Das große Wasserbecken wird überragt von RodinsDenker" in Bronze, jene eigentümlich gesammelte, kauernde Gestalt, die man leider nur allzu oft schon erblickt; auf sämtlichen Ausstellungen er- scheint seit Jahren der überall herumreisendeDenker". Die Auswahl ist eine internationale. Das falsche Pathos über- wiegt noch immer und noch immer haben wir in ganz Europa   keine plastische Kunst im ganzen. Das. was mehr als Handwerk ist, kann man suchen. Da erscheiut ein Sammelsurium aufdringlicher Frauen- leiber; sie heißenSatanstöchter". Da tragen immer noch Seeleute eine Ertrunkene, die sie gerettet sein seit Jahren beliebtes Motiv). Liebende küssen sich in allen Stellungen. Wo man einer neuen Idee begegnet, erfährt sie, da noch kein Vorbild existiert, so groteske Gestaltung, wie z. B. ein Chor singender Mönche, die um einen Felsblock herumwandeln, wobei die aufgesperrten Münder wie Fischmäuler aussehen. Auch stürzen noch immer mit schreckhafter Geberde nackte Männer davon, unfehlbar ist das immerKain". Italien  , das Land der Plastik und der Marmor- bräche, leistet sich die barocksten, geschmacklosesten Einfälle. Die gute alte Tradition sucht in etwas schwindsüchtiger, magerer Art C a n o ni c a in einfachen Bildnissen festzuhalten. Lebendige Bauerntypen stellt Ed ström(Stockholm  ) hin. Doch hat diese forcierte Lebendigkeit nichts Natürliches, sondern verrät kränkliche Anlage. Leicht und gefällig erscheint die Marmorgruppe von Scymanowski(Boulogne  )Die Mutter", die ihr Kind zärtlich umschlungen hält. Es ist der Versuch einer leichten Stilisierung in den flüssigen Flächen des Steins. In kleinen Statuetten in Marnior, die aber dennoch groß behandelt sind, in dem leichten Herausarbeiten der Muskelpartien, in der malerischen Durcharbeitung des Ganzen, zeichnet sich B o u q u e t(Brüssel) aus. Er liebt kauernde, in sich zusammengesunkene Gestalten, die ein wenig an Rodin  erinnern. Schwungvolle Lebendigkeit zeichnet den zierlichenWeit- läufer" von Götz(Charlottenburg  ) aus. L a g a n(Brüssel) gibt zwei intime BüstenVater und Mutter" und erfreut durch die kecke Behandlung. Etwas Idyllisches ist darin, wie er die alten Hüte, den Umhang, den Kragen der Frau und des Mannes mrbesorgt mit hineinzieht. Ein schöner, gelber rauher Ton des Materials(korniger Sandstein) gibt einer GruppeMutter und Kind" vou E r i k s e n (Kopenhagen  ) einiges Ansehen. Elegante Glätte der Behandlung verleiht den Bronzestatuetten(Tänzerin, Kugelspieler) von D a s i o(München  ) Grazie der Bewegung. Reizvoll wirkt die MärchengruppeRotkäppchen mit Wolf", die im Original in der Nähe des Hofbräuhauses steht. Dieser Brunnen, den die genannte Gruppe krönt, hat eine gefällige Form des Beckens, vier Wolfsköpfe speien Wasier, oben auf der Mittelsäule steht frei der Wolf mit dem Kinde. Einfache und anspruchslose Kindergruppen geben P a g e I s(Charlottenburg  ) und U e b e r- b a ch e r(München  ). Am interessantesten erscheint der Russe T r o u b e tz k o y, der in seinen Bildnissen, Tierplastiken und an- deren Arbeiten einem plastischen Impressionismus huldigt. Er hält den Moment fest. Seine Arbeiten sehen aus wie Tonstudien, die Fingerspuren des Knetens sind erhalten. Namentlich im Porträt und im Tierbild ist er am überzeugendsten. Er gibt auch aparte Gegensätzlichkeit in der Wahl der Größe der Figuren. Unter der Führung der Künstlergeuossenschaft versammelt sich das übrige Deuftchland. Säle I Deutlich gibt es da vier Stufen. Am niedrigsten steht die Künftlergenossenschaft selbst. Dann kommt die Luitpold- Gruppe. Dann die Sezession. Am interessantesten ist die Scholle. Das Niveau der Künftlergenossenschaft ist sehr un- gleich. Neben dem Guten steht das Schlechte, das Eigengesehene steht neben Gelecktem, Glattem, neben Neuem das Alte. Die Geuc- rationcn werden hier ordentlich drtrcheuiandergebracht. Das Senti­mentale, die genrehafte Anckdotp überwiegt. Dazwischen ernste Landschaftsbilder. Die Technik ist glatt. Dann wieder überrascht ein modernes Bild, das nervöseres Temperament zeigt. Kaulbach und Simm treten ungehindert mit ihren süßlichen Machwerken auf. Soldatenbilder gibts fast aar nicht. Dafür viel Gebirge und die ältere Romantik des Gebirges, nicht die Realistik der Simplicissinnis"-Zeichner. Da knien Dörfler vor Madonnen- bildcrn am Abgrund und beten. Da sitzen sie um den Tisch und erzählen Anekdoten, rauchen Pfeife und lachen und kokettieren mit den Modeln. Kräftig hebt sich Schönleber(Karlsruhe  ) heraus. Er gibt immer einen geschlossenen Bildeindruck. Er konzentriert die Farben. Ein Bach, der am Dorf vorüberfließt, trüb und schwer ist die Stimmung. Ein lehmiges Braun in den Farben ist für ihn charakteristisch, indem bunte Nuancen um so auffallender werden. Die Schwere der Töne ist überall bei ihm zu finden. Düster und wuchtig führt da eine Brücke über den lehmigen Fluß. Ein Segel ebenfalls in trüben Farben wird hinter der Brücke sichtbar. Sonst ist nur ein bißchen Buntes in dein Anzug der paar über die Brücke schreitenden, klein erscheinenden Personerl. Leichter, lebhafter ist Kallmorgen  (Berlin  ). Am besten erscheint er in dem HafenbildSonnenglanz", auf dem hinten im Dunst Hamburg   mit vielen Türmai erscheint wie eine flimmernde, weiche Silhouette. Mit braunen, flockigen Farben malt R ikuto w Ski(Düsseldorf  ) ein Eifeldorf. bunt und .lustig. In gelblicher Abenddünmieruirg leuchtai die Häuser am Lach von Dordrecht   von Hermanns(Düsseldorf  ). Rosa schimmert die blühende Hallig von A I b e r t 3(Berlin  ), über deren Blüteuwogen mi Hintergrund lleiu eure Mühle ihre Flügel dreht. Die Aquarelle, Pastelle, Gouachen und Zeichnungen nebst ver- vielfältigender Kunst bieten eme kleine Auswahl aus der reichen Produktion. Auch hier steht das glatte, schabkonenhaste Machwerk neben dem inttmen Bilde, das auf farbige Werte ausgeht. Im Originalholzschnitt leistet Braumüller(München  ), dem'eine Schar von Schülern folgt. Neues. Er erstrebt breite, farbige Wirkung und bleibt dem Flächeneindruck treu. Aehnlich erscheinen Hammer, StaschuS, Margarete Havemann, Martha Cunz  , die alle sich vorteilhast präsentieren, aus Hell und Dunkel eine breite Wirkung holen. In der Lithographie gibt Bodem eine tüchtige Leistung, eine alte Frau mtt lila Tuch, resolut und derb gezeichnet. Pariserisch mutet Schwarz(München  ) an. der in leichter Manier Me_ Umrisse gibt und dabei groß und farbig wirkt. Elegant und flüssig erscheint Hansen(Berlin  ) in mehreren bunten Illustrationen, dessen Gebiet die Modedame ist, die er mit Geschmack und Verve charakterisiert. In der Architekturabteilung find einzelne Landhäuser zu sehen, die mit Geschmack die intime Bauweise Süddeutschlauds weiter- pflegen. Auch den bäuerischen Einfluß merkt mau, und diese echte Derbheit kommt namentlich dem farbigen Eindruck zu gute. Bei den großen Entwürfen kommen die Architekten vielfach nicht über die pomphafte Phrase hinweg. Eine Ausnahme bildet S ch lo a r tz- München, der zwei Krematorien ausstellt. Er bevorzugt den großen, flächigen Eindruck. Wand, Dach spricht in seiner ganzen Aus- dehnung; die Fläche ist nicht unterbrochen. Zu diesem Zweck legt er die Fenster hoch und legt sie oben zusammen und drückt das Tor klein herunter. In der Farbe liebt er ebenso den einfachen groß betonten Gegensatz der weißen Wandfläche, des roten Daches, des blauen Tores. Auch D ü l f e r- München erstrebt Tüchtiges. Sein Stadttheater in Dortmund  " ist jedoch noch zu bunt, wenn auch die Form im ganzen einheitlich und nicht zu überladen ist. DasProjekt für eine Sängerfesthalle" von H a l l e r- Zürich muß wegen seiner Formneuheit genamit werden. Gar zu sklavisch bleiben die Bau- künstler bei den überlieferten Formen. Da erfreut es schon, einmal ein oval gehaltenes Dach zu sehen, das von beiden Seiten von auf- fallend lurzen, gedrungenen Türmen flankiert wird. Besser im Durchschnitt als die Kiinstlergenossenschaft präsentiert sich die L u i t p o l d- G r u p p e. Es ist viel Gutes hier. Manch lebhaftes, frisches Temperament zeigt sich in ungebrochener Tatkraft. Urban malt in enkausttscher Manier seine ein wenig theatralisch anmutenden Landschaften, die sonst hier sehr zahlreich und gut ver- treten sind. Kunz malt römische Veilchen in blassen Farben, die eigenartig mit dem grauen Papier kontrastieren. In leichten, grauen Tönen gibt Müller einen Herbstanfang. Ernst Liebermann  gibt eineGebirgsstraße" in schönem, stumpfem Glanz. Hoch malt große Lairdschaften. bei denen die räumliche, ruhig wirkende Ver- teilung und die stillen, hellbraunen Farben auffallen. Schwerer wirkt B a e r, der mit breiten! Pinsel etwas plump malt. Seine Landschaften machen dadurch immer einen kräftigen, aber zugleich schmierig-schmutzigen Eindruck. Luftig und leuchtend erscheinen B r a ch t s(Dresden  ) Landschaften, die in grünlich-grauen Lufttönen gehalten sind. Einen feinen Knabenakt stellt K n r o lo s k i aus. Von G e f f ck e n interessiert ein in verwischten Tönen lebhaft gemaltes Bildchen, dieVisite". Sparsam nnd leicht malt V ö l ck e r einen Herbstansang". So merkt man hier im Durchschnitt lebhafteres Bemühen um die Kunst. _ Ernst Schur. Kleines feuilleton» gc. Russische   Volksspiele. Beim russischen Volke sind öffcnt- liehe Belustigungen, besonders in den Dörfern, sehr beliebt. Ein in den meisten Dorfschaften übliches Spiel ist das Eimer» schwingen. Zwei in die Erde gestockte hölzerne Gabeln tragen eine lange Stange, an der ein Eimer voll Wasser hängt, der von zwei Männern in schwankender Bewegung gehalten wird, indem sie mit Stäben dagegen stoßen. Von der Spielgcsellschaft muß einer nach dem anderen unter dem Eimer seinen Weg uiachen. Wer hier» bei begossen wird, hat verloren und erheitert die anderen um so mehr, je heftiger ihn das Wasser getroffen hat. Wer ungenätzt hin- durch kommt, hat sein Spiel gewonnen. Das Ka st romaspiel ist besonders im Gouvernement Sfinrbirsk und Pensa   herkömmlich. Alle jungen Miidchen versammeln sich dazu in ihren Alltagskleidern an einer bestimmten Stelle draußen vor dem Dorfe, erwähle» eine sogenannte Kastroma, die sich mit geneigtem Haupte in den Kreis der Genossinnen stellt, die ihr zuerst unter tiefen Verbeugungen huldigen. Dann legen sie die Kastroina auf ein Brett und tragen sie unter Gesang zum nahen Fluß, wo sie niit ihnen zusammen ein Bad nimmt. Nach demselben geht es im Zuge unter Gesang und Heiterkeit nach Hause zurück, alle ziehen ihre Festkleider an. und ein lustiger Tanz beschließt das Spiel, das aus der Zeit der Bekehrung der Russen durch den Empfang der christlichen Taufe stammt. Sehr alt ist das Jarilospiel. Sonntags früh erwählt die Dorf- gcmcinschaft einen Mann, der, in einen buntfarbigen Kailau ge» kleidet, mit Bändern und Glöckchcn behängen wird, endlich setzt i an chm eine bunte Papiermütze auf der. Kops und bemalt ilim das< ficht. So ist er der Jarilo, der in rollen Sprüngen umher!,.t, singt und sich zum Besten halten lassen muß. Zuletzt aber lon nun alle jungen Mädchen und Burschen des Torfes, verbeugen sich tief