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hochherzige Tochter des Oedipus, dem grausamen Gebote des das Fahrwasser der Zeit in feine Strubel geriffen. Nun bleibt er un Thebanerfönigs, das Todesstrafe auf die Bestattung ihres im entivegt dem gewählten Jdeal treu, ohne zur Reife, ohne zur selbst­Kampfe gegen Theben gefallenen Bruders seßte, zu troßen. Ja, ihr sicheren Ruhe zu tommen! Was nebenher vielleicht von Entschluß ist außer durch die Ueberzeugung, daß nach uralt heiliger Interesse sein könnte, wird ausschließlich und andauernd Hauptsache Pflicht ihr, der Schwester, gezieme, des Bruders Leichnam zu be- bei ihm und man langweilt sich bei diesem Betonen der Routine, graben, damit er Ruhe fände in dem Reich der Unterirdischen, durch der Mache. Es gehört wirklich nicht viel dazu, bei vorgefaßtem keine Beimischung anderer psychologischer Motive bedingt. Der Programm einen Gegenstand äußerlich so modern, so naturalistisch Dichter hat in völlig flarem Bewußtsein sie gestalten wollen, als zu frisieren. So hat die ganze Art etwas Studiertes, Absichtliches, Repräsentantin jenes sittlichen Jdealismus, der sich wider die zu- unnatürliches, Trockenes, Angelerntes. Man ist immer im Zweifel, fälligen staatlichen Sabungen, wenn sie Unrechtes verlangen, aus sieht der Maler wirklich so oder ist er Schüler? Was will er? freier Kraft des eigenen Rechtsbewußtseins, den Tod nicht scheuend, Man sucht vergeblich nach dem Punkt, von wo aus diese Begabung auflehnt, und scheidet alles sonstige Beiwerk aus. Macht und Ge- fich erklären könnte. Zum Schema erstarrt ist die Lebendigkeit. Un wissen stehen in der Tragödie gegen einander, und nie hat dieses geschick macht aus dem schnell beobachteten Moment etwas Gespenstisches. stolzer, furchtlofer vor Königsthronen gesprochen. Gefangen, dem Eine Skizze, die vielleicht zu einer Jllustration ausreicht, gibt fein Kreon vorgeführt, bekennt Antigone fich in freudigem Mut zu ihrer Bild. Die Art, wie das Technische bewältigt wird, ist monoton und Tat:" Denn nicht so mächtig achtet' ich, was Du befahlst, Daß erinnert schon an ein Rezept. Corinth ist floßig, aber nicht frisch. Dir der Götter ungeschriebenes ewiges Geseb sich beugen müßte Hinter der äußeren Physiognomie stedt ein ganz simpler Künstler, Dir, dem Sterblichen. Denn heute nicht und gestern erst, nein, der so weit von dem Rein- Malerischen entfernt ist, daß er noch alle Zeit Lebt dies.. Es ist etwas an Schillersche Gesinnung, ganz und gar im Stofflichen, im Inhaltlichen schwelgt. Schillerschen Schwung Anklingendes in dieser hohen Antwort; sie erinnert an die Anrufung der Rechte, die droben hangen unverstönige und eine fühle, hellgraugrüne Landschaft und von Courbet äußerlich". Aber so rein, so reduziert auf die einfachste Formel wie der Grieche hat der deutsche Dichter in seinen Dramen das Aufeinanderprallen jener gegensäßlichen Gewalten nicht mehr dar gestellt. In diefer Szene kulminiert das Stück. Höhnend läßt Kreon Antigone in das Grabgewölbe, wo sie dem Hungertod ent­gegenharren soll, abführen, nicht achtend der flehenden Bitten und Drohungen seines Sohnes Haimon, des Verlobten der Jungfrau, noch der leisen Mahnungen des Chors. Die Götter treffen ihn mit rächender Strafe. Sein Sohn ersticht sich an der Leiche der Ge­liebten, sein Weib nimmt sich das Leben. Jammernd bricht der Uebermütige bei der Kunde zusammen.

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Wie die Lindau - Aufführung des König Oedipus" wurde auch die der Antigone " dem Dichter nicht gerecht. Rosa Bertens , die die Titelrolle spielte, hatte in der entscheidenden Szene mit Streon prachtvoll packende Momente. Ihre Worte erhoben sich zu cherner Wucht. Aber sie allein als Einzelne vermochte die Stim­mung nicht festzuhalten. Gleich am Anfange wurde die Illusion durch eine schreckliche Jemene gestört. Die Thebanergreife, die ihre in der Vollmöllerschen Bearbeitung fehr abgekürzten Chorfstrophen nicht sangen, sondern sprachen, blieben ebenso eindruckslos wie der blinde Seher Teirefias. Franz Eberth besaß als Requisit für feinen Kreon eine große Gestalt und ein ausgiebiges Organ, mit dem er aber so verschwenderisch umging, daß für den Schluß nichts übrig blieb. Er gab den zornigen Thrannen mit einem starken Stich ins Rohe, Brutale. Erfreulich war Herr Hartberg , der den Haimon mit warmer eindringender Empfindung sprach. dt. Kunst.

Sonst sind hier noch zwei feine Corots, eine braune, warm­eine breite, schöne Arbeit, ein Mädchen am Seeufer liegend. Von Pissarro ein feines, flackerndes Straßenbild, von Sisley eine lebendige, zarte Uferlandschaft. Die Arbeiten von Ph. Frand zeugen von Fleiß und find frisch beobachtet. Regina Mundlak ist mit soliden, tüchtigen Zeichnungen vertreten, die ein ernstes An­packen, eine durchaus künstlerische Auffassung zeigen und eine be­fondere, reife Begabung bekunden.

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Besonders zu erwähnen ist noch ein großes Jugendwerk von Courbet , das in den letzten Tagen zur Ausstellung gekommen ist, Die Ringer". Es ist noch in den schwarzbräunlichen Tönen der Frühzeit gehalten. Born in Lebensgröße zivei nackte Kämpfer auf einer Wiese, die im Schatten liegt; umſtanden von hohen Bäumen. Im Hintergrund Zuschauermenge auf Tribünen. In der Landschaft, mit dem hellblauen Himmel, dem gelblich grünen Laub bemerkt man schon eine Ahnung von freiem Licht, von moderner Anschauung. Die Töne gehen weich ineinander über. Die Ninger find prachtvoll gezeichnet, jede Muskel tritt her­vor, das Fleisch ist, wenn auch nicht lebenswahr, so doch, trotz der düsteren, früher üblichen Atelierfärbung, von eindringlichster Lebendig teit. Dadurch, daß das Ringerpaar in den Schatten gesetzt, kommt die Dissonanz zwischen dem hellen Licht in der Landschaft und den düsteren Tönen der nackten Körper nicht so scharf zum Ausdruck.

Humoristisches.

e. 8.

Berlin W. Mer soll nie als Geschäftsmann auf den Abel schimpfen! Eh mer sich vergudt, hat mer'n selbst!"

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- Aus einer Gendarmerie Anzeige. Die Kon feffion des Erfrorenen fonnte nicht festgestellt werden. Doch dürfte er aus einer protestantischen Gegend sein, nachdem in seiner Tasche fein Rosenkranz, wohl aber ein Stück Wurst gefunden wurde, obwohl

Louis Corinth zeigt im Kunstsalon Cassirer neue Arbeiten. Corinth entwidelt sich nicht, obwohl die ganze Anlage feines Stönnens dahin geht, endlich einmal aus dieser künstlichen Modernität heraus, die in ihrer nun schon seit Jahren feststehenden Art etwas Philiströs- es Freitag war. Doktrinäres hat, auf eine feste Bafis zu kommen, die sein Wesen zeigt. Es ist etwas ungeschlachtes in ihm. Er hängt sehr am In­haltlichen, er hat etwas von einem Metzger und er manscht in den Farben.

Mutter

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Notizen.

( Jugend.")

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So malt er eine Achtzigjährige", und man nimmt mit Be­Ein Nachlaß Roman von Theodor Fontane . dauern das künstlich lebertriebene, das Gewollte in den scharfen Das Literarische Echo" berichtet: Jm literarischen Nachlaß Theodor Zügen und hängenden Gesichtspartien wahr. Sonst ist das Fontanes hat sich ein noch ungedruckter Kleiner Roman, Mathilde Wild ganz Dann fimpel. und Kind" und Möhring", gefunden, den der Dichter um das Jahr 1891, ungefähr man würde bei dieſem fettkloßigen, nadten, blonden sinde etwa an gleichzeitig mit den Poggenpuhls", niedergeschrieben, auch noch Rubens denken, wären nicht die Farben so durcheinander gerührt. mehrfach durchgearbeitet hat, zu dessen Schlußredaktion ihn jedoch Das Familienporträt Familie Rumpf" ist ein sinn- und zügelloses nachher seine anderen Arbeiten nicht mehr haben kommen laffen. Durcheinander. Der eine Teil ist durchgeführt, der andere nur Der Roman, der Ende der achtziger Jahre teils in Berlin , teils in sfizzenhaft angedeutet, teils wirken die Gestalten beinahe flächenhaft, einer kleinen Kreisstadt des Ostens spielt und die einfache Geschichte dann wieder plastisch, dann von Licht umflossen. Bei der Dame der Verlobung, Ehe und Witwenschaft eines praktisch- flug veranlagten im Belzhut" merkt man wieder genau die fimple Unterlage, die Berliner Mädchens fleinbürgerlicher Herkunft behandelt, dürfte in durch ein paar kecke Striche äußerlich modernisiert ist, es ist eine revidierter Gestalt voraussichtlich zunächst in einer Zeitschrift und Durchschnittsarbeit ohne tiefere und feinere Farbenreize. Das später in einem Nachlaßbande der Gesamtausgabe von Fontanes Gesicht ist unlebendig, der Ton trocken, der Ausdruck photographie- Werken erscheinen. mäßig, unplastisch. Ein anderes Bild ist Der Kronleuchter" betitelt, deswegen, weil den Maler das Kerzenlicht reizte. Es fällt auf Gläser, Teller, Vasen, Messer und Gabel, die auf dem Tisch liegen. Die beiden am Tische fizenden Personen find gänzlich mangelhaft, schematisch gemalt. Von den Lichtreizen hat der Maler gerade das Aeußerliche noch gegeben, das Blizern auf den Gegen­ständen. Aber man denkt mit Bedauern und Sehnsucht an Menzel, der wirklich warme Innenluft im Kerzenschein malen konnte, bei Corinth ist alles falt, oberflächlich geblieben, nichts ist mit wirklichem Bur Unterstügung und Erhaltung der Duncanschen Leben erfüllt, mit Licht und Luft. So wirkt dieses Bild wie eine Tanzschule hat sich ein Verein gebildet. In dem Vorstand schlechte Schülerarbeit, wie eine Imitation. Auch die deutsche Tiger- figen: Geheimrat Hoffa, Engelbert Humperdinck, Walter Schott . Zur dogge" hat nichts von der animalischen Lebensnähe, das solch ein robustes Gründung des Vereins soll die Polizei geraten haben, als sie Tier erfüllt. Es ist mit Absicht in voller Größe gemalt, aber man feinerzeit das öffentliche Auftreten der Tanzschülerinnen verbot. spürt nichts von dem Tierischen, sieht nichts von dem Farbenspiel der Haut.

Das Kleine Theater bringt als nächste Novität Anfang April das dreiaftige Drama, Der König Candaules" von André Gide heraus.

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Felix Weingartner tritt mit Ende der Saison von der Leitung der Sinfoniekonzerte der tgl. Kapelle zuri ď. Ostar Straus komische Märchenoperette ug. dietrichs Brautfahrt" hatte bei der Erstaufführung im Wiener Karl- Theater starken Erfolg.

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Jm Kunstsalon Keller u. Reiner sind jetzt Studien und Gemälde des russischen Malers Alexander Borrissow über seine Fahrt in die Polarregionen ausgestellt.

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So merkt man den Arbeiten durchweg an, daß sie mit Prätension hergestellt sind. Die Ansprüche, die man daraufhin stellt, Die Münchener Pinakothek hat ein Bild( Porträt) werden nicht befriedigt. Corinth will brutal sein. Er ist es aber von Franz Hals für 50 000 Gulden in Amsterdam er­gar nicht. Er würde ganz simpel und solide malen, hätte ihn nicht worben.

Verantwortl. Redakteur: Hans Weber, Berlin.-Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdruckerei u.Verlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin SW.