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Dame-wupp! Guten Morgen, Herr Fischer. Ihm blieb| mit trunkener Schlauheit. Du führst mich zu Weibern, noch etwas übrig. Den prächtigen Revolver und die Patronen Freund. Das weiß ich wohl." war er los. Da hast Du ihn, Romaschowitsch. Zum Andenken und als Zeichen unserer zärtlichen Freundschaft schenke ich Dir den Revolver; denke stets daran, welch tapferer Offizier Wetkin ist. Ei, sind das Sachen!"

ein."

Was soll das, Pawel Pawlitsch, stecken Sie das Ding

Was! glaubst Du, er schießt nicht? Damit kann man einen Elefanten töten. Wart, wir wollen gleich die Probe machen. Wo hält sich Dein Knecht auf? Ich gehe hin und bitte ihn um eine Scheibe. He, Knecht, Waffenträger!"

Mit schwankenden Schritten trat er in den Flur hinaus, wo Hainan sich gewöhnlich aufhielt, lärmte dort einen Augen­blic umher und kehrte gleich darauf, die Büste Puschkins unter den rechten Ellbogen geklemmt, zurück.

Genug, Pawel Pawlitsch, das geht nicht," hielt Roma­schow ihn schwach zurück.

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Ach Unsinn! Irgend ein Zivilist. Wir setzen ihn da auf den Schemel. Steh ruhig, Kanaille!" drohte Wetkin der Büste mit dem Finger. Verstanden? Ich hau Dir eins

runter."

Er trat beiseite, lehnte sich neben Romaschow gegen das Fensterbrett und zog den Hahn auf. Aber dabei fächelte er so ungeschickt und mit so trunkenen Gebärden mit dem Revolver in der Luft herum, daß Romaschow erschreckt das Gesicht verzog und in Erwartung eines unvermuteten Schusses beständig mit den Augen blinzelte.

Die Entfernung war nicht größer als acht Schritte. Wetkin zielte lange und richtete die Mündung nach ver­schiedenen Seiten. Endlich schoß er, und an der Büste trat auf der Wange ein großes. unregelmäßiges, schwarzes Loch hervor. Romaschows Ohren klangen von dem Schuß.

,, Haste gesehen!" schrie Wetkin. Nun, da nimm ihn also zum Andenken und denk an meine Liebe. Jetzt zieh aber den Rock an und hopp! ins Kasino zum höheren Ruhm der russischen Waffen."

Pawel Pawlitsch, wirklich, es lohnt sich nicht, wirklich, es ist überflüssig," bat Romaschow ihn troftlos.

Aber er fonnte ihm keine Absage geben: er fand dazu weder bestimmte Worte noch einen festen Ton. Und indem er sich innerlich wegen seiner läppischen Willenlosigkeit schalt, zog er langsam hinter Wetkin her, der unsicher aber fühn längs den Gemüsebeeten an Gurken und Kohl vorbeischritt.

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Es war ein zügelloser, lärmender, dunstiger, wirklich ein wahnsinniger Abend. Zuerst wurde im Kajino getrunken, dann fuhr man zum Bahnhof Glühwein trinken, dann kehrte man wieder ins Kasino zurück. Zuerst genierte sich Noma­schow, ärgerte sich über sich selbst wegen seiner Nachgiebigkeit und hatte die üble Empfindung efelhaften Widerwillens, den jeder Nüchterne in Gesellschaft Betrunkener empfindet. Das Rachen erschien ihm unnatürlich, die Wiße seicht, der Gesang falsch. Aber der heiße Rotwein, den er auf dem Bahnhof ge­trunken, stieg ihm plöglich zu Stopf und erfüllte ihn mit lärmender, frampshafter Lustigkeit. Vor seinen Augen hing ein grauer Vorhang aus Millionen zitternder Sandtörnchen, und die ganze Umgebung wurde plötzlich gemütlich, spaßig und ganz vernünftig. Stunden auf Stunden verrannen wie Sekunden, und nur daran, daß im Speisezimmer Licht an­gezündet wurde, erkannte Romaschow deutlich, daß viel Zeit verflossen war und die Nacht anbrach

" Meine Herren, wollen zu den Mädchen," schlug jemand bor . Kommen Sie alle zur Schleifersch."

" Zur Schleifersch, zur Schleifersch, Hurra!" Alle rannten hin und her, lärmten mit den Stühlen und lachten. An diesem Abend ging alles wie von selbst. An der Kasino- Einfahrt hielten schon ein paar zweispännige Phaetons, aber niemand wußte, woher die kamen. In Ro­maschow tauchte bisweilen ein schwarzer Abgrund von Be­wußtlosigkeit auf, die mit Augenblicken besonders hellen, scharfen Begriffsvermögens wechselte. Er sah sich plöglich in dem Wagen neben Wettin sitzen. Vorn auf dem Bock faß noch ein dritter, dessen Gesicht Romaschow aber in der Nacht durchaus nicht erkennen konnte, obwohl er sich mit dem Ober­förper fraftlos nach rechts und links hin und her schwankend zu ihm hinüberbeugte. Sein Gesicht schien dunkel und bald wie verschrumpelt, bald schief verzerrt und war dabei er­staunlich bekannt. Romaschow lachte plöglich und hörte selbst, wie von der Seite, sein eigenes stumpfes, hölzernes Gelächter. Du ligst, Wettin , ich weiß, wohin wir fahren," sagte er

Betäubend auf den Steinen rasselnd, überholte sie ein anderer Wagen. Im Laternenschein huschten unsinnig schnell ein paar braune, unregelmäßig galoppierende Pferde vor­über, ein Kutscher, der über dem Kopf wütend die Knute schwang, und vier Offiziere, die schreiend und pfeifend auf ihren Sigen sich räkelten.

Für eine Minute kehrte Romaschow das Bewußtsein mit ungewöhnlicher Klarheit und Deutlichkeit zurück. Ja, er fuhr jetzt an den Ort, wo ein paar Weiber jedem Beliebigen ihren Körper, ihre Liebkosung und das große Geheimnis ihrer Liebe hingaben. Für Geld? Für einen Augenblick? Ach, war das nicht alles einerlei! Weiber! Weiber!" schrie ungeduldig eine wilde und zugleich verführerische Stimme. Dazwischen tauchte, wie aus der Ferne, als kaum hörbare Stimme, der Gedanke an Schurotschta auf, aber in dieser Vermischung lag nichts Niedriges, Gemeines, sondern im Gegenteil etwas Tröstendes, Erregendes, das ihn angenehm und leise im Herzen fitzelte. Jezt würde er sofort zu diesen unbekannten, noch nie gesehenen, sonderbaren, geheimnisvollen, fesselnden Wesen zu Frauen kommen! Und seine geheimsten Träume würden mit einem Male Wirklichkeit; er würde sie sehen, sie an der Hand fassen, ihr zärtliches Lachen und Singen hören. Und das würde ein unverständlicher, aber freudiger Trost in dem schrecklichen, leidenden Zustande sein, in dem er sich nach dem einen Weibe in der Welt, nach ihr, nach Schurotschka sehnte! In seinen Gedanken war keine bestimmte sinnliche Absicht. Es 3og ihn, den das Weib verstoßen, mit elementarer Kraft in die Sphäre dieser unverhüllten, offenen, einfachen Liebe, wie es in falter Nacht die müden, erfrorenen Zugvögel zum Leucht­turm hinzieht. Weiter war nichts dabei.

Die Pferde wandten sich nach rechts. Das Rollen der Räder und das Klirren der Metallringe hörte mit einem Male auf. Der Wagen schaukelte weich und stark in Radspuren und Vertiefungen und fuhr einen steilen Berg hinab. No­maschow öffnete die Augen. Zief unten zu seinen Füßen waren in weiter Ausdehnung kleine Lichter unordentlich ver­streut. Sie verschwanden bald hinter Bäumen und unsicht baren Häusern, bald sprangen sie wieder hervor, und es schien, als wenn dort im Tale eine große aufgelöste Menge, eine phantastische Prozession mit Laternen in der Hand dahinzog. Einen Augenblick drang von irgendwoher ein warmer Wermut­duft herüber, ein großer dunkler Zweig rauschte über den Köpfen, und fofort wehte es talt und feucht, wie aus einem alten Steller. Wohin fahren wir?" fragte Romaschow wieder.

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" In die Vorstadt!" rief der born Sigende, und Romaschot dachte erstaunt:" Ach ja, das ist ja der Leutnant Epifanow." Wir fahren. zur Schleifersch, waren Sie wirklich noch nicht dort?"

Scheren Sie sich zum Teufel!" schrie Romaschow. Aber Epifanow lachte und sagte:

Hören Sie, Jurij Alexejitsch, wollen wir einmal sagen, daß Sie zum erstenmal im Leben hinfahren? Ah? Nun, Liebling! Nun, mein Herz?!- Die lieben das. Was kostet Ihnen das Vergnügen?"

( Fortsetzung folgt.)

Kleines feuilleton.

h. Italienische" Blumen. Wenn die ersten Herbstfröste mit den Blumen im Garten aufgeräumt haben, dann müßte eine all­gemeine Blumennot in der Markthalle und in den Blumenhand­lungen entstehen, wenn nicht der sonnige Süden Italiens und Frankreichs uns mit Blumen versorgte. Innerhalb zwei Jahrzehnte hat sich dieser Blumenimport derart entwickelt, daß jetzt auch den ganzen Winter hindurch eine Blumenfülle herrscht, wie sie sich taum Mittelmeergestade stammenden Blumen für gewöhnlich Italienische" beffer wünschen läßt. Eigentümlicherweise nennt man diese vom Blumen, trotzdem aus Italien eine weit geringere Menge einge­führt wird, als aus Südfrankreich . Die Bezeichnung Riviera­Blumen wäre treffender.

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In Italien ist es die Strecke von San Remo bis Ventimiglia , und in Frankreich jene von Mentone bis Cannes , wo die Blumen in fleineren und größeren Gärten herangezogen werden. Die Blumen deren Anzucht bereitet nicht geringe Mühe und erfordert viel Arbeit; wachsen dort nicht etwa wild, wie vielfach geglaubt wird, sondern allerdings ist der Erfolg fast durchweg auch ein recht lohnender. Manchmal gibt es zwar Mißernten, doch zählen diese zu den Aus­nahmen.