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ftürzten alle. Sie im Zimmer waren, zu den Fenstern und und riß die Hand Tos. Jekt fühlte Romaschow, daß er Türen. Die Weiber kreischten hysterisch. Die Männer stießen nicht mehr die Kraft hatte, ihm Widerstand zu leisten, aber sich gegenseitig zurück. Romaschow zog man geschwind zur er fürchtete ihn schon nicht mehr und sagte mitleidig und Tür, und jemand, der an ihm vorbeidrängte, berührte ihn freundlich, indem er ganz leise die Schulter des Kameraden an der Backe schmerzlich bis aufs Blut mit dem Ende der berührte: Achselklappe oder einem Knopfe. Und sofort begannen auf ,, Verzeihen Sie mir aber Sie werden es mir später dem Hofe sich gegenseitig übertönende, heftig erregte Stimmen felbst Dank wissen." zu schreien. Romaschow blieb allein in der Tür stehen. Sein Herz schlug schnell und krampfhaft, aber gleichzeitig mit dem Schrecken empfand er ein angenehmes, ungestümes und freudiges Gefühl.
" Ich hau Euch nieder!" schrie Bek- Agamalow mit den Bähnen knirschend. Der Anblick allgemeiner Furcht machte ihn vollends trunken. Er spaltete mit rasender Kraft durch einige Hiebe den Tisch, stürzte sich dann wütend auf den Spiegel, dessen Splitter in einem blizenden Regenbogen nach allen Seiten sprizten. Vom nächsten Tisch schlug er mit einem Hieb alle darauf stehenden Flaschen und Gläser herunter. Aber plöglich ertönte ein durchdringender, unnatürlich gemeiner Schrei:
„ Du Narr! Du Lümmel!"
Da schrie eben das Frauenzimmer mit aufgelöstem Haar und bloßen Armen, die kürzlich Leschtschenko umarmt hatte. Romaschow hatte sie vorher nicht gesehen. Sie stand in einer Nische hinter dem Ofen, hatte die Fäuste auf die Hüften gestemmt und schrie ganz vornüber gebeugt ununterbrochen im Tone eines rasenden Marktweibes:
Narr! Lümmel! Frecher Ker!! Vor Dir hat niemand Angst! Du Narr, Narr, Narr!...
"
Bef- Agamalom runzelte die Brauen und ließ wie verwirrt den Säbel sinken. Romaschow sah, daß sein Geficht allmählich blaß wurde, und in seinen Augen ein unheilvoller Glanz aufleuchtete. Gleichzeitig beugte er die Knie tief und tiefer, frümmte sich zusammen und zog den Hals ein, wie ein wildes Tier, das sich zum Springen anschickt.
„ Schweig still!" warf er schrill hin, als wenn er aus
spuckte. Du Narr! Lümmel! Armenier! Ich schweig' nicht, Du Narr!" rief das Weib bei jedem Schrei am ganzen Körper zitternd.
9.
Bet- Agamalow schob scharf und geräuschvoll den Säbel in die Scheide.
"
Gut! Zum Teufel!" schrie er böse, aber schon etwas gezwungen und verwirrt. Wir werden noch miteinander abrechnen. Sie haben kein Recht dazu!
...
Alle, die der Szene von draußen zugesehen hatten, begriffen, daß das Schrecklichste vorüber war. Mit übermäßig lautem, frampfhaftem Gelächter wälzte sich die Schar in die Tür. Jezt begannen alle vertraulich, freundlich und ungezwungen Bek- Agamalov zu beruhigen und auf ihn einzureden. Aber sein Feuer war schon erloschen, er war schwach geworden und sein düsteres Gesicht zeigte einen matten Ausdruck des Ekels.
Jetzt kam die Schleifersch, eine dide Dame mit fettem Busen und grausamem Ausdruck in den von dunkeln Säckchen umgebenen Augen ohne Lider angelaufen. Sie stürzte bald auf den einen, bald auf den andern Offizier los, zupfte ihn am Aermel oder an einem Knopf und schrie weinerlich:
,, Aber meine Herren, wer wird mir das alles bezahlen:
den Spiegel, den Tisch, das Getränk und die Mädchen."
Und wieder blieb ein unbekannter Gast zurück, um mit ihr abzurechnen. Die anderen Offiziere gingen im Haufen fort. Reine, zarte Mainachtluft drang feucht und angenehm in Romaschows Brust und erfüllte seinen ganzen Körper mit frischem, fröhlichem Zittern. Es schien ihm, daß die Spuren der heutigen Trunkenheit sofort mit einem Male in seinem Innern weggewischt würden, wie mit einem feuchten Schwamm.
Bek- Agamalow trat zu ihm und ergriff seine Hand. Romaschow, setzen Sie sich zu mir," schlug er vor. Wollen Sie?"
Und als beide nebeneinander saßen und Romaschow nach rechts hinübergebeugt sah, wie die Pferde in unregelmäßigem Galopp, die breiten Hintern hin und her werfend, den Wagen den Berg hinanführten, suchte Bek- Agamalow tastend seine Hand und drückte sie lange fest und schmerzhaft. Weiter wurde zwischen ihnen kein Wort gewechselt.
19.
Romaschow wußte, daß er selbst in diesem Augenblick blaß wurde. In seinem Kopf empfand er das bekannte Gefühl vollständiger Gleichgültigkeit, Leere und Dede. Eine sonderbare Wallung von Schrecken und Fröhlichkeit schnellte plötzlich sein Inneres wie feuchten Schaum in die Höhe. Er fah, daß Bek- Agamalow, ohne die Augen von dem Frauenzimmer abzuwenden, langsam den Säbel über den Kopf erhob. Und plötzlich fuhr ein Flammenstrom unsinnigen EntAber die Erregung, die soeben alle durchlebt hatten, zückens, Schreckens, förperlicher Kälte, lachender Kühnheit auf zeigte sich in der allgemeinen, nervösen, frampfhaften AusRomafchow nieder. Im Vorwärtsstürzen konnte er noch gelassenheit. Auf dem Wege zum Kasino machten die Offiziere hören, wie Bek- Agamalow wütend zischte: allerhand Gemeinheiten. Sie hielten einen vorübergehenden ab, ließen den Kutscher weiterfahren und warfen dann die Juden an, riefen ihn zu sich heran, rissen ihm seine Mütze Müze irgendwo hinter einem Zaun in einen Baum. Olisar schlug während der Fahrt auf dem Trittbrett stehend sein Wasser auf das Pflaster ab und suchte Passanten, die gewohnheitsmäßig mitten auf der Straße gingen, zu beschmutzen. Bobetinski prügelte den Kutscher. Die übrigen fangen und schrien laut. Nur Bek- Agamalow, der neben Romaschow saß, schwieg den ganzen Weg über und schnarchte bösartig und frampfhaft.
"
" Du willst nicht schweigen? Ich sage Dir zum letzten Romaschow packte mit einer Kraft, die er selbst nicht an fich erwartet, Bek- Agamalow fest an der Handwurzel. Einige Minuten blickten beide Offiziere fich unverwandt, ohne zu blinzeln, in fünf oder sechs Zoll Entfernung in die Augen. Romaschow hörte den schnellen, wie bei einem Pferde schnaubenden Atem Bek- Agamalows, sah das schreckliche Weiß und die glänzenden Augapfel und die weißen, knirschenden, zitternden Kinnladen. Aber er fühlte schon, daß das Feuer des Wahnsinns in dem erschöpften Geficht mit jedem Augenblick mehr und mehr erlosch. Und es war ihm ein schwer zu ertragendes, und dabei unaussprechlich freudiges Gefühl, so zwischen Leben und Tod dazustehen und schon zu wissen, daß er als Sieger aus diesem Spiel hervorgehen würde. Alle, die diefer Szene von außen zusahen, mußten ihre gefährliche Bedeutung anerkannt haben. Draußen vor den Fenstern wurde es still so stiu, daß in einer Entfernung von wenigen Schritten in der Dunkelheit plötzlich eine Nachtigall einen lauten Triller unbekümmert herausschmetterte. " Laß das!" preßte Bek- Agamalom heiser heraus. " Bek, Du schlägst kein Frauenzimmer," sagte Romaschow ruhig. Bet, es wird Dir Dein ganzes Lebenlang leid tun, Du schlägst sie nicht."
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Die letzten Wahnsinnsfunken erloschen in Bek- Agamalows Augen. Romaschow blinzelte mit den Augen und seufzte tief, wie nach einer Ohnmacht. Sein Herz schlug schnell und in Absätzen, wie in heftigem Schreck, sein Kopf aber wurde wieder warm und schwer.
Laß das," schrie Bek- Agamalow noch einmal voll Haß
Das Kasino war trotz der späten Stunde gedrängt voll von Offizieren. Im Spielzimmer, im Eßzimmer, im Büfettund im Billardzimmer drängten sich von Wein, Tabak und Hazardspiel berauschte Offiziere in offenen Uniformen mit unbeweglichen, glajigen Augen und trägen Bewegungen. Als Romaschow einige neu angekommene Offiziere begrüßte, bemerfte er plötzlich zu seinem Erstaunen unter ihnen Nikolajew . Er saß neben Osadtschi und war betrunken und rot, hielt sich aber. Als Romaschow um den Tisch herumging und sich ihm näherte, blickte Nikolajem ihn flüchtig an und wandte fich sofort ab, um ihm nicht die Hand zu reichen, und sprach mit künstlichem, lebhaftem Interesse mit seinem Nachbar.
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ein
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Wetkin, kommen Sie singen!" schrie Osadtschi über den Kopf des Kameraden hinweg. Sin- gen wir Lied," sang Wetkin in der Melodie einer kirchlichen Liturgie. ,, Singen wir ein Lied, singen wir ein Lied," fielen die übrigen laut ein.
Bei dem Popen hinterm Gitter rauften fich drei