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Betrübten, den geistig Armen! Wehe Euch allen! Jerufa- die zugemessene Lebensfrist im Taumel durchrafen möchte, Iem ist ein Moloch: es nährt sich von Blut und Tränen!" will sie, was ihr als höchste Seeligkeit erscheint, genießen und dann Wie aufgescheuchte Hennen gackernd, stoben die arabischen untergehen. Sie weist den treubescheidenen Bräutigam mit rauhen Frauen auseinander; einige Pilger fnieten im Staube nieder Borten ab, reicht dem Vater, der ihr den Weg versperren will, und beteten. Touristen lachten, und ein Dragoman erklärte: den Schlaftrunt, der ihn töten muß, und jagt davon. Unsinnig und unmöglich wie im Grund die ganze Regiments. Das ist ein Narr, der sich für den letzten Propheten geschichte ist, gewinnt ihr Schnißler dennoch einige sehr stimmungs Jerusalems hält." bolle Szenen ab. In das Gespräch des jungen, voll heiterer Ents schlossenheit dem Auszug in den Tod entgegegen harrenden Offiziers mit dem steptischen Kameraden und dem finsteren Obersten flingen Töne tiefempfundener Innerlichkeit hinein, aber dann beginnt ein um so wirreres Tohuwabohu. Marie stürzt in das leere Zimmer und verbirgt sich dort, die Frau des Obersten erscheint, um den Offizier, ihren Geliebten, im letzten Augenblicke zur Flucht zu überreden; der Oberst springt zum Fenster herein, schießt die Ungetreue nieder und verschwindet; der Offizier will sich erschießen, Marie fällt ihm in den erhobenen Arm, fie umschlingen fich im Angesicht der Leiche und laufen spornstreichs fort, ihr Liebesfest" zu feiern.
Elias Freude war erloschen. Langsam überschritt er die Kidron- Brücke, ging am Mausoleum der hl. Jungfrau vorbei und stieg dann mühsam den steilen Weg empor, der zwischen einer dreifachen Hecke von Grabmälern, Kaktussen und Aussäßigen zur Stadt führt.
Hoch oben gähnte dunkel und düster, von Felsen umrahmt, dem Rachen eines unersättlichen Ungeheuers ähnlich, das St. Stephans- Tor. In den Ohren des jungen Gelehrten tönte noch immer die Klage des Jesaias:
Wehe Euch! Jerusalem ist ein Moloch: es nährt sich von Blut und Tränen."
( Fortsetzung folgt.)
Der Ruf des Lebens.
( Leffingtheater.)
Der Schluß zieht dann rein reflektierend die Bilanz. Eine Sterbende, tehrt Maries Freundin zu ihrer Mutter zurüd. Der Wahnsinn, der mitleidig ihren Geist umfangen hält, hat sie das Glück, das sie im Taumel suchte, finden lassen. Noch in der letzten Stunde gaukelt ihr die tranke Phantasie lockende Bilder des Genusses vor. Marie aber büßt, daß fie dem Ruf der Leidenschaft, der ihr der Ruf des Lebens schien, gefolgt ist, in dumpfem, jede Lebensregung lähmenden Schmerz. Der Geliebte hat ihr Flehen nicht erhört, er ist ohne sie den Weg des Todes gegangen. Der Doktor, ihr alter Freund, sucht sie zu trösten, Leise und milde mahnt seine Lebensphilosophie die Unglückliche, an die festgegründeten, jeden Kampf der Leidenschaften und des Schmerzes überdauernden, immer sich neu aufrichtenden Triebe des menschlichen Herzens zu denken.
Das Leffing Theater hatte seine erprobtesten Darsteller: Bassermann, Rittner, Reicher, Irene Triesch und Else Lehmann in der Aufführung vorgeschickt: von den jüngeren Sträften bot vor allem Kurt Stieler in der Rolle des Offiziers, eine überraschend gute Leistung. Den Mißerfolg vermochte das nicht abzuwenden. Der letzte Aft rief eine laute Oppofition hervor. C. S.
Kleines feuilleton.
Schnitzlers Dramatik wird immer mehr und mehr zur bloßen Anregelunst, sie beschäftigt den Sinn durch Stimmungen und allerhand verschlungene Gedankenreihen, aber sie entläßt ihn dann am Ende leer und unbefriedigt. Sie kann nicht feffeln, weil fie, statt von innen heraus Glied um Glied die Kette eines notwendigen Zusammenhangs zu bilden, mit Personen und Schicksalen doch nur ihr Spiel treibt. Ueber dem allgemeinen, den Gedanken, die ihm kommen, hat Schnitzler, scheint es, die künstlerische 2nst an der konkreten individuellen Ausgestaltung eingebüßt. Er wartet nicht, bis die Idee ins Bild, das Bild in die Idee sich langsam reifend einwächst, sondern greift boreilig und gewaltsam in den Phantasieprozeß hinein. Er weiß, was er in einem Stücke sagen möchte, und die noch unvollendeten Verknüpfungen, die erst halbfertigen Geschöpfe müſſen Fastnacht in Mainz . Man ist schon nach den ersten fonsti wohl oder übel sich diesem Willen fügen. An Stelle einer wirklichen tuierenden Versammlungen, die im Dezember stattfinden, offiziell Entwickelung treten lose und aphoristisch aneinandergereihte verrückt. Die Verrücktheit ist Lebensprinzip. Alles wird ihr nun Situationen, die ihm passende Gelegenheiten geben, im Dialoge geopfert, die Hose am Leibe und das Bett unterm Hintern. Erst der Personen sich selber auszusprechen. Die Handlung" schrumpft die närrischen Sizungen, Damen-, Herren- und Fremdenjitzungen. auf ein Minimum zusammen wie im Zwischenspiel", verläuft und die Maskenbälle. Wenn möglich in ein paar Karnevalsvereinen, eine undurchsichtige Verworrenheit wie in dem Ein- in der großen Karnevalsgesellschaft, der Ranzengarde, der Prinzensamen Weg", oder basiert, fo in dem letzten Stücke, garde, den fidelen Brüdern, den Urschoten usw. Und dann wachsen von vornherein auf ganz unmöglichen Voraussetzungen. Dem die Dichter nur so aus der Erde wie die Pilze. Und durchgehechelt Einwurf, daß er Unwahrscheinlichkeiten über Unwahrschein wird! Kein Blatt vor's Maul! Und Wiz, ganze Raketentisten lichkeiten häufe, wird Schnigler vielleicht achselzuckend entgegnen, voll. Und Uebelnehmen? J, Gott bewahre. Es müßte denn gerade daß, wer ihn darum table, fich an äußeres halte, und auf das der Gouverneur von Mainz erst von den Preußen geschickt worden innere, die Bedeutung, auf das, was dieser Ablauf von Begeben sein. Ja, dann. Aber sonst. Nit für die Kränk! Dann fommt heiten ausdrücken soll, verweisen. Aber eine Symbolik, die nicht die" Fassenacht". Prinz und Prinzessin Karneval. Wenn keine aus der Natur der Dinge strömt, wie der Duft aus der Blüte, Prinzessin aufzutreiben ist, muß sie in die Wochen gekommen sein. die durch gekünftelt willkürliche lebensfremde Aenderungen ihnen Wozu existieren denn Frühgeburten! Sonnabend( Samstag) aufgepfroft werden muß, läßt immer talt. Was uns bewegen werden die Karnevalsrefruten abgeholt und beziehen das Lager am soll, muß in einem Bild, an das man glauben kann, erscheinen. Gutenbergsplatz. Die militärische, die staatliche und die städtische Heroische Todesverachtung, glühendheiße Lebenssehnsucht, die in Behörde müssen den Klimbim mitmachen. In gewohnter Ernstleidenschaftlichem Verlangem nach dem Genusse alle Schranken nieder- haftigkeit.( Sie haben ja Uebung drin.) Kanonen, Musik, Pros reißt und an ihrer Tat verblutet, Resignation des Arbeitsmenschen, biantwagen, Feldküche und Marketenderinnen. Der General der der nichts Ueberschwängliches erhoffend, den Bedingungen des Lebens, Prinzengarde. Hoch zu Roß mit Stab und Sporn. Das ganze dem steten Wechsel von Lust und Leid fich mit flarem Bewußtsein Gefolge, das so viel Geld foftet. Bring und Prinzessin Starneval. unterwirft auf den Gegensatz dieser Stimmungen baut Hoch im prinzlich- närrischen Staatswagen. Der Hofstaat, der so sich das Drama auf, das den Kontrast nur eben leider viel Geld fostet. Und die ganze närrische Regierungsmaschinerie, fo gar nicht in der Form dramatisch konfequenter Cha- die so viel Geld kostet.( Aber wozu ist denn die Steuerschraube!). ratteristik und Handlung anschaulich zu machen versteht. Sie fährt selbst im Zuge mit. Und dann die Einzugsvorbereitungen, Schnitzler datiert es, man weiß nicht recht warum, in die Mitte des die so viel Geld fosten und so närrisch sind. Triumphbogen, Trivorigen Jahrhunderts. Der erste Aft spielt in der Krantenstube des bünen, Girlanden, und brennende Laternen am hellichten Tage. alten grilligen Majors Moser. In der Furcht vor dem Sterben, im Und dann der närrische Einzug, den das„ Volk" Seiner Närrischkeit Neide gegen alle, die ihn überleben werden, empfindet er ein grau- bereitet und der so viel Geld kostet. Der ganze gelvaltige AufBeduinen und Römer, Germanen und Indianer fames Bergnügen, die Tochter, von der er unablässige Pflege ver- wand. langt, zu tränken und zu quälen. Jahre duldete sie es Wölfer der Welt sind dabei vertreten. Und noch viel mehrschweigend als ein Unvermeidliches bis der Ruf des man fich nur einbilden kann. Minister und Hofnarren und fremde Lebens an fie ergeht. Die flüchtige Begegnung mit einem jungen närrische Fürstlichkeiten aus Gott Jofus Reichen. galanten Offizier auf einem Feste hat in ihr die brennende Alles, was drin und dran hängt und so verrückt ist. Das Begierde nach Liebesglüd und wilden Haß wider den Bater, den Beremoniell, die Titel, die Orden, die Uniformen, die Einbildungen, hämischen Vernichter ihrer Jugendfreuden, entzündet. Da kommt die Eitelfeiten, na ja, alles, was drum und dran hängt, ins Närrische die Nachricht, daß das Regiment, in welchem der Bewunderte dient, übertragen. Mit der Ernsthaftigkeit der echten Wihbolde. Mit der sich von dem Kaiser die Gnade auserbeten habe, einem ge- ruhigen Selbstverständlichkeit der echten Lacher, denen das ganze wissen Tode entgegengeschickt zu werden! In einem früheren höhere und niedere Leben nur eine Farce, eine Komödie, ein Ult ist. Feldzuge fei die Truppe bor dem Feinde geflohen, Die Welt sieht sich im Spiegel der Narrheit nur selbst und freut sich. nun wolle fie das in dem neuen Kriege fühnen, Offiziere Das ist das allerbeste dabei: freut sich. Das kann natürlich so ein und Mannschaften hätten geschworen, auf dem exponierten Sauregurfengesicht nicht verstehen, wie wir uns freuen fönnen! Posten bis zum legten Atemzuge auszuhalten, feiner von und auf dem Maskenball in der Stadthalle erst! Tanzen! Und ihnen dürfe lebend zurückkehren! Nun ist Maries Entschluß gefaßt. ich verrat's nicht! Natürlich ist der Fassenachtdienstag auch Wie ihre Freundin, eine schwärmerisch verzüdte Lungenkranke, die ein großer Freßtag. Und Sauftag! Denn dafür ist der Ascher
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alle was