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faget's selbst, hätt' ich nicht schon am Tag nach der Hochzeit Die Schwarzhaarige sah noch immer den Mann an. Sie eins haben müssen, um für ein Lebendiges allein auf der atmete unhörbar und tief auf und ihre Lippen zitterten leise dabei. Welt zu sein? Nur für es! Und über ihm zu sein! Viel- Es waren blutrote, volle Lippen, die keine Aehnlichkeit mit dem leicht wär der Daniel dann nicht der Eulalie Hirth ins Garn schmalen, feinen Munde der blonden Frau hatten. gegangen."

Erschöpft sant sie zurück.

Nanette antwortete nicht, wusch ihr die Stirn mit Essig wasser und horchte angestrengt, ob der Schlitten noch nicht heimläutete.

Es liegt wie tot in meinem Leib," stöhnte Quise. Sagt, ob's zum Leben kommt. Sagt mir's, Nanette."

Sicher, Frau," stammelte die Pflegerin, aber es troch ihr kalt übers Herz, denn müde arbeitete der arme Leib der blassen Frau, spiziger erschien ihr Gesicht, und das Licht stand so grell in ihren Augen.

" Auf der Kilbe*) in Türkheim   hab ich ihn zuerst ge­fehen, den Dani Junt... und dann in Münster   am Lieben­herrgottstag... da war er mit dem Geschirr über den Berg gekommen und zur Nacht hat er mich nach Sulzern futschiert, und ich war mit ihm selbzweit auf dem Bauernwagen, wenn auch der Vater selig und die anderen hintenauf hockten. Sell­mals hat er mich schier zerdrückt vor Liebe, der Daniel. Und dem Vater aufgetrumpft, bis er die Fünflivres aus dem Sack langte für die Hochzeit. Sellmals

( Fortsetzung folgt.)

Erkenntnis.

Von Hennie Raché.

( Nachdrud verboten.)

Leise glucsend schmeichelten die Wellen um das Boot und leckten daran mit spißen, flinken Zünglein. Das Wasser war durch sichtig klar, trotzdem es wohl an dieser Stelle vier Meter tief war. Sonderbar geformte Schlinggewächse schwankten auf dem Grunde des Sees. Langsam bewegten sie sich, trieben sehnsüchtig ein wenig empor zur Oberfläche und versanten dann wieder in die blaue Tiefe.

Das Boot glitt langsam dahin, lediglich von der geringen Strömung getrieben. Der Mann hatte die Ruder eingezogen, und seine Augen forschten über die beiden Frauen dahin, die ihm gegen­über saßen. Die Blonde war seine Frau, die Schwarzhaarige ihre

Freundin.

Die blonde Frau beugte sich ein wenig über den Rand des Bootes und fah träumerisch lächelnd dem Spiel der Wellen zu. Die Sonnenstrahlen tanzten auf dem goldigen Haar, das von keinem Hut bedeckt war. Es sprühte wie Funken in den seidenen Fäden, und der reiche Glanz gab dem einfachen Gefichtchen etwas Vor

nehmes.

Die Schwarze hatte ihren großen, weißen Rembrandthut auf­behalten. Sie wußte, er stand ihr gut, er wirkte wie ein Rahmen. Unter der vom Haar fast vollständig bedeckten Stirn glühten zwei schwarze Augen hervor, die mit einer leidenschaftlichen Frage

an dem Manne hingen.

Und wahrlich, seine stumme Antivort war beredt genug. Feuer glimmte in seinem Blid, feine Hände zitterten nervös das ganze Gesicht zuckte in verhaltener Leidenschaft.

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Ein unmerkliches Lächeln huschte über die Lippen der Schwarz­Haarigen. Sie war zufrieden.

Ein Seitenblick streifte die ahnungslose Frau, die ihre Hand ins Wasser getaucht hatte und die glitzernden Tropfen daran her­niederrinnen ließ.

Dumpfe Schwüle brütete in der Luft, silbergrauer Dunst flim­merte am Horizont und machte, daß die fernen Gegenstände ver­schwommen, träge und unförmlich dalagen.

Eine geheimnisvoll treibende Kraft lag in der Schwüle, eine quälende Sehnsucht nach irgend einem Geschehnis, das die drückende Spannung auflösen mußte.

Aber nur die Schwarzhaarige und der Mann empfanden die Stimmung in der Natur, die ihren eigenen Gefühlen so begegnete. Die blonde Frau ergözte sich ahnungslos an ihrem Zeit­vertreib. Wenn blauflügelige Libellen sie in raschem Fluge fast berührten, dann lächelte sie entzückt, und wenn ein silberschuppiger Fisch einen Freudensprung tat und mit leisem Plätschern ins Wasser zurüdfiel, jauchzte sie leise auf.

Manchmal summte sie ein paar abgerissene Takte irgend eines alten Volksliedes, das ihr gerade einfiel. Aber da sie wußte, daß fie nicht singen fonnte, so erhob sie ihre Stimme nicht, und das Lied tönte nur in ihrer Seele weiter.

Der Mann senkte jetzt seine Augen, er vermochte den Blick des Mädchens nicht mehr zu ertragen.

Er fühlte, er würde im nächsten Augenblick zu ihr hinstürzen und sie in seine Arme reißen, unbekümmert um die, welche

Die blonde Frau hatte sich ein wenig zurückgelehnt und die Augen geschlossen. Es war so wonnig, so dahin zu treiben, mit ganz leisem Schaufeln. Sie konnte sich einbilden, auf einer Wolke zu liegen und in der blauen Luft zu schwimmen.

Ach, wie schön war es, zu leben!

Die Schwarzhaarige hob wie ermattet ihre Füße ettvas weiter bor, und der Mann sah gerade darauf hin, auf das Füßchen im zierlichen Lackschuh. Und das quälende Verlangen nach einer förperlichen Berührung mit ihr, die er liebte, ergriff ihn.

Halb sinnlos, schmiegte er seinen eigenen Fuß gegen den ihren und heiße Glut stieg ihnen beiden ins Angesicht.

Das Mädchen erzitterte ein wenig, ließ es aber ruhig ge= schehen, daß er immer wieder liebkosend ihren Fuß berührte.

Ein Zug von Triumph lag auf ihrem Antlig und gab ihm einen fast harten Ausdruck. Aber das sah der Mann nicht, der sah nur ihre große Schönheit.

Er biß die Zähne zusammen.

Nein, dieser Zustand mußte ein Ende nehmen, er mußte und wollte das Mädchen für sich gewinnen. Heute noch wollte er mit seiner Frau reden, sie mußte ihn freigeben- sie würde es auch tun, das wußte er, denn sie war viel zu edel und wehrlos, um um etwas zu kämpfen, das ihr ja doch nicht mehr gehören konnte.

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Wenn sie doch nur weniger arglos gewesen wäre! Wenn sie ihn doch quälen möchte mit Eifersucht und bösen Reden, wiebiel leichter wäre ihm dann sein Vorhaben geworden.

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Aber nein. Harmlos und vertrauend saß sie da und ahnte nichts von dem Sturm, der in ihm tobte.

Sie tat ihm leid, denn niemand wußte besser als er, wie gut sie war. Aber was sollte ihm das helfen? Diese neue Leidenschaft war über ihn gekommen wie ein Feuer und hatte alles versengt und verbrannt, was vorher in seinem Herzer Plaz gehabt hatte.

Wer konnte da von einer Schuld sprechen? Es war das Schicksal, das ihn trieb.

Anna würde ihn auch verstehen.

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Sie selber war ja so begeistert von ihrer Freundin, sie hatte ihm so viel vorgeschwärmt von ihren Talenten und ihrem Tempera­von hiren blendenden Eigenschaften und diese wahnsinnige Leidenschaft ment wie sollte sie ihn verdammen, wenn er nun hingerissen war nicht mehr los werden konnte, die ihn fast zugrunde richtete. Mit einem Ruck richtete er sich empor und preßte die Lippen aufeinander. Anna öffnete die Augen und sah ihn matt lächelnd an. Sie nidte ihm freundlich zu. ,, Müde, Schatz, wie? Es ist auch so schivül, so so ge. Ich weiß nicht, oder kommt es mir nur so vor? Es ist mir so ängstlich... Glaubst Du an ein Gewitter?" Der Mann schüttelte mechanisch den Kopf. Er hatte kaum gehört, was seine Frau redete, er sah nur, wie die Geliebte nervös die Augenbrauen hochzog. Sie litt auch! Sie litt wie er. Denn er fühlte deutlich, wie ihr heißes Blut sich nach ihm sehnte.

spannt

Ach, die Seligkeit.

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Wellen- und die Sonne zauberte einen breiten Goldstreifen in das Weiter und weiter glitt das Boot, schadenfroh ticherten die blaue Wasser.

Die Müden tanzten unermüdlich, aber keiner erhob die Hand, um sie abzuwehren. Langbeinige Wasserspinnen huschten über die fast glatte Fläche, und die Schlinggewächse griffen mit langen Armen empor, als suchten sie nach einem Opfer. Und in diese geheimnisvolle Stille hinein gellte plötzlich ein kurzer Schrei.

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Das Mädchen war von ihrem Sik aufgeschnellt Hatte eine Mücke fie gestochen? Hatte sie sich erschreckt?

Niemand wußte es und niemand fragte sie später. Der Mann hörte einen zweiten Schrei, dann spürte er einen heftigen Schmerz am Kopf und fühlte, wie das kalte Wasser über ihm zusammenschlug.

in

aber

Er fant ein Stück in die Tiefe, und sein Fuß verwickelte sich eines der zahlreichen Gewächse.

Sie war so glücklich, die fleine, blonde Frau! Ihr Kinderherz sah nur Gutes, es wußte nichts von franker Leidenschaft und qual- Weib, sein Weib!... boller Sehnsucht.

Die Liebe zu ihrem Manne war so rein und so flar wie ein Kristall, und ihre eigene unwandelbare Treue und ihr schlichter Glaube tannten keinen Argwohn.

) Kirmes.

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Aber im Nu kehrte ihm die Besinnung zurüd. Richtig, das schmale Boot mußte gefentert sein, in dem Augenblick, als die Schwarzhaarige emporsprang dann Um Gottes willen was war aus Anna geworden? Sein Mit einer heftigen Anstrengung riß er seinen Fuß aus der Umschlingung, und eine Sekunde später war er an der Oberfläche. Da trieb ein Boot fieloben Da schwamm ein Ruder und ein Weib flammerte sich ver­zweiflungsvoll daran, mit gellender Stimme um Hülfe rufend... Sie hatte schwarze Haare.

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