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Sofort begann Pepita Ordnung zu schaffen. Alle hinaus! Anstatt die Leute zu belästigen, sollten sie die beiden von Schmerz erschöpften und von diesem Lärm betäubten Frauent lieber fortbringen. Zunächst weigerte sich Teresa, ihren Sohn auch nur auf eine Minute zu verlassen. Bald würde sie ihn nicht mehr sehen, man dürfte ihr nicht die furze Zeit stehlen, wo sie ihren Schat noch betrachten fonnte. Und sie brach in herzzerreißendes Schluchzen aus und stürzte auf den Leichnam zu, um ihn zu küssen. Doch endlich trugen die Bitten ihrer Tochter und der Willen Pepitas den Sieg davon, und die Mutter verließ, von einer großen Anzahl von Frauen be­gleitet, die Schürze vor dem Gesicht, stöhnend und schwankend das Haus, ohne auf die Weiber zu achten, die sie eine jede nach ihrer Seite zerrten und sich um die Ehre rissen, sie bei sich aufzunehmen.

Wein und Zucker taten, dann boten fie fie Teresa und ihrer| Gabriel, der auch Prolog und Epilog zu sprechen hatte. Maria- Lochter an: damit sie besser weinen fonnten. Und wenn die von einem Burschen dargestellt faß unbeweglich im weißen Kleid, armen Frauen, die in diefer Sintflut von Zuckerwasser fast das Haupt mit einer weißen Krone geziert, auf einem Schemel ertranten, ablehnten, gossen die Weiber diese Erfrischungen in während der Geburt des Kindes, die plöblich mit ein paar Worten als geschehen bezeichnet wurde. Die Hirten und Könige kamen, ihre eigene Kehle, denn sie mußten doch auch ihren Kummer beteten fniend das Kind an, wiegten und beschenkten es, aber das hinunterspülen. Kind hat man sich bloß zu denken", wie Flögel in der Geschichte des Grotesffomischen naiv erzählt. Joseph war sehr alt, flein  , ging gebückt und hustete immer am Ende seiner Rede. Er trug ein fleines, aus Holz oder Stroh gefertigtes Gebäude in der Hand, das den Stall vorstellte, den man sich als Schauplak der Ereignisse denken mußte. Diese naive Art, etwas anzudeuten, was man nicht darstellen konnte, findet sich vielfach in alten Spielen, Stichen und Bildhauerarbeiten. Das fleine Haus wurde in die Höhe gehalten, wenn die heiligen drei Könige auftraten, Melchior, Kaspar und Balthasar, der als" Murntönig"( Mohrenkönig) einen schwarzen Schleier vor dem Gesicht hatte und dem Sternträger folgte. Unter den Hirten war der Knecht Crispus   die amüsanteste Gestalt. Ganz bermummt, in Belz gehüllt, ging er gebückt einher als Symbol der rohen, ungläubigen Heiden. Dieser Hirt mit dem Zippelpelz" wie seine Gewandung hieß tam auch in den slawischen Weih­nachtsspielen als Stubo" vor. In Slavonien   zeigen die anderen Hirten dem Kubo die Krippe und fragen, ob er glauben will. Er weigert sich und wird dafür geschlagen. In manchen Gegenden kam ein törichter oder harthöriger Hirte vor, der nicht verstehen wollte, um was es fich handele. Die eigentliche komische Rolle gehörte aber dem Teufel, der eine furchtbare, gehörnte, fchwarze Maste trug und einen langen Schweif unter der Jacke. Er hielt eine Beitsche in der Hand und ein großes Kuhhorn. Entsetzlich darauf tutend, rannte er durchs Dorf, die Leute zum Spiel einzuladen. Als Diener, Schaltsnarr und Improvisator mußte er die Stühle stellen, die Lichter puzen, das Publikum mit der Knute im Zaum halten und es in den Pausen durch Mike erfreuen. Seine Rolle im Stück selbst bestand darin, den Herodes zum Kindermord an­zureizen und ihn später zur Strafe für diese Tat zu holen. Die mit Bravour durch die Schwerter der Kriegsleute, des Hauptmanns spannendste und dramatischste Szene bestand darin, daß der Teufel und des Pagen, die König Herodes   verteidigten, durchbrechen mußte. Flögel erzählt, daß bei dieser Gelegenheit oft wirklich Blut ge­flossen sei, und daß der Teufel vor diesem Auftritt einen guten Schlud habe trinken dürfen, um sich Mut zu machen".

Nun begann Pepita alles zur Leichenfeier herzurichten. Man stellte an der Eingangstür den fleinen weißen Tisch aus Fichtenholz hin, an dem die Familie, und bedeckte ihn mit einem Tuch, dessen Ecken hochgeschlagen und mit Nägeln befestigt wurden. Darüber breitete man eine gestärkte Spizen­decke und stellte darauf den kleinen Sarg, den sie aus Balencia mitgebracht hatte. Ein wahres Juwel, das die Nachbarinnen bewunderten, ein weißer, mit Goldstreifen eingefaßter d im Innern wie eine Wiege ausgeschlagener Schrein. Pepita öffnete das Paket, in dem das letzte Kleid des Kleinen lag: das Leichengewand aus Gaze, mit Silberfäden bestickt die Blumengirlande und die Sandalen, alles ganz weiß wie Schneeflocken, ein Symbol der Reinheit des armen Engel­chens. Dann fleidete sie den Leichnam mit langsamen Bewe­gungen, mit der schenen Vorsicht einer Mutter, an. Mit der Aufwallung fruchtloser Leidenschaft drückte sie den kleinen, falten Körper an ihre Brust, preßte mit peinlichster Sorgfalt die kleinen, starren Arme in das Kleidchen, als wären es Glasstückchen, die bei der geringsten Erschütterung hätten zerbrechen können, und füßte die starren Füße, bevor sie ihnen die Sandalen anzog. Endlich nahm sie ihn wie eine erfrorene weiße Taube in die Arme und legte ihn in den Sarg und stellte diesen auf den an der Schwvelle des Hauses errichteten Altar, an dem die ganze von der Neugier angeloďte Huerta borüberziehen sollte.

( Fortsetzung folgt.)

weled moist( Nachdruck verboten.)

Weihnachtspoffen.

Frohen Festen war seit alters die Zeit der Winterfonnenwende gewidmet. In Deutschland   huldigten unsere Vorfahren den Göttern, denen es endlich gelungen war, die Riesen zu besiegen und das Licht zur Herrschaft zu bringen. In Rom   jubelte das Volk bei den üppigen Saturnalien. Manche Erinnerung an vergangene Luft­barkeit, mancher fröhliche Brauch des Heidentums blieb dem christ lichen Weihnachtsfest.

Noch im 19. Jahrhundert liefen an vielen Orten Deutschlands  Burschen und Mädchen während der Advents in den Nächten vom Donnerstag auf den Freitag durch die Straßen und klopften an die Türen, die Ankunft des Heilands zu verkündigen, wofür sie ein Gefchenk von Aepfeln, Nüssen und Kuchen erhielten. Man glaubte, daß in diesen Nächten die Teufel und Heren schtvärmen durften, und wollte durch diesen Gebrauch die bösen Geister vertreiben. Man kann darin eine gewisse Aehnlichkeit mit den Lemuralien der Römer erkennen, von denen Varro   und Ovid   berichten. Wer in Nom die Poltergeister versöhnen und aus dem Hause jagen wollte, stand um Sitternacht auf, ging vor das Tor und warf etliche schwarze Bohnen rückwärts über sich.

Zu den Weihnachtspossen gehören vor allem die deutschen   Weihnachtsspiele", die hauptsächlich im Gebirge, in Steiermart und an der Donau   aufgeführt wurden. Am berühmtesten war das Paradiesspiel der Heidbauern am Neusiedlersee  .

Diefe Spiele gehen tief in das 14. Jahrhundert zurück und haben zur Meisterfängerzeit wohl ihre endgültige Gestalt bekommen. Einer der Singer" wie die Teilnehmer genannt wurden behielt den Namen Meistersinger   und spielte die Ehrenrollen Gott­baters und des Altkünigs", des ersten unter den heiligen drei Königen. Diese Ausdrücke mahnen an Hans Sachs  , und die Meister­fingerschulen, die während des 16. Jahrhundert in Steiermark  , Kärnthen und Desterreich, ob wie nied der Enns  , blühten. Ein älterer Bauer, der in geistlichen Liedern und Singweifen wohl be­wandert war, gab den Sternträger", ein anderer den Erzengel

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Auch in Schweden   gab es mancherlei ausgelassene Weihnachts­spiele, die aber meistens schon im 18. Jahrhundert abkamen. Eines der berühmtesten war der Kampf um den Weihnachtshahn, der aus Stroh geflochten war und dem Stärksten als Trophäe zufiel, eine uralte heidnische Eitte, die schon zur Staldenzeit die lange Winter­nacht fürzen half.

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Früher wurde das eigentliche Kinderfest bereits am Nikolaus­tag begangen, wo den Kleinen die süßen Gaben vom Krampus" nach bom Nitolo", vom Habergais" oder der Weihnachtsfrau der Gegend verschieden mitgebracht wurden. Die Sitte der Be­scherung am heiligen Abend selbst ist erst im vergangenen Jahr­hundert allgemein üblich geworden. Wie man überhaupt dazu tam, sich an diesem Tage zu beschenken, erklärt die alte Legende vom Bischof Nikolaus zu Myra in Lykien  , der weit berühmt war wegen feiner Mildtätigkeit. Es hatte ein Bürger von Myra drei schöne Töchter, denen er aus Armut keine Aussteuer geben konnte. Da beschloß er, sie in die reichen Häuser zu ausgelassenen Festen zu senden, damit ihre Schönheit Geld verdienen solle. Dies hörte Bischof Nikolaus, vermumnite sich des Nachts, ging aus und warf dem Vater einen Beutel mit Geld ins Bett, wodurch es dem Armen ermöglicht war, seine Töchter auszustatten. Zum Andenken an diesen Kirchenfürften erhielten die Kinder eine Bescherung, die man ihnen aufs Bett legte.

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Auch das eigentliche Narrenfest", an dem in früheren Jahr­hunderten selbst die Geistlichen in der Kirche zwischen Weihnachten  und Neujahr gewisse Beluftigungen sich erlauben durften, kann unter die Weihnachtspoffen gerechnet werden. Das Festum stultorum", wie es die Stirche nannte, entstammt den römischen Saturnalien. Diese waren im Altertum die größten Feste in Rom  ; anfangs auf einen Tag beschränkt, wurden sie seit einer Bestimmung des Augustus auf sieben Tage ausgedehnt. Ursprünglich sollten sie das Andenken an den einfachen Zustand der Natur erneuern, wo die Menschen einander gleich galten, ehe sich der Unterschied der Stände entwickelt hatte. Daher wurde zum Gedächtnis an die goldene Zeit des Saturn den Knechten alle Freiheit erlaubt. Die Sklaven spielten unter sich den Gebieter, gingen in Purpur und weißen Togen, und wurden von ihren Herren zu Gast geladen und bedient. In Holland   hat sich ein ähnliches Fest lange unter dem Namen der Jokmalen" erhalten, bei dem die Edelleute Knechte darstellten und die Knechte als Edelleute auftraten. Man fleidete das Ge­sinde herrlich an und gab ihm ein köstliches Gastmahl. Die Herren und Damen wechselten den Anzug mit der Dienerschaft, bereiteten die Speisen, trugen sie auf und schenkten ein,

Daß auch das Narrenfest von den Saturnalien und dem damit verbundenen Neujahrsfest abstammt, sieht man teils an der Zeit, in der es abgehalten wurde, teils aus der Aehnlichkeit der Ge bräuche, indem niedere Geistliche in die Stellen der Bischöfe und Aebte   traten. Mönche und Weltgeistliche wählten mit vielen lächer­lidhjen Zeremonien einen Narrenbischof, der dann mit großem