D i t Angeklagte(uutcvCvedjcnb):„Es ist nicht wahr, Onöfime! Sage ihnen, dost es nicht wahr ist!" Der Präsident(zur Angeklagten):„Schweigen Sie! Lassen Sie Ihren Mann reden 1" Prötavoine(das Haupt erhebend und seine Tränen trocknen):„Es ist wahr. Herr Präsident."(Heiterkeit in, Publikum.) Der Präsident:„Was ist wahr? Daß Ihre Frau Sie schlägt?" Prötavoine:„Ja. Herr Präsident.� Die Angeklagte(ihrem Gatten die Faust zeigend): „Lügner! Schurke I Verbrecher I Ach I wenn ich Dich jetzt.. Der Präsident(zur Angeklagten):„Schweigen Sie, oder ich lasse Sie hinausführen I(Zum Zeugen): Und geschieht das oft?* Prstavoine:.Recht oft I" Der Präsident: Sind Sie Augenzeuge der Szene gewesen, welche der Anklage zugrunde liegt?" Prstavoine:.Ja. Herr Präfident. Die Geschichte trug sich folgendermaßen zu: Ich stand auf der Straße vor einem Laden, den ich gerade betreten wollte, um einige Einkäufe für mein Geschäft zu machen; als ich plötzlich meine Frau vorübergehen sehe. Nanu? wundere ich mich. Was hat Aurelie hier zu suchen? Aber da ihr Gesicht nichts Gutes verkündete, hütete ich mich wohlweislich. ihr nachzulaufen. Ich betrete den Laden.... nein, ich bleibe auf der Schwelle stehen... Der Präsident:.Kürzer I Kommen Sie zur Sache!" Prstavoine:.Ich bin ja schon innner dabei... Ich bleibe also auf der Schwelle stehen und beobachte verstohlen meine Frau, die sich in einer allerliebsten Laune zu befinden scheint...." Die Angeklagte:„Na, Du.... Dir will ich schon zeigen!" Der Präsident(streng):„Schon wieder I(Zum Zeugen): Fahren Sie fort!" Prstavoine:.Ich beobachte meine Frau. Plötzlich— was sehe ich? Aurelie stürzt sich auf diesen Herrn(er zeigt auf den Zeugen Baranton) und beginnt ihn mit ihrem Sonnenschirm zu be- arbeiten. Ick war starr. Ich begriff nichts von der ganzen Ge- schichre und ich begreife auch heute»och nicht, warum..." Der Präsident:„Es ist absolut gleichgültig, ob Sie etwa? begreifen oder nicht. Die Hoiiptiache ist das. was Sie gesehen haben.(Zur AngeNagten): Sie köunen nicht länger leugnen. Die Aussage Ihres Mannes erdrückt Siel" - Die Angeklagte:.Nein, ich leugne nicht, aber dieser Kanaille da werde ich eS schon besorgen!"(Sie droht zu ihrem Gatten hinüber, der ob dieser Perspektive nicht sonderlich erfreut aussieht.) Prstavoine:.Herr Präsident, wird meine Frau zu Ge- fängnis verurteilt werden?" Der Präsident:„Das wird von ihrem Verhalten abhängen. Wenn sie ihre Roheit bedauert, wenn sie sich bei Herrn Baranton entschuldigt und dieser mit einer Entschuldigung zufrieden ist und seine Klage zurückzieht, kann der Gerichtshof auf die niedrigste Strafe erkennen: eine Buße." Prstavoine:.Offen gestanden, Herr Präfident, das Ge- fängnis wäre mir lieber als die Buße; denn die Buße muß doch schließlich ich bezahlen, während ich bei einer Gefängnisstrafe wenigstens in dieser Zeit Ruhe und Frieden im Hause habe I" Die Angeklagte(mit den Zähnen kninchend):„Elender I Feigling I Na. Du sollst mir noch einmal unter die Finger kommen I" Der Präsident(zum Zeugen Baranton):.Sie halten also Ihre Klage und das Verlangen nach Schadenersatz aufrecht?" Baranton:.Ja. Herr Präsident." Nach den PlaidoyerS des Herrn Duroseau für die Angeklagte und des Herrn Filandreau für den Zeugen und Nebenkläger Baranton verurteilt der Gerichtshof Frau Prstavoine zu acht Tagen Haft, 50 Frank Buße und 150 Frank Schadenersatz. Bei Verkündigung dieses Urteils fällt Madame Prötavoine in Ohnmacht ; ihr Gatte ruft:„Acht Tage Ruhe und Friede I Dank, Ihr guten Richterl" Und der Zeuge und Nebenkläger Anloine Ba- ranton verläßt, zufrieden mit diesem Erfolg, leise pfeifend den Gerichtssaal.—- Machdruck verboten.) Die Cdardfchcn pflanzenkaftcn. Es war im Sommer des Jahres 1829, als der englische Natur- forscher N. B. Ward durch Zufall eine für die Fortentwickelung der Pflanzenkunde und deL internationalen Pflanzenbaues höchst wichtige Entdeckung machte. Um die Metamorphose einer Schmetter- lingspuppe zu beobachten, hatte er dieselbe in feuchte Erde gelegt, die er in einer weithalfigen großen Glasflasche mit einem Teckel verschloß. In der Nähe des Fensters verfolgte Ward tagtäglich mit der größten Aufmerksamkeit jede Bewegung der Puppe. Dabei siel ihm auf, daß die winzigen Wasserdämpse, die während des Tages aus dem feuchten Erdhäufchcn emporstiegen, sich an den Seiten- flächen der Glasflaschc zu Tropfen verdichteten und als solche«gel- mäßig wieder in die Erde zurückkehrten. Der Forscher erkannte, daß dadurch die Erde andauernd in demselben Feuchtigkeitsgrade erhalten wurde, ohne daß man sie beivässertc. Ungefähr eine Woche vor der endgültigen Metamorphose der Puppe erschienen plötzlich ein Farn- und ein Grassämling an der Erdoberfläche. Ter Glas- flasche wurde darauf außerhalb des nach Norden gelegenen Fensters ein Platz angewiesen, die Sämlinge gediehen zu Ward? großer Freude vortrefflich weiter. Ja noch mehrl Sobald der Farn- sämling oder Farnvorkeim seine Geschlechtsfunktionen verrichtet hatte, entwickelte sich aus der befruchteten Eizelle des Vorleims ein Fariikraut, das der Forscher als eine Farnart erkannte, die er jahrelang vorher vergeblich zu kultivieren versucht hatte. Der Gras- sämling hinwiederum wuchs zu einem stattlichen Exemplar heran. Beide Pflanzen ersordertc» in der verschlossenen Flasche keinerlei Pflege und blieben dort beinahe vier Jahre, bis sie durch Zufall in Wards Abwesenheit zugrunde gingen, nachdem der Deckel durch- gerostet war. und Regeuwasser freie» Zugang gefunden hatte. Lange vorher hatte sich Ward die Frage vorgelegt, woher«S komme und wie es möglich sei, daß gerade in dieser verschlossenen Flasche Pflanzen, und noch dazu ein sonst so schwer zu kultivierender Farn zur gedeihlichen Entwickclung kommen konnten? Augen- scheinlich mußten die Gewächse ihre natürlichen Lebensbedingungen in der Flasche gefunden haben� die da sind: eine feuchte Atmosphäre, frei von jeder schmutzigen Beigabe, Licht, Wärme, Bodenseuchtigfeit, Luftwechsel und Perioden der organischen Ruhe. Und in der Tat. alle dies« Bedingungen fanden sich in der verschlossenen, freilich nicht ganz luftdicht verschlossenen Flasche erfüllt vor. Ter Forscher beschloß, die erkannten Wahrheiten auf ihre Trag- weite hin zu untersuchen. Zu den ersten Pflanzen, die er willkürlich verschlossenen, mit feuchter Erde versehenen Glasbehältern ein- verleibte, gehörte Tridiomsnig radicans. Diese Pflanze konnte zu jener Zeit von niemand künstlich kultiviert, ja nur am Leben er- halten werden. So hatte z. B. die Firma Loddiges in London , die größte Gartenbaufirma in der:rsten Hälfte des 19. Jahrhunderts, die Pflanz« wohl zu verschiedenen Malen besessen, aber es war ihr trotz peinlichster Mühe und Vorsicht niemals gelungen, sie wachs- tumsfähig zu erhalten, alle ihre Exemplare waren über kurz oder lang eingegangen. Es erregte deshalb die Tatsache, daß die Trieb omanig radicans in dem Wardschen Glasbchälter vortrefflich gedieh, die größte Aufmerksamkeit in allen fachmännischen Kreisen. Diesem gelungenen Experimente folgten andere. Bald genügte Ward zu seinen Versuchen ein einfacher Glasbehälter nicht mehr, er konstruierte sich eine Glaskiste, deren ausziehbarer, mit einem Loche für Drainagezwecke versehener Boden jeweilig mit solcher Erde versehen wurde, in der vordem die betreffenden Pflanzen in der freien Natur ihr Gedeihen gefunden hatten. Auf solche Weise wurden nach und nach Hunderte von Pflanzenarte» von der äuge«» Atmosphäre abgeschlossen, den Wardschen Pslanzcnkästev einverleibt, Und es stellte sich heraus, daß sie alle, ganz gleich in welchen Breitengraden ih« Heimat war, auf solche Weise bebandelt, ein fröhliches Dasein führten. Diese erkannten Wahrheiten, die dem Laien beim Lesen dieser Zeilen vielleicht recht unbedeutend erscheinen mögen, sollten ein kaum für möglich gehaltenes Resultat zeitigen. Ihre praktische Ausnützung revolutionierte nämlich die bis in die dreißiger Iah« des 19. Jahrhunderts geltenden Transportmethoden von Pflanzen über See, von einem Erdteil nach dem anderen von Grund aus. Es ist unnötig, an dieser Stelle auf eine genaue Beschreibung jener Methoden einzugehen, die in dem Transport von Pflanzen von und noch entfernten Ländern bis dahin gang und gäbe waren. Sie zerfallen in zwei Hauptartcn. Die eine Richtung beschäftigte sich mit dem Transport von Pflanzen in passivem Zustande, die andere Hauptmethode mit dem Transport von Pflanzen in aktivem Zustande. Die beste Methode, Pflanzen in passivem Zustande, d. h. in einem Zustande der Ruhe für lange Seereisen zu präservieren, war jene, die noch heute ihren Wert nicht verloren hock und die zuerst bei der schon genannten Firma Loddiges in Anwendung kani. Ei« bestand darin, die verschiedenen Pflanzen in aufeinanderfolgenden Lagen sogenannten Baymooses(SpKagnum) zu verpacken. Bei Koniferen, mehr noch aber bei allen laubabwerfenden Gehölzen, genügte dies« Methode notdürftig: hauptsächlich dann, wenn die Gehölze am End« ihrer aktiven Tätigkeit versandt wurden, fand sie allseitige Anwendung. Andere Pflanzen wiederum, wie z. B. die Kakteen, verpackte man für den Versand im trockensten Sande, da Feuchtigkeit die Gewächse faulen ließ. In solch passivem Zustande ließ sich aber nur ein Verhältnis. mäßig geringer Prozentsatz der Pflanzen von einem Teil der Erde nach dem anderen schicken. Und selbst bei solchen Pflanzen, die sich dafür eigneten, hatten die Botaniker und Pflnnzciczüchtcr große Verluste zu verzeichnen. Da die Dampfschisfahrt kaum begonnen, so kamen als Ueberseetransportmittel nur Eegelschisfe in Betracht, die bei der Durchkreuzung der einzelnen Entfernungen so viel Monate brauchten, als heute dem gewöhnlichsten Schraubendampser Wochen genügen. Die Pflanzen waren deshalb eine lang« Zeit auf der Reise. Auch der Landtransport bcschränite sich noch auf die ge- wöhnlichsten Beförderungsmittel, wie Wage», Schlitten, Boote. Reiter oder Fußgänger. In weniger durchforschten und zivilisierten Gegenden galt es außerdem oft unglaublich« Schwierigkeiten zu übenvinden, um bloß die Küste zu erreichen. So summierte sich Land- und Seetransport in den meisten Fällen zu einem Zeitraum, welcher nur zu oft das passive Stadium selbst jener Gehölze über- stieg, die in der nördlich gemäßigten und arktischen Zone fremder Länder zu Hause waren. War das aber der Fall, so ging der größte Teil einer solchen Sendung, wenn nicht gar alles, zu- gründe.
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23 (20.1.1906) 14
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