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Haber sehr ansehnliche Sammlung: Weiße Mäuse, Kaninchen, Meerschweinchen, Igel, Murmeltiere, einige Giftschlange. in Glasgefäßen, mehrere Arten Eidechsen, zwei kleine Affen, einen australischen schwarzen Hasen und ein seltenes, schönes Eremplar einer Angorakage.
,, Hübsch, nicht wahr?" fragte Rafalski, auf die Katze Seutend. Ist die nicht in der Tat reizend? Jd gebe aber nicht viel drum. Sie ist dumm. Dümmer als alle anderen Kazen. Da haben Sie es wieder!" wurde er plötzlich lebhaft. Wieder ein Beweis, wie wenig wir uns für die Psyche unserer Haustiere interessieren. Was wissen wir von der Kaze? Vom Pferde? Von der Kuh? Von Schweinen? Wissen Sie, daß die Schweine hervorragend kluge Tiere sind? Ja ja, lachen Sie nicht" Romaschow dachte gar nicht daran, zu lachen Schweine sind sehr flug. Ein Eber hat mir voriges Jahr folgenden Streich gespielt: Ich bekam Schlampe aus der Buckerfabrik, gleichzeitig für den Garten und für die Schweine. Da reichte dem Tier die Geduld nicht. Als der Fuhrmann zu meinem Burschen ging, riß es mit den Zähnen den Stöpsel aus dem Faß. Die Schlampe floß aus und das Schwein delektierte sich dran. Ja, noch mehr: Einmal zog es nicht nur den Stöpsel heraus, sondern schleppte ihn in den Garten und vergrub ihn auf einem Beet. Da haben Sie die Schweine! Ich muß bemerken" Rafalski blinzelte mit einem Auge Rafalski blinzelte mit einem Auge und machte ein schlaues Gesicht- ,, ich schreibe über meine Schweine einen kleinen Artikel... Aber sch- sch- scht!... Das ist Geheimnis... niemand verraten! Das paßt nicht recht, daß ein Oberstleutnant der ruhmvollen russischen Armee sich mit Schweinen beschäftigt. Jetzt habe ich die YorkShires. Haben Sie die gesehen? Wollen wir hingehen? Ich habe da noch auf dem Hofe einen jungen Dachs, ein reizendes Tierchen. Wollen wir gehen?"
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" Verzeihen Sie, wan Antonitsch," lachte Romaschow. Ich würde gern hingehen, habe aber weiß Gott feine Zeit." Rafalski schlug sich mit der Hand gegen die Stirn. Ach, lieber Freund! Entschuldigen Sie, bitte. Ich bin wieder mal ins Schwaben gekommen... Nu, nu, nu, fommen Sie schnell."
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( Nachdruck verboten.)
Dritter Kunfterziehungstag
Der dritte Kunsterziehungstag schloß sich seinen Vorgängern würdig Man könnte den Bericht mit der billigen Phrase anfangen: Der dritte Kunsterziehungstag schloß sich seinen Vorgängern würdig an. Aber es wäre nur Phrase. Denn in Wahrheit: die VerhandTungen des Hamburger Tages standen gegen Dresden und Weimar start zurück. Wären die gehaltvollen Vorträge des dritten Tages über" Musikalische Kultur" von Battfa- Prag und„ Die Bedeutung der Leibesübung in der ästhetischen Erziehung" von Karl MöllerAltona nicht gewesen, hätte Mar Dessoir- Berlin am ersten Tage nicht geradezu vorbildlich flar über„ Die ästhetische Seite des musikalischen Genießens" sich ausgelassen, so wäre die Erinnerung an die Hamburger Tage geradezu trübe. Selten nur hob sich die Debatte über direktes Fachgeschwät und in dieser Befangenheit im engsten Stoffgebiete bewegte sich auch eine Reihe der Referate. Schuld daran mag 3. T. sein, daß man zwei Kunstdisziplinen zu fammengestellt hatte, deren Verwandtschaftsgrad außerordentlich gering ist. Die Musik ist die Kunst des Gefühls, die Gymnastik die anschaulichen Lebens. Nur auf einem ganz fleinen Gebiete treffen sich die beiden, nämlich im Reigen und im Tanz, was beides wieder ur zivei verschiedene Ausdrucksformen für dieselbe Sache sind. Auf dem zweiten Kunsterziehungstage zu Weimar wies LichtwarkHamburg, einer der treibenden Männer der ganzen Kunsterziehungsbewegung, darauf hin, daß die Verteilung des Stoffes: bildende Stunft auf dem ersten Tage, Dichtkunst auf dem zweiten, Musik und Gymnastik auf dem dritten Tage zu behandeln, von vornherein im Plane der Veranstaltung gelegen hätte. Dies macht den Fehler der Planung um so auffallender. Denn wenn Gymnastik mit einer der als solche anerkannten Künste zusammen genannt werden muß, so ist dies die bildende Kunst. Bildnerisches Gefühl muß die Gymnastik beherrschen, auf Erzielung schöner Formen geht ihr Streben, aber musikalische Aesthetik kann mit ihr nicht vereint werden. Die Teilnehmer am Hamburger Tag schieden sich in zwei Professionen: hie die Musiker hie die Turner. Die Musik litt weniger unter diesen Verhältnissen, als die Gymnastik. Das schreibt sich daher, daß die Musik eine für uns alte Stulturkunst ist, während die Gymnastik seit den Tagen der Griechen ruhte und erst jetzt wieder als Kunst geltend gemacht werden soll. Die Vertreter dieser neuen
Sie traten in ein kleines, fables Zimmer, in dem buch- Sunst sind aber zum überwiegenden Teile nicht Gymnastiker, sondern stäblich nichts war als ein niedriges Feldbett, dessen Boden wie der eines Kahns eingebogen war, ein Nachttisch und Schemel. Rafalski zog die Schublade auf und nahm Geld heraus.
" Freue mich sehr, Ihnen gefällig zu sein, Unterleutnant. Nun, was wollen Sie... Was ist da zu danken!... Bagatelle Ich freue mich... Kommen Sie, wenn Sie Zeit haben, dann plaudern wir miteinander."
Als Romaschow auf die Straße trat, stieß er sofort mit Wettin zusammen. Pawel Pawlitschs Schnurrbart war aufgewirbelt, und die Müze mit an den Seiten platt gedrückten Rändern saß verwegen auf einem Ohr.
„ A- a! Prinz Hamlet!" rief Wettin fröhlich. Woher, wohin? Weiß der Kudud, Sie strahlen ja, als wenn Sie Geburtstag hätten!"
„ Habe ich auch," lachte Romaschow. „ So? Das ist herrlich. Erlauben Sie, daß ich Sie um
ärmele!"
Und die beiden füßten sich mitten auf der Straße. Vielleicht gehen wir aus diesem Anlaß ins Kasino? Nur einen„ heben" wie unser feiner Freund Artschakowski fagt!" meinte Wetkin.
„ Ich kann nicht, Pavel Pawlitsch. Hab's eilig. Uebrigens Haben Sie heute wohl schon jemand erleichtert?"
" O- o- o!" Wettin warf vielsagend und stolz den Kopf hintenüber.„ Ich habe heute eine Erfindung gemacht, daß ein Finanzminister vor Neid die Krämpfe friegt."
„ Das wäre?"
ach dieselben ästhetischen Ansprüche zu stellen, die die Vertreter der Turnlehrer, und sie können sich nur sehr schwer gewöhnen, an ihr Fach alten Stünste als etwas selbstverständliches ansehen. Daß die Musik ästhetische Ziele hat, bestreitet kein Musiker. Aber einer der höchsten Turnbeamten Preußens, der Mann, dem die Heranbildung der Turnlehrer anvertraut ist, Dr. Diebow- Berlin, konnte sagen: nicht das ästhetische Interesse steht im Mittelpunkte der turnerischen Erzichung, sondern die Entwickelung einer harmonischen Persönlichfeit. Der letzte Ausdruck ist nicht etwa ein phrasenreiches Gebilde, unter dem sich der Hörer nichts denken soll, sondern bildet die Umfchreibung des Begriffes des guten Staatsbürgers". Es ist zuzugeben, daß die nicht von weitem Gesichtspunkte zeugenden Ausführungen des Direttors der fönigl. preußischen TurnlehrerBildungsanstalt zu Berlin bei einem großen Teile der Versammlung auf energischen Widerspruch stieß, aber andererseits fand Dr. Diebow auch wieder die gebührende Zustimmung. Denn er gab ja dem nur Ausdruck, was so und so viele Turnlehrer über Bedeutung und
Biele ihres Faches denken. Was haben wir alles hören müſſen am Sonnabend, dem gymnastischen Debattiertag! Turnen ist Gesundheit, Turnen ist Sittlichkeit, Turnen ist Fröhlichkeit, Turnen ist Freude, und Vater Jahn" flog nur so hin und her. Das, worauf es antam, wagte sich spärlicher hervor: nämlich die Forderung Gymnastik ist Stunstausübung.
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Es ist Gepflogenheit der Kunsterziehungstage geivejen, feine Beschlüsse zu fassen, sondern nur Anregungen zu geben. Sehe jeder, wie er damit fertig wird! In Dresden und Weimar waren die Anregungen ganz besonders fruchtbar, der Nachhall der Hamburger Tage dürfte kaum so intensiv wirken. In Dresden und Weimar hatten die führenden Geister der Kunsterziehung das Wort, in Hamburg fehlte dagegen sogar eine Anzahl der Einberufer. Das mußte lähmend auf den Geist der Verhandlungen wirken. ImmerDie Erfindung Wetfins war sehr einfach, aber nicht ohne hin muß gesagt werden, daß die Debatte über musikalische Fragen Scharfsinn ausgedacht, und der Hauptbeteiligte dabei war der treitgehendes hätte zutage fördern können, wenn sie in genügender Regimentsschneider Chaim. Er hatte von Weffin eine Weise stattgefunden hätte. Aber da gab es am ersten Tage offizielle Empfangsbescheinigung über einen Uniformanzug erhalten; Begrüßungsreden, und die damit verbrachte Zeit mußte am wichtig in Wirklichkeit hatte der erfinderische Pawel Bawlitsch nicht sten, was ein solcher Kongreß aufweisen kann, der gegenseitigen eine Uniform, sondern dreißig Rubel bar Geld bekommen. ihren Erörterungen sehr in die Breite gingen. Manches war nicht bekommen.lussprache, verkürzt werden. Dazu kam, daß die Referenten in „ Schließlich sind wir beide mit dem Geschäft zufrieden," sagte nötig. So z. B. die Propaganda für das Harmonium als HausWettin frohlockend.„ Der Jude ist zufrieden, weil er statt musikinstrument, die man ruhig der seinetwegen gegründeten Beitseiner dreißig Rubel aus der Kleiderkasse fünfundvierzig beift hätte überlassen können, so z. B. der Abriß der Musikgeschichte, kommt, und ich bin zufrieden, weil ich heute im Rasino alle der das Referat über die Jugendkonzerte einleitete. Statt dessen Spieler hochnehme. Fein gedeichselt, was?" hätten andere Fragen, die 3. T. nur gestreift, 3. T. gar nicht erwähnt wurden, eher eine gewissenhafte Besprechung verdient. Nach meiner Meinung war die Frage der musikalischen ästhetischen Erziehung des Menschen überhaupt zu lose gefaßt. Wir hörten Referate über Hausmusif, Schulgesang und die Jugendkonzerte. Damit ist aber gerade der Kern der Sache nicht berührt.
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" Fein!" stimmte Romaschow ihm bei. Werde mir für's nächſtemal merken. Aber, leben Sie wohl, Pawel Pawlytsch. Wünsche Glück beim Spiel."
( Fortsetzung folgt.)