füllt, gewisse Stunden sind den Männern, andere den Frauen zu- gewiesen. hl. Stratzenbilder aus der Hauptstadt der Mandschurei . Wie piltoresk und vielfarbig sich die Stratzenszenen und Bolksgebräuche in M u k d e n darstellen, zeigen hübsch die Schilderungen, die der bei der japanischen Armee in der Mandschurei befindliche Oberarzt L. Matignon inLe- Tour du Monde" entwirft. In Mukden ist fortwährend Markt, hier und da an der Mauer sind Läden und Buden aufgeschlagen, und ein buntes Bild des Lebens breitet sich aus. Lumpensammler, Bettler, fliegende Händler laufen umher und rufen laut ihre Waren aus oder bitten um eine Gabe. Daneben befindet sich eine große Pfütze schwärzlich-grünen Wassers, in der- sicb die Schweine wälzen und ihr vergnügtes Quieken in das Schreien und Lärmen mischen, lim einen Straßenerzähler hat sich ein dichter Kreis von Zuhörern gebildet, die aus voller Kehle über seine derben Witze lachen. Diese öffentlichen Erzähler verfügen über eine außerordentliche Tarstellungskraft in Wort und Gebärde, und fie vermögen die sonst so phlegmatischen Chinesen bis zu dem hohen Grade hinzureißen, daß sie einen seltenen Griff in den Geld- bentcl tun. So vermag ein tüchtiger Erzähler trotz der Sparsamkeit des chinesischen Volkes einen recht hübschen Gewinn zu erlangen. Nickt weit von ihm hockt ein Händler vor seinem ärmlichen Ber- kaufsstand, von den allerverfchiedenartigsten Dingen umgeben. Da liegen alte Schuhe, zerbrochene Pfeifenköpft, beschädigte Räder, zerrissenes Reitzeug und lauter gebrauchte und scheinbar wertlose Dinge, für die man nicht einen Pfennig ausgeben möchte, und die doch ihren Mann ernähren muffen. Unter freiem Himmel wird auch die Kunst des NeSrulap ausgeübt, wenngleich freilich diese Kunst eine höchst primitive ist. Der eine Heilkundige ist ein Spezialist für Punktieren. Jegliche Krankheit heilt er auf diese Weift. Er hat ein paar europäische Zeichmtngen vor feinem Stande auf- gestellt, die eine Muskelfigur und den Blutkreislauf darstellen. Ein 5t ranker kommt heran und klagt über einen Schmerz in der Schulter. Der Arzt fährt blitzschnell mit der Hand über die kranke Stelle, versenkt dann drei lange Nadeln sehr sicher tief in das Fleisch und zieht sie nach zwanzig Sekunden heraus; der Patient zahlt einige Sapeken und zieht befriedigt, wenn auch nicht geheilt, ab. Solch ein in den Straßen praktizierender Arzt hat nicht die leiseste Ahnung von Anatomie und Medizin, er kann nur seine langen Nadeln in die verschiedensten Teile des Körpers stoßen, mag jemand Schnupfen oder Schwindsucht haben. Die Aerzte, die einen festen Wohnsitz haben, unterscheiden sich von den umherziehenden Hcitkünstlern nur dadurch, daß sie im Besitze eines Hauses sind und au ihrer Tür die Dankschreiben glücklich geheilter Patienten an- schlagen. Da kann man denn Lobeserhebungen lesen, wie diese: Seine geschickte Hand ließ einen neuen Frühling mir hervor- blühen" oder:Jammerschade, daß ein so geschickter Mensch nicht Minister ist!" Sehr häufig kann man auf der Straße Hühner- augcnoperationen vollzogen sehen. Hühneraugen sind die spezifisch chinesische Krankheit; durch die engen Schuhe, die ein jeder tragen muß, werden diese Verunstaltungen der Haut hervorgerufen, aber dafür ist man auch in China äußerst geschickt, sie wieder zu entfernen. Auch der Friseur nimmt seine Verschönerungskünste unter freiem Himmel bor ; der Chinese legt auf die würdevolle Gestaltung seines Zopfts, und wenn er einen Bart besitzt, auch aus diesen großen Wert, doch zumeist geht er glattrasiert, weil dadurch am besten die gleichgültige Heiterkeit und die stumpfe Zufriedenheit seines Gesichts zum Ausdruck kommt. An die Läden und Verkaufsstänt« schließen sich die kleinen Marionettentheater, die Dioramen, die mit außer- ordentlich krassem Realismus merkwürdige Begebenheiten vor- führen, und die Schaustellungen verschiedenster Art. Der Chinese liebt besonders Akrobaten und Jongleure und gerät bei schwierigen Produktionen in eine wirkliche, bei ihm sonst seltene Begeisterung; dennoch müssen die Jongleure im Reden und Anpreisen mindestens ebenso geschickt sein wie im Seiltanzen und Kugelspielen, um die stets festgeschkossenen Börsen der Zuschauer zu öffnen. Zahlreich ist die Schar der Wundertäter und Zauberer aller Art, denen man großes Vertrauen entgegenbringt. Da der Chinese sehr abergläubisch ist und an geheime Kräfte glaubt, so läßt er sich aus alle Arten die Zukunft voraussagen. Wenn auch das Betrachten des Kaffeesatzes oder das Abzählen der Knöpfe gerade nicht angewandt wird, so sind doch die Prozeduren, die man anwendet, nicht viel sinnvoller und die Resultate nicht viel sicherer. Bettler vermögen, auch wenn sie die furchtbarsten Mißbildungen und Verunstaltungen ausweisen, nur schlechte Geschäfte zu machen, da Mitleid und Mildtätigkeit nicht zu den Eigenschaften des Chinesen zählen. Zu Beginn des Früh- jahrs herrscht unter den Mauern Mukdens besonders lebhaftes Treiben, und an schönen, sonnigen Nachmittagen versammeln sich da die Bürger zu einem seltsamen Sport. Sie bringen Käfige heraus, in denen sich Vögel von einer unserer Wachtel ähnlichen Art befinden, gruppieren sich zu zehn oder zwanzig und warten dann schweigend und würdig stundenlang, bis die Vögel schlagen. Dieser Wehkampf erregt allgemeine Aufregung und großes Interesse. Be- sonders wichtig sind die großen Pferdcmärkte in Mukden, auf denen die Chinesen als geborene Pferdehändler sich in den gewagtesten Betrügereien überbieten. Technisches. Der Plan einer großen Wasserkra ftanlage in den bayerischen Alpen liegt zurzeit dem Verkehrs- Ministerium zur Prüfung vor. Es handelt sich um die Ausnutzung des 303 Meter über dem Meere liegenden Walchensees . Dieser 6 Kilometer lange und 5 Kilometer breite See liegt dicht am Rande des Gebirges, und zwar gerade an einer Stelle, wo dieses unver« mittelt mehrere hundert Meter abstürzt. Unten liegt nun, kaum 2 Kilometer Luftlinie entfernt, der K o ch e l s e e, 601 Meter über dem Meere, und es ist ein für den Ingenieur sehr verlockender Gedanke, das sich zwischen beiden Seen er- gebende Gefälle von 202 Meter zur Krafterzeugung auszu- nutzen. Aber der Wasserzufluß zum Walcheusee ist so gering, daß die verfügbaren Wassermengen, trotz des hohen Gefälles, die Schaffung eines künstlichen Abflusses vom Walchensee zum Kochelsee nicht lohnen würden. Nun fließt aber südlich des Walchen- sees, nur durch einen hohen Bergrücken von diesem getrennt, die stets wasierreiche Isar, deren Wafferspiegel in diesem Teile ihres Laufe? noch einige Meter höher liegt als der deS Walchensees. Um nun diesem See größere Wassermengen aus der Isar zuzuführen beziehungsiveise um den Walchensee als von der Natur geschaffenes, riesiges Staubecken für die Wasser der Isar zu benutzen, müßte man entweder durch den trennenden Bergrücken einen vec- hältnismätzig kurzen Tunnel bohren, oder aber man könnte von einer weiter entfernten weniger gebirgigen Stelle aus einen längeren Kanal von der Isar zum See graben. Beides ist mit den Hülfs- Mitteln der modernen Technik unschwer möglich, und beides wird gar nicht übermäßig teuer, wenn man bedenkt, daß das Staubecken, welche? bei anderen Talsperren ungeheuere Kosten verursacht, im Walchensee kostenlos gegeben ist. Die von den aus dem See über 200 Meter herabstürzenden Wassermaffen geleistete Arbeit soll, in elektrische Energie umgesetzt, entweder nach München geleitet werden, oder sie soll für den größten Teil der oberbayerischen Staatsbahnen die Einführung des elektrischen Betriebes ermöglichen. (.Prometheus".) Notizen. Berg des Aergernisses", eine fünfaktige Tragödie von Heinrich Lilienfein , dem Verfasser des Dramas Maria Friedhammer", wird im Stadt-Theater zu Bremen zum erstenmal in Szene gehen. Unsere gestrige Notiz.Ringelbäume" war derTägl. Rundsch." entnommen. Das hessische Ministerium des Innern hat eine Ver« fügung erlassen, die mit Rücksicht ans die Hamsterplage den Bürger« meistereien die Herbeiführung einer einheirlichen und durchgreifenden Bekämpfung der Hamster dringend anrät. Das' noch viel- fach übliche Ausgraben der Hamster Ivird als verfehlt und wirkimgs- los bezeichnet, dagegen die Anwendung von Schwefelkohlen- st off empfohlen. D i e größte Tanne Deutschlands , der sogenannte Hölzlekönig, steht in der Nähe der Stadt Villingen auf württcm» bergischem Gebiet. Die Höhe beträgt 42 Meter, der Kubikinhalt 68 Feftmeter. t. Eine neue Quelle für Gummi a r a b i k u m ist der Sudan geworden. Der Gummi wird in den Wäldern gesammelt und dann nach Omdurman gebracht, Ivo er verpackt, gewogen und nach Kairo oder einem der Seehäfen geschafft wird. Die Ausfuhr aus Aegypten beträgt jetzt über 20 Millionen Pfund jährlich. Wie schweizer Blätter berichten, bestehen gegenwärtig in der Schweiz 2000 Hotels, die zusammen 110000 Betten zur Verfügung halten. Der Gesamtwert der Hotels beläuft sich nach amtlicher Schätzung auf 600000000 Frank, der Umsatz im Jahre auf 125 000 000 Frank. n. Eine E i s e n b a h n st a d t. Auch bei uns finden sich genug Beispiele für Ortschaften, die ihren Aufschwung während der jüngsten Zeit lediglich dem Zufall verdanken, daß fie zu einem Knotenpunkt von Eisenbahnlinien gewählt wurden Innerhalb Deutschlands braucht man nur an Plätze wie Kreuz in Posen, Bebra in Hessen ,.Kreiensen in Braunschweig und ähnliche zu denken. Immerhin find diese Ansiedelimgen auch jetzt noch als solche ver- hältnismäßig unbedeutend. Wichtigere Beispiele von Eisenbahn« städten lassen sich in den Vereinigten Staaten finden. Besonders auffallend aber ist die EntWickelung der Ortschaft Crewe in Eng- land. Von diesem Orte, der vor einem halben Jahundert vier Häuser auswies, strahlen jetzt sechs Eisenbahnlinien aus, die den Verkehr zwischen den Großstädten London , Manchester Liverpool, Ehester usw. vermitteln. Aus dem winzigen Flecken ist seitdem eine Stadt von 42 000 Einwohnern geworden, und zwar auch insofern eine echte Eisenbahnstadt, als sich die Bevölkerung fast ausschließlich aus Eisenbahnbeamten zusammensetzt, abgesehen von den Geschäftsleuten, die zur Lieferung des Lebensunterhalts für die Reisenden und die Einwohner erforderlich find. Im Jahre 1843 wurde in Crewe die erste Bau- und Reparawrwerkstätte der Eisenbahn gegründet, und jetzt befindet sich dort daS größte Eisenbahndepot der ganzen Welt, wie imCosmos" behauptet wird. Besitzerin ist die Gesellschaft der London - und Nordweft-Eisenbahn, die dort 800 Häuser für ihre Ingenieure und Arbeiter hat erbauen lassen. Die Eisenbahnwerkstätten nehmen eine Fläche von 700 000 Quadratmetern ein und beschäftigen 3500 Arbeiter. Verantwortl. Redakteur: Paul Büttner , Berlin. Druck und Verlag: Vorwärts Buchdruckerci u.Verlagsanstalt Paul Singer LcCo.. Berlin S W.