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Unter Aufsicht des alten Bickelmeier, der sich des Fried angenommen hatte, wurde der blutrünstig Geschlagene von zwei Burschen auf eine Tragbahre gelegt und in das Häuschen feiner Mutter geschafft. Diese schrie laut auf, als die Männer mit ihrer Last über die Schwelle traten. Der Bickelmeier teilte ihr mit, was vorgefallen war. Der Fried sei unterwegs schon wieder munter geworden. Er habe ziemlich Blut berloren, das habe ihn ein bißchen geschwächt. Heutzutage mache man so viel Aufhebens davon, wenn einer mal was abkriege. Früher habe man sich ein Fest nicht denken können ohne eine mordsmäßige Schlägerei. Die Blessur des Fried habe nichts zu bedeuten.
Also beruhigte er die Horlig, half ihr den Patienten entfleiden und betten. Dann legte er Bunder auf die Bunden und murmelte vor sich hin: Blute nicht, gäre nicht, schwäre nicht. Liebster Jesu, heile es mit deiner Kraft. Im Namen Gottes, des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes! Amen!"
( Fortfehung folgt.)
( Nachdrud verboten.)
Die Ouvertüre.
Frik Frank Lenitoff hatte eine Ouvertüre geschrieben: die Ouvertüre zu„ Der König und der Marabu", einem Drama seines Freundes Dippel. Da das Stüd nur fünf Atte hatte und deshalb bei den heutigen Theaterpreisen nicht der Zeitdauer entsprach, die ein Logenbesucher für sechs Mart influsive Billettsteuer beanspruchen fann, hatte Frik Frank eine Ouvertüre hinzugedichtet. Sie war fünfzehn Minuten lang und hochmodern. Es tamen zwei selbst erfundene Instrumente mit niedagewesenen Klangwirkungen darin vor, eine Kantilene im Cake- walk- Rhythmus für Flauto solo mit Waldhornbegleitung, sowie ein Marschquartett, bestehend aus Posaune, Brummbaß, Fagott und Triangel. Obwohl diese neuen, eigenartigen Klangwirkungen im Klavierauszug nicht zur Geltung tommen konnten, hatte sich Frizz Frank doch entschlossen, seinen Freunden das Wert auf dem Flügel vorzuspielen. Er hatte also einen musikalischen Bierabend arrangiert, zu dem er seine sieben Busenfreunde Friz Frank hatte natürlich keine sieben Busen, sondern nur so viel Freunde eingeladen hatte.
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Die Ouvertüre zu„ Der König und der Marabu" war borüber.„ Ausgezeichnet!" lautete das einstimmige Urteil.„ Ausgezeichnet, Frik! Prost!" Und die sieben Busenfreunde tranten auf seine Zukunft und seine Zukünftige.
Während die anderen Sechse zwei Statpartien arrangierten, nahm Frizz Frank seinen Busenfreund Adolf beiseite.
Wie gefällt Dir eigentlich meine Ouvertüre?" fragte er harmlos.
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Großartig! Ich hätte Dir so was nicht zugetraut, aber „ Aber?"
Richard Wagner sagt einmal: Die einzige Form der Musik ist die Melodie. Ich halte Wagner nicht für unfehlbar. Gott bewahre! Der Tristan ist zum Beispiel viel zu lang und der Parzival viel zu kurz. Notabene Parzival findest Du nicht, daß Dein Marschthema einige Aehnlichkeit mit dem Marsch der Gralsritter hat?"
"
"
Aber erlaube mal-"
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Du brauchst Dich deshalb nicht aufzuregen, es kam mir nur so vor. Ich kann mich ja auch irren. Jedenfalls ist Deine Ouvertüre eine starke Talentprobe, zu der ich Dir gratuliere! Nichts für unguti Alter Junge!"
" Theodor!" sagte eine Viertelstunde später Frizz Frank zu seinem zweiten Siebtel Busenfreund." Sag' mir mal offen Deine Meinung über meine Ouvertüre!"
Theodor hatte schon eine Mark siebzig im Stat gewonnen und war daher sehr guter Laune.
,, Deine Ouvertüre? Mein Kompliment!
Tatsache! Aber-"
„ Aber?"
Musik wird oft nicht schön gefunden,
Weil sie stets mit Geräusch verbunden.
Ganz reizend!
Du bist ein bißchen zu scharf ins Zeug gegangen. Vielleicht hat auch nur Dein Flügel einen so harten Ton. Weißt Du, Radau läßt man sich schließlich bei Richard Strauß gefallen. Uebrigens kennst Du sein Heldenleben?" Tein Marschquartett flingt verflucht an die eine Stelle an.
Welche Stelle?"
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"
„ Aeh, was ich sagen wollte," fam Georg auf den gefeierten Komponisten zu, Du hast mich wirklich heute Abend aufs angenehmste durch Deine Ouvertüre überrascht. Bist ein ganzer Ker!! Mit Dir muß man fich halten, Du hast eine Zukunft!"
„ So, hat Dir mein bescheidener Versuch gefallen?" fragte Fri Frank freudestrahlend.
,, Gefallen ist gar kein Ausdruck! Ich bin platt, begeistert, vera aüdt! Aber-"
,, Aber?"
" Den Ausschlag gibt immer die Harmonie," sagte einmal Schumann. Beethoven gesagt haben. Weißt Du, über Beethoven geht doch Ich weiß nicht mehr wo, übrigens fann's auch nichts. Seine C- moll- Sinfonie, das ist Mufit, was? Ist es Dir, nebenbei bemerkt, nicht aufgefallen, daß Dein Marschquartett dem Thema des Schlußfazes zum Verwechseln ähnlich sieht? Ich wollte Dich nicht im Spiel unterbrechen, aber ich halte es doch für meine Freundespflicht, Dich hierauf aufmerksam zu machen. Es wäre schade, wenn die Ouvertüre, die sonst wirklich famos ist ohne Schmeichelei deswegen durchfiele. Du nimmst mir doch meine Aufrichtigkeit nicht übel?" " Durchaus nicht, durchaus nicht!" stotterte Frih Frank, aber.... laß Dich nicht im Stat stören!" Und er geleitete ihn an seinen Blah zurück.
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" Donnerwetter, sollte mein Marsch wirklich aus der fünften Sinfonie sein?" dachte er und summte das Thema vor sich hin. „ La Ta Ia la Quatsch! Auch nicht die Spur von einer Aehnlichkeit! Was die Kerle nur wollen! Kretins ! Aber
Ia
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Borgia
la
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an den Gesang der Rheintöchter flingt etwas an. Natürlich la oder vielmehr an die Arie der Lufrezia la- la- la Mensch, höre auf zu la- en!" unterbrach Roberts Stimme seine Betrachtungen. ,, Ein Komponist wie Du hat es wahrlich nicht nötig, sich dem Stumpfsinn zu ergeben. Ich mache prinzipiell keine Komplimente, aber wenn Deine Ouvertüre feinen Bombenerfolg hat, dann hat überhaupt nichts mehr Erfolg. Wenn es nicht schon so spät wäre, würde ich Dich bitten, sie noch einmal zu spielen. Ich wollte Dich nämlich auf etwas aufmerksam machen." " Ich weiß schon," entsetzte sich Frizz Frank, Schubert sagt einmal
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Wer spricht von Schubert!" unterbrach ihn Robert. Kennst Du die Schriften von Rubinstein? Ich kenne sie offen gestanden auch nicht. Aber er hat einmal ein reizendes Bonmot über Mozart geprägt. Bonmot ist vielleicht nicht der richtige Ausdruck. Er ruft nämlich aus:" Ewiger Sonnenschein in der Musik, dein Name ist Mozart ."
„ Und mit was hat also mein Marschquartett Aehnlichkeit?" schnaubte Fritz Frank, bebend vor Erregung.
hinaus!"
„ Da Du selbst die Empfindung hast, als wäre es nicht ganz Original, fann ich Dir's ja ungeniert sagen: Dein Marschquartett ist eigentlich nichts, als eine geistreiche Variation über das Lied des Cherubin aus„ Figoro" " Hinaus!!" brüllte Frizz Frank plöblich. Die ganze Bande Wie beliebt?" fragten die Statspieler unisono. " Hinaus, sage ich! Ich habe Kopfkrämpfe! Ich muß allein sein! Hinaus!" Dann laß uns wenigstens die Partie zu Ende spielen!" gröhlte Adolf.
"
Spielt auf Beethovens Bude, aber nicht auf meiner!" tobte Frik Frank." Ich will allein sein! Versteht Ihr kein Deutsch? naaaus!" Hi
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Drei Minuten später saß Frig grant allein vor seinem Flügel und trommelte sein Marschquartett. Dann ließ er kraftlos die Hände von den Tasten sinken.
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„ Es ist aus Meyerbeers Afrikanerin," sprach er dumpf zu sich, Vasco de Gama singt es im ersten Aft oder nein eigentlich scheint es das Lied des Eremiten aus dem Freischüß" zu sein. Möglicherweise erinnert es auch an den Meistersingermarsch lalala- la- la Herrgott!! Daß ich nicht früher darauf oder Das ist ja faktisch aus der Schönen Helena" fam! sollte mich die" Szene am Bach" aus der Pastoral- Sinfonie bes einflußt haben?"
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Frizz Frank hatte plößlich das Gefühl, als griffe ihm eine eiserne Faust nach der Kehle; er rang nach Atem; er wollte schreien, aber seine Kräfte versagten. Mit einem dumpfen Knall fiel er bom Klavierstuhl zu Boden: eine wohltätige Ohnmacht umfing feinen Geist
Daß das Marschquartett Ton für Ton Schumanns Kreis Teriana" entnommen war, hat er nie erfahren.
( Nachdruck verboten.)
Derftellung von Tapeten- Druck
" Ich hab's jetzt nicht mehr im Kopf. Ich würde das aber a walzen auf photochemischem Wege.
Deiner Stelle ändern. Fällt Dir ja sicher bei Deinem Genie nicht schwer! Aber ich muß weiter spielen, die anderen werden schon wild. Also nichts für ungut, und die Stelle mußt Du unbedingt ändern! Nicht wahr?"
Die große Vorliebe des kaufenden Publikums für stoffartige Tapeten, mögen sie nun aus Gobelin-, Seiden- oder Velourstapeten auftreten, hat die Fähigkeit der Tapetenzeichner in der Nachbildung