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Massen von zerborstenem und zersplittertem Gletschereis oder aus Cisnadeln, die sich von dem Gletscher losreißen und durch die Hitze und die Gewalt der Winde herabgetrieben werden. Diese hohen Eiskaterakte sind eine große Gefahr für den Bergsteiger, der forglos sich ohne Führer zu ihnen heranwagt, um die glühende Pracht des Sonnenunterganges in tausendfach gebrochenen Strahlen in dem Eise wiederleuchten zu sehen. Vor nicht langer Zeit kam eine Gesellschaft von Zermatt  , um die Gletscher zu bewundern; als sie Langsam fortgegangen waren, hörten sie hinter sich ein mächtiges Dröhnen wie Kanonendonner, das in vielfältigem Echo von den Bergen und Klippen widerhallte. Sie drehten sich um und jahen gewaltige Massen von Eis und zersplitterte Blöcke auf demselben Fleck liegen, auf dem sie vor wenigen Augenblicken gestanden

hatten.

Theater.

e. s. Lustspielhaus. Der Herr Substitut, Lustspiel in 3 Akten von Edmond Duesberg. Der dankbare Julien, Lustspiel in einem Aft von Pierre Beber.- 3u einer Zeit, wo die vernünftigen Menschen die freien Stunden, die ihnen bleiben, in der Natur verbringen und sich in der Umgegend von Berlin   umtun, ruft das Lustspielhaus ins Theater. Die Spekulation richtet sich da auf die Fremden, die augenblicklich Berlin  überschwemmen, denen sonst nicht viel theatralische Genüsse zur Ver­fügung stehen.

Im Hinblick darauf ist auch die Wahl der Stücke denkbar be scheiden. Es hat sich mit der Zeit eine Schablone der Stückmacherei nach französischem Muster ausgebildet, die für jeden denkenden Menschen unerhört langweilig ist. Es gehört schon eine erstaunliche Portion Dummheit und Genügsamkeit dazu, um sich dieses Ragout aus Bote, Beschränktheit und Phrase noch servieren zu lassen, ohne Uebel­teit zu empfinden.

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Aus dem Tierleben.

ie. Hase und Kaninchen. Zu dem festen Bestand von Jägererfahrungen hat lange Zeit die Annahme gehört, daß Hase und Kaninchen die Rolle von feindlichen Brüdern gegeneinander spielen, indem das Kaninchen den Hasen verdrängt oder daß wenigstens beide nicht nebeneinander in einem Gebiet hausen können. Ludwig Schuster hatte nun schon vor einiger Zeit in Rheinhessen   das Gegenteil er mittelt, indem er vielfach Hasen und Kaninchen an denselben Dertlich­feiten in großer Zahl zusammen vertreten und auch keinerlei An­zeichen einer gegenseitigen Befehdung bei ihnen fand. Nach der Veröffentlichung dieser Ermittelung hat sich eine größere Zahl von Stimmen gefunden, die den Widerstreit zwischen Hafen und Kaninchen ins Gebiet der Fabel verweisen, und Schuster hat diese Bekundungen im" Zoologischen Garten" zusammengefaßt. Aus Westfalen wird geschrieben, daß Hase und Kaninchen weit und breit friedlich nebeneinander leben, und nirgends sei erkennbar, daß der Hase dem Kaninchen das Feld geräumt habe, selbst nicht in den Gebieten, wo die Kaninchen sehr zahlreich vorkommen. Es bleibt nun aber doch merkwürdig, daß jener Glaube in so bestimmter Form aufgetreten und sich so lange erhalten hat. Auch dafür hat Schuster eine Er­klärung gefunden. An vielen Stellen, wo zuvor vielleicht etwas anderes oder gar nichts gestanden hat, werden Aufforstungen von Kiefern und Fichten vorgenommen. Dadurch aber verschlechtern sich die Lebensbedingungen für die Hasen ganz wesentlich. Die Kaninchen dagegen haben es eher besser als zuvor, da sie das Nadelholz ganz besonders bevorzugen. Daher kann es dann kommen, daß die Hasen sich aus einem solchen Gebiet zurückziehen, während sich die Kaninchen erst recht vermehren, und es scheint somit, als ob die Kaninchen die Hafen verdrängt hätten, während in Wahrheit andere Umstände die Schuld der Verdrängung tragen.

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Humoristisches.

- Der boshafte Better. Als ich mich mit Emil ver­lobte, erklärte er mir, daß er im siebenten Himmel fei!" " Das will ich gerne glauben, der ist vorher schon sechsmal ver­lobt gewesen." Ein alter verwitterter

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Grabstein Inschriften.

Dabei fönnte man sich noch zufrieden geben, wenn dieser Stoff, in dem einer ebenso beschränkt wie leichtsinnig vegetierenden Schicht der Gesellschaft ihr Spiegelbild vorgehalten wird, einigermaßen grazios oder satirisch behandelt wäre. Früher reizte bei den älteren Stücken wenigstens noch diese leichtlebig gallische Note, dieses Hintändeln und Caufieren, das in der musikalischen Sprache der Franzosen   seine Erklärung findet. Auch schimmerte noch die leicht- Grabstein auf einem nordwestdeutschen Kirchhofe trägt folgende fertige Grazie und der Tiefsinn der Puppenkomödie zuweilen hin- Inschriften: durch. Das Leben erschien diesen Künstlern als ein schnell hin­Huschendes Spiel, die Menschen als Puppen, ihre Taten als lächerlich und grotest.

Aber dieser Ursprung ist nur noch eine Erinnerung. Selbst die Franzosen der Gegenwart werden plump nnd weiter nichts als grob- eindeutig. Wie sollte es auch anders sein? Die Nachfrage regelt das Angebot. Berlin   verlangt soviel Material, daß nur bei oberflächlichster Fabrikation der Bedarf an aus dem Französischen  übersetzten Schwänken zu decken ist.

F. Duesberg scheint nun nicht einmal ein Franzose zu sein. Das ist im Grunde gleich und man kann es nicht wissen. Was man aber weiß, das ist, daß er gleich, ob Franzose oder Nichtfranzose­außerordentlich plump und langweilig ist.

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Die sehr einfache Fabel des Stückes besteht darin, daß der über­aus idiotenhafte Gelehrte Bonnin mur Sinn für seine Manuskripte und Forschungen hat, daß aber seine Frau Colette  , die natürlich hübsch, jung und dumm ist, nicht den gleichen Sinn dafür entwickelt, bielmehr den Sinn des Lebens in der Erfüllung ehelicher Funktionen fieht. Sie sehnt sich nach Liebe". Das heißt, auf das Bei­wörtchen ehelich" legt sie nicht so viel Gewicht. Und so ist sie im Begriff, einem albernen Nachbar, der auch nichts Besseres zu tun hat, ihre Gunst zuzuwenden. Der Ehemann schöpft rechtzeitig Ver­dacht. Seine Frau will die Einladung des Nachbarn zum Picknick annehmen. Er bestellt ihr seinen Schüler Delbray zum Tugend­wächter, einen schüchternen Jüngling. Dieser schüchterne Jüngling aber Mann ist Mann für Colette   entwickelt sich in seiner Rolle so gut, daß er dem Ehemann sowohl wie dem Liebhaber ein Schnippchen schlägt. Daher der Titel des Stückes Der Herr Substitut", der au manchen wiehernd begrüßten Wigen Gelegen Heit gibt.

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" Ich erwarte meinen Mann."

5. März 1845.

Hier bin ich."

12. Ottober 1868.

Eines schönen Tages stand in unbeholfener Schrift, die mit Streide gekrigelt war, am Fuße des Grabsteines zu lesen:

,, Spät wie gewöhnlich!"

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Notizen.

( Lustige Blätter".)

Der Roman   Briefe, die ihn nicht erreichten" ist bis jetzt ins Französische, Englische  , Schwedische, Dänische  , Nor­ wegische  , Ungarische und Polnische übersetzt. Eine italienische Buchausgabe ist in Vorbereitung.

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Eine Zeitschrift für Aesthetik und allgemeine kunst wissenschaft" wird im kommenden Winter zu erscheinen beginnen. Herausgeber ist der Berliner   Philosophie- Professor Mag Dessoir  , Verleger Ferdinand Ente in Stuttgart  .

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Dr. Wachlers Trauerspiel Mitsommer" bat im Harzer Bergtheater großen Beifall gefunden. Das Stüd behandelt die Baldursage. Anzengruber hat am Theater zu Vöslau   bei Wien  durch zwei Saisons als Schauspieler gewirkt. Jetzt soll ihm in Der Einafter hat nicht nur den Vorzug, fürzer zu sein, er ist dieser Stadt ein Denkmal errichtet werden. Auf einer Wald­auch flotter, temperamentvoller und geschickter geschrieben. Auch wiese. Die Idee stammt von einem Wiener   Hofrat  . hier die Schablone. Der Komponist Julien legt als Künstler- Die Jugend des Figaro" heißt die neue komische traditionsgemäß feinen Wert auf Geld. Alles geht ihm unter den Oper Leoncavallo's  . Das Szenarium der Oper stammt von Händen weg. Und der Gerichtsvollzieher ist bei ihm oft gesehener Sardou. Gast. Leider Gottes kommt er auch an dem Tage, als ihn Frau

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Die Heldin

Frank Wedekind   arbeitet an einer neuen dreiaktigen Joliette endlich besuchen will. Auch sie sehnt sich nach Liebe". Sie Komödie, die in der Münchener Gesellschaft spielt. spielt auf dem Klavier es wird gepfändet und hinausgetragen. von Bernard Shaws neuem, noch unvollendetem, Stück ist ein Sie nehmen nun auf der Chaiselongue Play- das Möbel wird abgeholt. Mädchen der Heilsarmee  . Das Frühstück steht auf dem Tisch auch dieser geht denselben Weg. Es klopft. Frau Joliette verschwindet schnell. Es erscheint ihr Mann. Aber nicht etwa, um Lärm zu machen, sondern er hat die Möbel wieder ersteigert und schenkt sie seinem Freunde Julien. Und der erklärt nun der erzürnten Joliette, daß nun nichts mehr zwischen ihnen stattfinden dürfe. Der dankbare Julien!

Dies wurde schnell und lustig heruntergespielt. Es ist ohne jede Brätension und wirft im ganzen oberflächlich, aber wenigstens nicht plump und langweilig.

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Der Architekt Peter Birkenholz   ist in die Darm stadter Künstlertolonie berufen worden.

Vom Lämmergeier sagte und glaubte man, er wäre schon längst ausgestorben. Jegt wird aus Mühlebach im Gansertal ( Stanton Wallis) gemeldet, daß dort drei der Riesenvögel ihr Unwesen treiben. Unlängst griffen sie sogar ein Mädchen an.

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-Wachstum. Im Friedrichshain  , dem Haupteingang zum Garten der Lipps- Brauerei gegenüber, steht ein Fliederstrauch. Im Herbst hat man ihn zurückgeschnitten. Die Schossen sind jetzt klafterlang, die unteren Blätter an den Schößlingen aber länger und breiter als zwei zusammengehaltene Männerhände.-

In beiden Stücken spielten H. Walden und Fr. Wagen die Hauptrollen mit anerkennenswerter Geschicklichkeit. Berantwortl, Redakteur: Paul Büttner  , Berlin.- Druck und Verlag: Vorwärts Buchdruckerei u.Verlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin   SW.