genommenen Antworten mit Bleistift französisch geschriebene Konzept zum ersten Male veröffentlicht. Das höchste Interesse nehmen aus begreiflichen Gründen aber Loch Rose Lacombe und Olimpe de Gouges ein; denn die beiden waren vor allem Kämpferinnen für die Rechte der Frau, wie Condorcet und S i ö y e s die einzigen unter allen Männern gewesen waren, welche sich mit der Lage der Frau in der Republik ernstlich beschäftigt hatten. Rose Lacombe war in der Provinz als Schauspielerin tätig gewesen und hatte sich da als solche schon einen gewissen Namen gemacht, als sie mit kaum 22 Jahren nach Paris kam. So- fort vertauschte sie die Bühne mit dem Freiheitskampfe. Am 10 August 1792 führte sie, mit der roten phrygischen Mütze auf dem Kopfe, den gezückten Säbel in der erhobenen Rechten, die Mar- seiller gegen die Tuilerien , die im Sturme genommen wurden. Rose Lacombe erlitt dabei eine leichte Verletzung und bekam später vom Nationalkonvent einen Ehrenkranz. Auch während der blutigen Eeptembertage von 1792 stand die Heldin mitten im Kampfe. 1793 gründete sieDie Gesellschaft der republikanischen und revo- lutionären Frauen". Am 26. August desselben Jahres trat sie an der Spitze einer Deputation derRevolutionären Republikane- rinnen" vor den Nationalkonvent, um mit vernichtender Schärfe die in Stellungen befindlichen Adeligen und die verdächtigen Ver- Walter anzuklagen. Tag für Tag hielt sie mit ihren Genossinnen mehr denn 6606 Weiber", wie Amar im Konvent warnend ausrief Zusammenkünfte, die sehr zahlreich besucht waren. Als dann alle Frauenvereine aufgelöst waren, war auch die politische Rolle der Lacombe ausgespielt. Sie wanderte nicht aufs Schafott, sondern starb, von allen vergessen, unbekannt in einem entlegenen Winkel von Paris .... Eine der merlwürdigsten Frauen nach einem Meere sinn- loser Lebensfreuden zur Schriftstellerin, zur glänzenden Rednerin und leidenschaftlichsten aller Revolutionäre geworden war Olimpe de Gouges. Bei ihr, die weder leisen noch schreiben gelernt hatte und sich mit Recht ihrer Unwissenheit rühmen konnte, war alles was sie tat der Ausfluß einer genialen stürm- säenden' Begabung. Sie hat ein DramaTie Sklaverei der Neger" und zwei Romane geschaffen, in denen sie die geborenen Rechte ihres Geschlechts verteidigt. Sie war eine Führerin par excellence, die erste politische Rednerin, die die Weltgeschichte zu verzeichnen hatte. Liest man ihre Worte, so glaubt man, daß diese Frau in der Gegenwart spräche, nicht aber schon hundert Fahre zuvor: so echt sozialistisch hat sie gedacht IDie Frau ist frei ge- boren und von rechtswegen dem Manne gleich. Das Ziel jeder gesetzgebenden Gemeinschaft ist der Schutz der natürlichen und unwandelbaren Rechte beider Geschlechter. Die Frau hat das Recht das Schafott zu besteigen, sie soll das gleiche Recht haben auf der Tribüne zu stehen. Die Rechte der Frau aber sollen der Wohlfahrt aller, und nicht nur dem Vorteil ihres Geschlechtes dienen". Seit Juli 1789 war sie Revolutionärin, 1791 unter dem Eindruck der Flucht und des Treubruchs Ludwigs XVI. wurde sie Republikanerin. Im November 1792 erklärt sie Robespierre den offenen Krieg und genau ein Jahr später fiel ihr Haupt unter der Guillotine. Ernst Kreowski . kleines feuilleton. I. Arbeitcriildungsschiile: Stiftungsfest. Während sonst bei Vereinsfesten die süße Vereinsmeierei in ihrer plattesten Aufgeputzt- heit sich breit zu machen Pflegt Liebhaberbühne mit Verlieben und Verloben im Hintergründe, um bald nach dieser Gelegenheitsmacherei in den Vordergrund zu treten, machte die Arbeiterbildungsschule ihrem Namen auch bei ihrem Stiftungsfeste alle Ehre und erfüllte die Verpflichtungen auch bei der festlichnn Gelegenheit, die der Sinn ihres Werleltages, ihres Daseins find. Sie feierte ein Fest der Bildung mid beioies wieder einmal durch die Tat, daß diese nicht vom Besitz abhängig ist, noch weniger das alleinige Vorrecht der Besitzenden länger sein darf. Sämtliche Dar- bietungen waren künstlerisch wertvoll, zum Teil sogar be- deutend. Der erste Teil des sehr reichhaltigen Programms enthielt als Hauptnummer die Festrede von Heinrich Schulz, Bremen , nachdem dieIMZur-Novellettc" von Schumann und ein niedlichesCajmooio" von Fuhrmann den Abend stimmungs- voll eingeleitet hatten. In seinem gedankenreichen Vortrage, der an die Lehren der russischen Revolution anknüpfte, zeigte der Redner, Ivie Wissen eine Macht ist, wie die Bildung des Arbeiters zu seiner ökonomischen Befreiung muß beitragen helfen und Wissen für den Klassenkampf eine notwendige Forderung ist, dennauch Kunst und Wissenschaft sind an ökonomische Prinzipien gebunden". Und so ist die Arbeiterbildungsschuleein Produkt des Klassenkampfes, nicht, wie die heutige Volksschule, des Klassenstaates". Sie mutz darum immer mehr den Sinn ihres Gründers, Liebknecht , erfüllen und daran arbeiten, datz iin Kampfedie Persönlichkeit in' die Wagschale gc- Ivorsen werden kann". Den zweiten und dritten Teil des Programmes bestritt ganz die Musik. Der Battkesche Chor, unter Leitung seines Dirigenten Max Batike, trug Max Bruchs etwas äußerliche, aber schwierige TondichtungSchöu Ellen", sowie in feiner Rüancierung dasLorcley-Finale" Mendelssohns vor. Die Solis wurden von Frau Pfaender-Trllh e gesungen. Frau Klossek-Müller sang verschiedene Lieder, klar und empfindungsvoll. Besonders dasMärchen" von Batike undMignon" von Thomas gelangen ihr sehr gut. Nachdem sich M i tz A n» i e Luxemburg mit der etivas leerenRomanze" von Wilhelmy eingespielt hatte, ließ sie imSpanischen Tanz " von Nehf-Id und besonders in deinFinale" des Violinkonzertes von Mendelssohn die Bravour ihrer Technik glänzen und ritz das Publikum zu reichstem Beifall hin, den sie mit einer Zugab« quittierte. Sie hat einen weichen schmeichelnden Ton, der in den lieferen Lagen voll und warm wird. Ungemein instruktiv und dankenswert waren die Erläuterungen, die Dr. Leopold Hirsch- b e r g mit den von ihm vorgetragenen dreiLoeweschen Balladen" verband. Manchem Hörer mag er den Simi für die echt Volks« tümliche Kunst Loewes aufgeschlossen haben. Das war schon daran zu merken, datz man auch die umfänglicheLegende vom großen Christoph" mit Spannung anhörte und den Umbiegangen der Melodie in ihren verschiedenen Eharakterisierungen verständnisvoll folgte. Die schönste Genugtuung für den Künstler, der ganz im Dienste der Sache die Balladen nach der Forderung Loewes vortrug: singend und sich selbst begleitend. DerFaust-Walzer" von Gounod-Liszt wurde von Fritz F u h r m e i st e r in llarer Gliederung mit perlende» Technik gespielt. Allen Künstlern wurde mit reichem, warmem Bei- fall gedankt. lc. EinePorzellanstadt" in China . Ein anschauliches Bild von einer chinesischen Fabrikstadt entwirst der englische Konsul in Kiu Kiang, der kürzlich eine Reise in das Innere von Kimiasa gemacht hat Es handelt sich um die altePorzellanstadt" Ching-ts Chen.In Ching- Ehen steht alles mit der Porzellan- und Tüpfer- warenindustrie in Verbindung, oder ist ihr untergeordnet. Sogar die Häuser sind größtenteils aus Ueberresten von feuerfestem Ton, die einst entweder ein Teil von alten, Brennöfen oder von Chamotte» dcckcln waren, in denen Porzellan während des Brennens auf- geschichtet wurde. DaS Ufer ist meilenweit mit einer dichten Schicht zerbrochenen Porzellans und Chamotteabfällen bedeckt; so weit man es beurteilen kann, ist der größere Teil der Stadt und mehrere Quadratineilen des umgebenden Landes auf ähnlichen Ablagerungen erbaut oder daraus gebildet. Eine große Industrie, die Hundert- tausende beschäftigt, bleibt nicht 900 Jahre auf einem einzigen Ort beschränkt, ohne diehem Ort ein besonderes Gepräge zu geben. Am meisten fiel mir in Ching-ts Chen auf daß nichts dem ähnlich ist, was man sonst in China findet. Tie Formen, die Farben, die zu den Gebäuden gebrauchten Materialien, die Atmosphäre, alle? erinnert eher an die ärmeren Stadtteile von Manchester , aber an keine andere große Stadt, die ich je besucht habe. Jetzt gibt es 104 Brennöfen in der Stadt, von denen einige dreißig zur Zeit meines Besuches in Tätigkeit waren. Der größere Teil der Brenn- öfen arbeitet im Sommer nur eine verhältnismäßig kurze Zeit- Während dieser arbeitsreichen Saison, wenn jeder Brennofen viel- leicht durchschnittluh 100 bis 200 Leute beschäftigt, steigt die Be­völkerung von Ching-ts Chsn auf etwa 400 000 Seelen; aber die Hälfte davon sind Saisonarbeiter, die meist aus dem Tuchtang. Bezirk kommen, die in kasernenartigen Schuppen wohnen und ihr« Familien nicht mitbringen. Auch abgesehen von den Brennöfen wird man allenthalben daran erinnert, daß man sich in derPor- zellanstadt" befindet. Man kommt durch viele Straßen, in denen in jedem Laden Männer, Frauen und Kinder mit dem Zeichnen. Formen, Bemalen und Verteilen, von Tonwaren beschäftigt sind. Un, zählig sind die Töpferschuppen, in denen der Ton gemischt und auf dem Rade gedreht wird. Drei Meilen lang liegen am Flußufer Dschunken, die entweder Material und Feuerung landen oder die fertigen Erzeugnisse einschiffen. Wenn es auch eine ganze Anzahl Läden für den Einzelverkauf gibt, so findet man doch weniger, als mau erwarten könnte, und der in den Händen von Gilden liegende Großhandel tritt wenig zutage. Außer den Versammlungshallen dieser Gilden sieht man kaum Gebäude von architektonischer Be- deutung, aber diese Gildenhäuser sind reiche und kunstvolle Ge» bäude. Theatervorstellungen' in den verschiedenen Gildcnhäusern, die fast alle mit einer Bühne versehen zu sein scheinen, bilden das Hauptvergnügen von Ching-ts Chen. Vor der Bühne liegt ein offener Hof, der durch eine Plane aus Matte oder Baumwollenzeug leidlich gegen Sonne und Regen geschützt ist, während gedeckte Galerien an beiden Seiten den Zuschauern dienen, die etwas mehr zahlen können-. Diese Galerien sind mit Tischen und Stühle» aus- gestattet in der Art der Eingeborenen-Theatcr rn Shanghai , int ganzen find sie aber den gewöhnlichen chinesischen Theatern des Inlandes im Stil weit überlegen. In der Saison dauert der Lärm in diesen Theatern natürlich begleiten Go.vgS und Trommeln das Stück oft bis vier oder fünf Uhr morgens, eS ist fast uner­träglich. Außer ein oder zwei Schauspielergesellschaften, die in der Stadt ihr Hauptquartier aufgeschlagen haben, kommen aus allen Teilen des Landes ständig reisende Theatertruppen nach Ching-tS Chen." is. Höhenschiclcn. Der Augenarzt Dr. Miller in Bayreuth hat den neuen Begriff des Höhcnschielens für die Abweichung eines AngeL aus seiner normalen Stellung nach oben geschaffen zum Unterschiede vom gewöhnlichen Schielen, bei dem eine seitliche Ab- lenknna des Auges nach außen oder nach innen stattfindet. DaS Höhenschielen ist weiwnS seltener, dafür aber auch in seinen Folgen bedenklicher.'Schon Gor etwa Ginem Jahre hatte Professor Schön