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( Nachdrud verboten.)
Goldminen im Samenbandel.
( Schluß.)
noch ist diese neue Form nicht auf dem Markt zu haben gloei Jahre nämlich brauchte die Firma Sanders nur, um aus ihrer Neuheit soviel Eremplare zu züchten, daß die winzig vorhandenen Samenquanten soweit vermehrt werden konnten, um an Verkauf überhaupt zu denken, und schon sind die Hybridisten an der Arbeit, die neuen Hybriden noch weiter zu verbessern. Der Tabak gehört nämlich zu denjenigen Blütengewächsen, die nur des Abends ihre Blüten öffnen, weil die Insekten, welche die Befruchtung vermitteln, Dämmerschwärmer sind. Aus diesem Grunde hängen die Tabaksblüten während des Tages immer wie platt gedrückt aus den Blattwinkeln herunter. Zwar entschädigen sie die Ungeduld des Menschen am Abend nachher durch Ausströmen eines lieblich duftenden Aromas, aber der egoistische Mensch ist damit nicht zufrieden, er will auch am Tage die Blüte voll geöffnet ſehen, und diesen Wunsch zu erfüllen, ist die nächste Arbeit der Sanderschen
Dem Hybridisten sind verschiedene Wege bekannt, um eine gewünschte Farbe der Blüten zu erzielen. Handelt es sich bloß für den Augenblick, d. h. wünscht irgend ein Geldmonarch z. B. seine Balasträumlichkeiten und Speisesäle für ein bestimmtes Fest mit meistens nur rot, blau, heliotrop blühenden Gewächsen oder abgeschnittenen Blumen zu dekorieren, so wird der Hybridist die Erde der Blumentöpfe oder das Wasser der Blumenkaraffen mit gewissen Chemikalien_durchtränken, die in ihrer Wechselwirkung auf dem Wege der Saftzirkulation das Zellgewebe der schon vorhandenen Blüten mit dem gewünschten Farbstoff durchtränken. Wenngleich Tabakhybridisten! auf solche Weise oft wundervolle Farbeneffekte erzielt werden, sind dieselben doch immer nur vorübergehender Natur, die also vergewaltigte Blüte gibt bei Kreuzbefruchtung usw. nur immer wieder die Mutterform der Farbe.
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Aber der Hybridist und Züchter von Pflanzenneuheiten ist nicht bloß eine Stuppelmutter, er ist auch ein barmherziger Samariter, der manches bisher als verachtetes Unkraut kümmerlich um seine Eristenz kämpfende Pflänzlein dem Kampf ums Dasein entreißt, unter Glas sorgsam aufzieht, mit den besten Happen füttert und im Laufe einiger Jahre dadurch aus einent winzigen, kaum beachteten Schwächling eine saftige Pflanze zur Entwickelung bringt, die auch nicht im geringsten mehr an die einstige miserable Mutterform erinnert.
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Eine Jdee, was in dieser Beziehung von Blumenzüchtern ge leistet wurde, gibt z. B. die heute überall so bekannte und beliebte chinesische Primel. Als die Stammform im Jahre 1820 zum ersten Mal in England eingeführt wurde, war die Pflanze so unansehnlich, das tatsächlich faum ein Gärtner an ihre Besserungsfähigkeit" glaubte. Aber Ausdauer tat auch hier Wunder und nachdem erst einmal die ersten Erfolge vorhanden waren, zeigte sich bald die Unersättlichkeit der gärtnerischen Wünsche, und die Primel wurde schließlich zu einem der vielgeplagtesten Versuchskarnicel" der Hybridisten. Dabei stellte sich in der ersten Zeit heraus, daß bunte Blüten nur an solchen Pflanzen hervorgebracht werden konnten, die dunkle Stengel und Blätter hatten. Das war eine Widerseblichkeit gegen die Wünsche der Primelzüchter, die beseitigt werden mußte. In der Tat gelang das nach vielen Versuchen nicht bloß, sondern die Hybridisten kamen so weit, auch die herrlichsten weißen Blüten an Pflanzen zur Entwickelung zu bringen, deren Belaubung das tiefste Dunkel zeigt. Zwar gelang es bisher immer noch nicht, den umgekehrten Prozeß zur Entwickelung zu bringen, die dunkelsten Blüten an hellgefärbten Stengeln und Belaubung zu erzwingen, aber der Hybridist läßt sich nicht abschrecken, und in der Tat iſt es ihm schon gelungen, eine vergißmeinnichtblaue Blüte an absolut hellgrün gefärbten Pflanzen zu erzeugen.
Was aber hier von der Primel gilt, das trifft auch auf Dußende von anderen Blütengewächsen zu, die, wie z. B. die Glorinia, die Calcialarië, die gefüllte Begonia usw. heute als Schmucpflanzen die Schaufenster unserer Blumenläden zieren und die ehemals bei ihrer Einführung in Europa erbärmliche Pflanzenschwächlinge waren.
Richtige, d. H. echte Farbenneuheiten, lassen sich natürlich ebenso wie neue Wuchs- oder Dimensionsformen nur auf natür lichem Wege erzielen. Zu diesem Zwecke werden die betreffenden Pflanzen den besten Lebensbedingungen unterworfen. Der Boden wird zunächst vorsichtig unter wissenschaftlicher Beaufsichtigung vorbereitet, denn da aus seinen besonderen chemischen Bestandteilen mit Hülfe der Saftzirkulation auf den Organisationsbau der Gewächse ganz bestimmte Einwirkungen erhofft werden, so ist die Beschaffenheit des Bodens gleichsam die Diät, mit welcher die Ernährung der betreffenden Gewächse reguliert wird. Nicht minder strengt ist die Beaufsichtigung der Luft- und Bodentemperatur. Um nun z. B. eine gewisse Farbe der Blüten zu erzielen, erwählt sich der Hybridist solche Gewächse der betreffenden Pflanzensorte aus, deren bisherige Blütenfarbe schwache Anzeichen des gewünschten Zieles zeigte. Denn die Fertilisation der Blumen beruht hauptsächlich darauf, daß sich der Hybridist solche Blütenfarben zeigende Pflanzen aus erwählt, die er zu vereinigen gedenkt, und dann selbst jene Arbeit verrichtet, welche draußen in der Natur auf gewöhnlichem Wege die blütenbefruchtenden Insekten und andere Blumenfertilisations fattoren, wie z. B. der Wind usw., vollbringen. Wie jeder Leser weiß, haben auch die Blumen ihre Geschlechter und der Hybridist verrichtet im Grunde genommen nur die Tätigkeit einer Kuppelmutter, indem er die einzelnen Geschlechter so miteinander verbindet, daß die Folgen seinen Wünschen entsprechen. Die er haltenen Samen werden sorgfältig gesammelt, die besten, d. h. fräftigsten, ausgewählt und zur Aussaat gebracht. Mit Argusaugen bewacht der Hybridist das Keimen feiner Pfleglinge, auch Hierbei unnachsichtlich alle Schwächlinge entfernend. Nach monatelangem Warten und vieler Mühe sind aus den Sämlingen endlich blütenanfeßende Pflanzen geworden. Jetzt beim Aufbrechen der Knospen muß es sich zeigen, ob der große Wurf" mit einem Male gelungen, d. h. ob die Blüten die erwünschte Farbe zeigen werden. Aufmerksam verfolgt der Hybridist mit der Lupe alle Tage die ivcitere Knospenentwickelung vielleicht, daß er mit Hülfe des Doch es fann hier nicht unsere Aufgabe sein, eine Geschichte der Vergrößerungsglases schon im voraus Anzeichen entdecken kann, Pflanzenhybridisation zu schreiben, jedenfalls wird es jedem Laien die auf einen Erfolg hoffen lassen. Da endlich öffnet sich eines einleuchten, daß die jeweilig für die Anzucht einer Blütenpflanze Tages die erste Blüte aber, o weh, sie zeigt nur die alte Mutter- verwendete Arbeit und Muße auf den Preis des Saatgutes von stammfarbe. Nach und nach öffnen sich auch die anderen Blüten ausschlaggebender Bedeutung sein muß. Zwar ist es das Bestreben und einige von ihnen zeigen schwache Farbennuancen des er- der sogenannten Blumenliebhaber, immer so billig als möglich ihr wünschten Farbentons. Sofort werden alle anderen Blüten ber- Saatgut einzukaufen, und die Samenhändler haben mit der Einnichtet und auf die volle Entwickelung der Auserkorenen die volle führung der Groschenpakete dieses Bedürfnis zu befriedigen verSaftzirkulation der Pflange geleitet, sorgfältig die Befruchtung sucht, aber der Fachmann fent feine Pappenheimer, er weiß, daß vorgenommen und der Samenbildung so weit als möglich Borschub absolut zuverlässige teimfähige und fortenechte Sämereien nicht für geleistet. Endlich ist die Blütezeit vorüber und neuer Samen ge- billiges Geld zu haben sind. Schon der Marktpreis guten Stiefwonnen. Und abermals beginnt die Auslese der Samenkörner und mütterchensamens ijt zirka 60-65 M. die Unze, und es gibt in der der Kreislauf der Erzeugung neuer Pflanzen aus der Aussaat. Tat Sämereien, die höheren Marktwert bejizen, als ihr Gewicht Abermals werden nur die kräftigsten Sämlinge zur Entwickelung in Gold. So beträgt der Preis einer Unze Calceolariensamen gebracht und den knospenden Blüten die gewisse Aufmerksamkeit 250 M., der Preis einer Unze gewisser fortenechter Glorinien gewidmet. Aber auch in dieser zweiten Saison läßt sich feine Blüte jehen, deren Blumenblätter die gewünschte Farbe zeigten, wohl aber sind schon einige vorhanden, wo der neue Farbenton später zum Ausdruck kommnt. Ihre Samen werden das Eaatgut für das nächstjährige Experiment und sofort, bis endlich nach langer Mühe das gewünschte Resultat erzielt ist! Es braucht nicht selten sechs oder mehr Jahre, bis die ausgesuchic Varietät als" Reuheit" auf den Markt kommt. So wird zum Beispiel der Samenhandel im Jahre 1906 eine neue Tabatpflanze in Umlauf bringen, Gamenförner enthält. die als Blütenpflange mit ihren wundervoll gefärbten Blumenblättern alles, was man bisher auf diesem Gebiete kannte, in den Schatten stellen wird. Die farbig- blumigen Eltern dieser neuen Tabakshybriden stammen aus Brasilien , wo sie ein für die Londoner Firma Sanders& Son tätiger Orchideenjäger während der Orchideenjagd im Urwald vorfand. Man brachte hie Elternform nach England und freuzte sie mit der volkst& mlichen Sorte nicotiana affinis und hatte das Glück, nach wenigen Jahren schon eine Tabatspflanze zu erhalten, die nicht bloß all die allbekannten Qualitäten der Affinis zeigte, sondern auch die brillant gefärbten Blumen der brasilianischen Findlinge, und es ist nur zu wünschen, daß auch die neuen Hybriden den wundervollen Blumenduft befizen, der die Blumen der Affinis so besonders auszeichnet. Aber Verantwortl. Redakteur: Paul Büttner , Berlin.- Druck und Verlag: Bortvärts Buchdruckerei u.Verlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin SW.
280 M. im Großhandel, während eine Unze Samen doppelblütiger fortenechter Begonien sogar 1175 M. betragen kann, denn nur die gewöhnlichen Qualitäten sind für 512 M. per Unze im Engros Handel zu haben. Da sich die Kosten für das gewöhnliche kaufende Bublikum aber durch den Zwischenhandel ungefähr verdreifachen, so erscheint die Ueberschrift für diese Arbeit nur zu gerechtfertigt. Jedoch darf dabei die Tatsache nicht vergessen werden, daß eine einzige unge doppelter Begoniensamen zirka 200 000 einzelne
Wo es sich um solch kostbare und staubkleine Sämereien handelt, ist es nur selbstverständlich, wenn beim Verpacken derselben ganz besondere Vorkehrungen getroffen werden. Ein einziger Luftzug fönnte hier viele Tausend Mark werte Ware im wahrsten Sinne des Wortes vom Tische blasen. Der Packtisch ist deshalb von Glas umschloffen, und um die winzigen Samen einzeln in die Pakete zählen zu können, benußt die mit dem Packen betraute Person speziell konstruierte Augengläser. A. G. Grant.