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Dach faß ihm wie eine Haube schief, mit weit ausladenden vereinigen sollte. Dazu kam es nicht und das Kunsthaus in Paris  Firsten, auf dem Oberstock, und der verschwand fast im ging nicht. Schatten; und Daniel zählte die kleinen Fenster, die rings um das Haus liefen und es doch nicht hell machten. Im an­gebauten Stall brüllte das Vieh, das die frische Weide roch, und der brünstige Ruf der Tiere drang durch das morsche Gebälk bis zu ihm herüber.

So verfiel er auf den Impressionismus. Hier war etwas zu machen. Wer literarische und künstlerische Kreise fennt, weiß, daß eigentlich niemand weiß, wer fie find. Sie sind immer da, wo es fich dort immer eine Anzahl von Mitläufern befinden, von denen Sensation gibt, und für den fein empfindenden Menschen diskreditieren fie die Sache, der sie sich widmen. Denn man hat das deutliche Zwölf Stüd Vieh standen in dem dumpfen Stall, den Gefühl, es fommt ihnen nicht auf innerste Ergründung einer Sache er kaum noch luftig halfen konnte, und jedes Horn und jede an, nicht auf ein intimes und ehrliches Erleben, sondern auf ein Klaue war sein. Sieben Kammern mit zehn Betten hatte er an Rubbarmachen gangbarer Artikel, auf ein Reklameschlagen, ein der Sonnenseite des Hauses eingerichtet zum Aufenthalt der Kolettieren. Sommergäste, die von Colmar  , Schlettstadt   und Straßburg Meier- Gräfe auf die Beine, hörte, horchte herum, reiste, war überall Der Impressionismus war eine Sensation. Flint machte sich herauffamen. Im Tanzsaal drehte fich am Pfingstmontag in Ateliers zu sehen, in Frankreich  , Belgien  , wo es etwas zu sehen und zu Michaeli das Volk von allen Fermen und Weilern im Tanz, und jeder Fuhrmann, der aus dem Elsaß   ins Frankreich  hinüberfrachtete, jede Chaise, die auf dem glatten Sträßlein aus den Waldtälern der Abendseite heraufrollte und mit ge­Sperrten Bremsen und schnaubendem Gaul ins Weinland hin­untertauchte, alles hielt an beim Daniel Junt auf dem Flori­mont und zog den Beutel.

Es hatte manchen Tag gegeben, da waren bei der Ab­rechnung die Fünffrankentaler aus der Schürze der Luise ge­sprungen, wie die Fische aus dem Wasser, wenn die Mücken fliegen. Aber das alles war ein Würgen und Kröpfen ge­wesen, und die paar tausend Franken, die zu Colmar   auf der Sparkasse lagen, hatten sie schwer genug verdient. Ja, wenn das Haus fünfzig Betten gehabt hätte, einen Stall für sich, eine Nässtube hinten am Hag, wo der Wind zieht, und eine Hofstatt für Roß und Wagen, dann wär es ein besseres Schaffen gewesen. Da lag's vor ihm, ein ganzes Leben voll Töstlicher Arbeit, und er konnte und durfte es nicht vollbringen. Er sah schon das neue Anwesen, ein weißes Haus mit großen Fenstern und Terrassen, wie das Hotel zu den drei Königen auf drei Aehren, er hörte schon die Kutschen und Omnibusse den Berg heraufkommen mit fnarrenden Radfelgen und flingelnden Kummeten, er sah die Matten mit den bunten Kühen, die Wälder voll fröhlicher Sommergäste und sah sich selbst werfen und schaffen und einhausen wie ein Hamster. Aber das Geld, das sollte nicht vermotten bei ihm, sondern roulieren, vernünftig natürlich, aber nicht vermotten, das nicht. Er war fein altes Weib, das auf dem gefüllten Strumpf im Strohsack schlief, kein Geizteufel, der es sich und anderen am Maul absparte.

Mit brennenden Augen starrte Daniel Junt auf das Ge­höft, das sich in die grüne Mulde eingenistet hatte und so tief eingebettet, als wäre es aus dem Boden herausgewachsen und fönnte so wenig verderben wie Kraut und Stein. Seine breite Brust hob sich in schweren Atemzügen, die Fäuste griffen nervig in das schwarze Holzgatter. Tiefe Stille webte um ihn her, ein gelber Schmetterling gaufelte um den einsamen Mann und taumelte trunken von der linden Frühlingsluft über die sprossenden Gräser.

( Fortsetzung folgt.)

Der fall Meier- Gräfe  .

gab. Es war das so recht nach seiner Anlage, die ihn trieb, sich immer unterwegs zu befinden, sensationelle Muster heraus­zusuchen, damit auf Reisen zu gehen, sie den Interessenten vorzus legen, Konferenzen zu arrangieren und neue Deffins zu empfehlen. Eine neue Art modernen Kunstbetriebs, Arm in Arm mit Reflame und Sensation, ein Fortschritt gegen früher, wo langsames Aus­reifen und Warten der Sinn jedes tünstlerischen Bemühens war. Bilder, die noch naß auf der Staffelei standen, erklärte er für die vorbildlichen Meisterwerke der Zukunft, uahm sie unter den Arm und reiste damit, und predigte das Evangelium, die Verfertiger seien die Meister der modernen Kunst.

Meier- Gräfe   gab immer gerade das wieder, was als aktuell in der Luft schwirrte. All das, aufgefundene Notizen, sensationelle Ge­rüchte, kombinierende Vermutungen, nahm er als bare Münze und stellte dieses Sammelsurium unverdauter Ateliergespräche, untermischt mit Anekdoten und Lebensdaten seiner Freunde zusammen und mit Anekdoten und Lebensdaten seiner Freunde zusammen und nannte das ganze Entwickelungsgeschichte der modernen Kunst." standen, so hörte Meier- Gräfe   auch auf, etwas davon zu verstehen. Da die französischen   Maler nichts von deutscher Kunst ver Er schmiegte sich so gehorsam an. Er hat ein so schönes Anpassungs vermögen. Hätte er sich bei den Südseeinfulanern aufgehalten, so hätten wir eine Entwickelungsgeschichte der modernen Stunft vom Standpunkte der Südseeinfulaner bekommen. So schrieb er den Fall Bödlin" oder die Lehre von den Einheiten."

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Jeder Deutsche  , der nach Paris   geht, kommt sich vor wie ein einer Heine. Was aber bei Heine originell war, wird bei Nach­ahmern kindisch. Meier- Gräfe   war überzeugt, daß er der Kluge war, die Deutschen   aber die Dummen, denen er gehörig die Wahrheit geigen und ein neues Evangelium bringen würde. Ebenso schimpft er zwar Titel bezieht er von ihm.( Nietzsche   schrieb den" Fall Wagner".) auf Nietzsche  . Dennoch ist er ihm zum Nachahmen gut genug. Den und auch die Sprache ist ohne Nietzsche undentbar, gut abgeguckt, berwässert.

Was will mun Meier- Gräfe? Er will in diesem Buch das Ansehen, das nach seiner Meinung Böcklin   besitzt, vernichten. Uns erscheint dies als ein ziemlich fruchtloses Beginnen. Kein Mensch hat Böcklin   so maßlos überschätzt( höchstens Meier- Gräfe   vielleicht, als er vor Jahren über ihn schrieb). Jeder Mensch hat seine Eigen­art anerkannt, ist aber der Ueberzeugung gewesen, daß die Ent wickelung auch über ihn hinweggeht. Stein Mensch ist eine Formel, er gibt Gutes und Schlechtes. Für Meier- Gräfes Kurzkopfigkeit gibt es aber nur Formeln, die er sich zurecht denkt. Er teilt Böcklin  ein in einen guten Böcklin( der Frühzeit, als er duftig, locker, vers schwommen malte, mit einem Wort impressionistisch) und in einen schlechten, total blödsinnigen Böcklin( der späteren Entwickelung,

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er immer mehr die große Farbwirkung betonte und auf dekorative Naumivirkung ausging). Wie borniert diese Teilung eines Künstlers ist, der lebendig aus dem Ganzen schafft, ist für jeden, der einigermaßen psychologisch zu erfassen vermag, tlar. Der Neiz läge gerade in der Erkenntnis der Fäden, die von der einen Periode zur anderen gehen. Bei jedem großen Künstler haben wir diesen Es war einmal ein Mann, der hieß Meier. Da er sich von Wechsel der Perioden, die Bartheit und die verschwimmenden Töne anderen unterscheiden wollte, gab er sich den Beinamen Gräfe. der Jugendjahre und das kräftige, bewußte Herausarbeiten im Dieser Mann trug immer die neuesten Krawatten und leidete sich Alter. Goethes Jugenddramen und die Werke der reifen Zeit zeigen nach der Mode von Uebermorgen, er erschien in allen Salons, aber das gleiche Phänomen. Es ist dies ein psychologisches, ja sonst wußte man nichts von ihm. Sein Vater hatte Geld und dieses physiologisches Gesetz. Aber es ist ja viel einfacher, die Dinge gab der Herr Sohn mit Anstand aus. Er kam bald dahinter, daß nur an der Oberfläche zu betrachten.

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mit Kunst etwas zu machen sei. Da er sich aber auch hier unter- Als Stüzen baut sich Meier- Gräfe   die Lehre von den Ein scheiden wollte, schüttelte er den Staub Deutschlands   von seinen heiten auf. Dies flingt mun sehr schön, und sehr schön, und sicher hat Füßen und ging nach Paris  . fich Meier- Gräfe   sehr gefreut, als er auf die Bezeichnung

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Dieser Mann hatte ein Talent, herumzuhören, herumzuhorchen. verfiel. Er doziert, es gäbe zwei Entwickelungsstränge Wo etwas im Gange war, wollte er mit dabei sein. Er schrieb in der Kunst. Der eine geht von geht von den antiken Fresten über Böcklin  , als er merkte, daß er sich damit nicht von den aus über Glasmalerei und Mosaik zu den Künstlern des Eingeweihten, sondern von der Menge unterschied. unterschied. Dann, 13. und 14. Jahrhunderts. Die Künstler dieses Stranges sind mehr als die dekorative Richtung, das neue Kunstgewerbe auffam, schrieb zeichnerisch veranlagt. Der andere Strang setzt mit Bellini ein, er eine Aesthetik, die darin gipfelt, man male feine Bilder mehr, das mit dem fünfzehnten Jahrhundert. Das sind die Künstler der Farbe, fei veraltet, Trumpf sei das Möbel, der dekorativ gestaltete Gegen- der Luft und des Lichts. Dies sind die einzig möglichen Künstler stand. Als nun die Berliner Sezession   die französischen   Maler pro- unserer Zeit. Die anderen Anochronisten. Sie sind in unserer Zeit pagierte, ging er selbstverständlich nach Paris  . undenkbar. Weshalb, das sagt Meier- Gräfe   nicht. Er behauptet es. Wo Meier- Gräfe   war, mußte etwas gemacht werden. Darauf Böcklins zweite Periode huldigt dieser frestenartigen Kunst. Folglich fam es an. Er hatte etwas von einem Arrangeur, einem theatralisch ist nicht etwa Meier- Gräfes erdachte Theorie, was sie wirklich veranlagten Kommis an sich. Er war immer dabei, etwas zu ist, nämlich ein Unsinn, sondern: Böcklin   ist kein Künstler. Emphatisch gründen. Er war beteiligt bei der Gründung des Ban, er gründete erflyrt er: Böcklins Hauptwerke find vor dem Urteil einer auf Die Delorative Kunst", er gründete in Paris   ein Kunstwarenhaus. Stunft gerichteten Betrachtung überhaupt nicht."

Dann hieß es einmal, er wollte in Berlin   ein Etablissement gründen, Um diese selbst ihm noch haltlos erscheinende Erfindung zu bas Restaurants, Theater, Kaufhaus und was weiß ich sonst noch stüken, produziert Meier- Gräfe   die Lehre von den Einheiten. Das