über diesen Gegenstand underörtert die Frage eingehend und allgemein verständlich. WievielWasser wir überhaupt auf unserem Planeten haben, davon kannman sich eine ungefähre Vorstellung machen, wenn man bedenkt,daß das Areal der Meere sich zu dem des Landes verhält etwawie b: 2, und der Wasscrvorrat der Erde 1279 Millionen Kubik-kilometer beträgt. Ans diesen gewaltigen Wasserbecken steigt fort-während Wasserdampf auf. Man hat die Verdunstung von Binnen-gcwässern durch Verdunstungsmesser, sogenannte Evaporimeter, gc-messen; bei Binnengewässern ist aber die Verdunstung relativ größerals auf dem offenen Meere, weil die über dem Meere stehende Luft-schickst, selbst bei wechselndem Winde, immer mehr von Wasser ge--schwängert, also weniger durstig als die über die Binnen-gewässer ziehende Luft. Gleichwohl ist das Weltmeer wegen seinerungeheuren Ausdehnung das eigentlich speisende Kapital der Regen-fälle auf der Erde. Die stark wasserhaltige Luft auf dem Meeregibt nun den bei weitem größten Teil dieses Wassergehalts in dasMeer selbst wieder ab, und zwar dürften dies 93 Proz. der gesamtenRegenmenge sein, sodaß auf diese Weise der sogenannte„kleineKreislauf des Wassers" geschlossen wird. Steigt nämlich der Wasser-dampf und kommt in kühlere Luftschichten, so nimmt die Fähigkeit derLuft, Feuchtigkeit zu halten, ab und es entsteht Regen. Die übrigen7 Proz. der aus dem Meere aufsteigenden Wasserdämpfe aber gehenan geeigneten Stellen, von den Winden getrieben, auf das Landund geben für den Kreislauf des Wassers auf dem Lande gewisser-maßen das Betriebskapital ab. Dieses lvird von dem Lande, dessenBinnenseen und Flüsse den Bedarf an Regen nicht allein deckenkönnen, mehrfach umgesetzt, ehe es durch Quellen und Flüsse endlichdem Meere wieder zugeführt wird. Vom Meere aus, an nicht ge»birgigcn Stellen, tritt also eine große Menge wasserhaltiger Luftaufs Land, bei Westwind von der Westküste Europas aus z. B. soviel, daß diese Wasserdämpfe bis nach Ostsibirien getragen werden.An Gebirgen stoßen sich aber bekanntermaßen die Regenwolken, siemüssen an diesen emporsteigen und entledigen sich dabei ihres Wasser-dampfes. Daher der Rcgenreichtum der Gebirge. Eine weitereVeranlassung zur Ausscheidung des Wassers aus der Feuchtigkeithaltenden Luft bietet auch die aufsteigende Bewegung der Lust inZyklonen, d. h. in Luftwirbeln, die über die Erdoberfläche hinziehen.In diesen Wirbeln, die sich durch niedrigen Lustdruck auszeichnen.steigt die Luft, die hier von allen Seiten herangezogen wird, aufweiten Gebieten in kühlere Regionen empor, und so kommt es hier zuWolken- und Regenbildung. Befinden wir uns also in Zyklonen,so haben wir Regen, stehen dagegen Antizyklone an Europas West-lüfte, so halten diese die Regenwolken fern, und Trockenheit herrschtim europäischen Binnenlande, wie es in Mittel- und Westeuropaim Jahre 1893 mit seinem trockenen Frühling und Spätsommer derFall war und ebenso in dem trockenen Sommer 1994. Unter Bc-rücksichtigung all der interessanten Verhältnisse, die bei dem Kreis-lauf des Wassers eine Rolle spielen, hat Professor Brückner Kurvenentworfen und gefunden, daß sich in ihnen eine periodische Tendenzzu erkennen gibt, nach welcher trockene mit feuchten Zeitläufen ab-wechseln. Gegenwärtig befinden wir uns in einer Trockenheits-Periode, bei welcher nur etwa 190 009 statt sonst 125 999 KubikmeterWasser vom Meere auf das Festland gelangen.--»»Humoristisches.— Aus der Schaffner-Praxis.„Habe ich noch Zeit,meiner Frau Adieu zu sagen?"„Da kommt's d'rauf an, lvie lang Sie verheiratetsind!"—— Verteidiger-Standpunkt. Advokat(zu seinenKollegen):«... Es war für mich ein außerordentlichschwieriger Fall I Der Kerl wollte immer gestehen!"—— Gemütliche Gegend.„Sagen Sie'mal, Herr Wirt—sechs Tische haben Sie da stehen, und an jedem sitzt ein Gastl...Sind denn das alles fremde Bauern?"„Nein, das sind schon hiesige I"„Ja, warum setzen sie sich denn nicht zusammen?!"„Die prozessieren alle miteinander!"—(„Fliegende Blätter".)Notizen.— Die Wiener Schriftsteller Philipp Langmann,I. I. David und Rudolf Holzer erhielten aus der K a t h i-f röhlich-Stiftuug zur Förderung und Aufmunterung voniterateu Preise zu 1999 Kronen(899 M.).—— Richard Vallentiu, der Oberregisseur des Kleinen undNeuen Theaters, ist an das Deutsche Volkstheater inWien engagiert worden.—— Die Sammlung deutscher Volkstrachten imGermanischen N a t i o n a l m u s e u m zu Nürnberg füllt einengroßen Saal und zeigt an 353 bekleideten Figuren, Halbfiguren undBüsten die verschiedenen Typen der Männer- und der Frauentracht.Neben den vollständigen Kostümen sind noch einzelne Stücke, Hauben,Hüte, Mieder usw. aufgestellt.—— Zwei Ouadratineilen des berühmten Moors von W e stN a b(Grafschaft Dorkshire) sind ausgebrannt. Tausende vonGronsehiihnern kamen in den Flammen um.—— Die landwirtschaftliche Lehranstalt und Versuchsstation zuS. M i ch e l e an der Etsch(Throl) bedeckt mit ihren Ländereieneine Bodenfläche von 119 Hektar. In ihren Baumschulen sind u. a.die Aepfel mit 164, die Birnen mit 163 und die Trauben mit 439verschiedenen Sorten vertrete».—s. Die Entdeckung von Gold in Island hat auf der Insel einrichttges„Goldfieber" hervorgerufen. Nach Nachrichten aus Reykjavikwird in der Umgebung weiter nach Gold geschürft, und es sind bc-reits viele neue Funde gemacht worden. Ein Ingenieur hat einengroßen Goldklumpen in Vestlander gefunden, das ziemlich entferntvon Reykjavik liegt.—— In Prag wurde dieser Tage die Leiche eines älterenMannes aus der Moldau gezogen. Man fand bei ihr einen Zettel,auf dem ein Zweizeiler geschrieben war, der in deutscher Uebersetznnglautet:„Ich habe gearbeitet, ich Hab mich geschunden, Allein meinWeib Hab ich nie überwunden." �Verantyiortl. Redakteur: Franz Rehbein» Berlin.— Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdruckerei u.Vcrlagsanstalt Paul Singer LeCo„Berlin 2 V/,