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Bomp in die Kirche geführt wurde; dort hielt er eine fröhliche Rede, sie denn nicht noch wenigstens zwei Tage hier behalten können, daß auf die Tanz und Mummenschanz bis tief in die Nacht hinein fie erst die Wohnung reine machte?" folgte. Es wurde das Narrenfest in Deutschland   am Tage der un- Hätt ich tönnen? Mach doch was, wenn da gleich solche fchuldigen Kindlein gefeiert, in anderen Ländern erst am Drei- Depesche in's Haus tommt. Mutter Lungenentzündung, liegt im tönigstage, in Paris   am Neujahr, wo es das Fest der Saouls- Sterben. Da war doch kein Halten mehr. Ich hab' ihr ja genug diacres"( ber betrunkene Diatone) hieß. Bei den Franziskaner- augeredet, ihr gefagt, daß Lungenenzündung garnicht so schlimm Mönchen famen an diesem Tage an Stelle des Guardians und der wäre, und daß fie erst noch abwarten sollte. nein. Kein Neden Briefter die Laienbrüder in den Chor, zogen zerrissene Priester- half, holter die polter ging's weg. Heute habe ich selbst abgewaschen, gewänder an, hielten die Bücher verkehrt, hatten Brillengestelle auf meine armen Hände sind ganz rauh geworden." Sie streichelte die der Nase, worin statt der Gläser Pommeranzenschalen befestigt armen Hände" liebevoll. waren, bliesen die Asche aus den Rauchfässern einander ins Gesicht oder streuten sie sich auf die Köpfe und fangen andere Lieder an Stelle der Psalmen und der Liturgie.

Dieses Fest wurde von den Kirchenbätern vielfach angegriffen, auf dem Konzil von Toledo   im 7. Jahrhundert verboten, fand aber immer wieder Freunde und Verteidiger. Mit den ärgsten Aus­schweifungen erhielt es sich noch bis in das 16. Jahrhundert, nament­lich in Dijon   und Regensburg  , bis eine päpstliche Bulle   vom Jahre 1552 dem alten Brauch ein jähes Ende bereitete.

36 Interessant sind die Verteidigungsgründe, mit denen die theologische Fakultät zu Paris   sich des Narrenfestes annahm. Es hieß darin: Unsere Vorfahren, welche große Männer waren, haben dieses Fest erlaubt. Warum soll es uns nicht auch erlaubt sein? Wir feiern es nicht im Ernst, sondern nur im Scherz, und um uns nach alter Gewohnheit zu belustigen, damit die Narrheit, die uns eine andere Natur ist und uns angeboren scheint, wenigstens einmal im Jahre austobe. Die Weinfässer würden plazen, wenn man ihnen nicht manchmal das Spundloch öffnete und ihnen Luft machte. Nun find wir alle übelgebundene Fässer und Tonnen, die der Wein der Weisheit zerplaten müßte, ließen wir ihn durch immerwährende Andacht und Frömmigkeit fortgären. Man muß ihm Luft machen, damit er nicht verdirbt. Wir treiben deshalb etliche Tage nach Weihnachten Poffen, um später mit desto größerem Erfolg und Eifer zum Gottesdienste zurückzukehren. Diese Argumente genügten nicht, das Fest fiel der strengeren und ernsteren Richtung einer neueren Zeit zum Opfer.

Alexander v. Gleichen- Rußwurm.

Kleines feuilleton.

er. Unangenehm. Aber, wie sieht es denn bei Euch aus?" Frau Kanzleirat Werner blieb noch in der Tür stehen und starrte mit großen Augen in das Zimmer der Tochter.

Es sah allerdings nicht sehr einladend aus, auf den Möbeln lag der Staub, die Stühle waren voller Sachen gepackt und standen wirr durch einander, mon hatte sofort den Eindruck: hier ist heut nicht rein gemacht.

Ja, schön sieht's hier aus? Nicht wahr?"

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Die junge Frau fam ihr entgegen. Ach, ich hab' ja folchen Merger, ich bin ja außer mir, mir ist was Gräßliches paffiert." Marie ist nämlich weg, Großmama." Die kleine Zehnjährige hatte es offenbar fehr eilig damit, die große Botschaft zu verfünden. Sie wirkte denn auch.

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Großmama ließ sich mit einem wahren Aplomb auf den Stuhl fallen: Marie ist weg? Aber... aber..."

Na, laß Dir's bloß erzählen..." Die Tochter nahm ihr Hut und Mantel ab. Also gestern abend kommt eine Depesche, sie sollte doch sofort nach Haufe tommen, ihre Mutter läge im Sterben. Natürlich ist sie Hals über Kopf abgereift."

gestohlen."

Ach so," fagte die Großmama." Ich dachte schon, sie hätte " Ach, na so was macht doch Marie nicht." In der Stimme der jungen Frau lag ehrliche Entrüstung.

Na, nein, aber beim Dienstmädchen denkt man doch zuerst immer an so was," suchte Großmama zu begütigen. Nun fag' mal aber bloß, was machst Du denn mun?"

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Wenn ich es nur erst wüßte!" Frau Klotilde setzte sich gleich falls. Es ist geradezu ekelhaft! Die ganze Arbeit muß man allein machen. Und dabei ist das Fest vor der Tür, wo alles rein­zumachen ist. Na, ich bin ja auch in Verfassung!" Sie trommelte nervös auf den Tisch.

Das ist ja aber auch furchtbar unangenehm für Dich. Nimm Dir doch eine Frau, die alles macht."

Rimm Dir doch, das sagst Du so, nimm Dir doch! Wo denn her nehmen? Die Bortierfrau wischt mir wenigstens die Stuben auf und trägt das Müll runter, zu mehr hat sie keine Zeit. Und' ne fremde Frau? Dentst Du, die friegt man so vor Weih­nachten? Die werden sich hüten, da ist ja Arbeit! Die Bande will doch nicht arbeiten."

Und wenn sie will, wird fie unverschämt mit ihren Forderungen."

Natürlich. Ich hab' bei der Schlosserfrau im Hinterhause an­fragen lassen, ob sie nicht aushelfen will. Eins funfzig verlangt sie als Aushilfe für den Tag, es ist ein Standal! Muß mir über­haupt so etwas passieren! Nun hat man mal ein tüchtiges Mädchen, nun wird man sie auf solche Weise los."

Na, fag' mal, war denn das aber wohl so schlimm, hättest Du

Ne, es ist ganz schrecklich." Großmama schüttelte das weise Haupt. Kommt denn Marie zurück?"

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Zit

" Ja, das wollte sie ja, sobald es beffer geht oder etiva Ende ist." Das Letzte fagte sie doch etwas stockend. Es entstand eine kleine Pause. Großmama spielte mit der Spize des Tischläufers, Lotte aber, die sich bisher schweigend verhalten, sagte auf einmal altflug: Du Mama, Marie hat aber gefagt, bei Lungenentzündung geht es schnell zu Ende, darum hat sie ja auch so sehr geweint."

Die beiden Damen antworteten nicht. Erst nach einer ganzen Weile warf Frau Klotilde   das Taschentuch, an dem sie herum mürbelt hatte, auf den Tisch und sagte zornig: Na, ich wills ihr ja nicht wünschen, aber wirklich ich bin wütend, muß mir auch gerade zu Weihnachten so etwas Gräßliches passieren!"

Novelle von Maupassant  , in der von dem tragischen Bruch eines k. Wie die Pariserin ihre Liebesbriefe schreibt. Es gibt eine Liebesverhältnisses erzählt wird; und zwar wird der junge Mann, der das Mädchen zunächst wirklich liebt, durch die Briefe, die sie ihm schreibt, in Raserei verfezt. Anreden wie Mein allerliebster Godel" häufen sich in geradezu unnatürlicher Menge, und je deut licher diese Kosenamen die Liebe des Mädchens anzeigen, unifomehr lassen sie die des Mannes schwinden. Jedoch ist das eine Fein fühligkeit, wie sie der durchschnittliche Franzose wohl nicht zu haben scheint. Sonst würden gar manche Liebesverhältnisse, anstai durch Liebesbriefe angefacht zu werden, sich viel eher ihrem Ende zuneigen. Wie eine Pariserin in einem englischen Blatt plaudert, find Maus, Hühnchen, Kaze usw. be sondere Rosenamen, die man in weiblichen Liebesbriefen selje häufig findet. Ueberhaupt ist eine überschwengliche Tonart hier bor herrschend; und selbst in Briefen, wie sie sich in franzöfifchen Beitungen finden, herrscht eine Leidenschaftlichkeit, die auf ein noc größeres Maß der Empfindung in Privatbriefen schließen läßt. Eo liest man z. B.:" Ich leide zu sehr! Ich bete Dich an und den ftets an Dich; ich bin wie toll! Ich werde Dich ewig lieben. Wenn Du glücklich bist, vergiß mich; aber ich werde immer Dein eigen sein, auch wenn ich Dich nie mehr wiederfehe." Ein anderer solcher Liebesbrief lautet: Meine einzig geliebte Taube, mein goldenes Götterbild, mein Alles! Dein Stillschweigen macht mich unglüc lich, gib mir nur ein Zeichen, daß Du noch lebst und noch meiner gedentst."

Musik.

Vor kurzem wurden wir durch die Operette Musette" von

Herblay   im Zentral- Theater an den Roman von H. Murger ers innert. Es iſt merkwürdig und vor allem aus der großen fünfta lerischen Bedeutung dieses eigentlich gar nicht romanhaften Poesie­bildes vom Leben der Bohème zu erklären, daß die vier Künstler­figuren Murgers und ihre zwei Hauptgeliebten, die mehr äußerliche Musette und die mehr innerliche Mini, immer wieder in irgend einem neuen literarischen Zusammenhang auftauchen. Beispielsweise ist Bierbaums Roman Stilpe" wenigstens mittelbar auf den Nachs flang jener Phantasien eingerichtet.

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Sodann aber fam die Merkwürdigkeit, daß zwei italienische Stomponisten in einem und demselben Jahre mit zwei verschiedenen Komponierungen eben dieses Themas hervorgetreten sind: G. Puccini   und R. Leoncavallo  ; beide im Jahre 1897, jener zu Turin  , dieser zu Venedig  . Noch dazu sind beide Komponisten gleich alt( geboren 1858). Jener hat sich außerdem durch die Opern Manon Lescaut  "( 1893) und" Tosca  "( 1900), dieser durch feine sehr beliebt gewordenen" Pagliacci"( 1892) und vor kurzem durch seinen ttt Roland von Berlin  " bekannt gemacht.

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Beide nannten ihre Bearbeitung Murgers Die Bohème  ". Buccini übernahm eine Bearbeitung durch zivei italienische Terta dichter, Leoncavallo   besorgte diese Arbeit selber; der Ueberseher ist in beiden Fällen Ludwig Hartmann. Die Mitarbeiter Puccinis bes merken in ihrer Vorrede, daß sie dem Urbilde nicht Schritt für Schritt gefolgt sind, sondern sich mehr an seinen substantiellen In­halt gehalten haben, sowohl wegen der Bühnenmöglichkeit, wie auch wegen des musikalischen Bedürfnisses. Leoncavallo   spricht sich dar über nicht aus, hält sich aber, soweit unsere Erinnerung an Murger  reicht, äußerlich etwas enger an diesen,

Damit ist schon eine Eigentümlichkeit des Gesamtwerkes von Leoncavallo   angegeben: die Verdienste im Aeußerlichen. Ver gleichen wir beider Tertbücher miteinander, so fällt der Vergleich zugunsten jener Mitarbeiter von Puccini   aus. Vor allem stellen fie von vorr. Herein die erfor en als solche mit einer möglichst bea stimmten Charakteristit, und zwer als innerlich angelegte und von Gemüt zu Gemüt smpathische Menschen dar, so daß sich alles Weitere darauf aufbauen kann. Leoncavallo   gibt zwei Afte Operette und seht dann zwei Afte einer larmohanten Tragödie darauf. Er führt uns zuerst in die Unterhaltungen des Stammcafés, dann in