„Jawohl. Dich. Ich Hab net viel Zeit. Ich muß in dieStadt zu meinem Advokat."Nichts Gutes ahnend ging der Matz voran ins Haus.die Treppe hinaus in seine Kammer.Der Edelschild folgte ihm dorthin, schob pustend dieMütze zurück und begann:„Was man net all erlebt!'s mögenzehn Jahr her sein, da bin ich an Deinem Vater seinem Hofvorbeigegangen. Und Dein Vater hat an der Einfahrt ge-standen. Und ich Hab gefragt:„Nir zu handeln, Karges?"«Gerad kommst Du recht," hat Dein Vater gesagt,„'s gibtwas zu handeln. Ich Hab da eine Kuh.'s is kein Untätchendran, aber sie paßt mir net. Du sollst sie haben für siebenKarlin. Und kannst mir bringen eine andre Kuh."„'s isgut," Hab ich gesagt,„ich werd erst sehen, ob ich was find fürDich." Die Woch drauf Hab ich Deinem Vater eine Kuh ge-bracht, eine schöne Kuh und Hab gefordert acht und eine halbeKarlin.„'s soll mir recht sein," hat Dein Vater gesagt,„Du nimmst meine Kuh, ich nehm Deine Kuh und zahl Diranderthalb Karlin eraus."„Karges," Hab ich gesagt,„warumwillst Tu Beschores machen? Ich weiß doch. Deine Kuh iseine.Zopplern*) und darfst sie mir geben für fünf Karlin,ich will sie net." Und Dein Vater hat gestiekent,**) hat seineZopplern behalten und hat gekauft meine Kuh für acht undeine halbe Karlin. Von dem Tag an Hab ich mit DeinemVater Geschäfte gemacht. Un der wird net anders sagenkönnen, ich bin gewesen ein reeller Mann. Und Dein Vateris gekommen nach Bellersheim und hat gesagt:„Moritz, ichbrauch Geld." Und ich Hab ihm gegeben Geld. Und er iswieder und wieder gekommen und haben sich zusammen-geläppert achttausend Mark. Nu hat bei uns angefangendie Antisemiterei. Und Dein Vater is marschiert mit denBläffern durch dick und dünn. Und mein Schwiegersohnhat gesagt:„Wie kommst Du mir vor? Du läßt dem Allen-dörfer, dem Rosche, Dein Geld? Er soll zahlen. Er wirdnicht tönen zahlen, und Du wirst ihn verklagen."., Simon,"Hab ich gesagt,„überleg Dir emal, was is mit der ganzenAntisemiterei? Die Preußen haben sie bei uns eingeschleppt.Lern mich unser Bauern kennen. Die sind bei Gott keineReschoem. Jetzt schreien sie gegen die Juden, weil sie meinen,sie müßten schreien, und werden auch wieder aufhören zuschreien. Unsere Leut haben schon so viel durchgemacht, siewerden auch das noch durchmachen."lFortsetzimg folgt.)(Nochduick verbolen.)Im Schnee.In unserem Tieslande kann der Schnee schon im Oktober undnoch im Mai fallen. Die Gebiete, die mehr nach Osten und Nordengelegen sind, besitzen eine längere Schncesallpcriode als die westlichenund südlichen; sie erstrecktz�sich in Westdeutschland auf 140 bis 160Tage, in Leipzig umfaßt sie aber bereits den Zeitraum von 140 bis270 Tagen, und ini Hochgebirge ist auch im Hochsommer der Schneeeine gewöhnliche Erscheinung.Durch seine weißen Sendboten macht der Winter Vorstöße weitin den Süden hinein; gelegentliche Schneefälle kann man noch inNordasrika von den Atlasländcrn bis Unterägypten beobachten, undes schneit noch manchmal aus den Azoren und den Bermudasinseln.Europa ist aber der einzige Erdteil, der in seiner gesamten Aus-dehnung in der Schnecsallzonc liegt. Die hohen kalten Luft-regionen sind die Wiege des Schnees; dort gefriert der Wasserdmnpfzu feinen Eisnadeln, zu zierlichen Schncckristallen, die seit langedurch die Schönheit und Mannigfaltigkeit der Formen daS Augeder Forscher entzücken. Es find winzige Gebilde, mitunter so klein,daß erst 1600 der Nüdelchen und Sternchen ein Gramm wiegen.Einzeln fallen sie aber nicht in der Regel zur Erde nieder, auf demtoeiten Wege durch den Luftozean stoßen sie zusammen, vereinigensich zu Gruppen und Hausen, bilden die uns wohlbekannten Schnee-flocken.� Wir wissen alle, daß sie bald kleiner, bald größer sind,Schneeflocken_ von 2 bis 3 Zentimeter im Durchmesser kann mannicht selten sehen. Manchmal fallen aber vom Himmel lockereSchneebälle; so hat der Engländer Lowe zu Cheystone Schneeflockengesammelt, die 7 bis 0 Zentimeter in, Durchmesser hielten; dieseFlocken hatten ein Gewicht bis zu Ilb Gramm, und«ine einzigeergab geschmolzen 14 bis 16 Tropfen Wasser. Im Jahre 1802wurden im Erzgebirge sogar 12 Zentimeter große Flocken beobachtet;auf 1 Quadratmeter Boden fielen E> bis 12 dieser Ballen.Ist das Wetter kalt, bleibt der Schnee liegen, häuft er sich zueiner dichten Decke an, so ist über Nacht und Tag das Landschaftsbild') So nennt man eine Kuh, die ihre eigene Milch aus demEuter saugt.**) geschwiegenverändert, und auch in das Treiben der Menschen greift der Schneeein. Auf den Landstraßen werden Wage» durch Schlitten ersetzt;Schellengeläute erklingt; der echte Winter hat bei uns Einzug ge-halten, und ein Unglück ist er durchaus nicht. Mag der moderneVerkehr vorübergehend unter den Schneewehen leiden, der Land-mann begrüßt die Schneedecke mit Freuden, denn sie schützt seineSaaten.Der frischgcfallenc Schnee ist ein lockeres Gebilde, im Durch-schnitt enthält er 11 Proz. Eis und 89 Proz. Lust. Wenn er längerliegen bleibt, so fällt er zusammen, wen» die Sonne seine Ober-fläche anschmilzt, so wird er dichter, aber immer bleibt er noch porös;selbst ein alter Firnschnee im Hochgebirge ist bis zu 50 Proz. seinerMasse mit Luft durchsetzt. Tarin gleicht er den Federbetten, diewegen ihres Luftgehaltes uns im Winter warm halten, und in derTat ist er auch das große Federbett, mit dem die Natur die durchRinde und Holz nicht geschützte Pflanzenwelt zudeckt, damit diezarteren Kräuter und Gräser nicht erfrieren. Schon wenn dieSchneedecke eine mäßige Höhe ausweist, gewährt sie beträchtlichenSchutz; beträgt ihre Dicke 20 bis 30 Zentimeter und zeigt dasThermometer an der Luft— 27 Grad Celsius, so ist der Bodenunmittelbar darunter noch nicht fest gefroren und zeigt in Meter-tiefe+ 5 Grad Celsius. Bei andauerndem strengen Froste kühltsich allmählich auch der Schnee mehr und mehr ab; immer abermäßigt er die Wirkung der Kälte. In Katharinenburg in Rußlandhat nian einen Bodenfleck fortlvährend frei vom Schnee gehalten.Ter Boden fror 3 Meter tief ein, unter der 67 Zentimeter hohenSchneedecke drang aber der Frost nur U Meter tief in den Boden ein.Aber noch in einer anderen Hinsicht nützt der Schnee denPflanzen. Unsere Lungen spüren, wie rein und klar die Lust un-mittelbar nach einem Schneefall ist. Kein Wunder, denn dieMilliarden und Milliarden von Schneeflocken fangen alle Staub-teilchen, die in der Lust schtoeben, auf und reißen sie zu Bodennieder. Da dieser Staub zum Teil organischer Natur ist, so wirddadurch eine feine Humusschicht unter der abgeschmolzenen Schnee-decke abgelagert, welckte die Fruchtbarkeit der Felder erhöht; außer-dem saugt aber der Schnee gasförmige stickstoffhaltige Verbindungenaus der Luft auf; mit dem Schnrelzwasser dringen sie in den Bodenund dienen später den Pflanzen als Nahrung; ein altes Sprichwortsagt darum mit Recht: der Schnee düngt.Wenn ein tüchtiger Schneefall einttitt, wenn den ganzen Taghindurch Schneeflocke» auf Schneeflocken herniederwirbeln, dannbildet sich plötzlich ein« mächtige Schneedecke. Bei uns im Tieflandebeträgt sie aber bei einem einzigen Schneefall selten mehr als 30Zentimeter; bleibt nun der Schnee liegen, ohne zu schmelzen, bisneue Schneefälle kommen, so wächst die Schneedecke an; dann kanntatsächlich„alles im Schnee vergraben sein." Tas ereignet sichhauptsächlich im Gebirge, wo noch Schneewehen die Täler verschütten;dann verschwinden Hütten in 6 Meter hohen Schneewehe»; dannliegt wie am Sonnblick der Schnee bis zu 20 Meter hoch.Im Tieflands hat aber die Schneedecke keinen so langen Bestand. Ter Frost wird bald durch Tauwetter abgelöst, manchmalerweist er sich aber hartnäckig, und so blieb im Jahre 1879/1880der Schnee 40 Tage lang in Mittel- und Süddeutschland liegen.Im Jahre 1869 fiel in Klagenfurt Schnee am 27. Oktober und er-hielt sich, durch spätere Fälle verstärkt, 168 Tage langl Das er-innert schon an die klimatischen Verhältnisse in Sibirien, wo bereitsum Mitte September die Natur sich in ihr Winterkleid hüllt unddie Schneedecke bis in den April, ja in den nördlicheren Gegendenbis in den Mai liegen bleibt. Auch hier ist sie nicht unwillkommen.In Gegenden, wo es keine Eisenbahnen gibt und die Wege schlechtsind, bildet sie die Bahn des Verkehrs; gerade im Winter reist manhier am liebsten, und auch der Warenttansport wird mit Vorliebeauf Schlitten besorgt. In den Länder» und in den Steppe» Sibiriensund Rußlands können aber Schneefälle eine Wucht und Stärke er-reichen, daß sie zur höchsten Gesahr für Menschen und Tiere werden.Tort treten auch im Winter heftige Wirbelstürmc auf, die unterdem Namen Burane übel bekannt sind. Ein solcher Sturm treibtförmliche Schneehoscn, wirbelt den gefrorenen Schiree in so dichtenMassen auf, daß Menschen und Tiere darin ersticken. Das Viehflieht vor dem Winde und läuft ohne anzuhalten vielleicht 100 Werst,und nicht selten stürzt es in die Abgründe oder über steile Uferhinab und kommt um. Durch einen einzigen Buran wurde einmalalles Vieh einer Kirgisenhorde ins Saratowsche Gouvernement ge-jagt, wobei 10 500 Kamele, 280 500 Pferde. 30 480 Stück Hornviehund über 1 Million Schafe verunglückten. Man schätzte den Verlustauf 13,5 Millionen.Aehnliche Winterstürme, die mit Schneetreiben und heftigerKälte verbunden sind, kommen i» den Vereinigten Staaten von Nord-amerika vor. Man nennt sie Blizyard, und sie treten hauptsächlich inIdaho, Montana, Dakota, Minnesota und Manitoba auf. EinBlizyard, der am 8. Januar 1873 gewütet hat. brachte über ein«tausend Menschen den Tod. Diese Stürme brechen aber auch ander Atlantische» Küste los, und Professor Faye schilderte einen, derim März 1888 sich ereignete, folgendermaßen:„Ter Blizyard istein Schneeorkan, der von einem auerordentlich raschen und tiefenSinken der Temperatur begleitet ist. Am 9. und 10. März 1333war der Himmel zu Philadelphia' klar und die Lust warm; am11. März begann der Südwcstwind zu wehen und brachte«inenwarmen Regen. Das Thermometer zeigte 16 Grad Celsius. Dieplötzliche Temperaturänderung trat um 11 Uhr abends ein; derRegen vcrwaitdelte sich innerhalb IQ Minuten in Graupeln, dann