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benen zur Handarbeit bedungenen Tagelöhnern oder Weibern Thee| treffenden Menschen oder Tier von den Knochen eines Tieres ein­oder Kaffee reichen und schenken zu lassen, diesen aber unter vor- gibt, das nach dem Genuß jenes Krauts gestorben ist. Anderenfalls berührten Strafen von 5 Reichsthalern anbefohlen, solchen nicht an- ist jedes Wesen, das von der Pflanze gegessen hat, dem Tode ver­zunehmen, sondern vielmehr die contraveniirenden Herrschaften, fallen, denn auch die Zähne erweichen sich derart, daß die Möglichkeit wobei sie dienen, dem Herrn Camerario anzuzeigen, da ihnen dann der Ernährung aufhört. An diesem Märchen ist am meisten die an­für diese Anzeige, wenn selbige gegründet befunden wird, sofort gebliche Heilung der zuletzt geschilderten Krankheit beachtenswert, zwei Reichsthaler aus der Kämmeren gezahlet werden soll. Einer weil sie etwas an die Serumbehandlung erinnert, z. B. an die gleichen Belohnung soll drittens ein jeder andere Denunziant, welcher Impfung derer, die von Schlangen gebissen sind, mit dem betreffenden einen Contravenienten anzeigt, sich zu erfreuen haben, hingegen aber Schlangengift, der von tollen Hunden Gebissenen mit dem Gift der biertens derjenige, welcher solche Anzeige unterlässet, mit der Hundswut usw. nemlichen Strafe wie der Contravenient selbsten, beleget werden". Diese Ratsweisheit mit Denunziationszwang spricht für sich selbst! 1767 erließ der Rat ein Verbot für An- und Verkauf von ge branntem Kaffee. Ungebrannter sollte nur pfundweiſe verkauft werden. Jede Kaffeeschuld war ungültig, das zum Trinken ver­wandte Kaffeegeschirr verfiel der Konfiskation. Jede Uebertretung aber dieses unsinnigen Verbotes zog 10-50 Reichsthaler Strafe nach sich, ohne natürlich im geringsten den Siegeszug des Tees auch in Dortmund aufzuhalten.

hr.

Ein merkwürdiger Fall von Dämmerzustand. In letter

Zeit ist häufig von Fällen berichtet worden, daß Vermißte nach länge­Ursache ihrer Entfernung von Hause eine kranthafte Störung der rer oder kürzerer Zeit wieder aufgefunden wurden, bei welchen als Geistestätigkeit angenommen werden mußte. In diesem Zustande erst nach fürzerer oder längerer Zeit zur Besinnung ihrer Lage. Diese verließen sie ihre Angehörigen, wanderten ziellos umher und kamen Form der Bewußtseintrübung findet man sehr häufig bei Epi­leptikern und Hysterischen, der krankhafte Wandertrieb ist dann als Ausdruck der krankhaft veränderten nervösen Stonstitution anzusehen. t. Asiatische Wunderpflanzen. Julius Caesar Scaliger , einer dahnenflucht bei Soldaten, namentlich wenn sie scheinbar ganz un­der Gelehrten an der Wende des Mittelalters, die sich durch eine motiviert ist, gehört auch öfters in diese Stategorie. Oft ist das Ver­fast unglaubliche Vielseitigkeit auszeichneten, hat neben philologischen, halten der kranken Wanderer ein derartiges, daß sie ihrer Umgebung philoſophiſchen, ästhetischen und medizinischen Schriften auch einige nicht weiter auffallen, manchmal werden sie aber als Geistestrante naturwissenschaftliche Bücher mit Anlehnung an die Vorbilder des erkannt und kommen mit den Gesezen oft in ernstlichen Konflikt. Altertums geschrieben, vornehmlich über Pflanzen. In einer dieser leber einen solchen Fall berichtet Dr. Mörchen in der Monatsschr. Veröffentlichungen ist von einer sonderbaren Pflanze aus Asien in für Psychiatrie"; dieser Fall ist deswegen besonders interessant, weil folgenden Worten die Rede: Im Gebiete der Tataren säen die Beer zeigt, daß solche Menschen in Wahrheit oft ein doppeltes Leben wohner des Landes einen Samen, der dem Samen der Melone führen. Denn der Patient, ein junger Mann von 26 Jahren, war gleicht, abgesehen davon, daß er nicht so lang ist. Daraus entsteht ein fleißiger, solider und nüchterner Mensch, so lange er gesund war. eine Pflanze, die man Boramek, d. H. Lamm, nennt, weil ihre Frucht dann wurde er unsolide, verschwenderisch, ein Trinker. Die Anfälle Wenn er aber von seinem frankhaften Wandertrieb befallen wurde, ganz die Gestalt ines Lamms befizt. Diese Pflanze wächst fast bis traten mit dem 22. Lebensjahre auf und hinterließen keine Erinne­zur Höhe von drei Fuß. Die Frucht hat Füße, Nägel, Ohren, einen ganzen Kopf mit Hörnern, genau wie sie bei rung. Der Kranke wurde nach zwei bis vierzehn Tagen in den einem Lamm zu finden sind. Indes entstehen an der Stelle, wo die Straßen einer fremden Stadt gefunden und erwachte dann wie aus Hörner sein müßten, nur zwei Büschel Haare, die jene eben ziemlich einem langen Schlafe. Je länger die Krankheit bestand, desto größer gut vertreten. Sie ist bedeckt mit einer Art dünnem und zartem wurden die Wanderungen. Zuletzt dauerten die Anfälle mehrere Leder, woraus die Tataren sich Mützen verfertigen. Das Fleisch der Monate, und während einer solcher Wanderung verübte der Kranke Frucht ist ebenso angenehm zu essen wie das Fleisch des Hummer. Diebereien und Betrügereien, die den Stempel der planmäßigen Wenn man in die Frucht hineinsticht, so dringt ein roter Saft her- cberlegung derart trugen, daß man den Kranken erst für einen bor, wie das Blut aus einer Wunde quillt. Die Pflanze nährt sich abgefeimten Gauner hielt. Im Gefängnis erlitt er jedoch einen von den um sie herum wachsenden Kräutern, gerade wie ein Schaf Tobsuchtsanfall, so daßz bald nicht mehr zu bezweifeln war, daß man auf einer fetten Weide. Wenn die benachbarten Sträuter verzehrt es mit einem Geisteskranken zu tun hatte. Die Wichtigkeit derartiger find, trocknet der Borames aus und stirbt, und, was der Gipfel des Fälle für die gerichtsärztliche Beurteilung liegt auf der Hand. Wunders ist, die Wölfe sind auf dieses Pflanzenlamm höchst ver­Humoristisches. sessen und suchen seiner habhaft zu werden und es zu verschlingen, während andere fleischfressende Tiere es mit völliger Gleichgültigkeit betrachten." Erasmus Darwin hat in einem Gedicht, das von der Liebe der Pflanzen handelt, das Tatarische Lamm" besonders fdwungvoll befungen:" Der Kälte des Nordens trobend, läßt der schthische Borameh sein prächtiges Laub über den Schnee erglänzen; mit seinen gegabelten Füßen an die Erde geheftet, wendet er sein Haupt nach allen Seiten. Er schmilzt mit seiner Zunge das Eis um fich; herum und weidet das grauliche Moos und den rauhen Thymian ab. Das Pflanzenlamm scheint mit seinen Augen seine Mutter zu suchen und sie mit zartem Blöken zu rufen. Das dichte Vließ, mit dem es bekleidet ist, schüßt es vor den Angriffen des Winters."

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Schlechte Ernte. Neue Stücke habe ich dieses Jahr noch gar keine zu sehen bekommen. Zu den Premieren friegt man nie Billette, und zweimal wird das Zeug nicht aufgeführt."

Sie fann feine Bügen se h'n. In einem Ostseebade hat sich auch eine nicht mehr ganz junge Engländerin eingefunden, die bei einem alten Schifferehepaare Wohnung nimmt. Am anderen Morgen findet sie früh die Wirtsfrau beim Waschen. Vor dem Hause blähen sich schon allerlei gereinigte Kleidungsstücke im Winde. Was hängt dort?" fragt die furzsichtige Engländerin auf eine Wasch­leine deutend, an der mehrere Stücke hängen. Das sind die Büren von meinem Mann." ,, O schocking", freischt die Tochter Albions Dies sonderbare Naturgebilde, bei dessen Schilderung wohl jeder auf, als ihr die Bedeutung der fremden Worte Klar wird." Nehmen sich an die Alraunwurzel erinnert, ist auch nur eine solche merk- Sie das weg. Ich fann feine Bür seh'n." Und wirklich, sie ruht würdig gestaltete Wurzel und zwar die eines Farutrautes, dessen nicht eher, als bis die flatternden Wäschestücke in den Garten hinters Blätter als höchst wohlschmeckend bezeichnet werden. In der Wissen- Haus verbaunt sind. schaft hat die Pflanze den Namen Dicksonia Borametz erhalten. Am Nachmittage fragt ein Herr nach der prüden Miß. Ja, Der Wurzelstock wächst aus der Erde heraus und ist mit einer Art die Miß wohnt hier", entgegnete die Alte, aber so kommen Sie bon goldfarbigem Flaum bedeckt. Die Einwohner Jnnerasiens pflegen nicht zu ihr." Was heißt nicht so?" forscht der Fremde. So der Pflanze den Hauptstiel und alle anderen bis auf vier abzu- nicht", erklärt bestimmt die Alte, da müssen Sie erst Ihre schneiden, die man über dem Wurzelstock stehen läßt. So ent- Bigen ausziehen. Das Fräulein taun teine Bügen steht eine Gestalt, die einige Aehnlichkeit mit einem Lamm besitzt, seh'n". ( Jugend".) indem die vier stehengebliebenen Stummel von Blattstielen die Beine andeuten. Wenn die Wurzel herausgenommen und umgekehrt auf­gestellt wird, so ist das Lamm fertig. Wie der Cosmos" berichtet, besitzt das Naturhistorische Museum in Paris einen solchen Boramek. Noch eine andere Pflanze ist oder war von den Asiaten sehr gesucht, aber der Sage nach wächst sie nur an Orten, die der Mensch nicht auffinden kann. Der einzige, der sie kennt, ist der Specht. Man bfiel daher auf folgendes geniale Mittel. Man suchte einen Baum, in dem ein Specht sein Nest hatte. Wenn der Vogel aufgeflogen war, terschloß man die Oeffnung mit einem Brett. Der bei der Wieder- c. In Rom ist ein bibliographisches Bureau ge­fehr enttäuschte Vogel dann nach Osten und kehrte gegen Abend gründet worden. Es vermittelt auf Anfragen einen Bericht über mit einem Stück Blatt wieder, das er zwischen das Brett und den das Vorhandensein bestimmter Manuskripte und Dokumente, unter Baumstamm stedte. Nach einer Viertelstunde löste sich dann das Umständen auch Abschriften und Photographien. Direktor ist Enrico Brett mit dem hineingeschlagenen Nagel von selbst, und die Auf- Celani. passer bemächtigten sich des fostbaren Blattes, mit dem man angeb Das Kleine Theater hat Frank Wedekinds lich jedes Eisen durchschneiden kann. Vielleicht die merkwürdigste aller Schauspiel, Marquis von Keith" erworben und wird es im Pflanzen ist eine dritte, die über die Zauberkraft verfügt, Senochen nächsten Monat zur Aufführung bringen. Die derart aufzuweichen, daß, wenn man davon gegessen hat, man sich

Notizen.

Unter den in den letzten Tagen in Warschau Verhafteten befindet sich auch Genosse Jeroszewsti, der achtzehn Jahre als Verbannter in den rauhesten Gegenden Dst- Sibiriens gelebt. Er schreibt unter dem Namen K. Bagrynowski. Seinen Roman: Die Flucht" haben wir im vergangenen Jahre veröffent­licht.

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Karl Hauptmanns tragisches Versschauspiel

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nicht mehr auf den Beinen halten kann. Ein Rind, das von der Austreibung" hat bei der Uraufführung im Lobe- Theater zu Pflanze gegessen hat, kann nicht mehr gehen und seine Knochen sind Breslau bersagt.

derart erweicht, daß die Beine sich biegen wie eine Weidenrute. Das- Die nächste Ausstellung des Deutschen Stünstler­einzige Mittel gegen diese furchtbare Wirkung ist, daß man dem be- bundes wird 1906 in Weimar stattfinden.

Berantwortl. Redakteur: Hans- Weber, Berlin.- Drud u. Verlag: Vorwärts Buchdruderei u.Berlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin SW.