l)ie Lache nicht als eine Zahnoperation an, bei der man in Ohn» macht fallen muß. In einer groben Schale steckt hier ein feiner Kern. Und so deutsch ist das. so holzschnittmäßig. Bertragt das doch und laßt die dummen Schnacken.Sonst zürnt Euch über den Echnax und Fax, füglich der Schuster und Singer Hans Sachs. ck.Es ist nicht wahr." Ter Restauraiionsraum liegt in dumpfer Trägheit. All die Symptome einer Erwcrbsstockung machen sich ausdringlich bemerkbar: Man hört die Gasflammen summen, das Tropfen des Wasserhahnes an der Spülvorrichtung des Büfetts; man' hört die Uhr ticken und das Papier knittern, wenn der ein- zige Gast, der einsam inmitten der leeren Tische und Stühle sitzt, die Zeitung wendet. Wie zum Hohn hocken wir Musikanten auf unserem Podium in einer Ecke des Lokales. Wir sind drei Männer und ein Weib zu der Arbeit verdammt, mit Tamtam, mit Singen und Klingen gegen die Grabesstille dieses Erbbegräbnisses anzu- kämpfen. Die ganze Trostlosigkeit des elenden Mufikantendaseins drängt sich lähmend in mein Bewußtsein. Diese Leere, diese Inhalts- losigkeit eines Lebens und das Ahnen, das Vorauswisien. daß sich da» nie ändern werde, daß höchstens an besonderen Geschäftstagen eine vom Alkoholgenusse erregte, brutal sich geberdende Gäste- schar, eingehüllt in dicke Wolken schlechten Zigarrcnqualmes, eine Abwechselung in die triste Oede bringen werde, dieses Bewußtsein und die Gewißheit, daß alles Rütteln und Zerren an den Fesseln der Wirklichkeit vergeblich, daß der unglückselige Beruf sein Opfer festhält, wie die Schande, aus deren Umklammerung es kein Ent- weichen gibt, das führt unweigerlich zur Verblödung. Wir bilden einitalienisches Tanz- und Gesangs-Ensemble". Trotz meines unverkennbar deutschen Charakters hat man mich in ein italienisches Pagliaccio-Kostüm gesteckt. Meine Zunftgenossen findecht"; im herrlichen Neapel geboren. Eine unglückliche Ge- schichte liegt in ihrer Vergangenheit. Sie bilden eine Familie; Vater. Mutter und Sohn. Der Vater war Lehrer in Neapel ; er hat in seiner Militär- dienstzeit von einemStellvertreter Gottes auf Erden" ein An- denken für die ganze Zeit seines Erdenwallens erhalten, das sich ihm in Form eines Ohrenleidens von Jahr zu Jahr fühlbarer machte und ihn zwang, den Beruf eines Volkserziehers aufzustecken. Seine Frau entstammte einerkleinen Beamten"-Familie Neapels ; fie hatte als Mädcben guten Gesangsunterricht genossen. Wie so die einfältigen Menschen find! Sie schämten sich ihres Unglücks; sie flüchteten vor dem Hohne , dem cynischen Mitleide der lieben Nachbarn ins Ausland, und nun versuchen fie in Deutsch - land als Musikanten ihre Magen in normaler Funktion zu er- halten. So lange die Mutter nochdells Signora", ging das Geschäft gut. Der Sohn konnte ein Konservatorium für Musik besuchen. Nun steht die Signora an der Schwelle der Vierzig. Siezieht" nicht mehr. Der Sohn, kaum dreizehnjährig, muhte eintreten in die Tretmühle des Lohnsklaventums. Die Not, das Unglück zerfrißt ihre Herzen, erzeugt böse Säfte. die das Blut vergiften, das Gemüt umdüstern und gallige Wut über die Lippen treiben. Einer wirft dem anderen die Schuld an seinem Elende vor. Ewig wogt der Zank und Streit zwischen ihnen. Nur der vorwurfsvolle, unheilvoll die Kündigung ver- heißende Blick des Wirtes macht sie schreckhaft verstummen, und die Angst um die Existenz schlingt schnell ein einigendes Band um fie. Das Tanibourin gellt, ihre Augen sprühen Lust und Leiden- schaft, und wild braust die Tarantella über die schaukelnden Bretter des Podiums, daß das Klavier unter meinen Händen auf und ab wippt. Danach wage ich Signora zu bitten, das schöne Lied zu singen Non e ver."(Es ist nicht wahr!") Sie singt es so schön, so warm, so schluchzend, und ihre schivarzcn Augen fließen vor Weh- mut über, wohl weil sie die Wahrheit klagt. Hier ichc bin Pagliaccio !" sagte fie wehleidig in gebrochenem Deutsch zu mir.Jche muß laken un immer heiter; aber iche möchte weinen I Jsse mein Leben schwerer wie das von andere Leute. Jche seit zehn Jahre so fingen muß. Zehn Jahre keine Theater, kein Promenade, kein Verkehr mit Leute, die nich finde von dieses Geschäft. Jche immer fingen; spät nak. Hause, und immer Acrger. Möcht ich. daß mein Wirtschaft aussehn wie eine Bukett; aber wann malen ich das? Spät in Bett, muß lang schlafen. Jche nur kann koken un wieder weg. Jsie sehr schlimm das!" So klagt sie über die degenerierende, das Familienleben zer- störende Lohnsklaverei. t. Die schwimmende» Insel» des Nil. Wie der Nilstrom über- Haupt, ist sein Schlamm gewifiermaßen historisch geheiligt. Wenn die Ueberflutungen durch den Nil im Altertum Aegypten zu einem reichen Land gemacht und die dort erwachsene hohe Kultur eigentlich erst ermöglicht haben, so ist der Grund dafür in den besruchlenden Eigenschaften de« NilschlammS zu suchen. Daneben besitzt der Nil nach eine andere Merkwürdigkeit, die jedem Reisenden auffallen muß. Sie besteht in einer Art von schwimmenden Inseln, die aus mehr oder weniger großen Mengen in einander geschlungener Massen von �Pflanzen bestehen. Der Leiter deS Forst- Wesens im Sudan hat jetzt eine botanische Untersuchung der treibenden Pflanzeninseln angestellt. Hauptsächlich sind vier Pflanzen an ihrer Bildung beteiligt, einmal die PapyruS- staude, dann eine Art der Hirse, die von den Arabern als Wollmutter bezeichnet wird, drittens gemeines Schilf und viertens«ine Art des als Sumpfgewächs bekannten Rohrkolbens. Mit dieser Aufzählung ist aber die Pflanzenwelt der schwimmenden Inseln des Nil durch- aus nicht erschöpft. Eine wichtige Rolle spieleil außerdem acht Arten von Schlingpflanzen, die hauptsächlich dafür sorgen, daß die von ihrem Standort losgelösten Massen ihren Zusammenhalt im fliehenden Wasser bewahren. Dazu kommt noch eine lange Reihe von Pflanzen, die sich auf vorübergehend überschivemmtcm Boden ansiedeln und dann oft wieder fortgerissen werden. Unter ihnen ist auch eine Anzahl von Bäumen, die auf den schwimmenden Inseln munter weiter wachsen. Im ganzen erreichen diese oft die Aus- dehmmg stattlicher Flöße von beträchtlichem Tiefgang. Der Papyrus erfordert in den Sümpfen eine etwas größere Wassertiefe, während in den flacheren Strecken der Rohrkolben vorherrscht und das Schilf überall vorkommt. Theater. Schauspielhaus. Der Froschkönig. Romantische Komödie in drei Aufzügen von D i e t r i ch E ck a r t. Es ist nichts so schlimm, daß es nicht schlimmer werden könnte. Wie wurde nicht Philippi, der ehemalig« Hauptlieferant von Schauspielhaus- Premieren wegen der Skrupellofigkeit, mit der er auf den äußeren Theatereffelt hinarbeitet«, von der Kriük verhöhnt I Vielleicht, daß nun die Tlrektion aus diesem Grunde die regelmäßige, Geschäfts- Verbindung mit ihm abgebrochen Hot. Sein neuestes Produkt, so heißt es, soll auf einer Bühne der Provinz das Licht der Welt erblicken. Jndeö, wie ficht's mit den Ersatzmannschaften aus? Tie Auf- führung von Eckardtsromantischer Komödie" weckte ein beinah wehmütiges Erinnern an den Verfasser desGroßen Lichts" und desDunklen Tores". Die Sirupellosigkeit wird hier noch über- boten, nur daß, während Philippi sich denn doch auf das Arran- gieren der Effekte verstand, Herr Eckard- immer nur nach ihnen hascht, ohne jemals einen wirklich zu erwischen. Nicht die Komödie, die darin eingewickelte Melodramatik des schwarzlockigen aus all- gemeiner Melancholie Juwelen stehlenden Helden bringt zum Lachen. Ein früheres Schauspiel Eckarts,Familienväter", in Deutschland noch nirgends ausgeführt, hatte besseres erwarten lassen. Da spürte man bei aller Unbeholfenheit der Technik, daß es dem Autor ernst war mit dem, was er zu sagen hatte. Er geißelte im speziellen, auf denLokal-Anzeiger" und den großmächtigen Herrn desselben anspielend, das Kulitum der Journalisten, die um des liebe» Brotes willen je nach der von dem Verleger ausgegebenen Parole schwarz in weiß und weiß in schwarz umfärben. Wenn auch der Schluß der Selbstmord eines Dramen dichtender Angestellten, gegen dessen mißliebiges Werk die Geldmacht des Verlegers einen Theater- boykott inszeniert in seiner mehr als mangelhaften Motivierung und überflüssigen Wehleidigkeit emtäuscht, das Thema interessiert, und die Schilderung der Redakteurtypcn zeigt Spuren einer frisch zupackenden satirischen Kraft. In der Komödie sucht man nach einem solchen substantiellen Kern vergebens. Die Figur des trottelhafte» Polizeimenschen, der den im Hause des Kommerzienrats verübten Juwelendiebstahl untersuchen soll und dabei, stets auf seinen Scharfsinn pochend, den als Graf maskierten Dieb mit Ehrenbezeugungen überhäuft, hatte wohl einige satirisch amüsante Pointen, wirkte aber im ganzen doch nur als matter Abklatsch des seligen Wehrhahn in dem HauptmannschenBiberpelz"/ Immerhin stach auch noch die Kopie gegen die Originale, die in dem Werk ihr Wesen treiben, vor allem gegen den bereits erwähnten Helden, vorteilhaft ab. Dieser düster blickend« Herr mit den aristokratischen Manieren, erscheint bei dem Kommerzienrat, plaudert allerhand GcschäflUches und zieht sodann kalt lächelnd den gestohlenen Schmuck aus seiner Drusttasche hervor. Seine Leute" haben ihm das Ding gebracht, ftandalöserweise find. aber die Juwelen, von denen der kreditbedürfligc Besitzer aus­sprengen ließ, sie hätten(50 000 M. gekostet, nicht echt. Ter Fremd- fing droht, er werde, wenn man ihm nicht sofort ein Sümmchen von 10 000 M. aushändige, die blamable Geschickte publik machen, und der Kommerzienrat in seiner Angst bezahlt. Das ist nun reichlich unwahrscheinlich, aber da zwischendurch die gnädige Frau erscheint, den Herrn Grafen um die Ehre seines Besuchs zu bitten, und da das jüngste Fräulein Tochter frcud- und liebestrahlend in ihm den kühnen Retter ihres fast ertrunkenen Pudels wieder er- kennt, denkt»ran, es sei doch wenigstens auf lusfige Nnmöglichkeiten, auf ein toll-parodistisches Durcheinander nach Pariser Sckuvankart abgesehen, wo der Abenteurer, seine Unverschämtheit stilvoll weiter steigernd, schließlich bei dem von ihm Bestohlenen um die Hand des Mädchens anhalten werde, bis dann die Maskerade in irgend einem komischen Eklat ihr Ende findet. Statt dessen gibtS nach diesem PossenauftrittRomantik". Weltschmerz, Mondschein, Liebe! Der ganz unterhaltsame Frechling des ersten Aktes verwandelt sich in eine Sorte Edelanarchist, die jedem Kolportageroman zur Zierde gereichen würde. Die Augen des Backfisches lösen das cifig starre Schweigen seiner Seele. Er erzählt ihr das� Märchen von dem Froschkönig, der nur durch den Kuß einer ebenso schönen Im« reinen Prinzessin von seiner Mißgestalt befreit werden tonnte. So harre er selbst der Befreiung. Die Menschen ekelten ihn dermaßen an, daß er teils aus Rache wider das mißratene Geschlecht, teils in der Hoffnung, einmal arretiert zu werden und dabei die Gelegen, heit zu einem Selbstmord auszunutzen, sich der Spitzbuben- und Tiebeskarricre höheren Stils gewidmet habe. DaS alles wird im