„Weit— weit unten, im Lande der Beduinen. Viel-leicht ist's— eine— Statue!"„Eine Statue? Aus Basalt? Stehen Inschriftendarauf?"„Das ganze Gesetz und die Propheten!"„Schwindle nicht! Ist sie groß?"„Die ganze Wüste nimmt sie ein."„Dann ist's zwecklos, an ihren Erwerb zu denken."„Nein, Herr, nein, sie ist ganz klein; klein wie eineHand. Unter meinem Mantel könnte ich sie bequem der-bergen."„Schon wieder lügt Du! Nun sage mir noch eins, wobefindet sie sich?"„Sehr weit von hier, im Lande Moab, in den Ruineneines Tempels. Die Beduinen nennen sie ihre Gottheit undbehaupten, ihr Glück sei dabin, wenn ein Fremder sie zu sehenbekänie. Sie halten mich für einen der ihrigen, und ich sah.wie sie beim Vollmonde eine Kamelstute schlachteten und umdas Steinbild tanzten."„Willst Du sie mir holen?"„Herr, sie würden mich umbringen; es ist ihre Glücks-göttin."Wieder ließ Elias die Piaster in seiner Tasche klingen.„Nun, da Du stets so gütig zu mir warst, und DeineFreigebigkeit keine Grenzen kennt, will ich Dir eine genaueKopie bringen."„Nein. Deinen Kopien traue ich nicht weit; aber bringmir ein Stück, wenn es auch noch so klein ist! Du weißt,daß ich nicht knausere, aber auch Dein eigenes Fabrikat raschhcrauskenne."„Na, und wie ist's mit Frauen, soll ich Dir nicht auchein paar mitbringen?"„Frauen? Wie bekommst Du denn die?"„So!"Und Slamin machte eine Gebärde, als ob er Hände vollSand schöpfte.„Nein, für die danke ich," sagte Elias belustigt,„ich willnur das Idol. Bringst Du es mir. so zahle ich Dir einenPreis wie für einen ganzen Harem."igortsetzuiig folgt.);Malter Crane.Das Jahr 1848 ist für Englands Kunstcntwickclnng entüheidend.Drei Maler, MillaiS, Hunt. Rosietti schlosie» sich da zu der„Pre-Eaphaelite-Brotherhood"(Präraphaelitische Brüderschaft) zusammen.Der Name war nur zufällig gewählt. Die verschiedenen Anhängereinte das Bestreben, gegen das aladcmisch-langweilige Schema Frontzu machen. Die Kunst sollte wieder Persönlichkeit ausdrücken. DieNatur sollte Ausgangspunkt des Studiums sein. Nicht die regel«mäßige Schönheit ist Vorbild, sondern das Charakteristische, diefrische, eigene Anschauung. Daher wendeten sich diese englischenMaler den Künstlern zu. die vor Raphael lebten, die naiv und un-befangen ihre eigene Anschauung der Dinge gaben.Zuerst fteundlich aufgenommen, dann, als man ihre auf-rühmische Tendenz merkte, angefeindet, wurde diese Vereinigungschließlich ein fester Bestandteil in dem englischen Kunslleben, mitdem man rechnete. Der Einfluß, der von ihnen ausging, ergriffimmer weitere Kreise. Man blieb nicht beim Bilde. Es kam eindemokratischer Zug in die Kunstentwickclung. Man stellte das Pro-gramm auf: jedes alltägliche Ding des gewöhnlichen Lebens müssekünstlerische Physiognomie haben. Die Kunst solle nichts Unnatürlich-Abgeschlossenes sein, zu der man ab und zu wallfahrtet. Sie solluns täglich umgeben. Die Kunst soll nicht Wenigen, Reichen dienen,die sich ein kostbares Bild kaufen könne». Sie soll das ganze Lebendurchdringen und jeder einfache Gegenstand soll in ihrem Geiste ge-schaffen sein.Unter diesen, Zeiteinfluß wuchs Walter Crane auf. Wir er-sehen daraus die universale Tendenz, die dem Kunst-schaffen CraneS anhaftet. Wir werden sehen, wie er diesem Einflußnachgebend, bestrebt ist, alle Gebiete zu durchdringen und überallhinKunst zu tragen. Als er späterhin mit Burne-Jones,dessen tiefe Empfindnngswelt ihn zur Wahrhaftigkeit im Künstlerischenanleitete, und mit Morris, dem Revolutionär im Kunstgewerbe,der, der Marktanschauung zum Trotz, wollte, daß jedes Ding praktischund schön sei, bekannt wurde, kräftigte sich dieser universale Be-tätigungsdrang immer mehr. Außer Bildern und Büchern gab Cranedekorative Entwürfe. Er zeichnete Tapetenmuster, malte Glassenster,schuf Entwürfe zu Webereien, beschäftigte sich praktisch und theoretischmit der Herstellung künstlerisch wertvoller Bücher, über deren Aus-stattung er ein ebenso gründliches wie feines Buch schrieb, war be-müht,' dem Goldschimedehandwerl neue Anregungen zu geben.Kurzum, Crane war nach dem Vorbilde der Renaissancekünstler, diealle Gebiete der Kunst in ihren Bereich zogen, allseitig tätig. Nie«malS aber wurde er dilettantisch. Ueberall forschte er den not-lvcndigeit Bedingrmgen nach und betonte diese. Seine Vielseitigkeitentsprang also wirklichem Können, innerer Veranlagung und warnicht künstlich anerzogen.Ein Vorfahr Cranes wird schon zu Zeiten Karls I. von Englandals Teppichwirker genannt. Er war bekannt und besaß eineimponierend unifangreiche Werkstatt. CraneS Vater. Thomas Crane,war Porträtmaler. Bei ihm lernte der Sohn die Anfangsgründeder Malerei.Walter Crane ist am 15. August 1845 ni Liverpool geboren.Schon ftüh kam er auS der Stadt heraus. Der Vater war leidend.gab sein Amt auf und die Familie zog an die See. Hier empfingCrane die ersten Natureindrücke, die lange in ihm nachwirkten. Erenipfand die Schöicheit der See, dieses Unendliche, Wogende, Ruhe-lose. Träumende. Die feierliche Größe der fich bis zun, Horizontdehnenden Wasserfläche mit dem stummen Spiel von Licht undReflexen gab ihn, bleibende Eindrücke.Die Generation, die zu Cranes Zeiten die herrschende war,hatte unter dem Einfluß der Präraphacliten die alten Volkssagen zuneuen, künstlerischen Leben erweckt. Namentlich die für Englandwichtigen Sagen deS König-Arthurkreises, die alten Balladen, dasVolkslied gewannen immer mehr an Ausbreitung und regten diekünstlerische Phantasie an. Crane war diese Vorzeit nicht« Fremdes.Sein Tengierament, der Hang zum Ausspinnen von Märchen undsagenhaften Begebenheiten fand hier Nahrung, Und künftighin sollteaus dieser Beschäsiigung der Kinderjahre etwas Neues ausgehen.mit den, Crane fein eigentliches Könucn gab: die WiederbelebungdeS Kinderbuches-, die Cranes Namen in allen Ländern bekannrmachte.Mit 12 Jahren kam Crane„ach London. Sein Lehrer wurdeLinto». ein bekannter Holzschneider, bei dem Crane mit diesertechnischen Nebung vollkommen vertraut wurde, was ihm später wiederbei seine» buchkünstlerischen Arbeiten zu statten kam. Drei Jahrearbeitete Crane hier, von seines Vaters Tode il8ög) an. der ihnzwang, daran zu denke», wie er sich selbständig durchs Leben schlagenkonnte. London ttug anch sonst zu seiner geistigen Entwickelung bei.Er sah die modernen Bilder der Präraphaeliten. Er las NuskinSkunsttheoretische, revolutionierende Schriften, in denen auch vielneue soziale Anschauung lebte, insofern als dieser theoretischeReformer energisch darauf dringt, daß die Kunst allen zugute komme.Ein natürlicher, gesunder Instinkt leitete Erane an, nickt alte Bor-bilder, so sehr sie ihn begeisterten, zu kopieren. Vielmehr zeichneteund malte er immer nach der Natur. So wurde Crane zu seinemGlück schon durch die Verhältnisse von dem üblichen akademischenStudium ferngehalten. Seine Begeisterung blieb dadurch innnerfrisch und unbefangen, lind er lernte das. was er anstrebte, vonGrund auf.Danach trat die Kenntnis der antiken F o r m e n lo e l tentscheidend in Cranes Entwickelung auf. AIS Lehrer der Antiken-klaffe einer Privatknr.stschnle war er gezwungen, sich mit dieser Weltauseinanderzusetzen. Sie beeinflußte ihn nachhaltig, ohne ihn jedochzur direkten Nachahmung zu bringen. In vielen seiner Zeichnungenund Illustrationen verwendet er antike Motive. Oft denkt man beisolchen Entlvürfen an antike Basenbilder. 188S machte Crane eineReis« nach Griechenland.Hinzu kam nun noch die Kenntnis der japanischen Kunst,die damals in den Anfängen sich ausbreitete. Die ersten japanischenHolzschnittdrucke gelangten nach England. Den Holzschnitt-Technikerinteressierten natürlich diese nach ganz neuen Prinzipien gearbeitetenHolzschnitte der Japaner besonders. Die eigentümliche Farben-anschauung, das Operieren mit wenigen Farben, die andersartige,lineare Perspektive auf diesen Blättern brachten Crane nene An-regungen.Im Jahre 1870 kam Crane zun, erstenmal nach Italic», fünf«undzivanzigjährig. Jung genug, um noch mit ftiichen Sinnenneues anfzunehmen und doch schon innerlich hinreichend selbständig,um nicht bedingungslos sich dem neuen Eindruck hingeben zn müffcn,unter Opferung alles eigenen WollenS. Drei Jahre blieb er inItalien. Als er zurückkehrte, war sein künstlerisches Ansehen be-deutend gestiegen. Mit Burne» JoneS zusammen stellte Crane 1877in einer„Den Lebenden" bestimmten Galerie aus. AlS eineKrönung seiner universalen Tendenz, die schon hervorgehoben wurde,erscheint dann die Gründung der Vereinigung„�.rt« and Gräfte"(Kunst und Handwerk). DaS geschah 1888. 188g fand die ersteAusstellung statt. Bon da ab datiert diese Zusammenstellung„Kunstund Handwerk", die späterhin auf dem Kontinent noch lebhafteKämpfe entseffeln sollte, die dekorativ« Belvegmig, in deren Ent-Wickelung wir„och heute stehen.1892 kam eine Ausstellung Cranescher Arbeiten zum erstenmalnach Deutschland, sie fand im Berliner Knnstgeiverbemuseum statt.Die Tendenz dieser Vereinigung, der nach und nach Techniker allerGewerbe angehörten, fand dann dauernden literarisch-künstterisckenAusdruck in der 1893 von dem auch schriftstellerisch tätigen KünstlerWhite gegründeten Zeitschrift„The Studio", die Kunst und Hand-werk vorbildlich vereint. Die Absichten und Anschauungen diesesKreises kommen zur Darstellung in der Sammlung„Arte andGräfte, Essays"(Kunst und Handwerk, Auffätze), in der jeder für seineTechnik und sein Gewerbe die maßgebenden Prinzipien klar aussprichtund begründet. Morris hatte mit seinen dem Kunstgewerbe unddem Sozialismus gewidmeten Broschüren die allgemeinere Grund-läge dieser Bestrebungen gegeben. Die Linie RuSkin-MorriS-Cranebedeutet für Englands Kunst eine logische Eiilwickelnng.