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Kleines feuilleton.

W. Grotest. Ich lese folgenden Say:" In zahlreichen Ge­dichten und Essays, die um ihrer ungesunden und hysterischen Leidenschaftlichkeit willen meistens einen recht grotesken Eindruck machten, schrie damals Frau Hermine ihr Weh in die Welt hinaus." Man begegnet dem Wort grotest" recht oft in der Presse, und manchmal will es scheinen, als wenn man es brauche, weil man nicht genau weiß, wie man den empfangenen Eindruck eigentlich wiedergeben soll. Um den genauen Begriff des Wortes zu finden, tut man, wie immer, am besten, wenn man auf seinen Ursprung zurückgeht.

aller Art besitzt, am besten durch nicht zu alte Triebe, die man in[ Der Kopf ist tahl, das Gesicht bartlos und die dreieckigen feine, mit reinem Wasser gefüllte Fläschchen( sehr vorteil- Augenhöhlen, in denen einst elfenbeinerne Augen mit haft durch den zu diesem Zwecke durchbohrten Kork  ) steckt; nach Erdpech befestigt waren, sind nun hohl. Die Schultern sind breit furzer Zeit bilden sich zahlreiche Wurzeln, die nach und nach die und vierschrötig, der Körper ist dick und kurz, die wohlgeformten Flasche ganz ausfüllen, worauf man den Steckling vorsichtig heraus- Arme heben sich frei vom Körper ab und die Hände find nach baby­nimmt und ohne Verlegung der Wurzeln in einen kleinen, mit guter fonischem Brauch vorn gefaltet. Die obere Hälfte des Körpers ist Erde   gefüllten Topf pflanzt, anfangs recht feucht hält und dann, nackt dargestellt, von der Taille ab hängt eine Art plissierter Rock nach gutem Anwachsen, gleich den alten Exemplaren weiterkultiviert. herab, der schwere Wolle oder Pelz darstellen soll. Um der Statue Eug. Jos. Peters. Halt zu geben, sind die bloßen Füße in ein Piedestal eingebettet. Auf der rechten Schulter liest man folgende deutlich eingeschnittene dreizeilige Inschrift im alten Sumerisch  :( Der Tempel) Eschar, König Daudu( Daud- David), König( von) Udnunki. Der Name des Königs ist dem Assyriologen ganz neu. Den Namen der Stadt und des Tempels las man zuerst auf dem großen Stein Hammurabis, den die Franzosen   in Persien   fürzlich entdeckt haben. Das Alter der Statue beträgt zweifellos über sechs Jahrtausende; als annäherndes Datum nimmt man aus verschiedenen Gründen 4500 v. Chr. an. Zunächst ist der archaische Charakter der Schrift derselbe wie in den Inschriften, die lange vor dem babylonischen Könige Sargon  , 3800 v. Chr., datierten. Die Buchstaben der Inschrift sind gerade und wvaren noch fast hieroglyphisch; die feilförmigen Zeichen unter den nicht entwickelt. Zweitens fand man die Statue Blattformen mehrerer rekonstruierter Tempel. Die oberste dieser Plattformen enthält Ziegel mit dem Namen Dungi, 2750 v. Chr.; darunter war eine aus den Ziegeln Sargons( 3800 b. Chr.) gebaute Plattform, noch tiefer fanden sich Spuren mehrerer anderer Auf­bauten. Unter allen diesen Plattformen erst lag die Statue unter den Ruinen eines Tempels aus kleinen plankonveren Ziegeln, den alle Affyriologen der Mitte des 5. Jahrtausends v. Chr. zuschreiben. Der Kunststil, die dreieckig geformten Augen, die mit der Stirn eine gerade Linie bildende Naje, die nur in jener Periode getragene eigenartige Kleidung, alles dies weist darauf hin, daß die Statue demselben Zeitalter wie das berühmte Basrelief im Louvre und eine Statuette im Britischen   Museum angehört. Die bedeutenden Assyriologen nehmen allgemein für Figuren mit diesen besonderen Merkmalen etwa das Jahr 4500 v. Chr. an. Die Statue, die um ganze 1500 Jahre älter als alle anderen aus Babylon   stammenden ist, gibt nicht nur ein Stück Geschichte mit dem Namen eines ver­geffenen Königs; sie ist auch ein vollkommenes Beispiel der ältesten Kunst der Welt und eröffnet ein neues Kapitel in der Geschichte des ältesten bekannten Volkes von Mesopotamien  . Humoristisches.

In den unterirdischen Räumen( le grotte) der alten römischen Kaiserpaläste, besonders in denen des Titus, entdeckte man im Mittel­alter an den Decken und Wänden allerhand krause Malereien und Verzierungen. Es fanden sich dort Gruppen von übertriebenen und berunstalteten Tierformen, oder man sah dort Abbildungen von Gegen­ständen, die sich nicht in der Natur vereinigt finden, zu seltsamen Formen verknüpft, z. B. einen Menschen mit einem Tierkörper ver­bunden, und das Ganze sprang aus einem Aft hervor inmitten von stilisierten Blumen, Früchten, Waffen und anderen Werkzeugen. Um dem in der Kunstgeschichte unbewanderten Leser eine deutliche Vor­stellung von einer grotesken Figur zu geben, erinnere ich ihn an verschiedene bekannte Wappenbilder, z. B. an den Adler auf der Rückseite eines Behnpfennigstückes oder an den altbekannten bayrischen Löwen  , der unter anderem auch im hiesigen Löwenbräu zu sehen ist. Diese seltsamen und absonderlichen Gestalten und Formen verdanken ihre Entstehung sicherlich nicht einer grämlichen oder gar krankhaften Gemütsverfassung, sondern sind offenbar das Ergebnis eines lustigen und übermütigen Humors, der scheinbar gesetzlos mit dem Einzelnen und dessen Besonderheit spielt, ohne dabei das Ganze( z. B. eine Deckenverzierung), das den Eindruck des Schönen macht, aus dem Auge zu verlieren. Der berühmte Raffael, Giovanni da Udine   und andere( um 1500 herum) erweckten diese Art zu malen( die Grotesken) zu neuem Leben, indem sie besonders die Zimmerdecken sein, prächtiger Gebäude damit versahen, so des Vatikans, des Palazzo Doria in Genua  .

Bei dem Ausdruck grotest, wie er heutzutage in der Literatur gebraucht wird, denkt man offenbar nicht an den Gesamteindruck der Grotesken, der bei aller Ungebundenheit im Einzelnen doch wohl gefällig und schön ist, sondern man hat dabei die verzerrten Einzel­figuren im Auge, besonders den seltsam närrischen und niedrig tomischen Ausdrud im Mienenspiel der Sathrn und Faune, der nichts weniger als schön ist. Der Ausdruck im Mienenspiel dieser sonderbaren Wesen wird dadurch so seltsam und fragenhaft, daß ihm kein wirklicher oder doch wenigstens ein in seiner Laune un­tontrollierbarer seelischer Vorgang zugrunde zu liegen scheint.

Gehen wir jetzt auf den eingangs angeführten Sag zurüd, so fönnen wir unbedenklich annehmen, daß das durch die Leidenschaftlich feit hervorgebrachte erregte Mienenspiel durch deren krankhaftes und hysterisches Wesen wohl ein seltsam verzerrtes Aussehen bekommt, daß dies Aussehen aber immerhin nur einen pathologischen, niemals aber einen niedrig komischen Eindruck machen kann. Denn eine Krankheit ist in ihrer Wirkung auf die Gliedmaßen und das Mienen­spiel des Befallenen niemals niedrig oder gar fomisch, weil eben die unkontrollierbare Laune fehlt. Günstigenfalls liegt ein recht fleiner Teil des Begriffes grotest in der bezeichneten Wendung.

Archäologisches.

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- Lakonisch. Was halten Sie von der Ehe?" Mich fern."-

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Feine Antwort. Was, das sollen Deine Ahnen Silberstein, ja, haben denn die so ausgesehen?"

Ausgesehen, ausgesehen!... Hab' ich je gekannt?"

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- In guter Hut. Diese lauten Schnarchtöne während des ganzen vorigen Aftes waren ja entsetzlich störend, Schließer. Warum ist denn der betreffende rücksichtslose Patron nicht aufgeweckt oder aus dem Theater entfernt worden?"

# 7

Ja, wissen S', dös war net mögli',' s is halt der, über­wachende Polizeibeamte selber g'wesen!"

Notizen.

( Meggendorfer- Blätter.")

Philippis neues Schauspiel Der Helfer" ist vom Wiener Burgtheater erworben worden.

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Das Zentral Theater eröffnet die neue Spielzeit Ende September mit der neuen dreiattigen Operette 8ur indischen Witwe" von Oskar Strauß  .

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Das neue Ephesus Museum für Wien   wird mitte November im unteren Belvedere eröffnet werden. Es enthält die wertvollen Skulpturen und Baustücke, die von österreichischen Gelehrten in Ephesus   gehoben wurden.

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Der Batteriengehalt des Selterwassers ist von Dr. Hänle in der hygienischen Anstalt der Straßburger Uni­versität geprüft worden. Aus den Untersuchungen ergibt sich, daß ein feimarmes Selterwasser aus gesundem Wasserleitungswasser her gestellt werden kann. Ein hoher Keimgehalt des Selterwaffers ist, wie in einem Berichte der Apotheker- Zeitung" ausgeführt wird, ausschließlich auf mangelhafte Reinigung der Flaschen zurückzuführen, vorausgesetzt, daß Wasser aus guten städtischen Leitungen verwendet wird. Kugelflaschen sind zu verwerfen; dagegen können Flaschen­mit Patentverschluß nach sorgfältiger Reinigung Verwendung finden. Den Vorzug verdienen die sogenannten Siphonflaschen. Große Fisch züge werden von der Ostküste Englands gemeldet. Zwei Boote aus Lowestoft   lieferten an einem Tage 230 000 Häringe ab, die sie zu 30 M. das Tausend verkauften. Der Barmouth Dampfer Viling" verkaufte seine Ladung von 200 000 Häringen in Hartlepool  , erzielte aber den geringeren Preis von 20 M. für das Tausend. Das Boot Golden Gleam" aus Hull  wollte Seezungen an der Küste Spaniens   holen, brachte aber dafür 53 prächtige Störe heim, von denen der größte mit 1000 M. bezahlt wurde. Drei andere Kähne aus Hull   machten die Ent­dedung, daß die Scholle im Weißen Meer   in großer Anzahl au

hl. Die Statue eines sumerischen Königs. Die weiße Marmor­statue eines fumerischen Königs David wurde von der von der Uni­versität Chicago ausgesandten Expedition bei den Ausgrabungen an der Ede des alten Tempelhügels in der Ruine Bismya in Zentral­Babylonien entdeckt. Edgar James Banks   berichtet darüber in Scientific American": Dbwohl die Expedition so bemerkenswerte Resultate gehabt hat, wie die Auffindung des schönen alten Krema­toriums, des ersten, das zutage gekommen ist, und die Feststellung von Gewölbebauten in Babylonien   schon um 4000 v. Chr., ist die Auffindung diefes alten, faft prähistorischen Kunstwerts eines der interessantesten Ergebnisse der Expedition. Man fand die Figur auf dem Rücken liegend, der Kopf fehlte und die abgebrochenen Zehen der Füße lagen gerade darunter. Der Kopf wurde später in einem anderen Teile der Nuine gefunden. Einige Stellen, besonders im Gesicht sind mit Salpeter bedeckt, wie bei allen Statuen, die lange in dem Boden Babyloniens   begraben waren; andere Teile Der Figur find so vollkommen erhalten, als wären fie eben aus den Händen des Bildhauers hervorgegangen. Die Statue if 88 Zentimeter hoch und hat einen Umfang bon 81 Zentimeter. fangen sei.-

Berantwortl. Nedakteur: Paul Büttner  , Berlin.- Drud und Verlag: Borwärts Buchdruckerei u.Verlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin   SW.