Hitze tropisch glüht? Zudem sorgen die großen Krmstausstellungendes Sommers für Abwechselung. Dennoch bringt auch hier dieKonkurrenz eine Verlängerung, ein Hinausschieben des Schlußterminsmit sich und immer weiter ziehen sich die Veranstaltungen der Salonsin den Hochsommer hinein.Keller undReiner bringen sogar einen ganz neuen Künstler.Das ist zu verwundern, da dieser Salon in letzter Zeit ängstlichrm höfische Gunst Anknüpfung suchte und mit Möbeln aus altenSchlössern handelte. Diesmal ist es ein Böhme, Frantisek B i l e k. 1S72geboren, ist er zu den jungen Künstlern zu rechnen. Karton-Zeichnungen und Skulpturen sind sein Werk. Man muß dasAlter in Betracht ziehen. Er erhielt mit jungen Jahren einStipendium, das ihm später entzogen wurde, iveil seine Arbeitensich in einer Richtung bewegten, die den Gönnern nicht zusagte.Davon abgesehen ist schwer zu sagen, wo die Stärke seiner Kunstliegt. Es gärt noch allzusehr in ihm und oft flüchtet er sich, umgroß zu erscheinen, in die Phrase und wird hohl, wo er bedeutendzu sein glaubt. Technisch läßt seine Kunst noch viel zu wünschenübrig und man denkt, daß lieber statt Pose die gute Arbeit sichzeigen möge. Das Thema„Christus" hat es ihm angetan. DerChristuskopf erscheint des öfteren auf seinen Kartons. DesgleichenEpisoden aus dem Leben- des Jüngers JudaS, derJudaskuß. Dahinein mischen sich indisch- mystische Phan-lastereien, die der indischen Philosophie entnommen sind.Die Offenbarung Buddhas„Krischua" erscheint in Holz ge-schnitzt. Judas wird„als von der Ewigkeit vorbestimmter Wasser-tropfen" geschildert. Ueberhaupt liebt es dieser Böhme, mitSprüchen und Zusätzen den Inhalt zu erläutern, immer ein miß-trauenerweckendes Verfahren bei Bildern.Am tüchtigsten erscheint Bileks Kunst— die im übrigen eineMischung von FiduS und Münch ist und in den Skulpturen an Rodinerinnert— in der ganz einfachen Wiedergabe gesehener Vorwürfe.Mehrere Kinderköpfe in Marmor und Gips sind gute und schlichtePorträtarbeiten. Die Manier RodinS, Köpfe aus dem Steinfragnientarisch herauszuarbeiten, verleitet ihn dazu, dasselbe in Holzzu versuchen. Er nimmt einfach einen Baumklotz, der noch ganzroh ist, und schnitzt irgendwo einen Kopf heraus, seinen Vater, seineMutter, im übrigen beläßt er den Stamni. wie er ist, und ein Holz-Hacker würde ihn schleunigst zu Kleinholz verarbeiten. Doch sinddiese Schnitzereien noch angängig, zeigen einige Sicherheit im Tech-Nischen und Lebhaftigkeit der Erfindung; eS ist auch kein Zwiespaltzwischen Wollen und Können.Wo Bilek aber an große Motive sich heranmacht, wird er hohlund seine Ekstase erscheint oft kindisch. So ist sein Riesen-Moses,„der den Buchstaben A schreibt"(Adam) und dabei ergriffen hinsinkt,eine Lächerlichkeit. Nur manchmal zeigen sich da noch Ansätze undMöglichkeiten, die aber unter der Uebertreibung und Gewolltheituntergehen.Am schlimmsten sind die Kartons, die die gerügten Fehler, dieGeheimtuerei, die Unsähigkeit, die Geschraubtheit am auffälligstenzeigen. Nur wenige der übergroßen Blätter, die allerlei mystischeVorgänge illustrieren sollen, sind überhaupt brauchbar und auch diesesind überflüssig vergrößert, sie wären vielleicht als kleine, graphischeBlätter hinzunehmen, als große Kartons stoßen sie ab.—Schulte stellt sich eine Auswahl von Ladenhütern zusammen,die durch einige gute Stücke gehoben werden soll. Zwei Bilderkleinen Formats von Menzel zeigen aparte Farbenstimmungen;auf dem einen erfreut besonders die feine, subtile Art, wie derKünstler ein altes Gitter farbig wieder gab: es wirkt wie ein fein-gliedriges, graues Gewebe. Dann ist ein alter, dunkelbrauner Leibida, das Porträt eines Gelehrten, mit schönen, goldigbraunen, ruhigenTönen. Die Charakteristik des stillblickcnden, sinnenden Gesichts istsicher durchgeführt. U h d e zeigt in dem alten Bilde„Es ist nichtweit zur Herberge" sMann und Frau auf der verlassenen Chausseeim Regen) eine Probe seiner freien und leichten Graumalerei, diejeder Pose abhold ist und selbst im Farbigen ganz zurückhaltendbleibt. Zwei lustige, bunte Hengeler, ein nackter Junge aufeinem Schäfchen reitend in Frühlingslandschaft, ein Liebespaar untereiner Birke sitzend, vertreten eine andere Richtung Münchener Kunst,die gemütliche Anekdote, die farbig reizvoll illustriert wird. Einbrillanter Zügel(zwei von voller Sonne beleuchtete Kühe imWasser) steht im Mittelpunkte der Ausstellung.Daneben stehen die älteren Künstler, die der Genrekunsthuldigten, Knaus, Vautier, Defregger und die effektvollen Land-schafter einer vergangenen Zeit, die nach dem Süden gingen unddie exotische Note pflegten, Achenbach u. a.Zwei kleine Landschaften aus dem bayerischen Gebirge vonS p e r l, dem Freunde Leibis, sind noch zu erwähnen. Sie zeigeneine feine Tönung im Grünen und sind sehr leicht und delikat ge-malt. Das eine ist noch um deswillen bemerkenswert, weil Leibi dieFiguren, einen Jungen und ein Mädchen, die unter den» Baum in«Grünen fitzen, hiueinmalte.— e. s.Medizinisches.t. Die Ansteckungsgefahr bei Scharlach scheintbisher noch immer nicht hinreichend verstanden zu sein. Es kommennämlich von Zeit zu Zeit Erkrankungen an Scharlach vor, die nuraus einer Ansteckung durch Personen erklärt werden können, die auseinem Krankenhaus als geheilt und ftär ihre Umgebung ungefährlichentlassen worden waren. Daraufhin hat Dr. Williams eine statistischeUntersuchung borgenommen, die im Londoner„Lancet" besprochenwird und über die Dauer des ansteckenden Zustandes der Krankheftund über die Bedingungen, die zu deren Verlängerung mit-wirken, ein neues Licht verbreiten. Die Prüfung diesesArztes hat sich auf fast 2000 Fälle von Scharlach er-streckt, und von diesen waren 70 mit dem Wiederauftretender Krankheit in den Häusern, wohin die Geheilten zurückkehrten, oderbei anderen Personen, die mit ihnen in Berührung kamen, in Zu-sammenhang gebracht worden. Dr. Williams ist darauf näher aufdie Art der Ansteckung bei Scharlach eingegangen. Vor allem istaus den neuesten Forschungen dieser Richtung hervorzuheben, daßman jetzt die Ausflüsse aus Nase, Hals und Ohren bei den in derGenesung befindlichen Scharlachkranken für ansteckender hält als diesich abschuppende Haut. Sehr ansteckend sind allerdings wohl die erstenHautschuppen, die späteren aber vermutlich überhaupt nicht. Dr. Williamshat von jenen 70 verdächtigen Fällen festgestellt, daß 13 Ausscheidungenans den Ohren, 14 aus der Nase und 5 aus Mund und Nasegehabt hatten, während auch die übrigen in dieser Hinsicht nicht alsnormal bezeichnet werden konnten. Nur die Fälle aber, bei denenOhrfluß eingetreten war, wurden als krank im Hospital zurück-behalten, so daß sich allerdings annehmen läßt, daß die andern eineAnsteckungsgefahr für ihre Umgebung mit sich bringen konnten. Imganzen nimmt Williams an, daß 1—2 vom Hundert der Scharlach-erkraitkungen durch eine solche Vernachlässigung verlängerter Au-steckungsgefahr eintreten dürften und zwar auch nach einer Isolierungvon über 50 Tagen. Unglücklicherweise besitzt die Heilkunde bisher keinMittel zur bakteriologi>chen Untersuchung des Scharlachs; Vorsichtist deshalb umsomehr geboten.—Humoristisches.— Berliner Kindermund. K i n d e r f r ä u l e i n:„Häuschen, wenn Du jetzt nicht sofort artig bist, hole ich einen Schutz-mann."Häuschen:„Man inimer los, Fräulein, ich Hab' keine Angst,wenn man'n Blauen braucht, ist er nicht da I"—— Stille Teilhaber. Meyer hatte einen kleinen Kleider-laden in einem Dorfe, und da er weder lesen noch schreiben konnte,hatte er sämtliche Waren mit Etiketten versehen, auf welchen derPreis in Punkten verzeichnet war. Jeder Punkt war eine Mark.Eines Tages inußte er verreisen und er ließ seinen Schwager alsStellvertreter zurück, dem er sein System eingehend erklärte. Alser ant Abend zurückkehrte, war seine erste Frage:„Nu, haste wasverkauft?"„Ja, zwei Anzüge, einen für zweiundsechzig Mark und denanderen für siebzig Mark."„Biste meschugge", rief Meyer,„solch teire Anzüge hob ich jagar nich."„Nu, hier sind die Etiketten", meinte der Schwager.Meyer betrachtet dieselben eingehendst, dann ruft er plötzlichfreudestrahlend:.„Gesegnet sollen sein die Fliegen!"—(„Lustige Blätter.")Notizen.— Maxim Gorki beschäftigt sich, nachdem sein neuestesStück„Kinder der Sonne" nun vollendet, mit der Abfassungeines Romans, der den Titel„DieAnhängerPetraschews kis"führt. Petraschcwski, ei» Gutsbesitzer des Petersburger Gouverue-ments, in gewissem Sinne ein kommunistischer Utopist, hatte in den40er Jahren des 19. Jahrhunderts einen geheinten Verband zurVerbreitung seiner Ideen gegründet. Auf seuiem Gute hatte er einHaus errichtet, in dem alle seine Bauern ein gemeinschaftliches Lebe«führen sollten. Von der Regierung nach Sibirien deportiert, starber in der Verbannung.— Da die russischen Zensurverhältttisse dieVeröffentlichung dieses Romans unmöglich machen, wird das Werkzunächst in deutscher Sprache erscheinen.——„Quo vadis?", der bekannte Roman von HenrykS i e n k i e w i c z, ist von dem Kontponisten Felix Nowowiejski zueinem„musikalischen Drama" verarbeitet worden.—o. D i e höchsten durch Registrierballons er-reichten Höhen, 24 970 Meter und 19 750 Meter haben nach„La Nature" im September in Straßburg und Pawlowsk auf-gelassene Registrierballons erreicht. Das ist das erstemal, daß sogroße Höhen erreicht wurden. Meist erhoben sich die Versuchsballonsnicht über 10 000 bis 15 000 Meter.—— Der Sängerkrieg. Ein Gesangwetfftreit in Lindenthalbei Köln ging, nach der„Volkszeitung", unter recht merkwürdigenAuseinandersetzungen zu Ende. Während am ersten Tage bereitsalsbald nach der Publikation de? Ergebnisses eine Schar der nachihrer Meinung benachteiligten Sänger auf den Präsidenten des fest-gebenden Vereins eindrang, kam es zu einem derartigen Konflikt,daß der Vorsitzende sich ichleunigst in ärztliche Pflege be-geben mußte. Am anderen Abend attackierte ein anderer Vereindas Preisrichterkollegium, speziell den Dirigenten des festgebendenVereins. Später stellte sich noch heraus, daß ein Verein den Ein-stundenchor, durch hektographischen Ueberdruck vervielfältigt, frühererhalten hatte und dadurch in stand gesetzt war, das Lied länger alseifie Stunde, wie vorgesehen, einstudieren zu können.—Eerantwortl. Redakteur: Franz Rehbent, Berlin,— Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdruckerei u.Bcrlagsanstalt Paul Singer öcTo..BerlinLlV.