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an Erinnerungszeichen aus England mitgebracht hatte. In- wo mußte der Henner stecken. Seinen Aufenthalt ausfindig mitten des Gelasses lag auf zierlichem Tischchen die Violine zu machen, gab es Mittel genug. Das nächstliegende war, ihres Mannes. Wenn sie im Zwielicht in ihrem fleinen in Bellersheim Umfrage zu halten. Die dreihundert Mart Museum saß und sich in die Bergangenheit zurückträumte, waren selbstverständlich auf Nimmerwiedersehen verschwunhörte sie zuweilen ein leises Klingen. Das mußte wohl von den, doch würde das Gesetz den Schuldigen zwingen, seine der Geige fommen. Der wohnte geheimes Leben inne. Und Pflicht als Vater zu erfüllen. all die Melodien wurden wieder lebendig, mit denen der Hambamm die Menschen erfreut und erhoben hatte.-
Die Dine war bei der Lore wohl geborgen. Sie konnte fich's behaglich machen und sah sich von sorgender Liebe umgeben, die ihr, der Verwaisten, im Leben farg zugemessen war. Eines Abends hatte sie einen Anfall von Ohnmacht. Danach sagte sie zur Lore: Seid so gut und holt mir ein wink Papier und Tinte und auch ein Federhalter. Ich schreib' für alle Fäll' emal an mein Schah. Wann he kommt und ich sein net mehr da, dernachert gebt ihm mein Brief."
Die Lore fuchte ihr die trüben Gedanken auszureden. An wen der Brief gerichtet werden sollte, fragte sie nicht. Und doch wär's der Dine gerade jezt ein Bedürfnis gewesen, sich offen auszusprechen. Nun blieb ihr nichts anderes übrig, ohne dazu aufgefordert zu sein, ihre Pflegerin, die so wenig neugierig war, in das Geheimnis ihrer Brautschaft einzuweihen. Die Lore begriff sofort, daß das Mädchen in seiner Vertrauensseligkeit einem Schurfen in die Hände geraten war. Wohlweislich behielt sie ihre Meinung für sich und trug Papier und Schreibzeug herbei.
Die Dine aber setzte sich hin und schrieb:
,, Lieber Henner!
Als die Dine wieder außer Bett war, ging die Lore in aller Stille bors Dorf, wartete auf das Postwägelchen und fuhr nach Bellersheim. Dort führte ihr erster Weg zum Bürgermeister. Der war über die Personalien des Henner genau unterrichtet. Nachdem der Goliath vom Bernhard Doßheimer entlassen worden war, hatte er in Oberingelheim bei einem Weinbergsbefizer geschafft. Die Arbeit hatte ihm jedenfalls nicht gepaßt, denn er legte sie nach eines Monats Ablauf nieder und trieb sich wochenlang ohne Beschäftigung in Mainz herum. Im Gasthaus zum halben Mond bekam er mit einem Fuhrknecht aus Mombach Händel, griff zum Messer und verwundete seinen Gegner lebensgefährlich. Seiner Verhaftung hatte er sich durch die Flucht entzogen. Hinter ihm war ein Steckbrief erlassen worden.
So wenig sich die Lore von ihrer Bermittelung in der Angelegenheit versprochen hatte, auf diesen Ausgang war sie nicht gefaßt. Ganz erschüttert trat sie den Heimweg an. Sollte sie schweigen, oder sollte sie der Dine die Wahrheit fagen? Einmal würde die Aermste doch ihr Schicksal erfahren, obendrein vielleicht aus rohem Munde. Da war's am besten, man brachte ihr die Unglücksbotschaft schonend bei.
Mit diesem Vorsatz setzte sie sich abends ihrer Schußbefohlenen gegenüber, doch gewann fie's nicht über fich, zu Sie wollte aber ihren Ohren nicht trauen, als die Dine unter reden. Erst nach einigen Tagen fand sie den Mut dazu. heißen Tränen sprach: Die Leut sein gar garftig, Lore. Ehnder sie mein Schatz berbliken, sollen fie hören, wie he sich dadezu stellt. Dadurch, daß er das Eigengut sucht, kommt Rüpel war, gegen den er sich hat wehren müssen? Nee, Lore, er mit allerlei Volk zusammen. Wer weiß, was das für ein demwegen acht ich ihn net gering. Wann er kommt, wird er schon berzählen, wie alles zugangen is. Und was he von fich gibt, is wahr. Dadefür stehn ich ein."
Die Lore verstummte. Der Glaube des Mädchens an den Knecht war unerschütterlich wie Fels im Meer. die ihr der Allendörfermazz als einer fleißigen Magd offenMittlerweile rückte die Dine wieder in ihre Stelle ein, die ihr der Allendörfermat als einer fleißigen Magd offengehalten hatte. In den Feierabenditunden nahm sie ihr Kind, das einstweilen in der Lore Obhut verblieb, und ging auf die Finkelhöhe. Dort gefellte sich der Schäferkaſvar zu ihr. Den fragte fie: Raspar, wo enaus zu is dann der Rhein ?"
Das hätten wir beim Kriegerfest auch nicht gedacht, daß ich jetzt tot bin. Ach, es war so schön, und ich war glücklich. Du sollst Dich aber nicht vergrämen. Ich teile Dir noch mit, daß auch sonst hier vieles anders geworden ist. Dein Freund, der Schwaderlopp, ist vom Gerüst auf die Tenne gestürzt und war gleich hin. Der Allendörfermatz hat dem Dozheimer seinen Hof und seinem Vater seinen dazu, im Dorf heißen sie es den Kuppelhof. Das ist ein gar strenger Mann, und seine Frau hat es nicht gut bei ihm. Das tut mir sehr leid. Der Dotzheimer flagt in einem Stück, das meiste Brot hat er gegessen. Der Matz will flug sein und hat dieses Frühjahr so wenig Hafer und Gerstenstroh gehabt, daß er dem Vieh mehrenteils Grünfutter hat geben müssen. Die Lotte und die Scheck wären beinah' draufgegangen. Meine Gote ist in das Irrenklinik in Marburg gekommen. Es hat ihr schon lang im Kopf gestocken. Lieber Henner, das war eine traurige Zeit, weil Du gar nicht schreiben tatst, und nun bin ich tot. Die dreihundert Mark bleiben dem Kind. Hast Du denn jekt Dein Eigengut? Ach, ich hatte mich mächtig darauf gefreut! Außer der alten Wannigen in der Aulerfaut und der guten Lore in der Gungelsgaffe weiß kein Mensch, daß Du der Bater bon meinem Kind bist. Ich will Dir nur sagen, bloß aus Not und Angst um Dich bin ich bei der Here gewesen. Von der Sie folgte mit ihren Blicken der angegebenen Richtung. Wannigen weiß ich auch, daß Du am Rhein bist. Und sollen schöne Aecker da sein. Ach, wie hätte ich schanzen wollen, und also da war der Rhein . Da fahndeten fie auf ihren Schat. bin nun tot. Zu was sollte ich denn ausschellen, daß wir uns Der Henner is ein himmellanger Kerl, hatte die alte Wanniversprochen hatten? Die Leute haben mir schon genug an- gen gesprochen, der nimmt's mit zehn Bagabonden auf. Demgetan, weil ich mit dem Kind gegangen bin. Sie hätten es nach auch mit zehn Gendarmen. Das war gewiß, er riß sich gewiß auch fertig gebracht, Dich schlecht zu machen. Das wollte durch. Vielleicht war er näher, als fie ahnte. Ganz nah. ich nicht. Von meinen Sachen darf sich die gute Lore aus- und fam über Nacht. Ach, gutes Gottchen! Wie wollte sie suchen, was sie will. Ich glaube aber, sie nimmt nichts, denn ihn halten und herzen. Und verstecken, daß ihn niemand fand. sie hat's nicht nötig. Ach, was wirst Du für ein Spaß an dem Kind haben! Wenn es ein Mädchen ist, soll es nach meiner So fimulierte sie und schaute sehnsuchtsvoll in die ferne, Mutter Karoline heißen. Ich komme jest zu meinen Eltern goldene Herrlichkeit, bis der Bub unruhig ward. Da legte in das himmlische Freudenreich. Wenn die Herrlichkeit noch sie ihn an die Brust und sang: so groß ist, ich wäre doch gern bei Dir geblieben und kann vor Weinen nicht weiter schreiben. Es grüßt Dich vielmals Deine treue Katharina Silhöfer."
Den Brief zu schreiben war der Dine schwer geworden. Lange noch saß fie mit tränenüberströmtem Gesicht. Endlich erhob fie sich und sagte:„ Ich weiß net, Lore,' s wird mir so artlich. Ich glaub',' s is de Best, ich gehn in mein Bett."
Sie war so hinfällig, daß ihr die Lore beim Auskleiden behülflich sein mußte.
Ein paar Stunden später hielt der Storch Einkehr, und das Geschrei eines prachtvollen Bübchens erfüllte die Stube. Die Lore zeigte den neuen Weltbürger der jungen Mutter: Gud emal her, was ein Kerlebusch! Und schneckenfett. So hab' ich lang' fein Kind geseh'n."
Unberufen!" flüsterte die Dine, aus ihren Augen aber ftrahlte das reinste Glück.-
Während die Lore die Wöchnerin pflegte, sann sie darüber nach, wie sie der armen Betrogenen helfen könne. Irgend
Der Schäfer hob die Schüppe und deutete gen Süden. ,, Gud, wo's so flimmert, da sein doch Berg. Die heißt man den Taunus . Und dadehinter fliekt der Rhein ."
" Bubchen, schlaf' ein,
Dein Vater fommt vom Rhein , Bringt ein schönen Hampelmann Rizerot angetan.
Bubchen, schlaf' ein,
17.
Der Doßheimer fühlte sich so schwach, daß er das Bett nicht mehr verlassen konnte. Sein Geficht war merkwürdig klein geworden und trug die Zeichen des Verfalls.
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' s liegt mir auf der Brust wie ein Ackerscholl," klagte er. und sein rackmüd. Und wann ich ein wink duffel, als tät mir eins die Kehl zuschnüren."
Nach langem Hin- und Herreden sette es die Mariann durch, daß der Arzt aus der Kreisstadt gerufen wurde. Der untersuchte den Patienten und meinte: Mit dem Herz, da stimmt's nicht ganz. Sonst kann ich nichts Besonderes finden. Ich denk,' s wird sich wieder machen."
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