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Besser

darauf gerichtet sein, die ständige Eiweißerschöpfung des Blutc durch den in seinen Geweben unaufhaltsam vor sich gehenden Stoff­wechsel zu vermeiden oder wieder auszugleichen, weil sonst der menschliche Organismus einem allmählichen Berfall entgegengeht. Von den getrockneten Bestandteilen der roter Blutkörperchen sind acht vom Hundert Eiweißstoffe und neunzig vom Hundert roter Blutfarbstoff. Eisensalze werden meist von Nutzen sein, aber sie können in der gewöhnlichen anorganischen Form nur zu geringem Teil vom Körper aufgenommen und ausgenutzt werden. wirken sie, wenn sie in Verbindung mit Eiweißstoffen dargereicht werden. Sorgfältige chemische Untersuchungen haben gezeigt, daß die wichtigste Quelle eisenhaltiger Verbindungen in Pflanzenstoffen zu finden sind, namentlich in Hülsenfrüchten, Linsen, Spinat usw. Der Physiologe und der Chemiter haben die Aufgabe, auszuforschen, wie dem Bleichsüchtigen diese Stoffe am leichtesten zugeführt werden tönnen, jedenfalls ist neben guter geeigneter Nahrung auch ein reich­licher Genuß frischer Luft für die Behandlung der Bleichsucht er= forderlich.

Aus dem Tierleben.

Von der Zutraulichkeit eines Schmetterlings berichtet Dr. Nodier in Ruelle( Charente ). Es lebt in Französisch­Guyana und wahrscheinlich auch in anderen Gegenden des tropischen Amerikas ein Schmetterling, der durch die Gegenwart des Menschen herbeigelockt wird. Es ist ein herrlicher Tagfalter von mehr als Durchschnittsgröße, der, wie es sein glänzendes blaues Gewand ver­rät, zur Gruppe Morpho gehört. Er bewohnt den Urtvald. Wenn man eine Beitlang in jenen einsamen Gebieten dahinwandelt, kommt es nicht selten vor, daß er plöblich aus der Tiefe des Waldes auf­taucht und dem Wanderer zur Seite erscheint. Sein Flug ist ge­räuschlos, stoßweise, und in demselben Maße, wie man auf dem kaum erkennbaren Pfade vorwärtszieht, hält er sich, ohne einen je aus dem Auge zu verlieren, auf gleicher Höhe. Sorgfam bleibt er in sicherer Entfernung, die er stets zu bewahren weiß; niemals fest er sich nieder. Nachdem er einen eine Weile begleitet hat, fliegt er davon und verschwindet in gleich geheimnisvoller Weise, wie er auf­tauchte, um oft nach furzer Zwischenzeit wieder von einem feiner Artgenossen ersetzt zu werden, der dann dasselbe Spiel beginnt. In der Tat darf man sagen, daß dieser Schmetterling zum wahren Gefährten in dieser ungeheueren Waldeinsamkeit wird, wo kein Ge­räusch die schwüle Stille stört und sonst kein Zeichen an das Vor­Handensein eines lebenden Wesens erinnert. Manchmal lassen sich mehrere Falter bei einander beobachten, doch immer nur in sehr beschränkter Zahl. Dr. Nodier erinnert sich nicht, jemals mehr als zwei zugleich gesehen zu haben. ( Brometheus".)

ein gut Leben machen. Er hat ihnen das Recht auf Arbeit ge­nommen, um das Recht auf eigenen Erwerb nicht zugestehen zu müssen. Und da ist die Rosale. Ein Mensch, der sich nicht ducken kann. Ein Mensch, der freien, breiten Raum braucht. Gin Mensch, der seinen geraden und gesunden Egoismus nicht dran gibt, geh's wie's will. Und es geht abwärts. Der Alte ist die Treppe herunter­gestürzt, die er selbst ausgebessert hat und hat sich zum Krüppel ge­fallen. Nun gehört alle Arbeit den Jungen. Sie schaffen wie die Feinde. Besonders die Rosale. Aber es ist kein Segen in ihrer Arbeit. Alles was sie bauen und aufrichten wollen, das steht auf Hohlem Grund. Der Vater unterwühlt's. Er schädigt sie auf jede Art, denn einmal kann es seine Habsucht nicht verwürgen, daß er nicht nicht der Kommandierende im Hause sein soll, und dann haßt er die Rosale. Er sät Unkraut in ihren Weizen, bis es die gute und schöne Saat erstickt. Er hebt deur Sohne die Gläubiger auf ben Hals, er bringt ihn in Verruf als Schuldenmacher, er liefert ihn der Berachtung der Leute aus, indem er sich als Bettler auf die Straße stellt. Dadurch verscherzt er seinem Sohne die Gunst bes Rittmeisters, der Hülfe bringen wollte. Die inneren Verhält­nisse hat er längst zerrüttet. Selbst die Liebe zwischen den jungen Leuten hat er zerrieben, daß sie leer zu einander stehen, leer mit der Enttäuschung und dem Sehnen, leer in Vorwurf und Reue: fei's doch wieder, wie es war. Bei Rojale schluchst das aus so wehem ge­anartertem Herzen auf, um so härter und bitterer, als sie wehende Fahnen einst ins Leben getragen und alles gut und schön und glück­Tich gewollt hatte. Selbst zur Mutter ist sie nun hart geworden. Sie ist hier nur ein geheztes verachtetes Schaffvieh. Noch nicht ge­brochen, aber fremd. Ihr Mann schenkt ihr kein Vertrauen mehr. Er frißt alles still in sich hinein, und sic ahnt's und weiß es, daß er da einmal dran ersticken müsse. Aber sie achtet ihn auch nicht mehr voll, und deshalb liebt sie ihn nicht mehr. Wenn sie ihn an­fieht, so weiß sie: man muß jemand kennen, wenn man ihn lieben foll. Sie hat ihn früher nicht gekannt, fie fennt ihn jetzt. Wenn sie die Verhältnisse ansicht, so weiß fie: ich hatte zu viel Platz nötig für mich, da paßte ich nicht in dieses Haus. In dieses Haus hätte jemand gepaßt, der dünn gewesen wäre und nichts für sich beansprucht hätte. Der unbemerkt sich in den Kreis eingefügt hätte, wie das Winchen etwa, auf das sie einmal eifersüchtig gewesen war. Und nun, wie die Katastrophe hereingebrochen ist, wie Heinrich seinen Bater erschlagen, da fühlt sie selbst ihr Teil Schuld. Sie Stürzt ihrem Manne nach zu den Gendarmen. Und wie in Roseggers Am Tage des Gerichts", so fühlen ihre Schuld auch die anderen. Hedwig Wangel hat die Rofale dargestellt. Sie hat aus der Rolle eine lebendige Gestalt gemacht, von einer Einheit und Rundung, von einer solchen Starttönigkeit und einem so ergreifenden Gefühl in allen Mädchen- und Frauentönen, daß sie, selbst in einer Abgerundetheit der Gesamtdarstellung, wie diese war, alles und alle überragte. In ihrer Leistung war der Glanz der Echtheit, in der das Künstliche Kunst und die Kunst Leben wird. Paul Mar Halbes Infel der Seligen" wird am Wegener aus Hautburg spielte den Typus des alten fraßigen 9. Dezember im Münchener Schauspielhaus zum erstenmal Aschenbach mit allen schauspielerischen Finessen und viel, allzuviel, aufgeführt.- bewußt markierendem Detail. Emilie Kurz war eine vortreff­ Der Helfer", ein neues Schauspiel von Felix liche alte Frau Aschenbach, während Albert Steinrüd sich Philippi, gelangt demnächst am Burgtheater in Wien zur bergebens bemühte, seiner Rolle zu geben, was ihr vom Verfasser Uraufführung. des Stückes versagt worden. Seine Darstellung übte nicht die volle- Das Theater des Westens bringt nächstens eine Ueberzeugungskraft aus. Das ist aber so leicht bei Stücken der Fall, neue Operette von Eysler :" Buffert " heraus. die einen start illustrativen Charakter in ihrer Anlage haben. Man Jm Albrecht Dürer Haus, Stronenstr. 18, findet bei muß ihren Worten mehr glauben als ihrem Handeln. In Heinrich freiem Eintritt vom 24.- 30. November eine Ausstellung von ist das Werden versäumt. Nur in Rosale liegt es. Und darum Drucken nach Werken Adolf Menzels statt. liegt die Möglichkeit in dieser Rolle, entividelnd und wachsend dar­Der neue Komet ist, nach einer Meldung der Sternwarte zustellen. Sonst ist alles Gewordensein in dem Stück. Das wird Königstuhl, mit bloßem Auge auffindbar. Mit dem Opernglas ge­den Schauspielern immer gefährlich. Es kann nur da ganz über- fehen, erscheint er als ein rundlicher Nebelfleck mit schwachem wunden werden, wo einem Dichter die Sprache Gewalt gibt, oder wo eine knappe Romposition auf eine scharfe Bointierung zusammen zieht. Der Verfasser beeilte sich, seinen Erfolg zu quittieren. Nach bem zweiten Afte erschien er regelmäßig mit den Darstellern. Wenn das in Berlin so Brauch ist, so ist's fein schöner Brauch, muß ich fagen.

Medizinisches.

hz.

Kern.

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Notizen.

u. Salpetersäure in verdünnter Milch. Bekanntlich ist in dem Wasser, das wir zum Trinken und zu den sonstigen Ge­branchszwecken verwenden, stets ein wenig Salpetersäure vorhanden, und wir müssen nur darauf achten, daß nicht zu viel Salpetersäure im Waffer enthalten ist, weil dadurch das Trinkwasser ungesund und schädlich werden würde. Eine Kleine Menge Salpetersäure im Wasser wird aber nicht nur nicht unangenehm empfunden, sie kann fogar in gewiffer Beziehung noch nüglich wirken, indem sie nämlich zum Verräter wird, wenn Milch durch Wasserzusatz verfälscht wurde. Reine, unverfälschte Milch enthält nämlich keine Salpetersäure und wenn die chemische Untersuchung der Milch ergibt, daß sich die ges nannte Säure in ihr befindet, fann mit Sicherheit geschlossen werden, daß Wasser fünstlich zugefekt worden ist; dabei ist gerade der Umstand von Wichtigkeit, daß wir in jedem Wasser Salpeter­fäure haben. Denn dieser Umstand allein gibt uns die Sicherheit, wenn in einer Milch die Säure nicht nachzuweisen war, zu wissen, daß auch kein Wasser zugesetzt ist; dies ist sogar die einzig sichere Prüfung auf Wasserzufaß, und sie ist viel sicherer, als die mit dem Galaktometer.-

en. Die Entstehung und Behandlung der Bleich sucht. Die Bleichsucht oder Blutarmut gehört zu den Leiden, denen auch die moderne Heilkunde noch nicht so recht hat beikommen| Können. Dr. Wallian hält in einer Zuschrift an den Lancet" das Wort Bieichsucht( Anämie) in seinem allgemeinen Gebrauch über­haupt für irreführend. Er ist der Ansicht, daß der Zustand, der ben Arzt zu beschäftigen hat und in seiner Behandlung die schärfte Beachtung fordert, richtiger durch den Namen Dysämie bezeichnet werden würde. Danach ist nicht die Blutarmut, sondern die schlechte Beschaffenheit des Blutes zu betonen. Bei allen Zuständen der Bleichsucht erstreckt sich der Verlust in der Zusammensetzung des Blutes hauptsächlich auf die Eiweißkörper und den roten Blut­farbstoff. Auf ihren Ersaß in reichlicher Menge und in leicht-- Auch eine Auffassung. Im Geschichtsunterricht hatte berdaulicher Form muß also in erster Linie Rücksicht genommen ich so erzählt der Tagl. Rundsch." ein Lefer den Schülern Tägl. werden. In der früheren Annahme, daß man dem Bleichsüchtigen von der Pest in der Heimatstadt im Jahre 1681 erzählt, die die ohne Unterschied Eisen zuführen müsse, weil ein Eisensalz der Stadt fast entvölferte. Darüber wurden Auffäße geschrieben. Der wesentliche Bestandteil des roten Blutfarbstoffes ist, fann nicht länger Schluß eines solchen lautete: Daß die Leute wieder fröhlicher aufrecht erhalten werden. Immerhin bleibt die Tatsache bestehen, wurden, das sieht man daran, daß im Jahre 1682 48 Hochzeiten daß das Eisen etwa ein Halb vom Hundert des roten Blutfarbstoffes gefeiert wurden. Gott möge uns in Bufunft vor solch einer Säuche in gesundem Zustande bildet. Die Bekämpfung der Bleichsucht muß bewahren." Berantwortl. Redakteur: Hans Weber, Berlin . Drud u. Verlag: Vorwärts Buchdruderei u.Berlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin SW.

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