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Einen Menschen namens Meier warf man abends vor die Tür, weil man meint, betrunken sei er, selber tam's ihm nicht so für.

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geht ihm flink von der Hand. Dieses Die Einheiten" überschriebene| herumtorkelnden Kavaliers befizen. Ein Vers von Busch fällt mis Kapitel ist von unerhörter Oberflächlichkeit. Es wird dem Leser ein. Der lautet: freigestellt, an die Molekulartheorie zu denken. Damit ist Schluß, und der Leser weiß, daß Meier- Gräfe   diese Theorie tennt, die aber gar nicht benutzt wird, und der Einsichtige zieht daraus den Schluß, daß diese Kenntnis Meier- Gräfe   sicher angeflogen ist, wie alles andere. Rennte er sie, so würde er sicher damit prunten. So aber folgt nur ein allgemeines Geschwäb über Böcklin und Menzel. Die Einheiten sind eben gar nichts Neues, sind weiter nichts als das, was man fünstlerische Persönlichkeit nennt, Kern eines schaffenden Menschen, jedes Menschen überhaupt, sein Wesen, das macht, daß er so und nicht anders handelt, so und nicht anders denkt.

Aus den zwei folgenden Kapiteln Die Lehre von der Einheit", Entwickelung der Einheit", die beide durchaus verworren und ober­flächlich sind und zum größten Teile mit ganz anderen Dingen sich beschäftigen, geht hervor, daß der Verfasser der Ansicht ist, es gäbe innerhalb der Einheiten eine lückenlose Aufeinanderfolge. Alle Künstler schließen sich eng aneinander an, jeder gibt dem anderen fein Erbe weiter. Jede Nation bildet einen Kreis von Einheiten. Diese Kreise schließen sich wieder zusammen. Die Zusammensetzung und endgültige Scheidung ergibt die beiden Stränge. Der eine Strang ist veraltet. Nur in dem anderen kann der moderne Mensch felig leben und selig sterben. Böcklin   strebte hinüber zu dem anderen Strang. Folglich ist er überhaupt nicht".

Ernst Schut

Kleines feuilleton.

Neuere Forschungen über die Blinddarmentzündung werden in der Köln  . 3tg." besprochen: Die Erkrankungen des kleinen, vom Blinddarm ausgehenden Anhängsels, das wir Wurmfortsat oder mit der wissenschaftlichen Bezeichnung Appendig nennen, nehmen seit einer Reihe von Jahren in immer steigendem Maße die Aufmerkſams keit der Aerzte wie der Laien in Anspruch. An der Tatsache, daß die Blinddarmentzündung"( oder richtiger die Entzündung des Wurme fortfaßes mit Beteiligung der angrenzenden Teile des Bauchfells) in neuerer Zeit einen meit bösartigeren Charakter angenommen hat als früher, ist nach den einwandfreien statistischen Angaben zuver­lässiger Beobachter und den Berichten zahlreicher Pathologen gar nicht mehr zu bezweifeln, und man hat alle möglichen mehr oder Dies ist aber ein Unsinn und beinahe eine Fälschung. Diese weniger glaubhaft erscheinenden Hypothesen zur Erklärung dieser beiden Stränge haben nie eristiert, höchstens in dem haltlos umber- auffallenden Erscheinung herangezogen. Bald wurde die übermäßige taumelnden Gehirn eines Meier- Gräfe  , der die Kunstgeschichte nicht Fleischnahrung oder die Anwesenheit von Darmschmarotzern, bald die kennt, dessen Buch nur ein Sammelsurium all der in den letzten Zunahme in der Verwendung emaillierten Kochgeschirrs angeführt, Jahren aufgetauchten Ideen ist, die ein kokettes Etikett erhalten von einigen Forschern endlich auf die größere Gewandtheit der haben und unter dieser Marke imponieren sollen. Es hat immer modernen Aerzte im Erkennen der hierher gehörigen Krankheits­nur ein Nebeneinander verschiedener Kunstanschauungen gegeben, zustände hingewiesen und die Zunahme der Fälle von tödlicher niemals ein lückenloses Hintereinander. Die Menschen sind keine Blinddarmentzündung mit der Abnahme der Todesfälle an ursächlich Rechenerempel. Einmal schiebt sich die eine Tendenz bor  , dann zweifelhaften schweren Abdominalerkrankungen, beispielsweise an wieder dominiert eine andere Kraft, und aus dem unerschöpflichen Unterleibsentzündungen und Bauchfellaffektion", in Verbindung Reichtum dieses Wechsels ergibt sich das, was wir Entwickelung gebracht. Auch an abenteuerlichen Theorien ist, wie stets in solchen nennen. Diese ist innerer Art und stellt eine Evolution menschlichen Fällen, kein Mangel. Den Vogel hat in dieser Beziehung wohl ein Geistes im ganzen dar, nicht aber so, als wären die einzelnen phantafiebegabter englischer Arzt abgeschossen, der allen Ernstes das Menschen Nummern, und die Aufeinanderfolge dieser Nummern in den Gummiringen der Flaschenverschlüsse enthaltene Antimon ergäbe eine Summe. Diese ganze Theorie spukt doch nur in dem für die Appendizitis verantwortlich macht. Daß alle diese Mut­Kopfe des unzulänglichen Meier- Gräfe. Bödlin aber ist eine maßungen vor dem kritischen Auge in nichts zerfließen oder Realität, ein Mensch, der war, lebte, rang. Welch törichtes, bur- wenigstens nicht ausreichen, die starke Vergrößerung der Kranken­lestes Beginnen, gegen einen einzigen Menschen die ganze Ent- ziffer zu erklären, daß sie vor allen Dingen nicht genügend begründet wickelungsgeschichte der Kunst, all die unzähligen Namen der sind, um zur Grundlage einer auf die Verhütung lebensgefährlicher Künstler, die jemals lebten, aufmarschieren zu lassen. Wer das Verwickelungen hinzielenden ursächlichen Behandlung zu dienen, das noch nicht weiß, daß man in dieser Weise alles beweisen kann, der ist einfichtigen Aerzten niemals zweifelhaft geblieben. In neuerer sollte erst lernen. Zeit hat man mit besonderem Nachdruck auf den Zusammenhang aller möglichen ansteckenden Krankheiten mit der Blinddarms entzündung aufmerksam gemacht. In der Tat verfügt die Wissen schaft schon über unzählige Beobachtungen, daß nach verhältnismäßig harmlosen Mandelentzündungen, nach Masern und Scharlach, ganz furzer Zeit eine Appendizitis folgt, und einzelne Autoritäten erz besonders aber nach Influenza, der ursprünglichen Erkrankung nach flären die steigende Zahl der Blinddarmentzündungen geradezu mit der Wiederkehr und Häufung der Influenza- Epidemien in den letzten 15 Jahren. Nach dieser Anschauung, die vieles für sich hat, geraten die im Munde des Kranken vorhandenen krankmachenden Bakterien durch den Schludakt in den Darmkanal und führen in einem Teile mit der Bildung von Eiter einhergeht und durch Infektion des be der Fälle zu bösartigen Entzündungen im Wurmfortsaß, die öfters nachbarten Bauchfells den perityphlitischen Anfall" hervorruft. Das Verständnis für diese Krankheitszustände, die in mancher Be ziehung bisher schwer zu erklären waren, ist in jüngster Zeit durch die interessanten Untersuchungen Kare wat is wesentlich gefördert worden. Durch mühsame mikroskopische Durchforschung einer Reihe bon gesunden und franken Wurmfortsäßen, die durch die Operation gewonnen waren, hat er uns, wie es scheint, endgültige Klarheit ge­bracht über die Bedingungen, unter denen die Batterien im Wurms fortsat ihre gefährliche Wirkung entfalten. Um die Ergebnisse der untersuchungen des Berliner   Chirurgen zu verstehen, ist es erforder= lich, mit einigen Worten auf die Anatomie und Physiologie der in Betracht kommenden Organe einzugehen. Bekanntlich stellt der Wurmfortsat einen kleinen Blindsack von der Stärke eines dünnen Bleistiftes dar, dessen physiologische Funktion nicht bekannt ist, übrigens entsprechend seiner geringen Größe und seinem histo­logischen Bau nur höchst nebensächlich sein kann. Aus zahlreichen mikroskopisch fleinen Ausführungsgängen liefert er ähnlich den be nachbarten Darmabschnitten eine spärliche Menge einer gewiffen Flüssigkeit, die sich durch eine enge Oeffnung in den Blinddarm ergießt und vielleicht zu einem fleinen Anteil zu der Vollendung der Berdauung mit beiträgt. Durch alle möglichen kleinen und ernsteren Störungen, besonders durch Zersehung abnormen Darminhalts, wie er sich so leicht bei Katarrhen innerhalb des Verdauungskanals bildet, kommt es in der engen Höhle der Appendir zu einer Be einträchtigung der regelmäßigen Absonderung, zu Stauungen und Infektionen der. abgesonderten Flüssigkeit. Die weitere Folge find dann häufig mehr oder weniger ausgedehnte, zuweilen nur mit Hülfe des Mikroffopes nachweisbare Veränderungen der Schleim­haut des Wurmfortsates. Oft genug führt eine gewöhnliche Diarrhöe, eine mit Verstopfung einhergehende Verdauungsstörung oder irgend eine andere Darmaffektion, die scheinbar nach wenigen Tagen leichten Unwohlseins in Gen.  fung übergeht, zu bleibenden

follten.

Damit fällt das ganze Gebäude dieser sinnlosen Theorie zu­fammen, die in einer schludrigen, oberflächlichen und fofetten Sprache borgetragen wird. Leider gilt diese zuchtlose, äußerliche Handhabung den meisten noch als Sprachmeisterschaft, was beweist, wie wenig Sprachgefühl unter denen vorhanden ist, die darin Bescheid wissen An dieses Buch schloß sich eine erheiternde Fehde, die manche Aufklärung brachte. Profeffor Henry Thode   in Heidelberg   nämlich, der von Meier- Gräfe   in dem Buch angegriffen war, fündigte eine Vorlesung an über den modernen Impressionismus. Was er gegen ihn, vornehmlich gegen die einseitige und reklamewütige Handhabung in der Berliner Sezession   auf dem Herzen hatte, sagte er dabei, und niemand wird einem Angegriffenen dieses Recht der Abwehr Da aber fam er fchön an. Liebermann selbst setzte sich hin, dem Meier- Gräfes Theorie auf den Leib geschrieben ist, und schrieb einen Schreibebrief, der von persönlichen Infinuationen strotte. Man war erstaunt, ja entfett, in welch rücksichtsloser Weise sich Liebermann, dem man solche Taftlosigkeiten doch nicht zumutete, selbst enthüllte. Sachliches enthielt das Schreiben nicht. Es war nur ein er­regter Erguß eines beleidigten Gemütes, dessen Wut unter höhnenden Bhrasen schlecht verdeckt war. Es ist nicht gut, wenn Künstler sich selbst verteidigen, noch dazu in dieser Weise. Mögen sie ihre Werte geben!

bestreiten.

Thode war vornehmer. Er antwortete gar nicht darauf. Liebermann hatte unter anderem angeführt, ein anderer Kunst­gelehrter hätte ihm Fehler in der Beurteilung alter Kunstwerke vorgeworfen. Als ob das ettras fagt! Es steht Urteil gegen

Urteil!

Statt dessen ergriff Thoma das Wort, Hans Thoma  , dem Meier- Gräfe   liebenswürdigerweise nahegelegt hatte, der Fall Böcklin sei der Fall Thoma. Und Thoma antwortete so ruhig und sicher, so logisch und schlicht, wie man es gerade von diesem Manne vielleicht nicht erwartet hätte. Man hätte gedacht, er würde mit Gefühls­momenten operieren. Statt deffen begegnen wir fristallflaren Be­weisführungen, die wie reiner Herbstwind düsteren Nebel zer­ftreuen. Sie gipfeln darin, daß wir eben die Kunst haben, die unserem Charakter, unserem Lande, unserem Klima entspricht, daß wir diese Kunst so gestalten, wie wir sie haben wollen, und uns nicht Kunstgeseze diftieren lassen, die einer französischen   Mode ent­nommen sind, die in Paris   schon längst abgewirtschaftet hat. Das sind einfache und selbstverständliche Wahrheiten. An der Tatsache, daß man auf sie zurückgreifen muß, tann man ermeffen, welchen Wert die lallenden Reden des im Irrgarten der Kunst