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Würfel 39 Prog., eine Stugel 80 Proz.. die Wochentage 11 Proz., die Jahreszeiten 8 Proz. Den Zahlenraum bon 1 bis 10 beherrschten 66 Proz., etwas von Gott wußten 59 Proz., von Jesu 16 Proz., von biblischen Geschichten 2 Proz.; Gebete und Lieder tannten 23 Broz., den Gottesdienst 32 Broz., die Taufe 26 Proz., bie Hochzeit 23 Broz.; die Zeit abzulesen verstanden nur 3 Proz. Nur verhältnismäßig wenige der vorhandenen Borstellungen waren für die Schularbeit als Anknüpfungspunkte zu gebrauchen; die Mädchen erwiesen sich durchgängig reicher an verwendbaren Vorftellungen als die Knaben.
Die Hartmannschen Untersuchungen sind, wie schon bemerkt, in zahlreichen Orten und Ländern mit örtlich gebotenen Abänderungen wiederholt worden; die Ergebnisse waren da oder dort dürftiger oder günstiger, im wesentlichen aber überall die selben. Ganz umfangreiche und sorgfältige Erhebungen wurden 1903 in Rothenditmold ( Kassel ) von Hend und Traudt angestellt. Unter Benutzung der Annaberger Fragebogen, die lokal abgeändert eder ergänzt waren, gelangte man zu Ergebnissen, die im allgemeinen etwas günstiger find als die Annaberger und im einzelnen sich zu diesen und den Ergebnissen von Weimar etwa wie folgt stellen: In der Gruppe Mineralogie wurden erzielt in Rothenbitmold 10 Broz., in Annaberg 10 Proz., in Weimar 2 Proz., in Beiteinteilung R. 14 Proz., A. 7 Proz.. W. 11 Proz.; in Religiöses R. 34 Proz., A. 26 Proz., W. 46 Proz.; in Raum-, Bahl- und Farbeborstellungen R. 51 Proz., A. 42 103., W. 46 Broz.; in Soziales R. 52 Proz., A. 44 Proz., W. 48 Proz.; in Naturereignisse N. 56 Proz., A. 38 Proz., M. 46 Proz.; in Vorstellungen vom heimatlichen Ort R. 58 Proz., A. 38 Proz., W. 46 Proz.; in Sonstiges R. 64 Broz., A. 33 Proz., W. 50 Proz.; in Tierreich R. 75 Broz, A. 23 Proz., W. 30 Proz.; in Pflanzenreich R. 82 Broz, A. 20 Proz., 2. 38 Proz. und in Verkehrsmittel R. 86 Proz.. A. 42 Proz., W. 31 Proz. Insgesamt ergaben sich in Rothen ditmold bei 7448 Untersuchungen 4196 brauchbare Vorstellungen ( 56 Proz.), ein Ergebnis, das, obwohl es günstiger ist als viele anderen, doch keineswegs als gut bezeichnet werden kann.
Besonders interessant sind die Ergebnisse der Erhebungen in Boston , indem sie einen Vergleich zwischen dem Gedankenreichtum der Stadt- und Landfinder anstellen. Hall, der Leiter dieser Unterfuchungen, glaubt behaupten zu dürfen, daß die Stadtkinder durch weg auf einem niedrigeren geistigen Niveau stehen als die Landfinder. Man muß jedoch dabei in Betracht ziehen, daß diese Frage nicht so ohne weiteres, am allerwenigsten aus den Ergebnissen einer Analyse, gelöst werden kann, weil es an einem für beide Gruppen gleich verbindlichen Fragenmaterial stets fehlen wird und man ohne dieses sich von dem Boden des eratten Experiments auf das Gebiet nicht genau fontrollierbaren Abschäzens begibt, womit das Grundprinzip der Experimentalpsychologie aufgegeben wird. Mehr Beachtung, besonders für die Praxis, verdient die andere Mitteilung, daß Stadtkinder durch einen, wenn auch nur kurz bemessenen Landaufenthalt ganz bedeutend an Vorstellungsreichtum gewinnen.
Allen Untersuchungen gemeinsam ist das Ergebnis, daß sich in ben Gedankenkreisen der Kinder eine gewisse Anzahl konstanter Borstellungen zeigt. Eine Menge von Vorstellungen ist bei fast allen Kindern vorhanden, eine Anzahl anderer fehlt bei fast ellen. Diese konstanten Erscheinungen für jeden Ort oder für jedes engere oder weitere Gebiet, in dem die Lebensverhältnisse gleich find, zu ermitteln, ist eine der wichtigsten Aufgaben der Pädagogik, denn die bei allen Kindern anzutreffenden Vorstellungen haben die naturgemäße Grundlage für die Anfänge des Schulunterrichts zu bilden. Nicht minder wichtig aber ist die zweite Aufgabe, die noch fehlenden Vorstellungen den Kindern so rasch als möglich zu verschaffen. Geschieht dies nicht, so operiert der Lehrer im Unterricht nur mit Worten, die Erziehung erschöpft sich im Vor- und Nachsprechen, Auswendiglernen und Auffagen, die Schule wird zur PapageienSchule, die sehr gute Dressurerfolge haben kann, aber niemals instande ift, Menschen zu bilden. Am sichersten und bequemsten verhilft man den Kindern zu lebendigen Vorstellungen durch weitestgehende Berücksichtigung der Naturanschauung. Unser Schulunterricht spielt sich viel zu viel in Zimmern und Lehrsälen ab, die Kinder gehören mehr ins Freie, müssen bekannter werden mit der Natur, und zwar nicht durch Bilder, Präparate, ausgeftopfte Tiere und dergleichen, sondern durch persönliche Anschauung, durch eigenes Erleben, durch Wanderungen in der Umgebung der Städte. Je weiter die Kinder bisher davon entfernt bleiben, je weniger fie bisher dazu Gelegenheit hatten, um so rascher und gründlicher muß dies nachgeholt werden, um so öfter ist die Natur aufzusuchen. Gewiß sind dabei, besonders in der Großstadt, mancherlei Schwierigkeiten zu überwinden, aber sie müssen eben überwunden werden, wenn es das Interesse und das Wohl der Jugend erheischt. Der Unterricht im Freien muß mehr und mehr den Unterricht in Schulräumen, die gerade für die gesündesten, tüchtigsten und hoffnungsvollsten unserer Kinder Schulterker sind, ablösen; die Entwickelung der Unterrichtsmethode strebt unverkennbar dem wenn auch vorläufig noch fernen Ziele zu: die Erziehung mehr und mehr ins Freie zu berlegen. Die Türen der Schulen müssen geöffnet werden, damit unsere Jugend hinausströmen kann, um von der Natur und bom Leben für das Leben unterrichtet und erzogen zu D. R..
werden.
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( Nachdrud verboten.)
Trink- und Prunkgläfer.
Das Berlin er Kunstgewerbe- Museum besitzt eina der reichsten und schönsten Sammlungen alter und neuer Kunst. gläser. Man findet hier Beispiele jeder Technik. Da sind nament lich Trinkgläser venetianischen, deutschen und böhmischen Ursprungs, die modernen Gläser von Tiffany und Gallé , die feinen geschnittenen und geschliffenen Gläser der Chinesen usw.
Um die Mitte des 15. Jahrhunderts begann die hohe Blüte der venetianischen Glaskunst, deren Herrschaft bald darauf in der ganzen Welt anerkannt wurde. Die Venetianer wurden auch die Begründer diefer Industrie in Deutschland und den Niederlanden , woselbst die Entwickelung etwa zu Anfang des 16. Jahrhunderts begann.
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Die ältesten Stücke der Venetianer, wie man solche auch im Berliner Kunstgewerbe- Museum findet, find noch ziemlich schwer= fällig; die Formen scheinen den spätgotischen Metallgefäßen ent= lehnt zu sein. Aber bald werden die Gläser leichter und zierlicher, die Formen anmutig und zart, wie dies der Natur des in der Glut leicht bildsamen Materials entspricht. Neben zierlichen, farbigen Gläsern mannigfacher Art darunter farneolfarbiges Glas, ferner sogenanntes Aventuringlas( mit eingesprengtem Stupfer) aus dem 17. Jahrhundertfinden wir die berühmten MillefioriGlasgefäße von zierlicher Form, die ebenso sehr ihres dekorativen Reizes wie ihrer Technik wegen beachtenswert sind. Bei diesen unalle Farben scheinbar willkürlich durcheinander, so daß das ganze durchsichtigen, meist in tiefen Tönen gehaltenen Gläsern greifen Glas aus Heinen Fasern, Flecken und Sternen hundert verschiedener Farben zusammengesetzt erscheint. Es werden ganz wunderbare Effekte dadurch erreicht. Die Farbenwirkung ist jedoch auch nicht so sehr vom Zufall abhängig, wie dies auf den ersten Blick er= scheinen will. Unter Millefiori versteht man Glasflüsse, in welche farbige Glasstüde in vorher zusammengestellten Mustern einges schmolzen werden. Namentlich wurden schöne Berlenschnüre, die einen bedeutenden Tauschartikel für den Handel mit dem Orient bildeten, aus diesem Material angefertigt. Doch auch Ziergefäße, Dosen usw. aus derartigem Glase findet man sehr häufig in den Museen. Millefiori bedeutet so viel wie„ Tausendblumen"; die Bes zeichnung ist nicht ungerechtfertigt, denn häufig sind in die Glasmasse tatsächlich hunderte von Blümchen, Sternen usw. eingeschmolzen, die aus Querabschnitten farbiger Stäbchen gebildet sind.
Sehr reich ist die Berliner Sammlung an venetianischen und spanischen Filigrangläsern, bei denen in die Masse Glasfäden in Bündeln, Streifen, oder auch nezartig eingefügt sind. Diese Linien find weiß oder farbig, bestehen aber größtenteils aus Milchglas. Auch bei farblosen Gläsern werden durch Einlegen derartiger Netwerte sehr schöne Erfolge erzielt. Die Technik ist ziemlich einfach, läßt sich aber doch in Stürze nicht gut beschreiben. Es sei nur angedeutet, daß das feine Nezwerk aus regelmäßigen Reihen von Luftbläschen gebildet wird.
Im übrigen wird jede andere Technik der Venetianer durch lehrreiche Beispiele veranschaulicht. Da sind die sogenannten Eiss gläser mit ihrer riffigen Oberfläche, die durch plöbliche Abkühlung bezi. durch Aufschmelzen von Glassplittern erzeugt wird, da ist ferner bunt marmoriertes und geflammtes Glas( durch Mischung farbiger Glasflüsse erzeugt), ferner das hellblau schimmernde Opals glas mit Malereien in Gold und Farben, kostbare Trinkgläser mit Emailmalerei usw. Zwei der wertvollsten Stücke der mit Emailmalerei geschmückten Becher verdienen besonders hervorgehoben zu werden. Den einen derselben bezeichnet die Generalverwaltung der Museen als eine der edelsten Perlen venetianer Gastunft" Es ist ein Becher aus dem 15. Jahrhundert mit Darstellungen aus einem Ritterroman. Der zweite Becher, mit nicht minder reizvollen Malereien, Chimären- Gestalten, geschmückt, dürfte derselben Zeit angehören.
Auch die deutschen Gläser befunden ein feines Schönheitsgefühl, zeigen aber im Gegensatz zu den venetianischen Gläsern etwas Kerniges, wie es dem deutschen Volkswesen eigentümlich ist. Die verschiedenen Bezeichnungen dieser Gläser find zum Teil heute noch in Gebrauch: Paßglas, Stiefel, Tummler, Willkomm, Aengster, vor allem aber der Römer, die klassische Form des Rheinweinglases. Man hat schon in früher Zeit in Deutschland nament. lich fernige Gebrauchsgläser gefertigt. Dies gilt z. B. von den hier Die gelniffenen gezeigten geblasenen und geiniffenen Gläsern. Buckel bilden eine einfache und doch recht wirksame Berzierung. Mit Borliebe werden allerlei Trinkgefäße in Tiergestalt gefertigt, Die Vorliebe des manche sogar von ziemlicher Vollkommenheit. deutschen Handwerkers für allerlei Scherze äußert sich vielfach durch wunderliche Formen; ich erinnere nur an den Stiefel", der sich als Trinkgefäß bis auf den heutigen Tag erhalten hat.
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In der Renaissancezeit bemalte man die Gläser mit Email. farben oder vergoldete sie; auch das Schleifen und Nadieren wurde sehr vervollkommnet. Es wurden mit eingebrannten Emailfarben die mannigfachsten Gegenstände, hauptsächlich Wappen, Junungs symbole, Devisen, figürliche Gruppen, Spielfarten usw. auf den Gläsern dargestellt. Das Kunstgewerbe- Museum befißt eine große Reihe folcher aus grünlichem Glafe bestehender Humpen des 16.